Fußball und Gesellschaft.
eBook - ePub

Fußball und Gesellschaft.

Fünf Vorträge

  1. 114 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Fußball und Gesellschaft.

Fünf Vorträge

Über dieses Buch

Die Vorträge diskutieren die Rolle und Bedeutung des Fußballs für zivilgesellschaftliche Prozesse. Themen: Gewalt, Rechtsextremismus, Fair Play, Gesellschaftspolitische Herausforderungen.

Häufig gestellte Fragen

Ja, du kannst dein Abo jederzeit über den Tab Abo in deinen Kontoeinstellungen auf der Perlego-Website kündigen. Dein Abo bleibt bis zum Ende deines aktuellen Abrechnungszeitraums aktiv. Erfahre, wie du dein Abo kündigen kannst.
Derzeit stehen all unsere auf mobile Endgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Perlego bietet zwei Pläne an: Elementar and Erweitert
  • Elementar ist ideal für Lernende und Interessierte, die gerne eine Vielzahl von Themen erkunden. Greife auf die Elementar-Bibliothek mit über 800.000 professionellen Titeln und Bestsellern aus den Bereichen Wirtschaft, Persönlichkeitsentwicklung und Geisteswissenschaften zu. Mit unbegrenzter Lesezeit und Standard-Vorlesefunktion.
  • Erweitert: Perfekt für Fortgeschrittene Studenten und Akademiker, die uneingeschränkten Zugriff benötigen. Schalte über 1,4 Mio. Bücher in Hunderten von Fachgebieten frei. Der Erweitert-Plan enthält außerdem fortgeschrittene Funktionen wie Premium Read Aloud und Research Assistant.
Beide Pläne können monatlich, alle 4 Monate oder jährlich abgerechnet werden.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja! Du kannst die Perlego-App sowohl auf iOS- als auch auf Android-Geräten verwenden, um jederzeit und überall zu lesen – sogar offline. Perfekt für den Weg zur Arbeit oder wenn du unterwegs bist.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Ja, du hast Zugang zu Fußball und Gesellschaft. von H.-Georg Lützenkirchen im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Politik & Internationale Beziehungen & Politische Freiheit. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

These 1: Grundlagen – Stärkung der zivilgesellschaftlichen Kompetenz

Nachhaltige Präventionsarbeit muss eingebettet sein in eine Strategie zur Aktivierung zivilgesellschaftlicher Verantwortung und Kompetenz bei den Menschen. Das bedeutet eine Erweiterung des interventionistischen (sozialarbeiterischen) Ansatzes: Die Menschen, mit denen gemeinsam die Strategie umgesetzt werden soll, sind nicht mehr nur „bedürftige Mängelwesen“ (M. Gronemeyer), sondern potentiell kompetent und eigenständig Handelnde.

Dieses Ausgangsverständnis verbindet die unmittelbare präventive Intervention mit einer 'gesellschaftspolitischen' Strategie, in der die präventiven Effekte indirekt über die zivilgesellschaftliche Verantwortung der beteiligen Menschen erzielt werden. Es entsteht Nachhaltigkeit.
Was gemeint ist, soll am Beispiel des Projekts „Ein Dach für Fans“ (EDFF) gezeigt werden.
Mit der Gründung des Projekts EDFF im Jahre 2004 durch Dortmunder Fußballfans, die sich zuvor in verschiedenen Internetkommunikationsforen kennen gelernt hatten, bestand die Möglichkeit, ausgehend von der konkreten praktischen Idee der Vermittlung von Übernachtungsmöglichkeiten für potentielle BesucherInnen der WM 2006, eine neuartige Sichtweise auf die Belange der Fußballfans einzuüben: von Fans für Fans! Neuartig deshalb, weil dies nicht nur im Bereich praktischer Serviceleistungen verstanden werden sollte, sondern ebenso bewusst wie gezielt auch als nachhaltiger Beitrag zur politischen Kultur des Gastgeberlandes für WM 2006 wirken sollte. In der Einladung zur Informationsveranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung über das Projekt am 19. August 2004 in Dortmund lautete deshalb die Zielbeschreibung:
Mit dem Projekt »Ein Dach für Fans« (EDFF) wollen wir erreichen, dass einheimische Fans auswärtigen Fans bei der Unterbringung helfen. Wir sehen darin einen wichtigen Schritt praktischer Völkerverständigung. Wer sich kennt und Kontakt miteinander hat, entwickelt keinen Rassismus, keine Ausländerfeindlichkeit und keine Aggressivität auf seinen Kumpel.“
Die benannten Präventionsanliegen verstanden sich von Beginn an als Bürgerengagement. Der Grundgedanke: In dem Maße, wie 'der Fan' sich auch als engagierter 'Bürger' versteht (und sich auch verhält), leistet er einen eigenen Beitrag zur Zivilgesellschaft.
Dabei geht es in einem ersten Schritt zunächst um die Bewusstmachung der eigenen Handlungsmächtigkeit als Fan. Genauer: als Bürger und Fan. Mit dieser Zuspitzung erfährt das Präventionsanliegen eine Erweiterung: Es geht nun auch um die Partizipationspotentiale und die Partizipationskompetenzen einer Zielgruppe, die als Fans in der öffentlichen Wahrnehmung aktiv eher ausschließlich als 'kuriose' oder folkloristische Besonderheit, als Störer oder gar Randalierer im Rahmen von Fußballereignissen wahrgenommen wird.
Eine Aktivität im Sinne eigenständiger Interessenvertretung, die die selbstbewusste Mitgestaltung gesellschaftspolitischer Rahmenbedingungen beinhaltet, wird von Fußballfans gemeinhin nicht erwartet. Das Projekt EDFF überwindet diese allgemeinen Erwartungen an ein 'Fanprojekt', wenn es betont:
EDFF sieht sich (...) in der Tradition des engagierten Bürgers. In dieser Tradition ist das von EDFF gestaltete und mit anderen initiierte bürgerschaftliche Engagement Ausdruck eines wachsendes politisch-partizipativen Selbstbewusstseins der „Fußballfans“, die ihre Interessen aktiv und offensiv vertreten wollen. In diesem Bewusstsein bringt EDFF auf nationaler und internationaler Ebene Ideen, Erfahrungen und Kompetenzen zur effektiven Mitgestaltung gesellschaftspolitischer Herausforderungen rund um den Fußball ein.“
Nimmt man aber diese Potentiale einer partizipatorischen Handlungskompetenz (und der damit einhergehenden Präventionspotentiale) ernst, wird ein solcher Handlungsansatz auch im Kontext eines politische Bildungsverständnisses interessant. Denn Handeln braucht Kompetenz! Es gilt dann, Voraussetzungen zu schaffen, damit dieses Potential wirksam werden kann als eigenständiger Beitrag zur Zivilgesellschaft.2 Es geht um die Bereitstellung von 'Handwerkszeug' des kommunikativen Miteinanders, Methoden des Diskurses ebenso wie um die Bereitstellung und Organisation entsprechender Foren, öffentlicher Räume für Diskurse.




Anmerkungen (These 1)

1 EDFF – oder wie wir die Welt sehen, vergl.  http://www.edff.net/de/index.php?p=wasistedff1#7  .
 2 Vergl.: Lützenkirchen, H.-Georg, Fußball – Politik – Politische Bildung, in: Praxis Politische Bildung. Materialien – Analysen – Diskussionen, 11.Jg., 1. Vj. 2007 (H. 1/2007), S. 11-16. Der Begriff Zivilgesellschaft meint natürlich zunächst den demokratischen Rechtsstaat. In einem internationalen Kontext empfiehlt es sich aber, von zivilgesellschaftlichem Engagement zu sprechen. Der Begriff kennzeichnet dann gewissermaßen die Grundlage jeder demokratischen Verfassung: gelebte Demokratie – auch dort, wo die demokratischen Strukturen noch nicht so stabil ausgeprägt sind, etwa in einigen osteuropäischen Ländern.

2

These 2: Über die Geschichte zur Gesellschaft. Analysefähigkeit

Es besteht eine ständige Wechselbeziehung zwischen Sport und Gesellschaft.
Als ein eigenständiges 'System' ist in dieser Beziehung auch der Fußball ein „Subsystem“ der Gesellschaft. Das bedeutet: die Anforderungen einer demokratisch-zivilen Gesellschaft wie demokratische Verfassung, Transparenz, Mitbestimmung gelten auch für das Subsystem Fußball.
Darüber hinaus bedingt das Wechselverhältnis, dass sich gesellschaftliche und soziale Erscheinungen und Verwerfungen im Subsystem abbilden und hier ihre spezifische Ausprägung erfahren. Zugleich aber vermag das Subsystem diesen Erscheinungen und Verwerfungen mit mit seinen eigenen Mitteln zu begegnen. Darin liegt Beitrag, mit dem der Sport, hier speziell der Fußball Gesellschaft mitgestalten kann (und soll). Das ist eine Herausforderung: für jeden Aktiven, sei es als Funktionsträger oder Spieler oder Zuschauer oder Fan - als mündige Bürger mitgestalten zu können - und zu wollen!

"Die Geschichte des deutschen Fußballbundes zeigt, dass "der" Sport so gut eine Fiktion ist wie "der" Mensch. Sie zeigt auch, dass der Fußball, konkret wie er ist, seine Geschichte und seinen Gesellschaftsbezug hat: Daß er ein Politikum bildet, dass er als Politikum erkannt werden will... Er gehört zu unserer Gesellschaft."1
Als zum 75jährigen Jubiläum des DFB 1975 der damalige Festredner Walter Jens diese Wechselbeziehung zwischen Sport und Gesellschaft hervorhob, ging es ihm um die zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend unaufgearbeitete nationalsozialistische Vergangenheit des Verbandes. Eine verdrängte Geschichte, deren Aufarbeitung der DFB lange Zeit anderen überließ. Doch blieben viele der im Umfeld der Regionalgeschichtsforschung und Oral-History-Bewegung entstandenen Versuche, kritische Fragen an die deutsche Fußballgeschichte zu stellen, oft aufgrund mangelnder Quellengrundlagen unvollkommen – auch weil der DFB selber Einsicht in seine Archive verweigerte – oder waren in ihrer bewusst journalistischen Herangehensweise methodisch angreifbar.2 Indes häuften sich die kritischen Fragen. Beispielhaft sei hier auf die Geschichte des Vereins Schalke 04 hingewiesen. Während noch der Mythos des ruhrgebietstypischen Arbeitervereins gepflegt wurde, zu dem eine Art 'natürlicher Widerstand' gegen das Nazi-Regime gehörte, wurden erst langsam die tatsächlichen Verstrickungen des Vereins und solch prominenter Spieler wie Fritz Szepan und Ernst Kuzzorra mit dem Naziregime bekannt und auch im Kontext politischer Bildungsveranstaltungen thematisiert.3 Es ist auch diesem 'Druck von unten' zu verdanken, dass auch der DFB sich schließlich veranlasst sah, eine unabhängige Darstellung seiner Geschichte zu beauftragen..
Das Beispiel der durch Walter Jens' Einlassung in Gang gesetzten Aufarbeitung der eigenen Geschichte eines großen Sportverbandes soll an dieser Stelle auf die ständigen Interdependenzen zwischen Sport und Gesellschaft hinweisen. Der Sport ist Teil dieser Gesellschaft. Als Teil der Gesellschaft kann er – das zeigt der Rückgriff auf die Geschichte – ebenso wenig nicht 'außerhalb' der Geschichte stehen wie er sich von gesellschaftlichen Realitäten abkoppeln kann. Es hat sich ihnen zu stellen und mit den ihm möglichen Mitteln zu begegnen. Die Herausforderung besteht darin, mit diesen Mitteln auch einen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Entwicklung leisten zu können – und zu wollen.



Anmerkungen (These 2)


1 Jens, Walter, Fußball: Versöhnung mitten im Streit?, in: Ders., Republikanische Reden, München 1976, S. 177-187.
2 Beispielhaft seien einige Arbeiten genannt: Schulze-Marmeling, Dietrich, Der gezähmte Fußball. Geschichte eines subversiven Sports, Göttingen 1992. Ders. (Hrsg.), Davidstern und Lederball. Die Geschichte der Juden im deutschen und internationalen Fußball, Göttingen 2003. Leinemann, Jürgen, Sepp Herberger. Ein Leben, eine Legende, Berlin 1997. Fischer, Gerhard/ U. Lindner, Stürmen für Hitler. Vom Zusammenspiel zwischen Fußball und Nationalsozialismus, Göttingen 1999. Heinrich, Artur, Der Deutsche Fußballbund. Eine politische Geschichte, Köln 2000.
3 „Auf einmal ist das Seminar mitten drin in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Wie war das damals mit dem DFB und den großdeutschen und Kriegsmeisterschaften? Was konnte der Einzelne tun? Wer wurde Täter? Wer war Mitläufer? War Widerstand möglich? Um welchen Preis auch im Fußball, den die Nazis wie alle Bereiche vereinnahmten? Schalke 04 wurde für die Nazis der Vorzeigeverein (er verkörperte angeblich die von den Nationalsozialisten propagierte „Volksgemeinschaft“).“ Grieger, Karlheinz, Fußball ist unser Leben... Spielberichte aus einem Seminar der politischen Bildung, in: Außerschulische Bildung Nr. 1-06 (AdB-Forum, ), Berlin 2006.

These 3: Verantwortliches Handeln braucht Kompetenz

Es ist zugleich auch Verantwortung! Eine Verantwortung, die sich zunächst aus der einzigartigen Infrastruktur des Fußballs ergibt: die Vielzahl von Vereinen und ihre ehrenamtlichen Mitarbeiter erreichen viele Menschen, vor allem auch und besonders Jugendliche.
Um aber dieses positive Einwirkungspotential nutzen zu können braucht es Kompetenz. Eine erste Vorauss...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhalt
  2. Vorwort
  3. Einleitung - Zehn Thesen zur Orientierung
  4. These 1: Grundlagen – Stärkung der zivilgesellschaftlichen Kompetenz
  5. Anmerkungen (These 1)
  6. These 2: Über die Geschichte zur Gesellschaft. Analysefähigkeit
  7. Anmerkungen (These 2)
  8. These 3: Verantwortliches Handeln braucht Kompetenz
  9. Einschub: zum Verständnis der Professionalisierung im Sport
  10. These 4: Kompetenz braucht politische Bildung
  11. These 5: Zum Beispiel die Gewaltproblematik - Politische Bildung als Präventionsarbeit
  12. Anmerkungen (These 5)
  13. These 6: Zum Beispiel Ethnisierung im Fußball - Politische Bildung als Kommunikationsplattform
  14. These 7: Zum Beispiel „Reclaim the Game “ – Politische Bildung als (internationale) zivilgesellschaftliche Herausforderung
  15. These 8: Projektpraxis – Mit den Menschen statt für die Menschen!
  16. These 9: Nachhaltigkeit – Qualität statt Quantität!
  17. These 10: Aus der Praxis für die Praxis: Fair Play als Herausforderung
  18. Aggression und Gewalt im Amateurfußball. Ergebnisse einer Befragung unter Funktionären und Amtsträgern im Fußballverband Mittelrhein. Ein Vortrag
  19. Fußball und Gewalt - Ein Vortrag
  20. Fußball und Rechtsextremismus - Ein Vortrag
  21. Anmerkungen (Fußball und Rechtsextremismus)
  22. Gesellschaftspolitische Herausforderungen für den Fußball - Ein Vortrag
  23. Respekt und Fair-Play im Fußball
  24. Literaturverzeichnis
  25. Nachweise
  26. Impressum