Der Festungskurier
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Der Festungskurier

Beiträge zur Mecklenburgischen Landes- und Regionalgeschichte vom Tag der Landesgeschichte im Oktober 2014 in Dömitz

  1. 120 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Der Festungskurier

Beiträge zur Mecklenburgischen Landes- und Regionalgeschichte vom Tag der Landesgeschichte im Oktober 2014 in Dömitz

Über dieses Buch

Der Festungskurier Band 15 dokumentiert die Vorträge auf dem Tag der Landesgeschichtge im Museum Festung Dömitz in Dömitz/Elbe im Oktober 2014. Der Titel der Tagung lautete: Medizingeschichte in Mecklenburg-Vorpommern.

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Information

Jahr
2015
ISBN drucken
9783738619720
eBook-ISBN:
9783739255514
Auflage
2

Zwischen Versorgung und Verwahrung

Zur Geschichte des ehemaligen Katharinenklosters in Rostock als Aufenthaltsort für geistig differente Menschen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts78

VON SOPHIE GROßE

Am 4. Januar 1802 wandte sich der Rostocker Buchdruckergeselle Wilhelm Hartlapp mit folgenden Worten hilfesuchend an den Rostocker Rat:
Unter dem großen Druck meines gegenwärtigen häuslichen Unglücks flehe ich um Stadtväterlichen Beistand nachstehender Maaßen. Vor nun schon vier Wochen verspührte ich bey meiner Ehefrau eine gewisse Geistesabwesenheit. Sie redete bald irre; bald verschloß sie ihre Seele, bis zum Stumpfsinn und Fühllosigkeit. Dan wieder ein urplötzliches Lachen und lautes, verstandloses Geschwätz.
So die ersten 14 Tage hindurch. Nun ward sie wüthend. Sie bis und schlug um sich. [...]
Nach meiner Pflicht habe ich die Hülfe eines erfahrenen Arztes, des Herrn Doct. Oerthling, sofort anzuwenden gesucht. Allein dieser Mann hat mir grade zu eröfnet: daß nur dann erst seine ärztlichen Behandlungen meiner unglücklichen Frauen von für die Wiederherstellung ihrer Gesundheit wohlthätigen Folgen sein könnte, wenn sie in einer gesicherten Verwahrung, als dies in meinem Hause möglich, könnte gebracht werden.
Ich weiß keine sichere Aufbewahrung als im hiesigen Zucht- und Werkhause; und der Arzt meiner unglücklichen Ehefrau hält es für sehr zweckdienlich, wann in diesem eben genandten Hause dieselbe könnte in einem so genannten Kranken-Zimmer unter zweckmässiger Aufsicht verpflegt werden und sie sodann seiner ferneren ärztlichen Behandlung daselbst überlassen würde.79
Am darauffolgenden Tag reichte der Supplikant beim Rat eine entsprechende Stellungnahme des behandelnden Arztes nach und fügte hinzu, er habe bereits mit den Vorstehern des Zucht- und Werkhauses über die Aufnahme seiner Frau gesprochen. Nach deren Zustimmung fehle nun nur noch der Beschluss des Rates. Hartlapp könne aufgrund seines geringen Gehalts, welches er in der Adlerschen Officin erhalte, und des mit hohen Schulden belasteten Hauses allerdings nur 30 Taler jährlich für den Aufenthalt seiner Frau im Zuchthaus zahlen und hoffe, mögliche Mehrkosten könnten aus milden Stiftungen beglichen werden. Die Hinwendung zum Rat und die Bitte um Aufnahme im Zuchthaus stellte dabei für den Antragsteller die letzte Möglichkeit dar: Sechs Wochen zuvor erkrankte seine 52-jährige Ehefrau Catharina Margaretha am kalten Fieber. Nach ihrer Genesung zeigten sich erstmalig Anzeichen einer Geistesverwirrung. Sie sprach viele wunderliche Dinge [...] von vornehmen Leuten und vornehmen Dingen, sodass Hartlapp als Ursache zunächst Stolz und Armuth vermutete. Ihr Zustand verschlimmerte sich in den folgenden Wochen eingangs beschriebener Maßen, sodass er schließlich zwei Männer zu ihrer Bewachung einstellen musste. Finanziell wäre ihm dies bei anhaltender Notwendigkeit allerdings nicht länger möglich gewesen. Auch versuchte er, zunächst durch den Chirurgen Fichtner, danach durch den praktischen Arzt Oerthling eine Heilung seiner Frau herbeizuführen. Beide Versuche blieben bis zum Tag seiner Supplik erfolglos. Oerthling stellte bei Aufnahme ins Zuchthaus allerdings eine Heilung in Aussicht, da hiermit eine geordnete, nöthigen fals mit gewalt durchgeführte Verabreichung der angeordneten Medikamente sichergestellt werden könne. Am 8. Januar 1802 erging vom Rat per Dekret der Aufnahmebefehl für Catharina Hartlapp. Im Juni desselben Jahres wurde sie als von ihrer Wahnsinnskrankheit genesen wieder aus dem Zuchthaus entlassen.
Dem hier kurz zusammengefassten Fall kommt nicht nur aufgrund seiner guten Überlieferungsdichte eine besondere Stellung zu. Er kann gleichermaßen beispielhaft für den Schwellenzustand stehen, in welchem sich die Gesellschaft im frühen 19. Jahrhundert hinsichtlich der Frage des Umgangs mit geistig differenten Menschen befand. Man hegte zunehmend breiter angesetzte medizinische Bestrebungen bezüglich einer Heilung der Betroffenen, ermangelte jedoch noch entsprechender Rahmenbedingungen: weder gab es geeignete Orte zur Behandlung noch speziell dafür ausgebildetes Personal; die psychiatrische Wissenschaft war gerade erst im Begriff, sich zu etablieren und sich in der Praxis ihren Platz zu erkämpfen, wie später noch am Beispiel Rostocks gezeigt wird.
Catharina Hartlapp befand sich damit gleichsam in einem Schwellenraum: Sie fand in einer ehemals als Straf- und Besserungsanstalt konzipierten Institution Aufnahme und erhielt damit auch die Möglichkeit zur Behandlung durch einen (nicht eigens dafür spezialisierten) Allgemeinmediziner. Ihr Zuchthausaufenthalt verweist bereits auf die weitere Entwicklung des Gebäudes hin zu einer Heil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke. Nicht jeden der geistig differenten Insassen des Zuchthauses ereilte allerdings ein ähnlich positives Schicksal wie die Hartlappsche.
Im Folgenden soll eben diese Entwicklung des Rostocker Katharinenklosters vom ehemaligen Franziskanerkloster über ein Armen-, Waisen-, Zucht- und Werkhaus bis hin zum Betrieb der Irren- Heil- und Pflegeanstalt des 19. Jahrhunderts vorgestellt und als ein Teilaspekt des städtischen Umgangs mit geistig differenten Personen beleuchtet werden.
Wurde selbst in neueren Forschungen noch ein Desiderat in der Erforschung insbesondere der vormodernen mecklenburgischen und auch speziell Rostocker Armen- und Krankenversorgung moniert80, so gilt dies in besonderem Maße für den hierin inbegriffenen Umgang mit geistig differenten, also sogenannten geisteskranken und geistig behinderten Personen. Neben einem möglichen Desinteresse der Forschung an diesen Fragen spielt nicht zuletzt auch die Aktenlage eine entscheidende Rolle: Bis ins späte Mittelalter finden sich entsprechende Personen nur vereinzelt und unsystematisch in den Akten wieder, etwa in Rechnungs-, Verwaltungs- und Rechtsschriftgut.81 Erst mit den im Zuge der Neuordnung des Armenwesens im frühen 16. Jahrhundert, der Gründung verschiedener Institutionen wie Arbeits-, Zucht- und Werkhäusern vom 16. bis zum 18. Jahrhundert und schließlich der Entstehung einer gesonderten Irrenfürsorge im frühen 19. Jahrhundert entstandenen Quellenbeständen werden diese Personen in größerem Umfang überhaupt historisch greifbar. Davor sind es überwiegend Einzelfälle, die aufgrund besonderer Umstände erhalten und (mehr oder weniger umfangreich) dokumentiert sind. Ein Beispiel hierfür stellen die Geisteskrankheiten der beiden mecklenburgischen Herzöge Philipp (1514-1557) und Johann VII. (1558-1592) dar.82 In der Regel wurde das Gros der Betroffenen erst dann aktenkundig, wenn es zu einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung kam, ein Schadensfall eintrat, widerstreitende Parteien auf den Plan traten oder eine bisher gesicherte Versorgung endgültig wegzubrechen drohte.83 Erst wenn eine weitgehende Integration in den Alltag nicht mehr gelang, die Versorgung und gegebenenfalls auch (Sicherungs-)Verwahrung durch die Familie und das nähere Umfeld nicht mehr gewährleistet werden konnte oder es zu einem offenen Konflikt mit Recht und Ordnung kam, traten die Betroffenen gleichsam mit Erreichen der letzten Eskalationsstufe aus dem rein privaten in den öffentlich-kommunalen bzw. staatlichen Bereich über und fanden somit auch Eingang in zum Teil bis heute überlieferte Akten.84 Abgebildet werden in diesen in einem institutionellen Rahmen entstandenen Quellen dann aber zumeist top-down-Beziehungen (Arzt-Patient/Kranker bzw. Vorsteher-Insasse) oder entsprechend zielgerichtet ausformulierte und strukturierte Anliegen (Aufnahmebittschriften durch Angehörige oder Vormünder).85 Alltagsquellen oder solche, in denen betroffene Personen selbst zu Wort kommen und die in größerem Umfang patientenorientierte Fragestellungen von unten ermöglichen, sind dagegen selten.86 Der institutionelle Umgang mit geistig differenten Personen ist zwar der am besten dokumentierte, spiegelt gleichsam aber nur einen geringen Teil ihrer Lebenswirklichkeit wider.87

Einrichtungen der Armen- und (Geistes)Krankenfürsorge im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Rostock

Obwohl frühe Quellenbelege nur spärlich vorhanden sind, lässt sich bei einer Reihe von kirchlichen wie auch städtischen Einrichtungen trotz fehlender expliziter Nachweise über eine Aufnahme und ggf. Behandlung von geistig differenten Menschen eine solche zumindest vermuten. Der früheste Hinweis ist hierbei eine Passage aus dem Gründungsprivileg des nahe der Marienkirche gelegenen Heilig-Geist-Hospitals. Nach 1252 erbaut, brannte es 1265 bereits ab und wurde erst nach intensiven Verhandlungen wiedererrichtet. Bezugnehmend auf die Gründung heißt es in einem dieser Briefe, die Kirche wäre durch guter Leute Almosen dem Hilligen Geiste tho Ehren, unde för den armen, krancken un schwacken Lüden erbaut.88 Das Hospital selbst diente als Gast- und Siechenhaus für fremde Arme, diese wurden von den ebenfalls im Hause wohnenden Brüdern und Schwestern zum Heiligen Geist beherbergt und gespeist. Ebenso kann bei den drei ebenfalls im 13. Jahrhundert gegründeten Klös...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Ernst Münch Vorwort
  3. Klaus-Ulrich Keubke Ein Streifzug durch die Mecklenburg-Schweriner Militärmedizin von 1701 bis 1867
  4. Jakob Schwichtenberg Wohlfahrt für das Land und inszenierte Fürsorge Soziale Stiftungen als Mittel der Herrschaftsrepräsentation der großherzoglichen Familie von Mecklenburg-Schwerin im 19. Jahrhundert
  5. Sophie Große Zwischen Versorgung und Verwahrung Zur Geschichte des ehemaligen Katharinenklosters in Rostock als Aufenthaltsort für geistig differente Menschen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
  6. Kathleen Haack Kinder-„Euthanasie“ in Mecklenburg (1941–1945) Die Kinderfachabteilung Lewenberg-Sachsenberg (Schwerin)
  7. Ekkehardt Kumbier Sozialistische Hochschulpolitik zwischen Anspruch und Wirklichkeit – Die Universitätsnervenklinik Rostock von 1946 bis 1961
  8. Impressum