Classification der Gauner
Räuber
Schränker
In der Gaunersprache werden unter dieser Bezeichnung alle diejenigen Räuber verstanden, welche in Banden usw. zur Nachtzeit Einbrüche ausführen. Räuber dieser Art sind für Leben und Eigentum die Gefährlichsten. Jederzeit sind sie auf Widerstand vorbereitet und führen deshalb Schießgewehre, Säbel, Degen und lange Messer mit sich. Sie begehen ihre Verbrechen mit Gewalt gegen Sachen und Menschen.
Am Tag halten sie sich in Diebesherbergen und sonstigen Unterschlupfen auf. Von hier aus stellen sie Nachforschungen hinsichtlich der zu beraubenden Orte durch Kundschafter, ihre Frauen und sonstige Gehilfen an. In der Gestalt von Bettlern und Bettlerinnen erscheinen diese Personen in den Gehöften und Häusern, wo sie um eine Gabe bitten und dabei Informationen zur Ausführung des Diebstahls sammeln.
Nachdem nun die erforderlichen Notizen gesammelt worden sind, brechen die Räuber mitten in der Nacht zu ihren Taten auf. Sie überfallen unter Anführung durch einen gewählten Chef die arglosen Bewohner einzeln gelegener Häuser, Landsitze usw. mit offener Gewalt, indem sie lärmend angezogen kommen, die Türen mit Gewalt aufbrechen. Die Bewohner werden je nach Umstand geknebelt und oft bis zum Tode misshandelt.
Vor Ausführung des Verbrechens umstellen sie den Tatort und stellen Wachen auf. Diese haben jede sich nähernde Gefahr zu melden, was durch gellendes Pfeifen oder auch Husten geschieht. Hierzu werden die schwächeren, weniger mutigen Diebe benutzt. Die stärksten und gewandtesten Mitglieder übernehmen den Einbruch und die Gewalttaten gegen die Personen, die sich widersetzen sollten. Diese werden, sofern sie nicht zur augenblicklichen Tötung Veranlassung geben, mit Stricken an Händen und Füssen gefesselt und durch Tücher im Mund geknebelt. Das gestohlene Gut wird in die Diebesherberge oder in das Versteck gebracht.
Dieses Verfahren des Raubes wird immer weniger angewandt, seitdem die Kunst zu stehlen auf einen höheren Grad der Ausbildung gestiegen ist.
Die Diebe führen ihre Taten in aller Stille durch und haben es zu einer Virtuosität gebracht. Sie wissen es genau zu bewerkstelligen ohne Geräusch eiserne Gitter, Riegelwände und Schlösser zu erbrechen.
Stänkerer oder Rattegänger
Sie haben ihren Namen daher, weil sie gewöhnlich ohne Plan losziehen. Diese stehlen in abgelegenen Gebäuden, ergreifen bei dem geringsten Widerstand die Flucht und üben nur Gewalt an Menschen aus, wenn sie erwischt und an der Flucht gehindert werden. Stänkerer sind nur in kleinen Gruppen unterwegs. Nachdem sie sich an ein einzeln stehendes Haus geschlichen haben, umstellen sie es mit Wachen und erforschen, ob alles ruhig ist. Das Dasein eines Hundes in der Stube erforschen sie durch Krabbeln am Fenster. Ist die Luft rein, wird das Fenster ausgehoben oder mit einem Tuch eingedrückt.
Diese Gaunerklasse stiehlt gewöhnlich in Wohnstuben, deren Fenster leicht und ohne weitere Hilfsmittel erreicht werden können. Sie sehen von ihrem Unternehmen ab, wenn die Fenster von innen verriegelt sind oder ein Hund seine Gegenwart in der Stube kundtut.
Jomakener
Es sind Diebe, welche besonders zur Erntezeit stehlen. Die Erntezeit wählen sie zur Ausführung ihrer Pläne, weil ihnen bekannt ist, dass alle wehrhaften Bewohner bei ihrer Arbeit auf dem Feld sind. Von den zurückgebliebenen Kindern, Frauen und Alten ist fast kein Widerstand zu befürchten.
Von verschiedenen Seiten des Dorfes dringen sie in die ausgesuchten Häuser ein. Die Zugänge zu den Bauernhöfen sind nur leicht, oft auch gar nicht verschlossen. Alle verschlossenen Behältnisse, Koffer, Schränke und die gefundenen Sachen werden gestohlen. Wegen der oftmals großen Menge an Sachen werden Wagen mitgeführt.
Kinder oder Greise, die bei ihrer Ankunft Lärm machen oder um Hilfe rufen, werden sogleich geknebelt oder auch durch rohe Behandlung des Lebens beraubt.
Stratekehrer
Sie rauben auf offener Straße und überfallen die Reisenden und Personen, bei denen sie Geld und wertvolle Sachen vermuten. Dies geschieht auf Landstraßen, Fußwegen, öffentlichen Plätzen, Straßen und Gassen.
Trararum-Gole-Stratekehrer
Diese Posträuber sind eine besondere Klasse der Straßenräuber. Wie die Postdiebe haben sie durch ihre Kundschafter (Baltowerer) genaue Informationen besorgt, ob die zu beraubenden Posten wertvolle Sachen, Gelder und dergleichen bei sich führen, und mit wie vielen Passagieren sie besetzt sind. Zusätzlich wird ausgekundschaftet, ob etwaige Verteidigungswaffen mitgeführt werden.
Ist der Angriff beschlossen, werden einzelne Bandenmitglieder postiert, die sich als ermüdete oder beraubte und schwer misshandelte Wanderer an die Straße legen und um Aufnahme bitten. Diese Diebe versuchen am Angriffsort den Schirrmeister und Postillion vom Wagen zu locken oder an der beschleunigten Flucht zu hindern.
Der aufgenommene Kumpan der Bande ist gewöhnlich für das Leben der Postbediensteten und Passagiere der Gefährlichste. Er wird den lauernden Mitgesellen Zeichen zu ihrem Verhalten geben und den Angriff unterstützen.
Mordbrenner
Zur Mordbrennerei sind diese Subjekte fähig und bereit. Dörfer, Mühlen, Gasthöfe und Schenken sind gewöhnlich die Orte, wo solche Verbrechen begangen werden. Sie schreiten erst zur Tat, wenn ihnen ihre ausgeschickten Kundschafter Nachricht geben, dass nur durch Brandlegung ein gewinnbringender Diebstahl erfolgen kann. Dieser erfolgt zur Nachtzeit, wenn alles im tiefen Schlaf liegt und durch den entstehenden Feuerlärm Bestürzung und Besinnungslosigkeit unter den aufgeschreckten Bewohnern entsteht.
Steht das Gebäude in Flammen, d...