Teil 1
The Massacre at Pevestorf
Kampfhandlungen in Pevestorf 22. bis 24. April 1945
Fotos: Im Jahre 2002 aufgenommen, Schwerdtfeger
Erstes Gefecht in Pevestorf am Sonntag, den 22. April 1945, mittags
Pfc. (Ogfr.) Lawrence Seifher, l.Zug (platoon), I-Kompanie, 335. Rgt., berichtet.
„... Als Vorausmann (pointman) führte ich meine Gruppe (squad), meinen Zug und die I-Kompanie vorwärts. Wir verteilten uns, als wir vorsichtig und aufmerksam durch Pevestorf gingen. Dicht hinter mir folgte der scharfsichtige Pfc. Robert A. Hinman. Gemeinsam waren wir die vordersten Augen der Kompanie.
Hinter uns überprüften unsere nachfolgenden Kameraden (buddies) die Gebäude beiderseits der Dorfstraße.
Plötzlich sprang ein Deutscher (Jerry) am Dorfende, etwa 100 Yards (ca. 90 m) von uns entfernt, mit einer weißen Flagge aus dem letzten Gebäude.
Er stand inmitten der Straße und schwenkte heftig seine Flagge. Ich bewegte mich langsam auf ihn zu. Er blieb da weiter stehen und schwenkte seine Flagge.
So näherte ich mich ihm bis auf etwa 30 Yards (ca. 27 m) Abstand.
Plötzlich ließ er die weiße Flagge fallen und leerte seine Maschinenpistole (burb gun) auf uns aus kürzester Distanz. Im Schwarm der spritzenden Kugeln sprangen wir in die einzige nahegelegene Deckung, ein Steinhaus auf der linken Straßenseite.
Der hinterhältige, flaggenschwenkende, Mpi-schießende SS-Bastard rannte zurück in das Haus aus dem er gekommen war. (Anmerkung: Haus Wolgast am nördlichen Dorfende)
Die erste Salve Artillerie-Granaten, die weit hinter dem Höhenzug (Höhbeck) abgefeuert wurde, jaulte herankommend mit dem uns wohlbekannten Orgelgeräusch der 88 mm Granaten. Über uns hinweg schlug die gefährlich zischende Granate etwa 100 Yards (90 m) hinter uns mit lautem Knall explodierend im flachen Wiesengelände ein.
Sergeant Buschs nachfolgende Gruppe (squad) wurde gezwungen, in dasselbe Steinhaus zu krabbeln, in dem wir uns befanden, (wahrscheinlich Haus-Nr. 36, Fam. Maaß) Die nächste Salve schlug näher ein. Sie schossen sich auf uns ein! Die 88 mm-Granaten schlugen ihre flachen Krater nur 50 Yards (ca. 45 m) von unserem Haus entfernt. Auf die Dorfstraße zu gehen wäre offensichtlich Selbstmord gewesen.
Die Einschläge und das flache Land befanden sich jenseits der Dorfstraße auf der Gegenseite vom Höhenzug. Wir mußten so oder so die Stellung wechseln und wir hatten uns schnell zu entscheiden.
Genau danach folgte eine Salve mit einer raschen Einschlagexplosion oben auf der Höhe. Busch befahl mit lauter Stimme: „Bleibt wo ihr seid!“
Nach der nächsten Salve folgte wieder der rasche Einschlag oben auf der Höhe.
Die 88 mm-Flachbahngeschosse mit ihrer hohen Geschwindigkeit konnten uns nicht erreichen. Denn wir befanden uns zu dicht am Fuße des Hügels. Es gab für die Deutschen (Jerries) keine Möglichkeit, ihre 88 mm über die Spitze des Hügels auf uns zu feuern.
Nun hatte ich das alte Problem wieder. Es war meine Pflicht, als erster aus der Tür zu gehen. So biß ich die Zähne zusammen und schritt hinaus. Hinman war dicht hinter mir. Der Rest unserer Gruppe (squad) verteilte sich mit Abständen zueinander, als wir auf der Dorfstraße weiterzogen.
Sgt. Busch und Pfc. Fenton C. Perry, unser BAR-Mann (LMG-Schütze), nahmen mit Abstand zueinander die Straßenmitte ein, zusammen mit Lt. Gill und Pfc. Kenneth Foster, der das Funkgerät trug.
Genau an der Stelle, wo der flaggenschwingende und Mpi-ballernde Mann gestanden hatte, als er hinterhältig das Feuer auf Hinman und mich eröffnete, rief Sgt. Busch: „Halt an Seif!“ Er und Perry kamen Schulter an Schulter zu mir heran.
Busch wollte mir etwas sagen.
Doch das schaurig kalte Rattern eines deutschen Machinengewehrs unterbrach ihn. Es sah aus, als ob Rauchringe aus Perrys Rücken kamen, die in der Luft über ihm hängen blieben, als er vornüber zu Boden stürzte.
Busch stöhnte, ließ sein Gewehr fallen und preßte mit beiden Händen den Bauch. Ich warf mich rollend zu Boden. Hinman warf sich ebenso zu Boden und erreichte feuerbereit das nächstliegende Gebäude. (Anmerkung: Haus Wolgast) Hinman und Zielinski durchsuchten das Gebäude.
Zu deren Hilfestellung rannten Dempsey, Foster und Leutnant Gill hinein.
Das Haus, halb Wohngebäude halb Stall unter einem gemeinsamen Dach, war leer außer einer Kuh im Stall.
Die Deutschen (Jerries) feuerten weiter in Perrys Körper. Jedesmal zuckte der Körper, wenn getroffen. Er lag dort in der Straßenmitte mit dem Gesicht im Dreck, sein BAR (LMG = Browning Automatic Rifle) neben ihm.
Der deutsche MG-Schütze war auf der Hügelseite in Stellung gut getarnt eingegraben. Von mir aus gesehen hinter ein paar Bäumen. Mit ein paar Schuß meines Karabiners brachte ich ihn dazu, den Kopf einzuziehen.
Während dessen versuchte ich herauszufinden, ob ich irgendetwas für Busch tun konnte, der weiterhin hilflos in Straßenmitte mit heraushängenden Gedärmen da stand. Ich konnte nicht zu ihm gehen, weil ich dann in das Schußfeld des deutschen MG-Schützen geraten wäre.
Dann sah er meinen Blick, schlang seine Arme so gut es ging um seine blutigen Därme und kam langsam zu mir herüber an die Gebäudeseite.
Ich streute eine Anzahl Päckchen Desinfektionsmittel über seine zerrissenen offenen Gedärme.
Er bat mich, ihm in den Kopf zu schießen. Aber ich konnte sowas nicht tun. Dann wurde Busch schrecklich grün-gelb im Gesicht und verlor gottseidank das Bewußtsein.
Sgt. (Feldwebel) Edward J. Bakalarski benutzte eine Steinmauer auf der anderen Straßenseite als Deckung, als er versuchte an die Deutschen (Jerries) heranzukommen. Doch einer von ihnen erwischte Bakalarski. (Anmerkung: Oberschenkel-Durchschuß)
Überall um uns herum befanden sich Deutsche.
Leutnant Gill ernannte mich auf der Stelle zum S/Sgt. und Gruppenführer (squad leader) als Ersatz für Busch. Aber im Durcheinander nach dem Kampfgschehen hat die Kompanie das nie bestätigt.
Gerade planten S/Sgt. Estes C. Dempsey und ich unser weiteres Vorgehen, als ein durch das zum Hügel zeigende Fenster hereinkommender Schwall Kugeln Dempsey außer Gefecht setzte. (Anmerkung: Ober-und Unterschenkel-Durchschuß)
Durch dasselbe Fenster feuerte ich ein paar Schüsse in Richtung auf den feindlichen MG-Schützen, um ihm etwas zum Nachdenken zu geben.
Leutnant Gill benutzte Fosters Sprechfunkgerät, um unserem Gefechtsstand am anderen Ende des Dorfes Bericht ZU erstatten. (Anmerkung: Der Gefechtsstand war im Hause Jirjahn, heute Hof Pengel, eingerichtet worden)
Innerhalb weniger Minuten spazierten die Sanitäter, Sgt. Anthony R. Ttrovant, genannt „Doc“, und Pfc. George Wiley, genannt „Red“, direkt in das Blickfeld des deutschen MG-Schützen.
Es war absolut unglaublich.
Denn sie kamen direkt in Straßenmitte freundlich lächelnd heran. In den Händen schwenkten sie kleine weiße Flaggen mit dem Roten Kreuz darauf.
Sie bewiesen eine völlige Mißachtung ihrer eigenen Sicherheit.
Die Sanis beschäftigten sich ausgiebig mit Busch und taten, was ihnen möglich war. Sie versorgten Dempseys Beine mit erster Hilfe.
Beide Sanis spazierten dann hinaus ins Blickfeld des deutschen MG-Schützen, um Sgt. Bakalarski zu versorgen.
Kurze Zeit darauf traf ein deutsches Granatwerfer-Geschoß das Dach direkt über mir. Das Ziegeldach explodierte.
(Anmerkung: Höchstwahrscheinlich ein Panzerfaust-Geschoß, kein Granatwerfer! Denn auf deutscher Seite waren keine Granatwerfer vorhanden!) Ich wurde mit einem Schwall von Ziegelbruchstücken und heißem Metall im Gesicht, Armen und Schulter überschüttet.
Das eingelagerte Heu über dem Wohnbereich entzündete sich in einem Flammenmeer. Wir mußten das brennende Gebäude verlassen.
Anscheinend warteten die Jerries (die Deutschen) nur darauf, uns einzeln abzuknallen, sobald wir rauszukommen versuchten.
Doc sprach mich an: „Warte ne Minute!“
Ich wußte, was er beabsichtigte. Doc Trovant ging hinaus auf die Straßenmitte und beugte sich über Perrys Körper. Tat so, als ob er die Schußverletzungen genau untersuchte. Tatsächlich wollte er herausfinden, wo die Deutschen lauerten.
Er kam wieder herein und nannte uns den besten Weg, ohne gleich weggeputzt zu werden.
Doc und Red nahmen anschließend Wohnzimmertüren und benutzten die als Tragegestelle für unsere toten und verwundeten Kameraden (buddies).
Dadurch zogen sie gewollt die Aufmerksamkeit der Deutschen auf sich, so daß der Rest von unserer Gruppe eine bessere Chance zum Entkommen hatte.
Zielinski und Hinman stürmten als erste durch die Flammen aus einem Fenster an der Rückseite des Hauses ins Freie. Der Qualm war so dicht, daß wir den hohen hölzernen Zaun, nur wenige Schritte entfernt, kaum erkennen konnten.
Dort gab es nur ein Hundeschlupfloch unten im Zaun. Leutnant Gill rutschte schnell hindurch, auch Foster schlüpfte durch. Aber sein Funkgerät war zu groß und pa...