
- 168 Seiten
- German
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eBook - ePub
Über dieses Buch
"Die glücklichen Inseln" ist eine 1919 erschienende Sammlung von Erzählungen des US-amerikanischen Schriftsteller und Journalisten Jack London. Der englische Originaltitel lautet "On the Makaloa Mat: Island Tales".Inhaltsverzeichnis: - Auf der Makaloa-Matte- Die Gebeine Kahekilis- Koolau, der Aussätzige- Leb wohl Jack!- Aloha Oe- Der Sheriff von Kona- Das Haus des Stolzes- Die Tränen Ah Kims- Chun Ah Chun
Häufig gestellte Fragen
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Information
Die Gebeine Kahekilis
Über die hohen Koolau-Berge hinweg kamen schwärmende Ausläufer des Passats gestrichen, ließen leicht die starren Bananenblätter schwanken, rauschten in den Palmen und bewegten flüsternd das Spitzengewebe der Algarobablätter. Nur zeitweise kam dieses Atmen der Natur – denn ein Atmen war es, das Seufzen der matten hawaiischen Nachmittage. In den Pausen zwischen den sanften Atemzügen wurde die Luft schwer und balsamisch von dem Duft der Blumen und dem Dunst der fetten, lebendigen Erde.
Viele Menschen waren um das bungalowartige Haus herum, aber nur ein einziger schlief. Die übrigen verhielten sich mäuschenstill. Hinter dem Hause ließ ein kleines Kind ein klägliches Wimmern hören, das selbst die schnell dargereichte Brust nicht zu beschwichtigen vermochte. Die Mutter, eine schlanke Hapa-Haolin in einem lose herabfließenden Holoku aus weißem Musselin, lief schnell mit dem Kind unter den Bananen und Papaias fort, daß die Ferne das Geräusch verschlang. Andere Frauen, Eingeborene und Hapa-Haolen, beobachteten sie ängstlich, als sie floh.
Vor dem Haus kauerten zwanzig Hawaiianer im Gras. Alle waren muskulöse, breitschultrige, stämmige Männer. Braunhäutig, mit leuchtenden braunen und schwarzen Augen und großen, regelmäßigen Zügen. Alles ließ darauf schließen, daß sie ebenso gutmütig, fröhlich und sanft waren wie die Luft ihrer Heimat. Scheinbar im Widerspruch hierzu stand die Wildheit ihrer Ausrüstung. Aus den rauhen Ledergamaschen hervor ragten die Griffe langer Messer. An den Hacken trugen sie mit mächtigen Rädern versehene spanische Sporen. Wie die Straßenräuber hätten sie ausgesehen, wären nicht die Blumenkränze und die duftenden Mailen gewesen, die die schwankenden Cowboyhüte umwanden und einen seltsamen Kontrast zu dem andern bildeten. Einer von ihnen, der anmutig und von der spitzbübischen Schönheit eines Fauns war, hatte sich eine doppelte Hibiskusblüte kokett hinter das Ohr gesteckt. Über ihren Köpfen breitete sich ein weitverzweigter Baldachin aus Ponciana regia aus und bildete, eine Flamme aus Blüten, einen Schirm gegen die Sonne. Aus jeder Blüte sprangen Quasten gefiederter Staubfäden. Von weit her drang, durch die Entfernung gedämpft, das Stampfen ihrer angebundenen Pferde schwach herüber. Aller Augen richteten sich aufmerksam auf den einsamen Schläfer, der, einige hundert Fuß entfernt, auf einer Lauhala-Matte unter den Johannisbrotbäumen lag.
Waren die hawaiischen Cowboys groß, so war der Schläfer doch noch größer. Auch war er, wie sein schneeweißes Haar bezeugte, viel älter. Seine starken Handgelenke und kräftigen Finger ließen unter den losen Dungareehosen und dem nicht zugeknöpften baumwollenen Hemd, das die Brust vom Zwerchfell bis zum Adamsapfel frei ließ, eine mächtige Gestalt ahnen. Die Brust war mit wirrem Haar, so weiß wie sein Kopf- und Barthaar, bedeckt. Ihre Tiefe und Breite und die Elastizität ihrer jetzt gelösten, plastischen Muskeln bezeugten die geballte Kraft in ihm. Dabei vermochten die Bräune und die Verwitterung durch Sonne und Wind nicht das Zeugnis seiner Haut zu widerlegen: Er war ein Haole – ein Weißer.
Er lag auf dem Rücken, und mit jedem Atemzug hob und senkte sich sein langer weißer, nie von einem Schermesser berührter Bart, während sich der weiße Schnurrbart gleich den Stacheln eines Stachelschweins sträubte und legte. Ein vierzehnjähriges, nur mit einem einfachen Hemd, dem Muumuu, bekleidetes Mädchen, eine Enkelin des Schlafenden, kauerte neben ihm und verscheuchte mit einem Federwedel die Fliegen. Ihr Gesicht drückte Sorge und Furcht aus, als diente sie einem Gott.
Und wirklich war Hardman Pool, der bärtige Schläfer, für sie und viele andere ein Gott – eine Quelle des Lebens, eine Quelle der Nahrung, ein Bronnen der Weisheit, Gesetzgeber, lächelnder Wohltäter und die Finsternis von Donner und Strafe – kurz, ein Herr, für dessen Kraft vierzehn lebende erwachsene Söhne und Töchter, sechs Urenkel und mehr Enkel, als er in seinen lichtesten Augenblicken zu zählen vermochte, zeugten.
Vor einundfünfzig Jahren war er mit einem offenen Boot in Laupahoehoe an der Luvküste von Hawaii gelandet. Das Boot war alles, was von dem Walfänger »Black Prince« aus New Bedford übriggeblieben war. Er selbst war in New Bedford geboren, war zwanzig Jahre alt und hatte es dank seiner Kraft und Geschicklichkeit zum zweiten Steuermann auf dem untergegangenen Walfänger gebracht. Er kam nach Honolulu und sah sich um, dann heiratete er Kalama Mamaiopili, wurde erst Hafenlotse in Honolulu, eröffnete dann eine Kneipe und ein Logierhaus und befaßte sich schließlich nach dem Tode von Kalamas Vater mit Viehzucht auf den weiten Ländereien, die sie geerbt hatte.
Mehr als ein halbes Jahrhundert hatte er unter den Hawaiianern gelebt, und man gab zu, daß er ihre Sprache besser kannte als die meisten von ihnen selbst. Mit Kalama hatte er nicht nur ihren Grundbesitz, sondern auch ihren Häuptlingsrang erheiratet, und die Lehnstreue, zu der die Vasallen seit vielen Generationen verpflichtet waren, wurde auch ihm zugebilligt. Dazu kam, daß ihm alle Eigenschaften eines Häuptlings angeboren waren: der riesige Wuchs, der Stolz und die Reizbarkeit des Edlen, der keine Unverschämtheit, keine Beleidigung duldete, der sich selbst von der höchsten Macht, die auf zwei Beinen wandelte, nicht einschüchtern ließ, und der geringere Sterbliche in seinen Dienst zwang, nicht durch unedlen Kauf, sondern durch Herablassung und Großzügigkeit, die er nicht in Worte zu kleiden brauchte. Er kannte seine Hawaiianer in- und auswendig, kannte sie besser, als sie sich selbst kannten, mit ihren polynesischen Umschweifen, ihrem Glauben, ihren Sitten und Mysterien.
Und jetzt lag er, einundsiebzig Jahre alt, nach einem Morgenritt über die Ranch, der um vier Uhr begonnen hatte, unter den Johannisbrotbäumen und hielt seine gewohnte und geheiligte Siesta, die kein Vasall zu stören wagte oder einem Gleichberechtigten unter den Großen des Landes zu stören gestattet hätte. Nur dem König hätte ein solches Recht zugestanden, aber der hatte erfahren, daß die Siesta Hardman Pools zu stören hieß, einen sehr gereizten, verdrießlichen Hardman Pool zu wecken, der frei von der Leber weg manche Wahrheit zu reden pflegte, die den Ohren des Königs nicht angenehm war.
Die Sonne flammte am Himmel. Die Pferde stampften in der Ferne. Der leise Passat verhauchte seufzend und raschelnd mit immer größeren Pausen. Der Wohlgeruch wurde schwerer. Die Frau kam zurück mit dem Kind, das sich jetzt beruhigt hatte. Die Johannisbrotblüten entfalteten ihre Blätter und sanken in stiller Ohnmacht in der milden Luft tiefer über den Schläfer. Das Mädchen verscheuchte immer noch die Fliegen, fast atemlos von der ungeheuerlichen Feierlichkeit ihres Amtes, und die zwanzig Cowboys sahen noch immer schweigend und aufmerksam zu.
Hardman Pool wachte auf. Das nächste Ausatmen in dem langen Rhythmus erfolgte nicht. Ebensowenig hob sich der lange weiße Schnurrbart. Statt dessen blähten sich die Backen unter dem Vollbart, die Lider hoben sich und zeigten die cholerischen, sofort völlig klaren blauen Augen; die Rechte griff nach der halb ausgerauchten Pfeife an seiner Seite, die Linke nach den Streichhölzern. »Bring mir Milch mit Genever«, befahl er auf hawaiisch dem kleinen Mädchen, das sein plötzliches Erwachen erschreckt hatte.
Er steckte sich die Pfeife an, schien aber die Anwesenheit seiner wartenden Vasallen erst zu bemerken, als er Milch und Genever erhalten und getrunken hatte.
»Nun?« fragte er dann plötzlich, und die zwanzig Gesichter verzogen sich zu einem Lächeln, und die zwanzig dunklen Augenpaare leuchteten freudig, während er sich die letzten Tropfen von den behaarten Lippen wischte. »Was sitzt ihr da herum? Was wollt ihr? Kommt her!«
Zwanzig Riesen, die meisten jung und aufrecht, erhoben sich und schritten unter mächtigem Sporengeklirr zu ihm hin. Sie sammelten sich in einem Halbkreis um ihn und blickten ihn, einer über die Schulter des anderen hinweg, schüchtern an. Ihre Gesichter lächelten verlegen und doch unbewußt vertraulich. Tatsächlich war Hardman Pool ihnen mehr als nur ein Häuptling. Er war ihr älterer Bruder, ihr Vater oder Patriarch und ihnen allen nach hawaiischer Art durch seine Frau oder die Heirat eines seiner vielen Kinder und Enkel verwandt. Sein leisestes Stirnrunzeln konnte sie verwirren, sein Zorn sie in Schrecken versetzen, sein Befehl sie dem sicheren Tode anheimgeben. Andrerseits hätte keiner je daran gedacht, ihn anders als vertraulich bei seinem Vornamen zu nennen, welcher Name »Hardman« in ihrer Sprache zu Kanaka Oolea geworden war.
Er nickte, und der Halbkreis setzte sich in das Manienie-Gras und wartete, daß er seine Wünsche ausspräche.
»Was wollt ihr?« fragte er auf hawaiisch mit einer Schroffheit und Strenge, die, wie sie wußten, nur gemacht war.
Sie lächelten noch breiter, krümmten ihre breiten Schultern und wuchtigen Körper so anmutig wie bittende Hündchen. Hardman Pool wandte sich an einen unter ihnen.
»Nun, Iliiopoi, was willst du?«
»Zehn Dollar, Kanaka Oolea.«
»Zehn Dollar!« rief Pool in offensichtlichem Schrecken über eine so ungeheure Summe. »Heißt das, daß du dir eine zweite Frau nehmen willst? Denk an die Lehre der Missionare. Immer nur eine Frau zur Zeit, Iliiopoi; eine Frau zur Zeit. Denn wer sich mehrere Frauen nimmt, kommt ganz sicher in die Hölle.«
Kichern und lachende blitzende Augen begrüßten von allen Seiten diesen Witz.
»Nein, Kanaka Oolea«, lautete die Antwort. »Der Teufel weiß, daß es mir schwer genug wird, das Kow-kow für eine einzige Frau und all ihre Verwandten aufzubringen.«
»Kow-kow?« wiederholte Pool das von den Hawaiianern für ihr eigenes »Paina« aus dem Chinesischen übernommene Wort. »Haben deine Knaben heute mittag kein Kow-kow hier bekommen?«
»Doch, Kanaka Oolea«, fiel ein alter runzliger Eingeborener ein, der gerade aus dem Haus gekommen und zu der Gruppe getreten war. »Sie haben in der Küche Kow-kow bekommen, und reichlich dazu. Sie fraßen wie Pferde, die sich in den Lavabergen verirrt hatten.«
»Und was willst du, Kumuhana?« wandte Pool sich zu dem Alten und gab gleichzeitig dem kleinen Mädchen ein Zeichen, ihm die Fliegen auf der andern Seite zu verscheuchen.
»Zwölf Dollar«, sagte Kumuhana. »Ich muß mir einen Esel und einen gebrauchten Sattel und Zaumzeug kaufen. Ich werde zu alt, meine Beine wollen mich nicht mehr tragen.«
»Warte«, befahl sein Haole-Gebieter. »Wenn ich mit den andern fertig bin und sie fort sind, will ich das und anderes mit dir besprechen.«
Der runzlige Alte nickte und steckte sich umständlich seine Pfeife an.
»Das Kow-kow in der Küche war gut«, begann Iliiopoi wieder, sich die Lippen leckend. »Der Poi war tadellos, das Schwein fett, der Lachsbauch stank nicht, der Fisch war vollkommen frisch und sehr reichlich, nur die Opihis (winzige, sich an Felsen anklammernde Schaltiere) waren gesalzen und daher zäh. Nie sollten Opihis gesalzen werden. Oft schon sagte ich dir, Kanaka Oolea, daß Opihis nie gesalzen werden sollten. Ich bin voll von gutem Kow-kow. Mein Bauch ist schwer davon. Aber mein Herz ist nicht leicht davon, denn es ist kein Kow-kow in meinem eigenen Hause, wo meine Frau ist, die Tante der zweiten Frau deines vierten Sohnes, und mein kleines Töchterchen und die alte Mutter meiner Frau und das Pflegekind der alten Mutter meiner Frau, ein Krüppel, und die Schwester meiner Frau, die mit ihren drei Kindern bei uns lebt, seit der Vater gestorben ist.«
»Werden fünf Dollar euch alle einen oder mehrere Tage vor einem Leichenbegängnis bewahren?« unterbrach Pool die lange Rede kurzweg.
»Ja, Kanaka Oolea, und dazu werde ich noch meiner Frau einen neuen Kamm und mir etwas Tabak kaufen können.«
Einem Geldbeutel, den er aus der Hüfttasche seiner Dungarees zog, entnahm Hardman Pool das Goldstück und warf es geschickt in die hingehaltene Hand.
Ein Junggeselle, der sechs Dollar für neue Gamaschen, Tabak und Sporen verlangte, erhielt drei, desgleichen ein zweiter, der einen neuen Hut brauchte, und ein dritter, der bescheiden um zwei Dollar bat, bekam vier mit einem blumigen Kompliment für seine Tapferkeit, weil er einen wilden Bullen in den Bergen mit dem Lasso eingefangen hatte. Da sie wußten, daß ihre Forderungen gewöhnlich halbiert wurden, verdoppelten sie sie schon von vornherein. Und Hardman Pool, der das wußte, lächelte bei sich. Es war dies seine Art, mit seinen zahlreichen Verwandten umzugehen, und sie hatte sich gut bewährt und schadete seinem Ansehen in ihren Augen nicht.
»Und du, Ahuhu?« fragte er einen, dessen Name »Giftholz« bedeutete.
»Und das Geld für ein Paar Dungarees«, beschloß Ahuhu die Liste der Dinge, die er benötigte. »Ich bin viel und hart hinter deinem Vieh hergeritten, Kanaka Oolea, und wo meine Dungarees sich am Sattelplatz gerieben haben, haben meine Dungarees keinen Boden mehr. Es ist nicht gut, wenn man von einem Cowboy Kanaka Ooleas, der gleichzeitig der Vetter von der Halbschwester von Kanaka Ooleas Frau ist, sagen könnte, daß er sich schämen müsse, wenn man ihn außerhalb des Sattels sehe, es sei denn, er ging vor allen, die ihn anblickten, rückwärts wie ein Krebs.«
»Du sollst Geld für ein Dutzend Dungarees haben, Ahuhu«, lachte Hardman Pool und warf ihm die nötige Summe zu. »Ich bin stolz, daß meine Familie meinen Stolz mit mir teilt. Nachher, Ahuhu, wirst du mir von deinem Dutzend Dungarees eine abgeben, damit ich nicht rückwärts zu gehen brauche, denn meine eigenen – die einzigen, die ich habe sind ebenso durchgeritten und machen mir Schande.«
Und unter herzlichem Gelächter über den witzigen Einfall, mit dem ihr Haole-Häuptling die Audienz beschloß, brach die ganze Gesellschaft von kindlichen Riesen auf und begab sich zu den wartenden Pferden. Nur der alte runzlige Kumuhana, dem er zu warten geboten hatte, blieb.
Volle fünf Minuten saßen sie schweigend da. Dann befahl Hardman Pool dem kleinen Mädchen, ein Glas Milch mit Genever zu holen, und als sie es gebracht hatte, gab er ihr durch ein Zeichen mit dem Kopf zu verstehen, daß sie es Kumuhana reichen sollte. Der setzte das Glas erst von den Lippen, als es leer war, worauf er hörbar ausatmete und schmatzte.
»Viel Awa habe ich in meinem Leben getrunken«, sagte er nachdenklich. »Aber Awa ist nur das Getränk des gemeinen Mannes, während der Haole-Schnaps ein Getränk für Häuptlinge ist. Awa hat nicht die hitzige Kraft des Schnapses, womit der einem den Sporn in die Rippen des Gefühls stößt, einen wachbeißt, daß man froh ist, denn es ist eine Freude, lebendig zu sein.«
Hardman Pool nickte lächelnd, und der alte Kumuhana fuhr fort:
»Es ist Wärme darin. Er wärmt Leib und Seele. Er wärmt das Herz. Selbst Herz und Seele werden kalt, wenn man alt wird.«
»Du bist alt«, gab Pool zu. »Fast so alt wie ich.«
Kumuhana schüttelte den Kopf und murmelte:
»Wäre ich nicht älter als du, so würde ich ebenso jung sein wie du.«
»Ich bin einundsiebzig«, sagte Pool.
»So weiß ich das Alter nicht«, lautete die Antwort. »Was geschah, als du geboren wurdest?«
»Laß sehen«, berechnete Pool. »Jetzt haben wir achtzehnhundertachtzig, ziehe einundsiebzig ab, so haben wir das Jahr, als der Schotte Archibald Campell in Honolulu lebte.«
»Dann bin ich wahrlich älter als du, Kanaka Oolea. Ich entsinne mich gut des Schotten, denn ich spielte damals zwischen den Grashäusern von Honolulu und ritt schon in der Brandung mit den Frauen in Waikiki. Ich kann dich noch an die Stelle führen, wo das Grashaus des Schotten stand. Jetzt befindet sich die Seemannsmission dort. Doch ich weiß, wann ich geboren bin. Oft haben meine Großmutter und meine Mutter mir davon erzählt. Ich wurde geboren, als Madam Pele (die Feuer- oder Vulkangottheit) zornig auf das Volk von Paiea wurde, weil es keine Fische aus seinem Fischteich opferte, und eine Lavaflut von Huulalai herabsandte, die den Teich füllte. Für ewig wurde der Fischteich von Paiea gefüllt. Das geschah, als ich geboren wurde.«
»Das war achtzehnhundertundeins, als James Boyd Schiffe für Kamehameha in Hilo baute.« Pool hielt sich an den Kalender. »Du bist also neunundsiebzig oder acht Jahre älter als ich. Du bist sehr alt.«
»Ja, Kanaka Oolea«, murmelte Kumuhana mit einem rührenden Versuch, die eingesunkene Brust mit Stolz zu blähen.
»Und du bist sehr weise.«
»Ja, Ka...
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