Renazifizierung der Bundesrepublik Deutschland
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Renazifizierung der Bundesrepublik Deutschland

... aus Sicht eines ehemaligen aktiven 68igers

  1. 700 Seiten
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Renazifizierung der Bundesrepublik Deutschland

... aus Sicht eines ehemaligen aktiven 68igers

Über dieses Buch

In diesem Buch beschäftige ich mich aus Sicht eines ehemaligen aktiven 68igers mit der unterbliebenen Aufarbeitung der schlimmen deutschen Vergangenheit (Verbrechen gegen die Menschlichkeit Nazi-Deutschlands und die Renazifizierung der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland). Der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer hat im Jahre 1963 in einem Interview mit einem dänischen Journalisten festgestellt: "Hitler hätte in Deutschland immer noch ein leichtes Spiel". Diese bemerkenswerte Aussage Fritz Bauers, nachdem diese in der BRD mit zeitlicher Verzögerung bekannt wurde, war quasi das Startsignal für die politische 68iger Bewegung ("unter den Talaren der Mief von tausend Jahren"). Die gerne behauptete Aufarbeitung der Vergangenheit Nazi-Deutschlands durch die bundesdeutschen Institutionen hat nicht stattgefunden - Parlamente, Bundesregierung, Landesregierungen und Justiz haben die Vorgaben der Siegermächte zur lückenlosen Säuberung des Landes von dem braunen Gesindel schlichtweg ignoriert - und das bundesdeutsche Volk hat dieses Treiben, diese Schuld, widerspruchslos hingenommen! Ehemalige Angehörige der NSDAP incl. SS und Gestapo, der Wehrmacht, überzeugte Nazis ohne NSDAP Parteibuch, die sich nach Jahren der Entnazifizierung, der Internierung und des Lagerlebens sozial und wirtschaftlich deklassiert fühlten, den Untergang des Nationalsozialismus als schweren Sinnverlust erlebten, wurden schon teilweise ab dem Jahr 1946 zum Wiederaufbau Westdeutschlands reaktiviert. Als 68iger Bewegung stellten wir sehr schnell fest, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland zwar ab 1949 eine parlamentarische Demokratie hatten, doch die Parteien CDU / CSU und FDP (als langjährige Regierungsparteien im Bund und in den Ländern) entsprachen seit deren jeweiligen Gründung auf Grund ihrer abscheulichen personellen Verstrickungen mit der verbotenen NSDAP nicht den demokratischen Grundsätzen zum Aufbau einer jungen unbelasteten Demokratie! Ethisch und moralischen hatten diese genannten Parteien durch ihre langjährige Regierungsverantwortung das Projekt "saubere und nazifreie Bundesrepublik" vorsätzlich gegen die Wand gefahren. Viele Schlüsselpositionen in Politik, Staat, Wirtschaft und Gesellschaft - vom Bundeskanzler, Bundespräsidenten, vielen Ministern in Bund und Ländern, Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister; vom Bundestag bis zum kleinsten Ortsrat; in der Justiz, vom Bundesverfassungsgericht bis zum kleinsten Amtsgericht waren wieder mit alten Nazis besetzt.

Häufig gestellte Fragen

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Information

Dritter Abschnitt

Wandel des westdeutschen Geschichtsbildes

In der Nachkriegszeit bestimmten Memoiren und Gerichtsaussagen deutscher Generäle und Offiziere das westdeutsche Geschichtsbild des „anständigen deutschen Soldaten“ und der „sauberen Wehrmacht“, deren Angehörige fair nach dem Kriegsvölkerrecht gekämpft hätten. Darin wurden Wehrmachtsverbrechen kaum erwähnt oder als Einzeltaten dargetellt.
Eine der wenigen Ausnahmen bilden die Aussagen des Generalmajors Erwin von Lahousen, der sich im Rahmen des Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg der Anklage als Kronzeuge zur Verfügung stellte.
Breiteren Raum nehmen dagegen taktische Fragen ein, wie man den Krieg ohne die Einmischung von Hitler doch noch hätte gewinnen können. In Illustriertenromanen wurde der deutsche Soldat meist als pflichtbewusst, engagiert, im Kampf hart, aber fair, kameradschaftlich, freundlich, gebildet und gutaussehend dem Partisanen gegenübergestellt. Dieser ist oft ein heimtückisch-verräterischer Kommunist, Krimineller, Zuhälter oder Drogenhändler mit einer Physiognomie, die den nationalsozialistischen Rassevorstellungen entsprach. Deutsche Kriegsverbrechen kamen nur sehr selten vor und wurden dann der SS angelastet (in einem bundesdeutschen Massenblatt hat sich bis zum heutigen Tage dieser Schreibstil nicht geändert - „man spricht immer noch zuerst mit den Toten“ und gibt sich zudem als Verkündungsorgan von „Muttis Partei“ absolut politikneutral.
Seit den Nürnberger Prozessen galt die Wehrmacht als Ganzes in der Öffentlichkeit als „freigesprochen“; Verbrechen von Truppenteilen wurden vorwiegend als Handlungen von Einzeltätern betrachtet. Die enge institutionelle Verbindung der Wehrmachtspitze mit dem nationalsozialistischen Partei- und Staatsapparat und damit ihre Gesamtverantwortung für deren Vernichtungskrieg blieben weitgehend unberücksichtigt, ebenso die Zusammenarbeit von Soldaten jeden Ranges mit den verbrecherischen Organisationen SD, SS und Gestapo. Nach den ersten Kollektivschulddebatten der Nachkriegszeit wurden bis etwa 1955 Amnestiegesetze erlassen, die diese Einstellung für mehr als ein Jahrzehnt zementierten. Hannes Heer fasst die damalige Haltung folgendermaßen zusammen:
„Sinnhafte Interpretationen der eigenen Erfahrung wurden abgedrängt auf Bereiche des Funktionsstolzes über Effektivität, Kompetenz und Kampfkraft oder in private Bereiche erfahrener und bestätigter Kameradschaft einer Schicksals- und Überlebensgemeinschaft – auf Bereiche also, die für Wiederaufbau und Wirtschaftswunder anschlussfähig waren. Politischer oder antipolitischer Sinn war daraus nicht zu generieren, das Interpretationsschema kam vielmehr einem unpolitischen privatistischen Habitus entgegen.“
Die erste wissenschaftliche Arbeit zu den Wehrmachtsverbrechen war die 1978 veröffentlichte Dissertation von Christian Streit. Keine Kameraden. Ihr Schwerpunkt war die Behandlung kriegsgefangener Sowjetsoldaten und die damit eng verknüpften Themen Kommissarbefehl und Zwangsarbeit. Streits Dissertation wurde jahrelang kaum rezipiert.
Mit Rückgriff auf inzwischen zugängliche neue Quellen, darunter Wehrmachtsakten, Prozessunterlagen, Zeugenaussagen, Feldpost, Tagebücher, widerlegte eine jüngere Historikergeneration die Legende der „sauberen“, unpolitischen, irregeführten und vom NS-Regime missbrauchten sauberen Wehrmacht. So wurde etwa die bis dahin bestrittene Ausführung des Kommissarbefehls und die Eigenbeteiligung ganzer Einheiten an Massenmorden bewiesen. Im Ergebnis ging diese Generation der Militärhistoriker „von einer problematischen Verstrickung der Wehrmacht in die NS-Verbrechen während des Krieges“ aus: Sie sei „letztlich als Komplize des Bösen, und stählerner Garant und nicht als vermeintlich unpolitischer Bereich des NS-Staates anzusehen“.

Die Entnazifizierung

Bereits auf der Konferenz von Jalta vom 4.-11.02.1945, nur Wochen vor der endgültigen Befreiung Europas vom Nationalsozialismus, einigten sich die Siegermächte, damals noch ohne die Beteiligung Frankreichs, auf eine rigorose Beseitigung der institutionellen Hinterlassenschaften des NS-Regimes sowie aller „nazistischen und militärischen Einflüsse aus öffentlichen Einrichtungen, dem Kultur- und Wirtschaftsleben des deutschen Volkes“.
Ziel war nichts weniger als die vollständige Vernichtung des „deutschen Militarismus und Nazismus“ durch einen umfassenden politischen Reinigungsprozess, die sogenannte „denazification“ und eine „reeducation“, also die „Entnazifizierung“ und politische Umerziehung der deutschen Bevölkerung.
Die Grundlagen zur Durchführung wurden von den Vertretern Großbritanniens, der UdSSR und der USA auf der Potsdamer Konferenz vom 17.07.-02.08.1945 (wie geschildert) geschaffen und die Verantwortung für ihre Durchführung den Oberbefehlshabern der Siegermächte übertragen. Von besonderer Bedeutung ist hier die Ziffer 6 der politischen Grundsätze des Potsdamer Abkommens (und die besonders enge Auslegung dieser alliierten Vorschrift). Damit war auch der Weg frei für ein für alle drei Westzonen abgestimmtes Entnazifizierungsverfahren.
Noch ein paar Anmerkungen zu den Entnazifizierungen. Die guten Vorsätze und Eckpunkte, wie zuvor beschrieben, prägten anfangs die Spruchkammerverfahren. Die alliierten Kriegsverbrecherprozesse und die Prozesse gegen die Verbrechen der Menschenrechtsverletzungen deckten die Schuld der Deutschen schonungslos auf (leider wurde hier nur die Spitze des Eisbergs erwischt - die Masse der Täter blieb ungestraft). Harte aber gerechte Urteile wurden gefällt. Lange Haftstrafen und Todesurteile wurden verhängt.
Doch mit Beginn des „kalten Krieges“ und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland verkamen die Entnazifizierungsverfahren zu einer Farce. – zur Last gelegte Taten, angegebene Daten und Fakten wurden nicht mehr geprüft - organisierte Banden traten gegen Bezahlung als Entlastungszeugen auf (die sogenannten Persilscheine machten die Runde). Die Aussagen der Entlastungszeugen wurden nicht mehr geprüft. Somit gelangten die Entscheidungen der Spruchkammern Kammerintern sehr schnell in Verruf (vor allen Dingen dort, wo überzeugte Demokraten den Glauben an Recht und Gerechtigkeit durch die zunehmende „Persilscheinpraxis“ und durch die „Unlust“ vieler Spruchkammermitglieder an einer vernünftigen Sachaufklärung). Westdeutsche Politiker, wie z. B. Konrad Adenauer, machten öffentlich Stimmung gegen die Entnazifizierung, denn dort wurde nach seiner Meinung mit den Spruchkammerentscheidungen „viel Unheil“ angerichtet. Somit erlahmte bei vielen willigen Spruchkammermitgliedern der Wille Westdeutschland nazifrei zu machen - die zunehmende Schärfe des „kalten Krieges“ tat ein Übriges. Somit darf mit Fug und Recht festgestellt werden, dass die Ergebnisse der Entnazifizierungsverfahren, vor allen Dingen aus der zweiten Hälfte der Aktion, das Papier nicht mal wert war, auf dem diese geschrieben wurden! Verurteilte Kriegs- und Menschenrechtsverbrecher wurden begnadigt bzw. kamen nach nur kurzer Haftdauer wieder frei. Somit war für eine Vielzahl von Nazi- und Kriegsverbrechern der Weg für neue Karieren in der neuen Bundesrepublik wieder frei.

Vor Gründung der Bundesrepublik war ein neues „Grundgesetz“ zu verabschieden

Der Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee

Der Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee fand vom 10. bis zum 23. August 1948 statt. Bezeichnender Weise war der Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee ausschließlich mit Verwaltungsbeamten und verbeamteten Juristen aus den Ländern besetzt. 7 Mitstreiter dieses Konvents waren ehemalige NSDAP Mitglieder, darunter der verbeamtete Jurist und Edel-Nazi Theodor Maunz (siehe dazu auch die nachfolgende Kurzbiographie). Ob sich weitere Nazi-Sympathisanten unter diesen Mitarbeitern befanden, ist nicht bekannt.
Obwohl nicht klar war, ob die Mitglieder des Konventes einen kompletten Entwurf eines Grundgesetzes oder nur einen Überblick liefern sollten, kristallisierten sich in der Diskussion wichtige Punkte heraus, von denen einige schließlich im Grundgesetz verwirklicht wurden. Dazu zählen eine starke Bundesregierung, die Einführung eines neutralen und im Vergleich zur Weimarer Verfassung wesentlich entmachteten Staatsoberhauptes, der weitgehende Ausschluss von Volksabstimmungen, die Aufnahme des Berufsbeamtentums und eine Vorform der späteren Ewigkeitsklausel. Gleichzeitig war der Herrenchiemseer Konvent die letzte große Einflussmöglichkeit der Ministerpräsidenten der Länder auf das Grundgesetz.
Somit wundert es nicht, dass bei diesem Verfassungskonvent die Spitzenbeamten der „Weimarer Republik (Endphase)“ und des „Tausend jährigen Reiches“ in erster Linie an sich selbst dachten -an ihre beamtenrechtliche Zukunft, an die Absicherung ihrer beamtenrechtlichen Pensionen und dergleichen. Darum auch die Übernahme des schweren NS belasteten Berufsbeamtentums in das neue bundesdeutsche Grundgesetz. Adenauer hatte somit seine willigen Helfer gefunden, ohne dafür auch nur einen Finger krumm zu machen.

Der Parlamentarische Rat

Der Parlamentarische Rat war ein von den elf Ministerpräsidenten der deutschen Länder der drei westlichen Besatzungszonen auf Anweisung der drei Westmächte Frankreich, Großbritannien und Vereinigte Staaten von Amerika eingesetztes politisches Organ, um den politischen Neuanfang für Westdeutschland einzuleiten. Aufbau und Struktur entsprach dem einer demokratischen Legislative mit Abgeordneten, Präsidium, Fraktionen und Ausschüssen, wobei die Abgeordneten aus entsandten Volksvertretern bestanden, die in die einzelnen Landesparlamenten gewählt worden waren.
Auf Grundlage der Frankfurter Dokumente, zu denen die Länderchefs in den auf der Rittersturz-Konferenz verabschiedeten Koblenzer Beschlüssen Stellung nahmen, sollte für den neuen, provisorischen Weststaat nur ein Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland geschaffen werden. Auch der Name „Parlamentarischer Rat“ war aus diesem Provisoriumsgedanken entstanden, da man eine namentliche Nationalversammlung als zu endgültig ansah. Neben der Aufgabe, aus den Vorarbeiten des Konvents von Herrenchiemsee ein Grundgesetz als Verfassung auszuarbeiten, gehörten auch die gesetzlichen Regelungen für eine freie Wahl der zukünftigen Legislative sowie einer Bundesversammlung dazu. Die Entscheidung diese Versammlung, ebenso wie die zukünftige Bundeshauptstadt nach Bonn zu legen, war bereits am 11. Oktober 1948 auf einem vorbereitenden Verfassungskonvent in Düsseldorf von den Innenministern getroffen worden.
Dem Parlamentarischen Rat gehörten 65 stimmberechtigte Abgeordnete der westlichen Besatzungszonen sowie fünf nicht stimmberechtigte Abgeordnete aus West-Berlin an. Die Abgeordneten schlossen sich zu geeigneten Fraktionen und Gruppen zusammen.
Das Patt der großen Parteien (CDU / CSU einerseits und SPD andererseits) zwang zur Einigung in den entscheidenden Fragen und verhinderte, dass eine Partei allein dem Grundgesetz ihren Stempel aufdrücken konnte.
Doch auch der Parlamentarische Rat war nicht frei von personellen Belastungen aus dem „Dritten Reich“ bzw. aus dem letzten frei gewählten Reichstag vom 5. März 1933. Acht Mitglieder des Rates hatten diesbezüglich eine beanstandenswerte Vergangenheit:
Paul Binder - CDU: Von 1937 bis 1941 war er stellvertretender Direktor bei der Dresdner Bank in Berlin und leitete die „Zentralstelle für Arisierung" jüdischen Vermögens. Insbesondere verriet er nicht-jüdischen Übernahme-Interessenten, in der Regel Konkurrenten in der jeweiligen Branche, vor der formellen Übernahme der Firmen deren interne Wirtschaftsdaten. Im Mai 1938 erlangte er durch das Reichswirtschaftsministerium Kenntnis von der in Kürze erfolgenden restlosen Liquidierung aller „nicht-arischen" Betriebe unter Wert und vermittelte durch Reisen im ganzen Reichsgebiet persönlich vor Ort, um schriftliche Nachweise zu vermeiden, mit Hilfe der örtlichen NSDAP-Gliederung (deren sog. Wirtschaftsberater) die Firmen an die so vorbereiteten Aufkäufer. Für Immobilien sollte nur der Einheitswert gezahlt werden.
Ab 1941 befasste er sich als nunmehr selbständiger Wirtschaftsprüfer mit der Verwertung liquidierten Vermögens in den eroberten Ostgebieten, insbes. von Industriebetrieben. Binder war Mitglied der DAF (Deutsche Arbeitsfront) und des NSBDT (NS-Bund Deutscher Technik). Dabei arbeitete er vorrangig mit SS-eigenen Firmen zusammen. In zweiter Tätigkeit war er für Rüstungsunternehmen tätig, v. a. aus Hermann Görings Bereich, dem Reichsluftfahrtministerium sowie beim U-Boot-Bau. Binder unterhielt eigene Stützpunkte in Warschau, in Krakau und in Amsterdam sowie in Ebingen, dem Familiensitz. Ab April 1944 machte er mit Ludwig Erhard (dem zweiten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland) und dessen „Institut für Industrieforschung" (einer Filiale der „Reichsgruppe Industrie") Pläne darüber, wie das Raubgut auch nach einer möglichen Niederlage im Krieg weiter verwertet werden könne. Bei Kriegsende schaffte er mit allen Unterlagen rechtzeitig den Rückzug nach Württemberg und ließ sich in Tübingen, in der französischen Besatzungszone, nieder. Hier war er sicher vor Nachforschungen der US-amerikanischen Besatzungsbehörde „Financial Investigation Security" über seine bisherigen Erwerbungen.
Adolf Blomeyer - CDU: Er amtierte von 1929 bis 1945 ununterbrochen (!) sowie von 1951 bis 1968 als ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Ulenburg. In der Zeit des Nationalsozialismus war Blomeyer Ortsbauernführer. Von 1933 bis 1937 war er Obertruppführer in einer Mindener SA-Einheit.
Paul de Chpeaurouge - CDU: Er gehörte im Kaiserreich der Nationalliberalen Partei an, die sich 1918 in die Deutsche Volkspartei umgründete. Dieser gehörte er dann bis 1933 an. Bereits zur Jahreswende 1931/32 stellte er Überlegungen über eine Zusammenarbeit mit der NSDAP an, die aber mangels Mehrheit von DVP, DNVP und NSDAP nicht zu eigentlichen Koalitionsverhandlungen führten. Im Januar 1933 gelang es jedoch, die Staatspartei für Verhandlungen zu gewinnen, an denen auch de Chapeaurouge beteiligt war. Die Verhandlungen scheiterten aber im Februar 1933 noch an der Weigerung einiger Staatspartei-Abgeordneter in der Bürgerschaft, NSDAP-Senatoren mitzuwählen. Nach dem Ausschluss der KPD von der Teilnahme an Reichs- und Landtagssitzungen durch eine Notverordnung der Reichsregierung hatten die Rechtsparteien auch ohne die Staatspartei eine Mehrheit in der Bürgerschaft.
Theodor Heuss - FDP: Am 23. März 1933 stimmte Heuss zusammen mit den vier anderen Abgeordneten seiner Partei – Hermann Dietrich, Heinrich Landahl, Ernst Lemmer und Reinhold Maier – bei der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz im Reichstag zu, obwohl er sich vorher in seiner Fraktion gegen die Zustimmung ausgesprochen hatte. Auf den Seiten der Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus heißt es: „Theodor Heuss hat sich vorher in der Fraktion gegen die Zustimmung ausgesprochen und auch schon einen Redeentwurf vorbereitet, mit dem er seine Stimmenthaltung begründen will – doch er beugt sich der Fraktionsdisziplin“. Anm.: Ein Fraktionszwang war in der Parteiangelegenheit der KPD vom höchsten Gericht verfassungsrechtlich für unzulässig erklärt worden. Dieses Urteil war für alle Parteien der Weimarer Republik bindend. Jetzt mit Fraktionsdisziplin seine Entscheidung zu entschuldigen ist eines echten Demokraten unwürdig!
Hermann Höpker-Aschoff - FDP: Nach 1933 lebte Höpker-Aschoff zunächst ohne dauerhafte berufliche Tätigkeit in Bielefeld. Seine politische Haltung war widersprüchlich. In dieser Zeit arbeitete er an verschiedenen wissenschaftlichen Publikationen. Im Jahr 1936 veröffentlichte er die Schrift Unser Weg durch die Zeit. Darin versuchte er, zu einer Synthese von Nationalsozialismus und Rechtsstaat zu gelangen. Er arbeitete auch an der einst von Friedrich Naumann und nun von Theodor Heuss geleiteten Zeitschrift Die Hilfe mit. Heuss bezeichnete ihn als den wichtigsten Mitarbeiter im politischen Bereich nach 1935. Bereits das Oktoberheft von 1934 geriet wegen eines Artikels von Höpker-Aschoff in das Visier der Behörden, weil dessen Artikel „Demokratie und Führertum“ als positive Darstellung des politischen Systems in Großbritannien verstanden werden konnte. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Höpker-Aschoff dienstverpflichtet. Seit 1940 war er Chefjurist und Leiter der Abteilung VI (später auch Abteilung V) der Haupttreuhandstelle Ost. Diese Behörde war zuständig für die Beschlagnahme, Verwaltung und Verteilung von eingezogenem Vermögen polnischer Staatsbürger und osteuropäischer Juden im Gebiet der an das Deutsche Reich angegliederten Gebiete (sogenannte „eingegliederte Ostgebiete“). Damit war er als Chefjurist unmittelbar in die nationalsozialistische Vernichtungsund Vertreibungspolitik in den osteuropäischen besetzen Gebieten einbezogen und an deren juristischer Legitimierung beteiligt.
Lambert Lensing - CDU: 1939 wurde er als Hauptmann der Reserve eingezogen, war zunächst in Morąg eingesetzt und ab 1940 im Obe...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Prolog
  3. Wer oder was war die 68iger Bewegung
  4. Erster Abschnitt
  5. Zweiter Abschnitt
  6. Dritter Abschnitt
  7. Impressum