Drei kleine Helferlein
Ganz ohne Zweifel ist die uns beim Coaching umgebende Natur der wichtigste Faktor, wie bereits in den vorangegangenen Kapiteln ausführlich erläutert. Sie ist wie ein riesiges weiches Kissen, in das wir uns nach einem anstrengenden Tag ganz sanft hineinwerfen und ausruhen dürfen. Der Stress fällt langsam ab, die kreisenden Gedanken kommen allmählich zur Ruhe und der Körper schaltet in den Erholungsmodus. Ein extrem angenehmes Gefühl, wie man meinen sollte, und das ist es in aller Regel auch. Ich verwende die Formulierung „in aller Regel“ ganz bewusst, da dieses für den einen oder anderen so ungewohnt gewordene Entspannen, beziehungsweise das Fehlen äußerer Reize und Ablenkungen, im ersten Augenblick sich auch etwas unangenehm anfühlen kann. Die Stille um einen herum bewirkt, dass man die innere Stimme jetzt selbst noch lauter wahrnimmt, als das gewohnterweise der Fall wäre. Insbesondere am Anfang löst das bei manchen Menschen eventuell leicht ängstliche Reaktionen aus, so wie alles uns Unbekannte und Neue. Nun werden Sie zu Recht fragen: „Wie Angst? Das ist doch ein Widerspruch! Sollte denn die Natur, und die damit verbundene Ruhe, nicht gerade für das Gegenteil sorgen?“
Keine Bange, das tun sie selbstverständlich auch. Für derartige Erstreaktionen unseres Geistes gibt es gleich mehrere Erklärungen. Eine davon ist, dass viele Menschen dazu neigen, aufkommende Probleme gerne zu verdrängen. Und glauben Sie mir, die meisten Zeitgenossen, mich eingeschlossen, sind wahre Verdrängungskünstler. Sie fühlen sich von der oft spontan auftretenden Problemsituation überrumpelt und verfahren lieber gemäß der alt bewährten, aber leider völlig sinnlosen Vogel-Strauß-Taktik und stecken den Kopf in den Sand. Getreu dem Motto, wenn ich das Problem nicht sehe, sieht es mich ja vielleicht auch nicht. Erinnern Sie sich noch an Ihre Schulzeit? Der Termin für die Prüfung oder das Referat rückte immer näher, aber man hatte ja so viele andere Dinge zu tun, die einem die Vorbereitung möglichst lange ersparten. Es war natürlich wichtiger, dem Vater beim Autowaschen zu helfen oder scheinheilig der Oma den Einkauf zu erledigen. Jede Ablenkung war recht, um nur das nervige Lernen weiter hinauszuzögern. Und das obwohl man doch genau wusste, dass man der Prüfung sowieso nicht entkommen konnte.
Ganz ähnlich ergeht es uns im Erwachsenenalter auch. Statt uns mit anstehenden Problemen oder Ängsten lieber auseinanderzusetzen, solange sie noch klein und handlich sind, verdrängen wir diese, so gut es eben geht, und betäuben den Verstand mit anderweitiger Beschäftigung. Je lauter es um uns herum ist, desto weniger hören wir das, was in unserem Inneren nach besonderer Aufmerksamkeit schreit. Kommen wir schließlich zur Ruhe, kann es speziell zu Beginn des Renaturierungsprozesses sein, dass die beiseitegeschobenen Gedanken wieder an die Oberfläche, sprich, ins Bewusstsein gelangen. Wir nehmen sie plötzlich wieder wahr, allerdings, der Natur sei dank, nur in einer abgeschwächten und heruntergedimmten Form. Nichtsdestotrotz sind sie da und wollen (oder besser sollten) dann in irgendeiner Weise bearbeitet werden.
So paradox es vielleicht klingen mag, aber die zunehmende Klarheit und das schrittweise Erkennen der tatsächlichen Hintergründe der eigenen Lebens- oder Problemsituation, ausgelöst durch die Selbstreflexion im Wald, können zunächst ebenso eine gewisse Form der Angstreaktion auslösen. Es handelt sich hierbei allerdings nicht um verdrängte Probleme oder Ängste, sondern vielmehr macht uns der ungewohnt freie Blick auf die Gesamtzusammenhänge anfangs manchmal etwas zu schaffen. Wir müssen das Erkannte und gegebenenfalls den „ersten Schreck“ der damit einhergeht verarbeiten, um dann ruhig und mit frischer Kraft unseren eigenen Weg in eine andere Richtung weitergehen zu können. Es verhält sich dabei also ganz ähnlich dem Effekt, den Samuel Hahnemann, der Begründer der modernen Homöopathie (1755-1843), als Erstverschlimmerung oder Erstwirkung bezeichnete. Durch den äußeren Einfluss, den zum Beispiel verabreichte homöopathische Globuli auf den Körper ausüben, entsteht ein sanfter Pendeleffekt, sofern das verabreichte Mittel das „Richtige“ ist. Der Organismus wird hierbei nur so leicht zur Reaktion angeregt, dass er in Folge, zur Wiederherstellung des gesunden Gleichgewichtszustandes, wieder in die entgegengesetzte Richtung (=Nachwirkung) zurückpendeln kann29. Diese nach außen hin wahrnehmbare leichte Zustandsverschlimmerung ist in Wahrheit der kleine wahrnehmbare Stups, der den Selbstheilungsprozess ins Laufen bringt.
Mit der Selbsterkenntnis kann es sich dabei genauso verhalten. Alte verdrängte Gefühle blubbern allmählich wieder nach oben, so wie Sie es vielleicht von den Bläschen in einer Sprudelflasche her kennen. Öffnen Sie diese erstmals, so zischt es und der Druck der im Wasser gelösten Kohlensäure entweicht teilweise. Es stellt sich, wie im Falle des Selbstheilungsprozesses, wieder ein natürliches Gleichgewicht ein. Durch den vorher herrschenden Überdruck in der geschlossenen Flasche war genau das eben nicht möglich. Auch im Natur-Coaching ist es daher ratsam, sich vorab (!) Gedanken zu machen, wie man gemeinsam mit dem Coachee diese „Angstbläßchen“ sanft abfangen kann. Es gilt hier einfach erlernbare Techniken einzusetzen, mit denen sich der Klient im Anschluss an eine Coaching-Sitzung auch im Alltag selbst helfen kann. Schlimmstenfalls solange, bis endlich die letzte „Blase“ aus ihm entwichen und sich ein ausgeglichener stabiler Zustand eingestellt hat.
Zu diesem Zweck möchte ich gerne zwei Techniken vorstellen, die sich beim Einsatz im Natur-Coaching hervorragend bewährt haben. Sie sind nicht nur sehr effektiv, sondern bieten überdies hinaus viele Möglichkeiten der Selbstanwendung. Mit anderen Worten: Die Hilfestellung hört nicht mit dem Ende der Coaching-Einheit auf. Der Klient bekommt ein Werkzeug mit an die Hand, welches er auch zu Hause, auf der Arbeit oder wo immer er es benötigt jederzeit einfach anwenden kann, sollten die sich lösenden Angstbläßchen für ihn zu unangenehm werden. Das erste kleine Helferlein stammt aus dem Bereich der neurolinguistischen Programmierung, kurz NLP. Es ist eine relativ einfache, aber sehr wirksame Methode, die die viel zitierte Magie der Worte wirkungsvoll einsetzt. Sie heißt deshalb auch genauso, nämlich Magic Words30. Sie hilft dem Gehirn dabei, Stressworte in positive, kraftvolle Begriffe zu verwandeln und damit verbundene Angstgefühle abzubauen. Ein Beispiel: Wir alle kennen das unangenehme Gefühl, welches in uns aufsteigt, wenn wir an unseren nächsten Zahnarztbesuch denken. Vielen bereitet alleine das Wort schon Stress, wenn sie beispielsweise hören, wie ein Kollege erzählt, dass er nach Feierabend noch zur Behandlung muss. „Zahnarzt“, und schwuppdiwupp haben wir den beißenden Desinfektionsmittelgeruch in der Nase, sowie das schrille Pfeifen des Bohrers im Ohr. Leiden Sie schon mit mir? An diesem Fallbeispiel wird sehr schön deutlich, was mit der Macht des Wortes gemeint ist. Es dringt in den Verstand vor und der Organismus reagiert prompt. Bei den meisten Menschen, die damit eher negative Emotionen und Schmerz verbinden, natürlich auch auf verkrampfende, stressauslösende Weise. Alleine die Vorstellung reicht dazu bereits aus.
Schön wäre es jetzt, wenn man die Wirkung der sogenannten Stresswörter auf den Körper einfach neu programmieren könnte. Denn, mit Abnahme der Stresswahrnehmung würden auch die dahinter stehenden Angstgefühle entsprechend eliminiert oder zumindest auf ein leichter erträgliches Maß reduziert. Genau das ist mit Magic Words möglich. Es geht hierbei allerdings nicht darum, sich bestimmte Begriffe „schönzureden“, sondern vielmehr die dahinter stehenden Verknüpfungen der Neuronen im Gehirn „neu zu verdrahten“. Die daraus resultierende Stressreduktion ist meist binnen Minuten spür- und mittels kinesiologischer Tests auch messbar. Da Magic Words mit der Vorstellungskraft des Geistes arbeitet und dies im entspannten Zustand viel leichter vonstattengeht, ist sie im Behandlungsraum Natur extrem wirkungsvoll und einfach anwendbar. Überdies hinaus, leistet sie speziell in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die unter Stress- oder Angstsymptomen leiden, hervorragende Dienste. Durch die neue bildhafte Verknüpfung des ehemals stressbelasteten Begriffs, hat der Coachee somit auch eine Stütze, die er in den Folgetagen, beziehungsweise immer beim Auftreten damit verbundener Angst- oder Stressreaktionen, eigenverantwortlich einsetzen kann. Die Hilfestellung ist also Hilfe zur Selbsthilfe und passt somit hervorragend zum Grundkonzept des Natur-Coachings.
Wenn Ängste und psychische Verletzungen tiefer sitzen oder diese gelöst werden sollen, um den nächsten Schritt auf der eigenen Entwicklungsleiter möglich zu machen, bietet sich ein weiteres effektives Werkzeug an: „Eye Movement Desensitization and Reprocessing“ oder auf Deutsch, Desensibilisierung und Verarbeitung mittels Augenbewegung, kurz EMDR. Für die Grundidee dieser zunächst sehr abenteuerlich klingenden Methodik stand ein ganz natürlicher Vorgang unseres Körpers Pate, den wir zwar im Allgemeinen selbst nicht wahrnehmen, jedoch zum Beispiel in Schlaflabors verfolgen und messen können. Die Rede ist von den schnellen Augenbewegungen, die wir während der Tiefschlafphase unbewusst ausführen. Man bezeichnet jenes Schlafstadium daher als REM-Phase (REM = Rapid Eye Movement). Unser Gehirn be- und verarbeitet in dieser Zeit Erinnerungen an täglich Erlebtes und speichert Erlebnisfragmente gegebenenfalls auch „neu“ ab. Es ist eine Art Selbstheilungsfunktion des Geistes, wenn Sie so wollen. In den 1980er Jahren entwickelte die Ärztin Dr. Francine Shapiro aus den USA diese Technik als Psychotherapieform. EMDR half Kriegsveteranen dabei, jene seelischen Traumata zu verarbeiten, die sie während ihrer Kampfeinsätze in Kriegsgebieten erlitten hatten. Seit Anfang der 1990er Jahre wird diese Methode immer häufiger auch hierzulande eingesetzt, um Traumafolgestörungen bei Erwachsenen und Kindern wirkungsvoll behandeln zu können. Wie Dr. Shapiro in ihrem Buch31 dazu ausführt, ist diese Methode nicht nur für schwere seelische Blessuren, sondern auch für „alltäglichere“ Ängste ein sehr hilfreiches Werkzeug.
Zum besseren Verständnis, vielleicht kurz noch ein paar Hintergrundinformationen zur Methodik. Verletzungen der Seele entstehen unter anderem dadurch, dass das Gehirn extrem schmerzliche Ausnahmesituationen in der Sekunde ihrer Wahrnehmung oft nicht vollständig „abspeichern“ kann. Es ist ein bisschen so, als würden Sie den Netzstecker ziehen, während Sie auf Ihrem Computer einen Text getippt und noch nicht abgespeichert haben. Er war zwar zum Zeitpunkt des Stromausfalls bereits im Arbeitsspeicher, jedoch nicht final auf der Festplatte Ihres Rechners abgelegt. Zurück bleibt ein unvollständiger Text, ohne Dateinamen und Datenverzeichnis, den Ihnen dann Ihre Textverarbeitung beim nächsten Hochfahren des PCs als „Wiederherstellungsversion“, meist mit etwas Schwund, unaufgefordert wieder anbietet. Der Vergleich hinkt zwar ein bisschen, macht aber doch recht deutlich, wie das Gehirn in solchen Fällen arbeitet. In dem Moment in dem ein extrem belastendes, angstauslösendes Ereignis uns erstmals widerfährt (zum Beispiel ein schwerer Unfall), kann der Verstand dies meist nicht vollständig verarbeiten. Er speichert „Datenfragmente“, bestehend aus Vorstellungen, Gerüchen oder Geräuschen, zusammen mit den Empfindungen der traumatischen Situation in noch unverarbeiteter Form ab. Kommen Betroffene dann nach dieser ersten schmerzlichen Erfahrung wieder in eine ähnliche, vielleicht an sich harmlose Lage (zum Beispiel Kontakt mit einem Menschen, der das gleiche Parfüm benutzt, wie einer der am Unfallgeschehen Beteiligten), so kann dies schlagartig die Gefühle der Traumasituation wieder aufblitzen lassen. Die Experten sprechen hierbei von sogenannten Flashbacks, die Betroffene psychisch und physisch sehr belasten können.
Klar, werden Sie jetzt sagen, das sind Extremsituationen, denen vielleicht Soldaten, Polizei- oder Rettungskräfte ausgesetzt sind. Welchen Nutzen soll EMDR denn für „normale“ Ängste und Probleme haben? Ganz genau den gleichen positiven Effekt natürlich. Und der Vorteil dieses Helferleins Nummer zwei ist ähnlich dem der Magic Words-Methode. Sie ist zwar unbedingt vom Profi auszuführen, aber auch hier bekommt der Klient kleine Hilfsmittel zur weiteren Eigenbehandlung für den Fall mit an die Hand, dass Angstgefühle hochkommen, wenn gerade kein Coach oder Therapeut in der Nähe ist. Alleine das Wissen darum, nicht mehr hilflos seiner Angst gegenüberstehen zu müssen, ist für viele ein unbeschreiblich positiver Schritt in Richtung selbstbestimmtes Leben, jenseits der Ängste, die einem vorher die Tagesabläufe diktierten. Zudem schafft diese Methode eine gewisse Ruhe und emotionale Distanz, die es ermöglicht, die angstauslösenden Ereignisse zu analysieren, neu zu bewerten und im Gehirn in bearbeiteter Form abzuschließen. Wie bereits im Kapitel zur „wahren Natur der Angst“ erläutert, verschwinden mit dem Erkennen der Gesamtzusammenhänge und des neuen Weges auch die damit verbundenen belastenden Symptome der wegweisenden Furcht. Der Angstzustand selbst als Indikator der „Fehlspeichersituation“ ist nicht mehr nötig. Die neuronalen Veränderungen in unserem Gehirn, die mit dem Ganzen einhergehen, ermöglichen es uns nun, ohne diese Belastungen weiterzugehen. Das Ereignis, wie schlimm auch immer es gewesen sein mag, ist bearbeitet.
Methoden wie Magic Words und EMDR helfen uns also, den Druck und die Angst herauszunehmen. Sie unterstützen uns aktiv dabei, mit schwierigen Situationen gelassener umzugehen und ermöglichen einen emotional unbelasteten Blickwinkel auf das, was uns beschäftigt. Sie geben uns schrittweise die Sicherheit sowie das Vertrauen in unsere natürliche Fähigkeit der Selbstheilung zurück und gehen somit Hand in Hand mit dem dritten wirkungsvollen Helferlein im Natur-Coaching, den Erkenntnisübungen. Ich möchte hier wieder anknüpfen an das Kapitel „Erkenntnis ist alles“, in dem ich den Erkenntnisprozess als zweite wichtige Säule neben dem Faktor Natur bereits mit dem kleinen Beispiel aus meiner Jugend, über die erste Nacht im neuen Zimmer, veranschaulicht habe. Erinnern Sie sich? Es waren die unbekannten Geräusche, die mir damals im Dunkeln Angst einjagten. Die Erkenntnis darüber was diese auslöste, lies auch die Beklemmung verschwinden und mich ruhiger schlafen.
Die Erkenntnisübungen, die sich ebenfalls leicht während des Coachings in der Natur einsetzen lassen, übernehmen dabei eine ganz ähnliche Aufgabe. Sie machen Sachverhalte körperlich und geistig im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar und stellen damit keine leere Wissenshülse in Form eines Tipps oder Ratschlags dar. Der Geist kann die dahinterliegende tiefere Bedeutung schneller und besser erfassen, als sich dies alleine in einem Gespräch vermitteln ließe. Hierzu vielleicht ein kleines Beispiel aus der Praxis, das die Wirkungsweise der Erkenntnisübungen etwas plakativer macht.
Sicher kennen Sie sie auch, diese Tage, an denen einfach nichts gelingen mag. Alles fühlt sich schwer an und jede noch so kleine Aufgabe erfordert Bärenkräfte. Trotzdem kommt man nicht voran, obwohl, oder besser gerade weil, man sich so extrem abmüht. Frustration und Resignation sind die Folgen, vor allem dann, wenn jener Zustand über einen längeren Zeitraum anhält. Statt sich mit den Dingen zu befassen, die man gerne tun möchte, und die einem in diesem Moment auch leicht von der Hand gingen, quält man sich mit denen, die man meint, unbedingt erledigen zu müssen. Es fühlt sich ein bisschen so an, als würde man ständig versuchen, gegen den Strom zu schwimmen, um sein Ziel zu erreichen. Statt den Lauf der Dinge einfach zuzulassen, gehen wir modernen Menschen die Sache oft zu kopflastig an und schenken unserer inneren Weisheit kein Gehör.
Daher habe ich die folgende Erkenntnisübung „Fluss des Lebens“ getauft, die einem übrigens jederzeit auch in der Eigenanwendung wieder ein Stück Klarheit und Auftrieb verleihen kann. Gehen Sie dazu einfach raus in die Natur und suchen Sie sich einen kleinen, idyllischen und vor allem ruhigen Bachlauf in Ihrer Nähe. Je geschlängelter dieser verläuft, desto besser. Wichtig ist wie immer, dass Sie dort ungestört sind. Nehmen Sie sich am besten ein gemütliches Sitzkissen mit und setzen Sie sich an jenen Platz, der Sie am meisten anspricht. Beispielsweise direkt an den Rand des Baches, vielleicht auf einen bequemen Baumstumpf oder Ähnliches. Schließen Sie die Augen und atmen Sie tief ein und aus, um ganz zur Ruhe zu kommen. Genießen Sie das leise Plätschern des Wassers, das gleichzeitig auch Ihren Gedankenfluss reinigt und beruhigt. Lassen Sie aufkommende Alltagsgedanken davonziehen, ohne Ihnen große Bedeutung zu schenken. Wenn Sie zur Ruhe gekommen sind, nehmen Sie ein kleines Blatt, setzen es in die Mitte des Baches und lassen es einfach davonschwimmen. Beobachten Sie das Blättchen, wie es von der sanften Strömung mitgetragen wird und vielleicht hier und da im Bewuchs des Bachrandes hängenbleibt. Helfen Sie nach und stupsen es leicht wieder in die Wassermitte und beobachten Sie, wie es von dort alleine weiterschwimmt.
Der Bach und das Wasser verdeutlichen uns auf ganz beruhigende Weise, dass wir uns alle dazu entschieden haben, uns auf den ganz persönlichen Fluss des Lebens einzulassen und mit ihm zu schwimmen. Sollten wir am Rand seines Laufes oder an einem Hindernis hängenbleiben, gilt es Ruhe zu bewahren. Wir müssen uns nur wieder Richtung Flussmitte hin orientieren und loslassen. Mehr ist gar nicht notwendig, den Rest erledigt die Energie der Strömung ganz von alleine. Sie trägt uns mühelos dorthin, wohin wir eigentlich wollen. Anstrengend und mühevoll wird es erst, wenn wir uns in den Kopf gesetzt haben, gegen diesen Strom schwimmen zu wollen. Simulieren Sie auch das, um die Wirkung tatsächlich zu erfahren, und schieben Sie das Blatt ein Stück gegen die Strömung. Ohne Ihr ständiges Zutun wird es sich jedoch nicht weiter in diese Richtung bewegen. Nehmen Sie sich Zeit und lassen Sie den Blick auch bachauf- beziehungsweise bachabwärts schweifen. Sie werden erkennen, dass der Bach, ebenso wie Ihr Fluss des Lebens, jede Menge unterschiedlicher Abschnitte für Sie bereithält. Da gibt es Miniwasserfälle, vielleicht sogar kleinere Stromschnellen, Wirbel im Wasser und dann wieder breite und ruhige Bereiche, in denen das Blatt, das Sie ins kühle Nass gesetzt haben, sehr sanft und leicht dahingleitet.
Erkennen Sie die Parallelen zu Ihrem vielleicht stressigen Alltag? Wie oft tun Sie Dinge, die Sie eigentlich gar nicht tun wollen. Wie oft sitzen Sie auf diesem Blatt und versuchen mit voller Kraft gegen die Strömung anzukämpfen, nur weil Sie sich verpflichtet fühlen, es Ihre finanzielle Situation scheinbar gerade nicht anders hergibt ode...