Offensichtliches, Allzuoffensichtliches. Zweier Menschen Zeit, Teil 1
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Offensichtliches, Allzuoffensichtliches. Zweier Menschen Zeit, Teil 1

Von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart. Eine deutsche Geschichte

  1. 208 Seiten
  2. German
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Offensichtliches, Allzuoffensichtliches. Zweier Menschen Zeit, Teil 1

Von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart. Eine deutsche Geschichte

Über dieses Buch

Der Titel des vorliegenden Buches ist aus einer Wortspielerei mit Nietzsches Aphorismen "Menschliches, Allzumenschliches" entstanden.Auch in "Offensichtliches, Allzuoffensichtliches" soll von einer "Kultur des freien Geistes" die Rede sein. Von einer Kultur des Denkens und Fühlens, die Offensichtliches, allzu Offensichtliches hinterfragt, durchdenkt, bezweifelt. Die das vermeintlich Selbstverständliche als ganz und gar nicht selbstverständlich erfasst, begreift und anschaulich macht. Dazu bedient sich der Autor unterschiedlicher Disziplinen von den Geistes- über die Human- bis zu den Naturwissenschaften; mit ihrer Hilfe sollen verschiedenste Aspekte menschlichen Denkens, Fühlens und Seins ergründet werden. Die äußere Form des Buches ist dem Briefwechsel des Autors mit seiner verstorbenen Frau geschuldet – einem Briefwechsel, wie er tatsächlich stattgefunden hat, jedenfalls derart hätte stattfinden können, einem Gedankenaustausch, der zweier Menschen Zeit von der gesellschaftlichen Erstarrung der Nachkriegszeit über die hoffnungsfrohen Erwartungen der Siebziger-Jahre bis zum Überwachungsstaat der Gegenwart widerspiegelt. Auf diese Weise ist ein Briefroman entstanden, welcher den Dialog zweier Intellektueller reflektiert und, in erster Linie, nicht Erlebtes beschreibt, sondern vorzugsweise Hintergründe beleuchtet und namentlich Zusammenhänge analysiert. Der sich mit Fragen des Seienden, des Seins und des Menschseins beschäftigt. Gemäß den allumfassenden kantschen Fragen: "Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen?" Und der in der alles entscheidenden Frage gipfelt: "Was ist der Mensch?" Das vorliegende Buch ist Teil 1 des 2. Bandes einer Romantrilogie; der 1. Band ist unter dem Titel "Dein Tod war nicht umsonst" erschienen. Es ist all den Irrenden und Wirrenden gewidmet, die scheitern, ihrem redlichen Bemühen zum Trotz. Nicht gott- oder schicksalsgewollt, sondern durch anderer Menschen Hand, nicht zwangsläufig, sondern deshalb, weil Menschen Menschen, wissentlich und willentlich, Unsägliches antun.Auch dieser 2. Band der Trilogie soll helfen zu erkennen: "In den Tiefen des Winters erfuhr ich schließlich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer liegt."

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Information

Jahr
2014
ISBN drucken
9783735769794
eBook-ISBN:
9783738667165
Auflage
1
Thema
Art
Liebe Maria!
»Aus allen Evangelien trat mir stets als etwas Besonderes die Bergpredigt entgegen … Nirgends gibt er [Christus – e.A.] so viele sittliche, klare, verständliche, jedem gerade zum Herzen redende Regeln … Wenn es überhaupt klare, bestimmte christliche Gesetze gibt, so müssen sie hier ausgesprochen worden sein« (Leo Tolstoi, »Worin besteht mein Glaube?«):
»Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm. Dann begann er zu reden und lehrte sie. Er sagte:
Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.
Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden.
Selig, die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen.
Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.
Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich …«
(Matthäus 5,1-12.)
Diese berühmten Worte aus der Bergpredigt – die Seligpreisungen nach Matthäus 5,1-12 – haben die Jahrhunderte überdauert. Warum?
Weil sie die Grenzen unserer Erfahrung überschreiten. Weil sie die Welt, die wir kennen, transzendieren, indem sie die Dinge in ihr Gegenteil verkehren. Weil sie eine Vision in Worte fassen. Die, dass Menschen sich erheben, wo immer und wann immer ihnen Unterdrückung, Elend und Not begegnen – selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie werden satt werden.
Aber auch: Selig sind die Friedfertigen. Denn nur durch Gewaltlosigkeit – und durch Gewaltlosigkeit allein – lässt sich das Perpetuum mobile verlangsamen, das wir den Lauf der Geschichte nennen und das durch Gewalt und Gegengewalt angetrieben wird.
So brauchen wir die »Vorstellung von einem Land, in dem es leichter wäre, gut zu sein« (Dorothee Sölle) – selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden: »Die Religionen haben viele … Namen für Gott … Aber die biblische Tradition hat den verschiedenen Namen Gottes einen hinzugefügt, der in dieser Strenge und Genauigkeit bei den anderen Religionen selten erscheint. Das ist der Name Gerechtigkeit« (Dieselbe: Moses, Jesus und Marx – Utopisten auf der Suche nach Gerechtigkeit).
Oder mit den Worten Karl Barths: »Ein wirklicher Christ muss Sozialist werden (wenn er mit der Reformation des Christentums Ernst machen will). Ein wirklicher Sozialist muss Christ sein (wenn ihm an der Reformation des Sozialismus gelegen ist).«
Indes: »Die Bergpredigt … ist kein Fiaker, den man beliebig halten lassen kann, um nach Befinden ein- und auszusteigen.« (Max Weber: Politik als Beruf. Duncker & Humblot, München/ Leipzig, 1919, S. 55.) Vielmehr reflektiert sie eine Geisteshaltung, die aus Leid geboren wurde und eben dieses Leid überwinden will. Verkörpert sie eine Sehnsucht, die nicht zu stillen ist. Schreit sie nach Hoffnung. Geradewegs. Trotz alledem und alledem.
Unrecht geschieht nicht durch göttliche Fügung, sondern durch der Menschen, auch durch Christen Hand. Und die, die scheitern, scheitern selten aus eigener Schuld, vielmehr und viel mehr an Armut und Not, an Lüge und Unterdrückung.
Deshalb brauchen wir eine »Kultur des freien Geistes«, eine Kultur des Denkens und Fühlens, die Offensichtliches, allzu Offensichtliches hinterfragt, durchdenkt, bezweifelt. Die das vermeintlich Selbstverständliche als ganz und gar nicht selbstverständlich erfasst, begreift und anschaulich macht.
Deshalb müssen wir Menschen als Individuen, nicht als Objekte behandeln, muss an die Stelle der Ich-Es- die Ich-Du-Beziehung treten. Denn die Dinge stehen neben-, die Seelen der Menschen indes liegen ineinander – so Husserl.
Und Martin Buber (Urdistanz und Beziehung. Hamburg, 1960, 31f.) führt hierzu aus: »Es ist den Menschen not und ist ihnen gewährt, in echten Begegnungen einander in ihrem individualen Sein zu bestätigen; aber darüber hinaus ist ihnen not und gewährt, die Wahrheit, die die Seele sich erringt, der verbrüderten andern anders aufleuchten und ebenso bestätigt werden zu sehn.«
Deshalb schließlich dürfen die je Herrschenden nicht weiterhin die Macht haben, zu definieren, was gesund, normal, mithin gesellschaftlich erwünscht und was krank ist, deshalb krank ist, weil es eine störende, unerwünschte, bestehende Macht-, Herrschafts-und Lebensstrukturen ebenso hinterfragende wie in Frage stellende Form menschlichen Denkens, Fühlens und Handelns zum Ausdruck bringt. Selbst der Wahn hat einen Sinn – den, der als Wahn-Sinn einen Teilbereich des Kontinuums darstellt, das wir menschliche Vernunft nennen. Wahnsinn ist das »Andere der Vernunft« (Foucault), das in neuzeitlich-abendländischen, aufgeklärt-rationalen Gesellschaften zunehmend ausgegrenzt, komplexen Prozeduren rationaler Kontrolle unterworfen und schließlich zum Schweigen gebracht wurde.
»Es ist hohe Zeit, nicht nur von den großen Kriegen zu sprechen, sondern auch von dem kleinen Krieg, der den Alltag verwüstet und der keinen Waffenstillstand kennt: von dem Krieg im Frieden, seinen Waffen, Folterinstrumenten und Verbrechen, der uns langsam dazu bringt, Gewalt und Grausamkeit als Normalzustand zu akzeptieren. Krankenhäuser, Gefängnisse, Irrenhäuser, Fabriken und Schulen sind die bevorzugten Orte, an denen dieser Krieg geführt wird, wo seine lautlosen Massaker stattfinden, seine Strategien sich fortpflanzen – im Namen der Ordnung. Das große Schlachtfeld ist der gesellschaftliche Alltag.« (Basaglia, F., Basaglia-Ongaro, F.: Befriedungsverbrechen, Seite 54. In: Basaglia, F., Foucault, M., Laing, R. D. et al.: Befriedungsverbrechen: über die Dienstbarkeit von Intellektuellen. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt/Main, 1980, 11-61.)
Und nur in Liebe und im Geiste der Bergpredigt lässt sich dieser kleine Krieg, »der keinen Waffenstillstand kennt« beilegen, lässt sich das »Schlachtfeld des gesellschaftlichen Alltags« neu ordnen und sinnvoll, d.h. zum Wohl der Menschen, gestalten: »In der Leidenschaft, mit der die Liebe nur das Wer des anderen ergreift, geht der weltliche Zwischenraum, durch den wir mit anderen verbunden und zugleich von ihnen getrennt sind, gleichsam in Flammen auf. Was die Liebenden von der Mitwelt trennt, ist, dass sie weltlos sind, dass die Welt zwischen den Liebenden verbrannt ist« (Hannah Arendt).
Denn das Böse, auch das alltäglich Böse ist ganz und gar nicht banal. Im Mensch-Sein ist Gut-Sein und Böse-Sein möglich; welcher Teil sich – mehr oder weniger – entwickelt, hängt wesentlich von unseren Seins-Bedingungen ab. Diese sind Ausdruck des je eigenen Lebens, in das wir geworfen werden und dessen Umstände wir nicht allein bestimmen können. Deshalb sind wir sowohl zum Guten wie zum Bösen, auch in seiner jeweiligen Extremform, fähig und, entsprechende Umstände vorausgesetzt, auch willens.
Diese Umstände, unter denen das je einzelne menschliche Wesen sich mithin zum Guten oder zum Bösen entwickelt, bestimmen indes wir, d.h. die jeweiligen Gemeinwesen, selbst, indem wir die sozialen und dadurch auch die emotionalen und intellektuellen Voraussetzungen und Fähigkeiten schaffen (natürlich ist der andere bestimmende Faktor die genetische Determinierung, also das, was uns vom lieben Gott/vom Schicksal/vom Welten-Schöpfungs-Plan, nenn es, wie Du willst und kannst, mitgegeben wurde), indem wir also (als je historisches oder zeitgeschichtliches Gemeinwesen) die Bedingungen schaffen, unter denen der Einzelne – in Folge dessen, was er erfahren, erlebt und erlitten und auf Grund dessen, was ihm sozusagen die Natur als Rüstzeug mitgegeben hat – sich mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit in die eine oder andere Richtung entwickeln kann und entwickeln wird.
»Das Böse« ist keine ontologische Wesenheit, nicht im Mensch-Sein an und für sich begründet. Vielmehr entsteht es auf der Basis dessen, was Menschen anderen Menschen antun; das Böse des Einzelnen ist sozusagen das Spiegelbild des kollektiven Bösen.
Dabei ist es so einfach: Gäbe es nicht arm und reich, gäbe es nicht mächtig und ohnmächtig, gäbe es keine Herren und Diener, gäbe es keine Unterdrücker und keine Unterdrückten, würden nicht Hartz-IV-Empfänger für einen Euro die Stunde schuften und Patentanwälte tausend Euro pro Stunde vereinnahmen, würden nicht die einen (Wenigen) Milliarden und aber Milliarden weltweit an Kriegen verdienen (verdienen? – man beachte die Doppelbödigkeit des Begriffs) und die anderen (vielen, nach Millionen Zählenden) für deren Profit verrecken (und geschähe das Ganze nicht auch noch im Sinne einer »höheren« Idee, einer weltanschaulich und/ oder religiös verbrämten Ideologie), würden Menschen mit anderen Menschen wie mit Menschen umgehen (was auch Gegenstand und Ziel aller Weltreligionen ist), dann gäbe es nicht »das Böse«. Weder in einem Adolf Eichmann noch in Dir und mir. Es gäbe sicherlich die Potentialität des Bösen, die Möglichkeit, dass es entsteht. Aber diese Potentialität fände keine Grundlage, auf der sie wachsen und »gedeihen« könnte. Diese Grundlage des Bösen schaffen wir selbst. Und dadurch erst schaffen wir »das Böse«. Und deshalb sind wir für »das Böse« verantwortlich. Allesamt. Und können uns nicht exkulpieren, indem wir »das Böse« bei Anderen und im Anders-Sein suchen. Denn das Böse sind wir selbst. Und solange wir dies nicht erkennen, insofern und insoweit wir dafür nicht die Verantwortung übernehmen, nützt es nicht, das Böse auf Andere zu projizieren. Es wird uns einholen. Überall. Zu jeder Zeit. Nicht nur durch Eichmann und den Holocaust. Auch im Musa Dagh. In der Apartheid. In den sogenannten ethnischen »Säuberungen«. In allen Kriegen. Und auch im Alltag.
Deshalb ist jeder Einzelne verantwortlich für »das Böse«. In ihm und um ihn herum. Wir alle können vom Bösen befallen werden. Wie von der Pest in Camus´ Roman, in dem die Seuche eben dieses Böse symbolisiert. Und wir können wie Dr. Rieux gegen die Pest kämpfen. Wie Sisyphos zwar. Aber ohne mit Pater Paneloux diskutieren zu müssen. Denn die Pest, die Seuche, das Böse ist keine Strafe Gottes. Vielmehr eine Strafe der Menschen. Für die Menschen. Für das Unrecht, das sie über die Welt, über die Kreatur und über sich selbst gebracht haben.
Wenn wir im Geist der Bergpredigt:
»Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden
Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben
Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden
Selig, die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden«
mit »dem Bösen«, d.h. mit uns und mit denen um uns, umgehen, ist die Theodizee von untergeordneter Bedeutung, müssen wir nicht weiterhin angesichts des Elends in der Welt Gott (zu) rechtfertigen (versuchen).
Dann brauchen wir keine »Privationstheorie« und müssen nicht – wie Augustinus oder Thomas von Aquin – das Übel in der Welt als den Mangel an Gutem (privatio boni) erklären. Dann müssen wir nicht Leibniz und »Die beste aller möglichen Welten« bemühen. Dann brauchen wir auch nicht die – durchaus berechtigte – Empörung von Bertrand Russell (» … wie könnten Menschen glauben, dass die Welt mit all ihren Fehlern das Beste sei, das göttliche Macht und Allwissenheit in Jahrmillionen erschaffen konnten«).
Dann sind uns Bonhoeffers Worte »Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen« sehr viel näher. Weil es die Menschen sind, die Gutes und Böses entstehen lassen. Und weil es keinen Gott braucht zur Rechtfertigung des Bösen, das Menschen zu verantworten haben. Insofern sind wir Menschen unser eigener Gott, »Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.«

Der Autor

Richard A. Huthmacher studierte u.a. Medizin, Psychologie, Soziologie und Philosophie; viele Jahre war er als Arzt tätig und ist mittlerweile Chefarzt im Ruhestand.
Seine (fiktive) Briefpartnerin – d.h. seine verstorbene, genauer gesagt ermordete Frau (s. hierzu den ersten Band der Trilogie, »Dein Tod war nicht umsonst«) – war Philosophin, Germanistin und Theologin, auch Mitglied der Akademie der Wissenschaften; der Romanzyklus ist ihrem Andenken gewidmet.
Nach ersten literarischen Veröffentlichungen wurde der Autor durch seine ärztliche Tätigkeit in Anspruch genommen; u.a. entwickelte er bahnbrechende neue Methoden zur Behandlung von Krebserkrankungen (s. auch hierzu »Dein Tod war nicht umsonst«).
Der ständige Dialog mit seinen Patienten, d.h. mit Menschen, die – nicht zuletzt an ihrem Leben und ihren Lebensumständen – leiden, verschaffte ihm weitreichende Erkenntnisse »zum Menschsein und dazu, was den Menschen [in seinem je konkreten Sein] ausmacht«.
Durch den (fiktiven) Briefwechsel mit seiner Frau reflektieren des Autors »höchstpersönliche Betrachtungen zu gesellschaftlichen Ereignissen und Entwicklungen« indes nicht nur eines, vielmehr »zweier Menschen Zeit«.
Insbesondere aber hinterfragen sie das – nur vermeintlich – Offensichtliche, Allzuoffensichtliche, das die je Herrschenden uns als selbstverständlich und über jeden Zweifel erhaben einreden möchten – damit sie ihre einträglichen Geschäfte betreiben können, und gehe dabei die ganze Welt zugrunde.

Anmerkung und Anliegen des Autors

Auch der Preis dieses Buches ist etwas höher als üblich. Deshalb, weil der Erlös in die Krebsforschung des Autors einfließt.
»Damit Reinhard, damit wir alle in Bezug auf Sterben und Tod von Maria irgendwann sagen können: Dein Tod war nicht umsonst.«
Von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart.
Höchstpersönliche Betrachtungen zu gesellschaftlichen Ereignissen und Entwicklungen.
Zum Menschsein und dazu, was den Menschen ausmacht.
Eine deutsche Geschichte – Teil 1
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in de...

Inhaltsverzeichnis

  1. Über das Buch
  2. Widmung
  3. Inhaltsverzeichnis
  4. Vorwort
  5. Briefwechsel – warum?
  6. Jede Gesellschaft hat die Drogen, die sie verdient
  7. Die Armutsindustrie
  8. Janet Frame – die verhinderte Literaturnobelpreisträgerin und ihre Erfahrungen mit der Psychiatrie
  9. Psychiatrie, Antipsychiatrie und Ronald D. Laing
  10. Die Anti-Psychiatrie Basaglias
  11. Michel Foucault – der Philosoph unter den Anti-Psychiatern
  12. Jan Foudraine: „Wer ist aus Holz: der geistesgestörte Patient … oder der Arzt …?“
  13. „Alte Liebe rostet nicht“: Hannah Arendt – Martin Heidegger – Karl Jaspers
  14. Die „Banalität des Bösen“: Hannah Arendt, der Eichmann-Prozess und allgemeine Überlegungen zu „Gut und Böse“
  15. Generalstaatsanwalt Fritz Bauer und die Auschwitz-Prozesse
  16. Die Theodizee-Frage – Rechtfertigung Gottes angesichts des Elends in der Welt
  17. Der Mief von tausend Jahren war noch allenthalben und nicht nur unter den Talaren
  18. „Und sagte kein einziges Wort“ – Das waren für mich die fünfziger Jahre
  19. Geschlagen wurde „im Namen des Herrn“: Erziehungsmethoden in Heimen der frühen Bundesrepublik
  20. „Noch fruchtbar ist der Schoß, aus dem das Ungeheuer kroch“ – wie Reichtum entstand, Arisierung und Zwangsarbeit
  21. Die Gruppe 47 – Auf bruch in eine „neue Zeit“
  22. Die „Kritische Theorie der Frankfurter Schule“ – Horkheimer und Adorno
  23. Nur ein kleines Gedicht
  24. Rudi Dutschke – tempora mutantur, nos et mutamur in illis
  25. Studentenproteste weltweit – Freier Mensch unter freien Menschen
  26. Das Massaker von Tlatelolco und Black Power bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexico
  27. Malcolm X, Muhammad Ali und Martin Luther King
  28. Nachtrag zu den Reflexionen über „das Böse“: Schimpansen und Bonobos, Patriarchat und Matriarchat
  29. Das Grauen des Vietnamkriegs auf den Mattscheiben in unseren Wohnzimmern
  30. Jimmy Hendrix und Janis Joplin – unsere „Helden“
  31. „Unterm Pflaster liegt der Strand“ – ein neues Lebensgefühl
  32. Bewusstseinserweiternde Drogen und Timothy Leary
  33. Jan Palach brennt
  34. SDS, APO und Notstandsgesetze
  35. Ernst Bloch und „das Prinzip Hoffnung“
  36. Camus´ „Philosophie des Absurden“
  37. Sartre in Stammheim
  38. „Kommunistenhatz und Berufsverbot“ – Beate Klarsfeld ohrfeigt den Bundeskanzler
  39. Die RAF: „Will Ulrike Gnade oder freies Geleit?“
  40. Heinrich Böll: „Es macht mich wahnsinnig, ewig … mich gehetzt zu fühlen …“
  41. „Irrungen und Wirrungen“ eines großen Geistes: Alexander Mitscherlich
  42. Hans Carossa – ein „Gottbegnadeter“. Oder: Faschismus und Nationalismus leben weiter
  43. Exkurs: „Der Böse soll nicht den Guten töten und nicht der Gute den Bösen“ (Pablo Neruda)
  44. „Aus eben diesem Grunde soll die Todesstrafe nicht angewandt werden“ (Augustinus, 89. Brief)
  45. Entgegnung zu Kants „Metphysische Anfangsgründe der Rechtslehre“
  46. Unschuldig in der Todeszelle
  47. Hans Pfitzner und Richard Strauss – die ewigen Opportunisten
  48. Furtwängler will „die Kunst von allem ´Niederen´ freihalten“
  49. Die Entnazifizierung – eine Farce
  50. „Persilscheine“ nach Gusto
  51. Alt-Nazis werden zu Wendehälsen und Pendlern zwischen den Systemen – General Paulus, von Stalingrad zum Aushängeschild der DDR
  52. „Die Stunde null“ und die Zeit danach
  53. Wolfgang Borchert, „Draußen vor der Tür“ und die Kriegsheimkehrer
  54. „Die Kriegskinder sind heute in ein Alter gekommen, in dem sie die Vergangenheit gleich zweifach einholt“
  55. Vor dem Wirtschaftswunder lagen die Hungerwinter
  56. Der Marshall-Plan – kein Akt der Menschlichkeit, sondern politisches Kalkül
  57. Exkurs: Tebartz-van Elst oder die Heuchelei der katholischen Kirche.
  58. Blutgeld stinkt nicht „Wissen Sie, was das größte Problem der Kirche in Deutschland ist? Sie hat zu viel Geld.“
  59. Fälschung, Lug und Trug – wie der Vatikan seinen Reichtum mehrt
  60. Titelhandel, Heiligsprechungen und Ablasshandel – erträgliche Einnahmequellen des Vatikans
  61. Menschenhandel, Sklaverei und Leibeigenschaft – damit begründete die katholische Kirche ihren unermesslichen Reichtum
  62. Inquisition: Lynchund Raubzug im Namen des rechten Glaubens
  63. Erbschleicherei und Mord – jedes Mittel ist recht
  64. Unvorstellbare Privilegien auf Grundlage von Konkordaten
  65. Befreiungstheologie – Leonardo Boff und Óscar Romero, Ernesto Cardenal und Dom Hélder Câmara
  66. Anstelle eines Nachworts zum 1.Teil: Die Bergpredigt – nichts ist, wie es scheint
  67. Über den Autor
  68. Anmerkung und Anliegen des Autors
  69. Impressum