
- 127 Seiten
- German
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Über dieses Buch
"Der letzte Mohikaner" ist ein 1826 erstmals erschienener historischer Roman des amerikanischen Schriftstellers James Fenimore Cooper (1789–1851), dessen Handlung zur Zeit des Siebenjährigen Krieges in Nordamerika angesiedelt ist. Er ist der zweite Roman aus der "Lederstrumpf"-Serie um den Trapper Natty Bumppo. Nicht nur im Titel thematisiert der Roman auch den Untergang nordamerikanischer Indianerstämme durch die vorrückenden europäischen Siedler. Schon im 19. Jahrhundert in Deutschland populär, wurde das geflügelte Wort "der letzte Mohikaner" für viele letztüberlebende Zeitzeugen oder Anhänger einer Idee sprichwörtlich.
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Information
1. Kapitel
Es war eine Eigenart der Kriege, die in den Kolonien
Nordamerikas geführt wurden, daß zuvor große Mühen und Gefahren der
Wildnis zu überwinden waren, ehe sich die feindlichen Heere
begegnen konnten. Ein breiter Streifen undurchdringlicher Wälder
trennte damals die Besitzungen der feindlichen Provinzen
Frankreichs und Englands. Der kühne Pflanzer und der geübte
Europäer kämpften oft monatelang mit reißenden Strömen und mußten
rauhe Gebirgspässe gangbar machen, ehe sie dann ihren Mut im
kriegerischen Kampf zu zeigen vermochten. Zusammen mit den
eingeborenen Kriegern lernten sie diese Schwierigkeiten
überwinden.
Am grausamsten tobten die barbarischen Kriege zu jener Zeit in
dem Land, das zwischen den Quellen des Hudsons und den anstoßenden
Seen liegt.
Schon drei Jahre führten England und Frankreich einen
erbitterten Kampf um jenen Landstrich, der keinem von ihnen später
gehören sollte. Die Unfähigkeit der Heerführer und die mangelnde
Energie der Staatsmänner hatte Großbritannien von seiner stolzen
Höhe herabgestürzt. Erst vor kurzem war ein erlesenes Heer aus dem
Mutterlande unter den Befehlen eines Führers, der wegen seiner
großen kriegerischen Verdienste besonders geachtet war, von einer
Handvoll Franzosen und Indianern schimpflich zersprengt worden. Die
bestürzten Kolonisten glaubten nun das Geheul der Wilden in jedem
Windstoß zu hören, der aus den endlosen Wäldern des Westens pfiff.
Der grausame Charakter der erbarmungslosen Kampfweise vermehrte
noch die natürlichen Schrecken des Krieges. Zahllose Gemetzel, bei
denen die Eingeborenen in ihrer Grausamkeit die Hauptrolle
spielten, lebten noch in ihrer Erinnerung. Selbst die
Zuversichtlichsten und Standhaftesten meinten, daß der Ausgang des
Kampfes zweifelhaft wäre und daß bald alle Besitzungen der
englischen Krone in Amerika an ihre Feinde verlorengingen.
Als daher in dem Fort, das das Südende zwischen dem Hudson und
den Seen sichern sollte, die Nachricht eintraf, der französische
Heerführer Montcalm käme mit einem Heere, »zahllos wie das Laub auf
den Bäumen«, den Champlain-Strom herauf, machten sich bald Furcht
und Verzagtheit breit.
Die Nachricht war an einem Sommerabend durch einen indianischen
Läufer eingetroffen. Munro, der Befehlshaber eines Festungswerkes
am Ufer des »Heiligen Sees«, ließ um schnelle und nachhaltige
Verstärkung bitten. Die Entfernung zwischen diesen beiden Festungen
betrug etwa fünf Stunden. Der rauhe Pfad, der die Verbindungslinie
bildete, war für Wagen erweitert worden, so daß der Weg, den der
Sohn der Wildnis in nur zwei Stunden bewältigte, von einem Korps
Soldaten mit dem erforderlichen Gepäck bequem an einem Sommertag
zurückgelegt werden konnte. Die Engländer hatten eine dieser
Waldfestungen »William Henry« und die andere »Fort Edward« genannt.
Im Fort »William Henry« lag Munro mit einem Regiment ausgebildeter
Soldaten und einer Anzahl Kolonisten. Eine Besatzung, die in der
Tat zu schwach war, einer so furchtbaren Macht wie Montcalm und
seinem Heer standzuhalten. In der Festung »Edward« befehligte
General Webb ein Korps von mehr als fünftausend Mann. Bei einer
Vereinigung aller Truppenteile unter dem Befehl des Generals hätte
dieser fast die doppelte Anzahl Kämpfer dem Franzosen
entgegenzustellen vermocht.
Von ihrem früheren Mißgeschick niedergedrückt, schienen
Offiziere und Mannschaften mehr geneigt, die Annäherung ihres
furchtbaren Feindes innerhalb ihrer Festungswerke zu erwarten, als
sich dem vorrückenden Gegner entgegenzusetzen.
Nachdem sich die erste Bestürzung über diese Nachricht gelegt
hatte, lief durch das Lager das Gerücht, daß ein auserlesenes
Detachement von eintausendfünfhundert Mann bei Tagesanbruch nach
Fort »William« abzugehen habe. Das Gerücht bestätigte sich bald, da
aus dem Quartier des Generals an die dazu ausersehenen Korps die
Order erging, sich zum schleunigen Abmarsch bereitzuhalten.
Das Wirbeln der Trommeln unterbrach am frühen Morgen den Schlaf
des Heeres, als eben der anbrechende Tag die Umrisse einiger hohen
Fichten abzuzeichnen begann. Im Augenblick war das ganze Lager in
Bewegung. Selbst der einfachste Soldat sprang von seinem Lager auf,
um Zeuge des Abmarsches seiner Kameraden zu sein. Bald hatte sich
die kleine ausgewählte Truppe in Marschordnung aufgestellt. Während
sich die ausgebildeten Soldaten stolz auf den rechten Flügel
stellten, bezogen die weniger anspruchsvollen Kolonisten ihre
bescheidenere Stellung auf dem linken. Die Patrouillen brachen auf,
starke Bewachungen zogen vor und hinter den schwerfälligen
Packwagen, dann schwenkte die Hauptmacht der Streiter in eine
Kolonne ein und verließ das Lager mit dem Ausdruck soldatischen
Stolzes.
Die Marschtritte der bereits entschwundenen Kolonne waren schon
verklungen, aber immer noch wurden Anstalten zu einer anderen
Abreise getroffen. Vor einem Blockhause stand ein halbes Dutzend
Pferde beisammen. Zwei der Tiere schienen, nach ihrem Sattelzeug zu
urteilen, für Frauen bestimmt zu sein. Ein drittes Pferd trug das
Geschirr und die Waffen eines Stabsoffiziers, während die anderen
mit Decken und Reisetaschen beschwert, offenbar für Diener bestimmt
waren. In einiger Entfernung stand eine Gruppe neugieriger
Zuschauer, unter ihnen auch ein Mann, dessen Äußeres einen höchst
ungünstigen Eindruck hinterließ. Seine Glieder besaßen keinerlei
Spur von Ebenmaß. Stand er, so überragte er alle, saß er dagegen,
so schien er nur die gewöhnliche Größe der Männer zu haben. Sein
Kopf war groß, seine Schultern eng, seine Arme lang und
schlotternd, seine Hände dagegen klein, seine Beine und Schenkel
dünn, ausgemergelt und überlang. Der geschmacklose Anzug dieses
Menschen unterstrich noch seine unvorteilhafte Gestalt.
Dieser Mann ging unbedenklich unter den Dienern umher und lobte
und tadelte die Pferde.
»Freund, ich möchte fast sagen, dieses Tier stammt nicht aus
heimischer Zucht, sondern aus fremden Landen. Vielleicht ist es gar
von der kleinen Insel über dem blauen Wasser nach hier gekommen?«
sprach er in einem milden und sanften Ton. Da auf diese Rede keine
Erwiderung kam, wandte er sich um. Dabei fielen seine Augen auf die
schweigsame Gestalt des indianischen Läufers, der die unwillkommene
Nachricht vom vorigen Abend in das Lager gebracht hatte. Obgleich
der Wilde das aufgeregte und geräuschvolle Hasten nicht beachtete,
so lag doch in seiner äußeren Ruhe ein mürrischer Trotz. Der
Eingeborene trug den Tomahawk und das Messer seines Stammes. Die
Farben auf seinem nach Kriegerart bemalten Gesichte waren
ineinandergeflossen und machten seine Gesichtszüge noch wilder.
Einen Augenblick nur begegnete sein forschender Blick dem
verwunderten Auge des anderen.
Eine allgemeine Bewegung unter den Dienern
kündigte das Nahen der erwarteten Personen an. Ein junger Mann, in
der Uniform eines Offiziers, führte zwei Damen zu den Pferden.
Nachdem die Damen und der Offizier aufgesessen waren, verbeugten
sich alle drei gegen General Webb, der auf der Schwelle seiner
Wohnung erschienen war. Dann ritten sie, von der Dienerschaft
gefolgt, nach dem nördlichen Eingang der Verschanzungen. Während
des kurzen Rittes entfuhr der jüngeren Dame ein erschreckter
Ausruf, als sie den indianischen Läufer erblickte, der vorüberglitt
und auf der Heerstraße ihnen vorauseilte.
2. Kapitel
»Sind solche Gespenster häufig in diesen Wäldern zu sehen,
Heyward? In diesem Falle bedürfen Kora und ich großen Mutes, ehe
wir dem gefürchteten Montcalm begegnen.«
»Der Indianer dort ist ein Läufer des Heeres und gilt bei seinem
Volke für einen Helden«, versetzte der Offizier. »Er hat sich
erboten, uns auf einem fast unbekannten Pfad schneller und
angenehmer nach dem See zu bringen.«
»Der Mensch gefällt mir auch nicht«, sprach die ältere Dame.
»Sie kennen ihn doch genau, Duncan, sonst vertrauten Sie sich doch
nicht so unbedenklich seiner Führung an?«
»Ich kenne ihn genau. Man sagt, er sei ein Kanadier – und doch
diente er unseren Freunden, den Mohikanern, Wie Sie wissen, gehören
die Mohawks zu den mit uns verbündeten Stämmen. Er wurde durch
einen seltsamen Vorfall zu uns gebracht, bei dem Ihr Vater
beteiligt war und der Wilde hart behandelt wurde – aber ich vergaß
die Geschichte, jetzt ist er unser Freund.«
»Wenn er meines Vaters Feind war, so gefällt er mir noch viel
weniger!« rief das nun wirklich erschrockene Mädchen. »Wollen Sie
nicht mit ihm sprechen, Major Heyward, damit ich seine Stimme
höre?«
»Das wird vergeblich sein. Wenn er auch Englisch versteht, so
tut er doch so, als verstünde er nichts davon. Aber er bleibt
stehen, wahrscheinlich beginnt dort der geheime Weg, den wir
einschlagen sollen.«
Die Vermutung Major Heywards war richtig. Als sie an die Stelle
kamen, wo der Indianer stand, wies er mit der Hand auf ein Dickicht
zur Seite der Heerstraße, und ein schmaler Pfad, der nur eine
Person aufnehmen konnte, wurde sichtbar.
»Dahin also geht unser Weg«, sprach der junge Mann mit
gedämpfter Stimme. »Zeigen Sie kein Mißtrauen!«
»Kora, was denkst du?« fragte das junge Mädchen. »Ist es nicht
besser, wenn wir mit der Truppe reisen, selbst wenn es für uns
unangenehm ist?«
»Sie sind mit den Kunstgriffen der Wilden zu wenig bekannt,
Alice«, fiel Heyward ein. »Wenn sich der Feind überhaupt schon in
unserer unmittelbaren Nähe befinden sollte, dann geht er sicher
darauf aus, die Kolonne zu umzingeln, weil es hier am meisten zu
skalpieren gibt. Die Straße, auf der das Detachement marschiert,
ist bekannt, während unser Weg erst vor einer Stunde beschlossen
wurde und somit für ihn ein Geheimnis sein muß.«
»Sollen wir dem Mann mißtrauen, weil seine Sitten nicht die
unseren sind und seine Haut dunkel ist?«
Alice zögerte nicht länger. Sie gab ihrem Pferde einen Schlag
mit der Gerte, drückte die Zweige des Gebüsches beiseite und folgte
dem Läufer den dunklen, verschlungenen Pfad entlang. Der junge Mann
bahnte nun ebenfalls einen Weg für die andere Dame, die Kora
genannt worden war. Die Diener folgten auf der Heerstraße der
Kolonne, eine Maßnahme, die der Führer angeraten hatte, um nicht
zuviel Spuren zu hinterlassen. Sobald der Wilde merkte, daß die
Damen wieder freier über ihre Pferde verfügen konnten, schlug er
ein rascheres Tempo an. Doch schon nach kurzer Zeit blieb die
Gruppe stehen, da entfernte Hufschläge zu hören waren. Bald sah man
ein Füllen durch die Fichtenstämme schlüpfen und gleich darauf die
Person des eigenartigen Mannes, der durch seine seltsame Gestalt
bereits vor der Abreise der Gesellschaft aufgefallen war. Er trieb
sein mageres Tier zu größter Eile an. Der Eifer und die Bewegungen
des Reiters waren nicht minder merkwürdig als die seines Rosses.
Bei jeder Bewegung erhob der Reiter seine hagere Gestalt in den
Steigbügeln und bewirkte durch die ungebührliche Verlängerung
seiner Beine ein ständiges Wachsen und Zusammensinken seiner
Gestalt.
Die ärgerlichen Falten, die sich auf der offenen männlichen
Stirn Heywards gesammelt hatten, glätteten sich, und um seinen Mund
flog ein leichtes Lächeln, als er den Fremden betrachtete.
»Suchen Sie jemand?« fragte Heyward, als der andere näher
gekommen war.
»Ja gewiß«, erwiderte der Fremde. »Ich hörte, Sie reiten nach
›William Henry‹, und da ich den gleichen Weg habe, möchte ich mich
Ihrer Gesellschaft gern anschließen.«
»Wenn Sie nach dem See reisen wollen«, versetzte Heyward, »dann
sind Sie nicht auf dem rechten Weg, die Heerstraße liegt eine halbe
Meile hinter uns.«
»So ist es«, entgegnete der Fremde. »Ich müßte stumm gewesen
sein, wenn ich mich nicht im Fort ›Edward‹ nach dem Weg erkundigt
hätte. Und wäre ich stumm, dann könnte ich auch meinen schönen
Beruf als Gesangsmeister aufgeben.«
»Lassen Sie den Fremden in unserem Gefolge reisen, Heyward«, bat
Alice, und fuhr in gedämpftem Tone fort, »vielleicht kann er als
Freund im Falle der Not unsere Kräfte verstärken.«
Heyward gab ihrem bittenden Blicke nach, stieß seinem Pferde die
Sporen ein und war mit wenigen Sprüngen wieder an Koras Seite.
»Es freut mich, Sie zu treffen«, fuhr Alice fort, dem Fremden
mit der Hand winkend, weiterzureiten. »Es wird mir ein besonderes
Vergnügen sein, die Meinungen und Erfahrungen eines Meisters des
Gesanges zu hören.«
»Es ist erfrischend für Geist und Leib, sich durch Singen von
Psalmen zu erquicken«, erwiderte der Fremde. »Doch vier Stimmen
sind erforderlich, um eine Melodie schön auszuführen. Die Stimme
ist dem Menschen wie andere Talente zum Gebrauch gegeben.«
»So haben Sie denn Ihre Kunstversuche auf den heiligen Gesang
beschränkt?«
»Ja, wie die Psalmen Davids jede andere Poesie weit übertreffen,
so übertrifft auch die Psalmodie, die von den Gottesgelehrten und
Weisen des Landes ihnen angepaßt worden ist, alle weltliche
Musik.«
Während dieser Lobpreisung hatte der Fremde ein Buch aus seiner
Tasche gezogen und eine in Eisen gefaßte Brille auf seine Nase
gesetzt. Dann begann er mit vollen Tönen mehrere Strophen eines
Psalmliedes abzusingen. Den Gesang begleitete der Fremde mit
Bewegungen seiner rechten Hand.
Solche laute Unterbrechung der Waldesstille
konnte gefährlich werden. Der Indianer murmelte einige Worte in
gebrochenem Englisch zu Heyward, der den Fremden bat, seine
musikalischen Versuche zu beenden. Nach dieser kurzen Unterbrechung
ritt die Gesellschaft weiter. Der Zug war noch nicht lange vorüber,
als sich die Zweige eines Gebüsches vorsichtig teilten und die
dunkelbemalten Gesichtszüge eines Wilden sichtbar wurden, der
frohlockend den Reitern nachblickte.
3. Kapitel
An jenem Tage saßen zwei Männer an dem Ufer eines kleinen, aber reißenden Stromes, der ungefähr eine Tagesreise von dem Lager Webbs entfernt war. Das weite Laubdach des Waldes überwölbte den Rand des Flusses. Die Strahlen der Sonne wurden bereits schwächer und die starke Hitze des Tages begann sich zu mildern. Immer noch herrschte in dieser Einsamkeit jene Stille, die die drückende Schwüle einer amerikanischen Landschaft im Hochsommer kennzeichnet. Sie wurde nur von den leisen Stimmen der Männer, dem müden Klopfen eines Waldspechtes, dem Schrei eines bunten Hähers oder dem dumpfen Rauschen eines fernen Wasserfalles unterbrochen.
Diese schwachen Laute waren jedoch den Waldbewohnern vertraut, so daß sie sich dadurch nicht von ihrer Unterhaltung ablenken ließen. Einer der Männer war sofort durch die rote Hautfarbe als Indianer zu erkennen, der andere verriet – trotz seines sonnengebräunten Gesichtes – den Europäer. Der Indianer saß auf dem Rande eines bemoosten Baumstammes. Sein Gesicht und sein fast nackter Körper waren mit weißen und schwarzen Farben bemalt. Sein kahlgeschorener Kopf trug nur die Skalplocke und auf die linke Schulter hing eine einzige Adlerfeder herab. Ein Tomahawk und ein Skalpiermesser staken in seinem Gürtel, während eine Büchse über seinen bloßen, sehnigen Knien lag. Die gewölbte Brust, die wohlgeformten Glieder und die ernste Haltung dieses Kriegers ließen erkennen, daß er sich in der Vollkraft seines Lebens befand.
Die wettergebräunte Gestalt des Weißen zeigte, daß er seit seiner frühesten Jugend gelernt hatte, Mühseligkeiten und Anstrengungen zu ertragen. Die Kleidung bestand aus einem grünen Jagdhemd und einer Sommermütze von geschorenem Fell. Auch er trug ein Messer in einem Wampumgürtel. Seine Mokassins waren nach der Art der Eingeborenen verziert. Eine Jagdtasche und ein Pulverhorn vollendeten seinen Anzug. Eine lange Büchse lehnte an einem, Baum. Das Auge des Jägers oder Kundschafters war lebhaft, scharf und unruhig, als ob es irgendein Jagdwild suche oder um die plötzliche Annäherung eines Feindes besorgt sei. Sein Gesicht machte einen offenen und ehrlichen Eindruck.
»Selb...
Inhaltsverzeichnis
- 1. Kapitel
- 2. Kapitel
- 3. Kapitel
- 4. Kapitel
- 5. Kapitel
- 6. Kapitel
- 7. Kapitel
- 8. Kapitel
- 9. Kapitel
- 10. Kapitel
- 11. Kapitel
- 12. Kapitel
- 13. Kapitel
- 14. Kapitel
- 15. Kapitel
- 16. Kapitel
- 17. Kapitel
- 18. Kapitel
- 19. Kapitel
- 20. Kapitel
- 21. Kapitel
- 22. Kapitel
- 23. Kapitel
- 24. Kapitel
- 25. Kapitel
- 26. Kapitel
- 27. Kapitel
- 28. Kapitel
- 29. Kapitel
- Impressum