Die Chorturmkirche von Sersheim
Die erste urkundliche Erwähnung
Auf einer künstlich errichteten Anhöhe wurde um das Jahr 1100 in Sarweshain eine steinerne Chorturmkirche am Südufer des Flusses Metter gebaut. Diese erhöhte Lage und die umlaufende Mauer boten Schutz gegen das Hochwasser der Metter. Innerhalb dieser Mauer befand sich auf der Nordseite der Kirche auch ein Friedhof. Der Chor (Altarraum) hatte damals ein romanisches Kreuzrippengewölbe. Das Kirchenschiff bestand vermutlich aus Holz und hatte ein Satteldach. Es war damals wesentlich kürzer und schmäler als das heutige. Erst später wurde es aus Stein gebaut. Bei der großen Innenrenovierung im Jahr 1958 (siehe Seite →) stieß man bei Arbeiten im Kirchenschiff auf den Grundriss einer früheren Kirche.
Der Kirchherr von Sersheim wurde urkundlich am 28. Juli 1287, sowie am 29. März und 22. April 1289 erwähnt. Als Zeuge ist in den Urkunden ein Hainrich der kirchere [Kirchherr] von Sarweshain genannt. An einer dieser Urkunden sind Teile des Siegels des Kirchherrs erhalten geblieben. Das ovale Wachssiegel ist ca. 40 x 25 mm groß. Die unvollständige Umschrift besteht aus den Buchstaben: HAINRIC…ESHAL…. Daher ist von einer selbstständigen Pfarrkirche auszugehen. Auch die für damalige Verhältnisse beachtlichen Ausmaße des Chorturms deuten darauf hin. Ausdrücklich als Pfarrkirche wird sie jedoch erst im Jahre 1396 bezeichnet.
Am 3. November 1239 beurkundeten Graf Konrad von Vayhingen und sein Sohn Johannes (der Rektor [Leiter] der dortigen Kirche) eine Güterstiftung. Zeuge ist unter anderem ein Johannes camerarius de Sarweshain. In einer weiteren Urkunde von 1243 wird ein Pfaff Johann, Kirchherr zu Saraweshaim und Kämmerer des Kapitels zu Vayhingen erwähnt.
In einer Urkunde vom 16. Oktober 1396 heißt es:
»…das Schultheiß und die Richter [Gemeinderäte] und die gemeinde des Dorffes zu Sarwssheim gedacht haben wie gottes Dienst bei unsern ziten gemert werde, darumb ham wir gedacht ein ewige mess machen und ham auch gemacht in die Phfarr zu Sarwssheim uff den Altar der da gewyht ist in der Er unser frowen marien und der Er der hayligen zwelffboten Sant Johanns Evangelisten und Sant Endrissen uff den Altar der da gelegen ist ußwendig des Dorffes und gewyht ist in der Er Sant Johann des töffers mit den Güten die hiernach geschrieben stend allß daz ein jeglicher Phründtner frümeß sol haben...«
Es befanden sich also vier Altäre in der Kirche. Der erste Altar war zu Ehren der Jungfrau und Gottesmutter Maria (frowen marien) geweiht, der Zweite den zwölf Aposteln (hayligen zwelffboten), der Dritte dem Evangelisten Johannes (Sant Johanns Evangelisten) und der vierte Altar war zu Ehren des heiligen Andreas (Sant Endrissen) geweiht. Daher wurde die Kirche immer ohne die sonst übliche Angabe eines Heiligen genannt, sondern immer nur Pfarrkirche.
Ein weiterer Altar befand sich in der Feldkapelle Johanneskapelle außerhalb des Dorfes, dieser war dem Heiligen Johannes des Täufers (Sant Johann des töffers) geweiht.
Der Umbau des Chorturmes
Um das Jahr 1477 wurde der Kirchturm unter Rektor (Leiter der Kirche) Leonhard Waibel umgebaut. Der Chorraum wurde dabei nach oben hin erweitert (aufgestockt). Das zusätzliche Stockwerk ist noch als kleiner Absatz erkennbar. Heute befindet sich darin die Glockenstube mit dem Glockenstuhl. Die Innenwand an der Südseite des Turmes bekam einen gotischen Spitzbogen. An der Ost- und Südwand ist der Ansatz eines alten romanischen Gewölbes noch erkennbar. Bei diesem Umbau bekam der Turm ein hohes und spitzes gotisches Zeltdach, so wie es auf der Kieser'schen Zeichnung von 1684 abgebildet ist. Die Kieser‘schen Ortsansichten sind eines der frühesten bildlichen Ansichten von Orten des Herzogtums Württemberg überhaupt, die Oberstleutnant Andreas Kieser (1618-1688) in der Zeit von 1681 bis 1686 angefertigt hat.
Sersheim auf der Kieser'schen Zeichnung von 1684.
Die Sakristei
Der Nebenraum auf der Nordseite des Turmes wurde vermutlich als Taufkapelle genutzt. Sie weist ein schönes gotisches Kreuzrippengewölbe auf, das aus dieser Zeit stammt. Das zweiteilige Gewölbe besteht aus zwei Kreuzen mit jeweils einem Schlussstein in der Mitte eines Kreuzes. Dazwischen befindet sich eine sogenannte Kappe. Das Gewölbe ist um die Schlusssteine und an den Widerlagerpunkten mit Ornamenten versehen.
Heute dient dieser Raum als Sakristei. Hier befindet sich alles, was für den Gottesdienst benötigt wird, beispielsweise Paramente (Altartücher), Abendmahlskelche, Hostienschalen, Taufgeschirr und Kerzen. Sie dient zudem als Umkleideraum für den Pfarrer und als Vorbereitungsraum für Gottestdienste. Betreut wird die Sakristei üblicherweise vom Mesner bzw. Mesnerin. In der Sakristei befindet sich auch die elektroakustische Anlage (ELA) sowie ein Schaltpult für die Beleuchtung und der Läutecomputer zur Programmierung und Steuerung der Glocken.
Kreuzrippengewölbe in der Sakristei.
Taufstein mit Taufschale, Kanne und Taufkerze.
Die Sakristeitür
Aus dem 15. oder frühen 16. Jahrhundert stammt die alte Tür zur heutigen Sakristei. Sie stellt den Durchgang vom Chor durch die rund 140 cm dicken Wände des Turmes in die Sakristei dar. Dieser Durchgang war früher der Eingang in den Chor. Die Türe ist nur 167 cm hoch, 79 cm breit und besteht aus 6 cm dicken Holzdielen, der Durchgang ist nur geringfügig höher und weist oben einen Spitzbogen auf. Die Vorderseite der Türe zum Chorraum hin ist mit 20 Hufeisenornamenten beschlagen. Auf der Rückseite trägt sie ein schönes altes Türschloss, das noch intakt ist, sowie zwei Verriegelungen. Der Rand des Durchgangs ist im Chor mit angedeuteten Ecksteinen versehen.
Der große Metallschlüssel mit einer Länge von 23 cm für das mittlere Schloss ist erhalten geblieben und hängt über der Türe in der Sakristei.
Metallschlüssel der Sakristeitür.
Sakristeitür mit Hufeisenornamenten, altem Metallschlüssel und Schlösser.
Die Gruft
Direkt unter der Sakristei liegt eine kleine Gruft. Ihr Zugang erfolgt über eine Außentreppe entlang der Nordwand. Die Gruft beherbergt die Grablege der Schlossherren von Sersheim. Über den beiden Flügeltüren steht eine in den Stein gemeißelte Inschrift: Erfunden von Christian Jacob Belser Schulmeister (er war von 1769 bis 1807 Schulmeister in Sersheim). Der Boden der Gruft besteht aus mehreren großen Steinplatten. Eine Platte ist zerbrochen und zeigt die Hälfte eines Weihekreuzes. Vermutlich handelt es sich hierbei um den Grabstein von Frau Beatæ Louisæ von Selchow (1665-1715), da sie auf ihren Wunsch hin in der Gruft beerdigt wurde.
Zerbrochener Grabstein in der Gruft (vermutlich der Grabstein von Frau Beatæ Louisæ von Selchow).
Die Gruft wird heute als Keller verwendet und beinhaltet sperrige Gebrauchsgegenstände oder solche, die nur sehr selten gebraucht werden, wie die Bühne für die Chortreppen.
Außentreppe an der Nordwand zur Gruft unter der Sakristei.
Inschrift über dem Eingang der Gruft.
Wandmalereien an der Nordwand des Chorraums um die ehemalige Sakramentsnische.
Die Wandmalereien im Chor
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts gehörte ein Teil des Dorfes der Zisterzienserabtei Maulbronn. Davon zeugt die Nordwand des Chores, die um etwa 1510 mit Wandmalereien nach Maulbronner Vorbild geschmückt wurde. Sie sind etwa 5,1 m hoch und 2,8 m breit. Bei der großen Innenrenovierung 1958 (siehe Seite →) wurden die Wandmalereien wieder freigelegt und restauriert. Sie stellen Szenen der Eucharistie (Abendmahl) mit Brot und Wein dar.
Das Bildnis stellt eine gemalte Umrahmung der heute zugemauerten Sakramentsnische dar. In der Mitte befindet sich eine dunkelgrau gefärbte Fläche in der Form eines hohen Lanzettfensters (Sonderform des Spitzbogenfensters). Ob es sich dabei tatsächlich um die ursprüngliche Form der Nische handelt oder sie n...