Finanzierungsarten
Ein Unternehmen durchläuft während seines Bestehens typischerweise unterschiedliche Phasen. Selten ist eine einmalige Investition für den gesamten Lebenszyklus eines Unternehmens ausreichend. Jede Unternehmenslebensphase ist durch individuelle Herausforderungen und Risiken charakterisiert. Daher kommen je nach Phase unterschiedliche Finanzierungsinstrumente zum Zug. Zum Beispiel brauchen Unternehmen in der Gründungsphase andere Finanzierungsinstrumente als bereits etablierte Unternehmen. Unterschiedliche Branchen verlangen ebenfalls nach unterschiedlichen Finanzierungsinstrumenten.
Die klassische Bankfinanzierung hat zwar weiterhin einen festen Platz in der Finanzierungslandschaft, verliert aber zunehmend an Bedeutung. Das gilt besonders bei Unternehmensgründungen und für Investitionen von Unternehmen mit kurzfristigem, starkem Wachstum. Moderne und innovative Finanzierungsformen, wie zum Beispiel Factoring, Mezzaninfinanzierungen, Leasing oder Crowdfunding-Lösungen halten vermehrt Einzug in das Geschäftsleben.
In den meisten Fällen wird jedoch eine Kombination (ein Finanzierungsmix) zu einer optimalen Gesamtfinanzierung führen. Dieser besteht aus Bankfinanzierungen, Investorenbeteiligungen, alternativen Finanzierungsformen und Förderungen. Der richtige Finanzierungsmix ist dabei branchenabhängig und abhängig von der jeweiligen aktuellen Entwicklungsphase des Unternehmens. Weiter auch davon, in wieweit bereits bestehende Finanzierungen einzubinden sind.
Eine optimale Finanzierung senkt die Kapitalkosten, erhöht den Gewinn des Unternehmens, bietet Liquidität für den Ausbau des Unternehmens und sichert damit dessen Zukunft!
Bankfinanzierungen
Unternehmen brauchen die Zusammenarbeit mit Banken. Ohne Kontoverbindung geht im heutigen Geschäftsleben gar nichts mehr. Banken sind auch eine der ersten Ansprechstationen, wenn ein Unternehmen Kapital benötigt. Da Banken mit KMU-Finanzierungen mittlerweile seit Jahren immer weniger Geld verdienen, sinkt deren Bereitschaft zur Vergabe von Krediten. Und es gibt weitere gute Gründe, warum sich Banken hier zurückhaltend zeigen:
Banken sind vornehmlich an Sicherheiten interessiert, da im Fall des Scheiterns eines Unternehmens nur diese Sicherheiten verwertbar sind. Zum Beispiel sind bei Startups und Jungunternehmen, die sich noch im Aufbau befinden, Sicherheiten meist nicht in ausreichendem Ausmaß vorhanden. Eine finanzierende Bank oder jeder andere Fremdkapitalgeber profitiert nicht von der Wertsteigerung des Unternehmens. Im Erfolgsfall, also wenn das kreditnehmende Unternehmen seine Pläne erfolgreich umsetzt, erhält die Bank die Kreditsumme zuzüglich der vereinbarten Zinsen zurück. Im Falle des Misserfolgs (Konkurs) verliert die Bank jedoch möglicherweise den gesamten Kapitaleinsatz.
Verschärft wird diese grundsätzliche Problematik durch die strengen Eigenkapitalvorschriften Basel II und Basel III, die den Banken die Vergabe von Krediten erschwert. Daher finanzieren Banken nur mehr bei guter Bonität und/oder guter Besicherung und dieser Trend scheint sich immer weiter zu verstärken.
Erleichternd wirkt in dieser Situation nur eine professionell vorbereitete und durchgeführte Krediteinreichung. Dabei ist es unter anderem wichtig, unterschiedliche Banken gleichzeitig an der Hand zu haben, um nicht abhängig vom Entscheidungsverhalten einer einzelnen Bank zu sein.
Eine Bank ist jedenfalls als Partner zu betrachten, und nicht als Gegner. Der Zugang zu einer Bankfinanzierung funktioniert heute mehr denn je über das Verstehen des „Bankdenkens“: Wer entscheidet was, wie und warum?
Apropos Partner -
Gehen Sie mit Ihrer Hausbank eine Kooperation ein: Bieten Sie Ihren Kunden eine Bankfinanzierung für Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung gleich mit an. Das erhöht Ihre Verkaufschancen – siehe Punkt Absatzfinanzierung! Und - Bankfinanzierung und Förderungen gehen oft Hand in Hand. Um Kapital aus Förderungen zu erhalten, brauchen Sie eine Bank als Partner.
Eine Bankfinanzierung ist jedenfalls eine Gleichung mit vielen Variablen. Kredithöhe, Zinssatz, Ratenanzahl, Laufzeit, tilgungsfreier Zeitraum, Bearbeitungsgebühr, Nebenkosten, Sicherheiten, Klauseln und Bestimmungen im Kreditvertrag, und noch einiges mehr – all das ist verhandelbar. Welche Form der Bankfinanzierung im konkreten Einzelfall sinnvoll ist, hängt von den Rahmenbedingungen ab, zum Beispiel vom Finanzierungsanlass und der Art der getätigten Investition.
Kredit oder Darlehen?
Geht es um die Beschaffung von Fremdkapital, ist oft die Rede von Darlehen oder Krediten, denn dies sind wohl die am meistverbreiteten Formen, um sich Fremdkapital zu beschaffen. Aber was ist denn nun der Unterschied zwischen einem Kredit und einem Darlehen?
Bei einem Darlehen kommt der Vertrag erst bei tatsächlicher Überweisung der Darlehenssumme zustande. Bis zu diesem Zeitpunkt bestehen zwischen den Vertragspartnern, also dem Darlehensgeber und dem Darlehensnehmer lediglich Schutzpflichten, Sorgfaltspflichten und Aufklärungspflichten aus vertraglicher Sicht.
Bei einem Kredit beziehungsweise einem Kreditvertrag verhält es sich aber so, dass dieser Vertrag bereits durch die Vereinbarung selbst zustande kommt. Das bedeutet, dass sobald der Krediteröffnungsvertrag unterschrieben ist, sofort zwischen den beiden Vertragsparteien ein Dauerschuldverhältnis besteht.
Im weiteren Verlauf dieses Buches werden beide Begriffe immer undifferenziert verwendet, da im täglichen Sprachgebrauch auch kaum ein Unterschied zwischen Kredit und Darlehen gemacht wird. Trotzdem sollte man die eventuell juristisch relevanten Auswirkungen jedenfalls kennen und gegebenenfalls auch bedenken. Es gibt eine Vielzahl, oft phantasievoll gestalteter Namen für Darlehen und Kredite. Aber egal, ob es nun ein Darlehen oder ein Kredit ist - im Endeffekt unterscheiden sich alle Varianten prinzipiell nur in der Art der Rückzahlung bzw. Tilgung und der Art der Besicherung.
Die Gemeinsamkeit aller Darlehens- und Kreditvarianten ist, dass für geliehenes Geld Kosten entstehen.
Das sind mitunter Kosten für:
- Vertragserrichtung
- Bearbeitungsgebühren
- Kontoführung eines Kreditkontos
- Überweisungs-, Wechselspesen und Manipulationsgebühren
- Kreditrestschuld- oder Ablebensversicherung
- Öffentliche Abgaben
- Beglaubigung von Unterschriften (Notariat)
und manchmal noch einiges mehr, abhängig davon, welche Kredit- oder Darlehensart tatsächlich vorliegt. Doch allem voran stehen die Zinsen!
Zinsen
Zinsen - das sind die Mietkosten für geliehenes Geld!
Banken beschaffen sich die für eine Kreditvergabe notwendigen Gelder großteils von anderen Banken zu international täglich mehrfach festgesetzten Zinspreisen – den Interbankenzinssätzen. Dabei wird zwischen mehreren, international anerkannten Referenzzinssätzen wie EURIBOR, LIBOR oder EONIA unterschieden.
EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate) ist ein internationaler repräsentativer Euro-Geldmarktzinssatz, der unter Banken für unbesicherte Euro-Geldanlagen mit einer Laufzeit von täglich bis zu maximal 12 Monaten gezahlt wird.
LIBOR (Abkürzung für London Inter-Bank Offered Rate) ist der Referenzzins für kurzfristige Kreditgeschäfte (overnight, also über eine Nacht bis maximal 12 Monate), der täglich unter Federführung der British Bankers’ Association (BBA) für unbesicherte Geldanlagen in verschiedenen Währungen ermittelt wird.
EONIA (Euro Overnight Index Average) ist ein Durchschnitt-Zinssatz für unbesicherte Tagesgelder im Interbankengeschäft, der von der Europäischen Zentralbank EZB auf Basis effektiver Umsätze täglich berechnet wird.
Jeder von einer Bank angebotene Zinssatz ist durch diese drei Interbankenzinssätze in der einen oder anderen Weise beeinflusst.
Warum ist diese Feststellung im Zusammenhang mit dem Thema Fremdkapital so wichtig? Weil Banken diese Referenzzinssätze bei jedem Kundengeschäft mit einem Aufschlag oder einen Abschlag versehen. Erst an diesem Auf- beziehungsweise Abschlag verdient die Bank! Bei Kreditgeschäften erfolgt ein Aufschlag, bei Spareinlagen ein Abschlag. So entsteht im Rahmen von Kreditgeschäften der Nominalzinssatz, welcher dem Kunden verrechnet wird!
In einem Kreditvertrag sollte hinsichtlich der Zinsvereinbarung eindeutig festgehalten sein, welcher Referenzzinssatz dem Nominalzinssatz zugrunde liegt und wie hoch der verrechnete Aufschlag ist. Idealerweise sollte der Aufschlag in Prozent auf den jeweiligen Referenzzinssatz gesondert angegeben sein!
Mittlerweile müssen die Bankinstitute dies auch per Gesetz angeben. Allerdings mangelt es nur allzu oft an der tatsächlichen Umsetzung. Sie als Kunde können nur bei Angabe des Auf- oder Abschlages auf den Referenzzinssatz die verrechneten Zinskosten kontrollieren. Eventuell zu hoch bemessene Zinskosten können in weiterer Folge nur schwer zurückgefordert werden.
Auch wenn andere Referenzzinssätze in Darlehens- oder Kreditverträgen oder in Sparverträgen angeboten werden, wie die Sekundärmarktrendite SMR oder ein Durchschnittswert aus verschiedenen anderen Referenzzinssätzen - Sie sollten darauf bestehen, dass Ihre Verträge auf Basis der eingangs vorgestellten Interbankzinssätze ausgefertigt werden! Denn die Interbankenzinssätze LIBOR, EURIBOR und EONIA sind jederzeit z.B. im Internet abrufbar und auch deren Historie lässt sich so leicht nachvollziehen. Bei der SMR ist das schon aufwändiger und bei einem Durchschnittswert aus einem Referenzzinssatz-Mix wird es oft unmöglich.
Nach dem Grundsatz - Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Sie sollten sich die Möglichkeit der laufenden Kontrolle der zur Anwendung gekommenen Referenzzinssätze zumindest offenlassen.
Und noch ein Wert muss in Kreditverträgen angegeben sein – der Effektivzinssatz.
Der Effektivzinssatz ist ein theoretischer Wert ausgehend vom Nominalzinssatz zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme. Er wird berechnet durch Addition der gesamten Zinslast über die Laufzeit und der durch die Kreditaufnahme entstehenden Kosten. Damit hat der Effektivzinssatz bei der laufenden Abrechnung von Zinsen kaum Aussagekraft, er hilft aber mitunter bei einem Vergleich von Kreditangeboten unterschiedlicher Banken und im Zusammenhang mit Fixzinsvereinbarungen.
Doch auch beim Angebotsvergleich mittels Effektivzinssatz können Tücken auftreten. Hinterfragen Sie stets, welche Kosten genau in den Effektivzinssatz eingerechnet werden. Sind beispielsweise neben der Bearbeitungsgebühr auch die Kosten für eine Kreditrestschuldversicherung oder eine Ablebensversicherung mit eingerechnet? Speziell bei älteren Kreditnehmern kann der Effektivzinssatz stark durch die unterschiedlichen Versicherungskosten beeinflusst werden.
Da wie eingangs erwähnt die Referenzzinssätze mitunter mehrmals täglich neu festgelegt werden, würden die so entstehenden Zinsschwankungen folglich auch permanent auf den...