Der Tritt auf das Antlitz Christi
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Der Tritt auf das Antlitz Christi

Die e-fumi-Zeremonie in Japan

  1. 115 Seiten
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Der Tritt auf das Antlitz Christi

Die e-fumi-Zeremonie in Japan

Über dieses Buch

Die europäischen Versuche, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Japan Fuß zu fassen, begannen mit missionarischem Eifer und der Hoffnung auf ertragreiche Handelsgeschäfte. Sie führten nur wenige Jahrzehnte später zur fast vollständigen Isolation Japans und zu einer der brutalsten Christenverfolgungen der Geschichte. Studien zur Politik der Shogunatsregierung in der Edo-Zeit haben gezeigt, dass das Bild vom "abgeschlossenen Japan", insbesondere im Hinblick auf den Waren- und Wissensaustausch, revidiert werden muss. Dagegen wird von der Forschung nicht in Frage gestellt, dass der Zugang des katholischen Europa nach Japan verhindert und alle vorhandenen christlichen Einflüsse im Land ausgemerzt werden sollten. Die Werkzeuge der japanischen Inquisition waren vielfältig. Die Glaubensüberprüfung der japanischen Bevölkerung, bei der eine Reihe speziell entwickelter Foltermethoden zum Einsatz kam, war eingebettet in ein ausgeklügeltes System zur Untertanenkontrolle. In dem Repertoire der inquisitorischen Maßnahmen nahm die e-fumi-Zeremonie, das Treten christlicher Symbole mit den Füßen, eine besondere Rolle ein, da bei dieser Methode zunächst auf physische Gewaltanwendung verzichtet und stattdessen psychischer Druck auf mögliche Anhänger des christlichen Glaubens ausgeübt wurde. Doch wer den Tritt verweigerte, den erwartete der Tod. War die Christenverfolgung und speziell die e-fumi-Zeremonie wirklich eine rein innerjapanische Angelegenheit? War es nicht gerade die erfolgreiche Arbeit der Missionare in den Jahrzehnten vor der Landesabschließung, die die Effektivität dieser Inquisitionsmaßnahme erhöhte? Welche Rolle spielten die wenigen Europäer, die sich nach der Landesabschließung in Japan aufhielten und wie wirkten ihre Berichte über die e-fumi-Zeremonie in Europa? Die Analyse der e-fumi-Zeremonie anhand japanischer, jesuitischer und niederländischer Quellen zeigt, dass neben dem Austausch von Waren und Wissen auch religiösen Aspekten eine wesentliche Bedeutung für die Wechselwirkung zwischen Japan und Europa in der Zeit der vermeintlichen Landesabschließung zukam.

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Information

1 Einleitung

Als mit dem Eintreffen einer Gruppe von Jesuiten um Francisco Xavier1 in Kagoshima auf Kyūshū2 im Jahre 1549 die Verbreitung des Christentums auf japanischem Boden begann, war das Land ein Flickenteppich aus Herrschaftsgebieten, deren Fürsten sich um Macht und Einfluss stritten.3 Dass die christliche Lehre sich in den folgenden Jahrzehnten ausbreiten konnte, lag nicht zuletzt daran, dass im Gefolge der Missionare portugiesische und spanische Händler nach Japan kamen, die den lokalen Herrschern den Zugang zu Feuerwaffen sowie Reichtum aus Handelsgeschäften und damit Vorteile in den Hegemonialkämpfen versprachen.4 Nach der Reichseinigung am Beginn des 17. Jahrhunderts und ausgelöst durch die Angst der wiedererstarkten Shōgune vor inneren Unruhen und der Kolonisierung Japans durch europäische Mächte, kam es zu einer an Intensität zunehmenden Verfolgung des Christentums, in deren Verlauf die Missionare das Land verlassen mussten.5 Durch die Ausweisung der portugiesischen und spanischen Händler und die Verlagerung der niederländischen Handelsniederlassung auf die streng kontrollierte Insel Deshima sollte Japan gegenüber europäischen Einflüssen weitgehend abgeschlossen werden.6
Studien zur sakoku-Politik7 des bakufu8 haben gezeigt, dass das im 17. und 18. Jahrhundert entstandene Bild vom „abgeschlossenen Japan“, insbesondere im Hinblick auf den Waren- und Wissensaustausch, revidiert werden muss.9 Dagegen wird von der Forschung nicht in Frage gestellt, dass in der Edo-Zeit10 durch die Maßnahmen des bakufu der Zugang des katholischen Europa nach Japan verhindert und alle vorhandenen christlichen Einflüsse im Land ausgemerzt werden sollten.11 Doch auch die Christenverfolgung war keine rein innerjapanische Angelegenheit. Auch bei diesem Aspekt zeigte sich, dass es in der Zeit der vermeintlichen Landesabschließung zu einer Wechselwirkung zwischen Europa und Japan kam. Die Arbeit der Missionare hatte Spuren in der japanischen Gesellschaft hinterlassen, die sich bis zum Ende der Tokugawa-Herrschaft nicht beseitigen ließen.12 Auch nach dem Verbot des Christentums gaben vereinzelte Missionare ihre Versuche nicht auf, die Arbeit im Verborgenen fortzusetzen. Bis ins 18. Jahrhundert hinein versuchten katholische Glaubensbrüder, aus Macao und den Philippinen kommend, in Japan Fuß zu fassen.13 Für die verschiedenen europäischen Handelsorganisationen, die sich in der Edo-Zeit um Geschäfte mit Japan bemühten, war das Bekenntnis zur Religionszugehörigkeit der entscheidende Erfolgsfaktor. Die Sieger im Gerangel um wirtschaftlichen Einfluss waren die Niederländer, die sich in der entscheidenden Phase glaubhaft vom Katholizismus distanzieren konnten.14 Nach dem Verstummen der Missionare und dem Abzug der englischen, spanischen und portugiesischen Händler nahmen die auf Deshima stationierten Mitarbeiter der niederländischen Handelsorganisation für mehr als zweihundert Jahre die Rolle der europäischen Beobachter und Berichterstatter zur Christenverfolgung in Japan ein.15
Die Werkzeuge der japanischen Inquisition waren vielfältig. Die Glaubensüberprüfung der japanischen Bevölkerung, bei der eine Reihe speziell entwickelter Foltermethoden zum Einsatz kam, war eingebettet in ein ausgeklügeltes System zur Untertanenkontrolle.16 In dem Repertoire der inquisitorischen Maßnahmen nahm die e-fumi-Zeremonie,17 das Treten christlicher Symbole mit den Füßen, eine besondere Rolle ein, da bei dieser Methode zunächst auf physische Gewaltanwendung verzichtet und stattdessen psychischer Druck auf mögliche Anhänger des christlichen Glaubens ausgeübt wurde.18 Im Folgenden soll die e-fumi-Zeremonie einer vertieften Betrachtung unterzogen werden. Die Analyse wird sich von der Frage leiten lassen:
Welche Bedeutung hatte die e-fumi-Zeremonie im System der Christenverfolgung und Untertanenkontrolle des Tokugawa-Staates sowie für die Wechselwirkung zwischen Europa und Japan in der Edo-Zeit?
Dabei gilt mein Interesse besonders der aktiven und passiven Beteiligung der Europäer an der Zeremonie und deren persönlicher Wahrnehmung und Beurteilung. Zur Beantwortung der übergeordneten Frage sollen deshalb folgende Teilaspekte geklärt werden:
Wie entstand die e-fumi-Zeremonie?
Welche Funktion nahm die e-fumi-Zeremonie im Verfolgungs- und Kontrollsystem des Tokugawa-Staates ein und inwieweit war diese Funktion Wandlungen unterzogen?
Wie genau lief die e-fumi-Zeremonie ab und welche Wirkung erzielte sie bei japanischen Christen?
Mussten sich Europäer, die sich in der Edo-Zeit in Japan aufhielten, der e-fumi-Zeremonie unterziehen?
Waren sie aktiv in das System der Christenverfolgung und in die Ausübung der e-fumi-Zeremonie eingebunden?
Wie haben Europäer die e-fumi-Zeremonie vor Ort beobachtet?
Wie wurden ihre Berichte in Europa rezipiert?
  1. Alle Namen sind in der Schreibweise der ersten Quelle angegeben, in der die jeweilige Person erwähnt wird. Japanische Namen sind in der in Japan üblichen Reihenfolge wiedergegeben, das heißt zuerst der Nachname, dann der Vorname.
  2. Bei japanischen Namen und Begriffen werden die in der Literatur gängigen Transkriptionen nach dem Hepburn-System verwendet.
  3. Vgl. Murakami (1940) I; Elison (1991 [1973]) 1.
  4. Vgl. Breen & Williams (1996) 1; Winnerling (2014) 181-185.
  5. Vgl. Jennes (1973) 114-121; Ōhashi (1996) 46; Higashibaba (2001) 127.
  6. Vgl. Goodman (1986) 11-14; Hesselink (2002b) 10-14.
  7. Politik der Landesabschließung (1639-1854).
  8. Shōgunatsregierung.
  9. Vgl. Goodman (1986) 1; Hesselink (2002b) 3, 170; Mochizuki (2009) 77 FN 34; Osterhammel (2006) 26; Screech (1996) 1.
  10. Zeit...

Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Einleitung
  2. 2 Forschungsstand und Quellen
  3. 3 Die e-fumi-Zeremonie als Werkzeug zur systematischen Verfolgung japanischer Christen
  4. 4 Europäische Begegnungen mit der e-fumi-Zeremonie
  5. 5 Die e-fumi-Zeremonie in den Schriften der Mitarbeiter der Niederländischen Ostindien-Kompanie
  6. 6 Zusammenfassung
  7. 7 Anhang
  8. Impressum