1. JANUAR
Solange wir Menschen leben, stellen wir viele Fragen. Eine davon heißt zum Beispiel: Woher kommen wir, wohin gehen wir?
Auf unserem Weg als Künstler begegnet uns die oben erwähnte Frage nicht nur im lebensphilosophischen oder religiösen Sinne, sondern sie hat eine große Bedeutung hinsichtlich unserer künstlerischen Entwicklung. Schaut man in die Vergangenheit, stellt man fest, dass die wenigsten Biographien von Künstlern vorgezeichnet waren. Darüber hinaus sind sie nie deckungsgleich. Die Pfade von Künstlern verlaufen immer unterschiedlich. Es gibt nicht DEN Weg eines Künstlers.
Eine Möglichkeit, eine Tagesantwort darauf zu erhalten, wohin der nächste künstlerische Schritt führen soll, ist, diese Frage in sein Tagebuch zu schreiben.
Am Folgetag nehmen Sie Ihr Buch hervor, lauschen auf die Antwort und notieren sie. Über Nacht entwickelt sich manche Lösung.
Wichtig dabei ist, dass Sie sich genügend stille Zeit zum „Empfangen“ gönnen, denn spirituelle Antworten kommen oft auf leisen Sohlen.
Manche Menschen verbinden diese eine Frage mit einem Gebet an den Schöpfer. Praktisch mit einem Schreibgebet.
Gedanke für Heute
Ich möchte Kontakt mit der Höheren Macht aufnehmen, in dem ich schriftlich eine Tagesfrage an sie stelle und die Tagesantwort am nächsten Tag bekomme.
2. JANUAR
Die meisten von uns sind erwachsene Menschen und haben eine gehörige Portion Lebenserfahrung. Sie sind eingebunden in Beziehungen, gehen regelmäßig einer Tätigkeit nach, die ihnen das finanzielle Auskommen sichert. Manche befinden sich in Übergangsphasen und erhalten zeitweise staatliche Unterstützung.
Nach außen hin scheinen wir unser Leben zu meistern. Aber wie sieht es innen aus? Was betrübt uns? Welche Wünsche und Träume haben wir hinsichtlich einer Kreativität, die wir leben, ja zum Ausdruck bringen und zeigen möchten?
Stellen wir etwa fest, dass wir unsere Kunstausübung über Jahre vermieden haben und blockiert sind? So sehr, dass uns jegliche Lebensfreude abhanden kam?
In A.R.T.S.-Meetings sind wir nicht allein. Wir teilen dort unsere Ängste, Sorgen sowie Nöte und bekommen von der Gemeinschaft anderer Künstler künstlerische Ausdauer, Erfahrung, Mut, Kraft und Hoffnung mit auf den Weg.
Gedanke für Heute
Gleich zu Beginn eines jeden Jahres möchte ich mich daran erinnern, dass mit dem Beschreiten des Weges zur eigenen Kreativität mein Heilungsprozess begann.
3. JANUAR
Heute lieh ich mir für drei Tage kostenfrei beim „Offenen Kanal“ eine digitale Video-Kamera aus, die ich einige Wochen zuvor telefonisch hatte buchen lassen. Mit Stativ, Mikrofonen, Kabeln. Das Wetter spielte an diesem kalten Januartag mit, so dass ich die gewünschten Außenaufnahmen machen konnte.
Vor ca. einem Monat hatte ich ein Brainstorming auf mehreren Blättern angefertigt, um an den Drehtagen die Wünsche und Ideen umzusetzen. Darüber hinaus lasse ich mich spontan inspirieren, sobald die Kamera zum Einsatz kommt. Nach Überspielen einzelner Sequenzen auf den PC arbeitete ich mich in mein Filmschnittprogramm ein. Das bereitete mir eine kindhafte Freude, denn ich ging spielerisch vor. Ja, ich bin kreativ. Und dafür bin ich dankbar. Das Aufnehmen von Bildern und Tönen sowie das spätere Schneiden macht Spaß. Es ist ganz anders als mit Analog-Video-Schnittplätzen. Eben digital. Und mit diesem PC-Programm kann ich unter anderem den Originalton sperren und zum Beispiel neue Kommentare aufsprechen, Musik oder Geräusche unterlegen. Ganz nach Belieben.
Gedanke für Heute
Jedes Mal, wenn ich mir überlegt habe, welche Wünsche ich kreativ umsetzen möchte und dieses in für mich gesunden Schritten tue, habe ich Erfolg.
4. JANUAR
Schon am Morgen war ich voller Dankbarkeit. Dafür, dass ich lebte. In mein Tagebuch schrieb ich ein paar Skizzen. Ich skizzierte etwas. Mit Buchstaben. Nicht mit Strichen. Ich war mal wieder im Element. Danach standen Alltäglichkeiten auf dem Programm: Einkaufen, Saugen und Putzen. Da ich am Wochenende erneut produzieren möchte, werde ich Samstag nicht zum Saubermachen kommen. Oder anders: ich möchte mich dann komplett auf meine Kunst einlassen. Das Einkaufen ging dank meiner Liste schnell vonstatten.
Zu Hause angekommen packte ich das Essen aus, räumte es an seinen Platz und saugte anschließend die Wohnung. Später putzte ich den Boden. Es gibt hier Stellen ohne Teppich. Ad hoc war ich dankbar dafür, dass ich kein Messie mehr bin. Um wie vieles unbeschwerter es sich putzen lässt, wenn es freie Flächen in der Wohnung gibt. Und alle Gegenstände ihren Ort haben. Herrlich. Aber an manchen Tagen brauche ich etwas mehr Disziplin, um diese Ordnung einzuhalten. Wie schnell "wachsen" doch wieder kleine Stapel. Zum Beispiel aus Papier von Geschäftsbriefen bzw. Werbeprospekten. Oder es entstehen Kleiderhügel. Auf Sesseln, Stühlen. Ist ein super Platz dafür. Nach dem Essen war mir danach, mich ein paar Minuten lang auszuruhen. Das tat mir sehr gut. Anschließend arbeitete ich mit meiner Filmschnittsoftware weiter.
Gedanke für Heute
Auch für das Verrichten alltäglicher Arbeiten bin ich dankbar. Sie gehören zu meinem Künstlerleben.
5. JANUAR
Als kreative Menschen nutzen wir alle unsere Sinne auf eine besondere Weise und wissen darum, dass es Möglichkeiten gibt, verschiedene Kanäle anzusprechen, um künstlerisch aktiv zu bleiben.
Musik kann dazu beitragen, unsere emotional-spirituelle Energie in eine positive Richtung zu fördern. Manche lieben es, Serenaden zu hören während sie malen. Andere wiederum bevorzugen Discotitel oder einen romantischen, langsamen Walzer, um sich energetisch in eine gute Schwingung zu bringen.
Einige von uns können Flöte, Mundharmonika oder Gitarre spielen und bevorzugen es, sich selbst mit wohlklingenden Tönen zu begleiten. Ob Volksweise oder ein Popkonzert, Musik kann uns dem Alltag für ein paar Stunden entheben und uns in eine andere Welt führen. Gelegentlich erinnern uns Harmonien an vergangene Zeiten, führen uns an bestimmte Ereignisse in unserem Leben, öffnen unser Herz in besonderer Weise. Glück, Freude, Trauer, aber auch neue, kreative Ideen können uns begegnen.
Wir können Musik ganz bewusst kontrolliert einsetzen, um vergangene Bilder in uns zu sehen, die scheinbar verschüttet schienen. Benutzen wir einen Kopfhörer dazu, haben wir einen noch engeren Kontakt zu dem Gehörten und schotten uns mehr von äußeren Einflüssen ab.
Gedanke für Heute
Ich möchte Musik als Schreibunterstützung einsetzen und damit experimentieren.
6. JANUAR
Oft haben wir schon als Kind erfahren, dass Ereignisse keine Beständigkeit haben. Mancher von uns hatte glückliche Augenblicke, zuweilen erlebten wir traurige Momente, aber immer Wandel. Dieses Erleben setzte sich in der Jugend fort.
Und auch als Erwachsene geht es uns nicht anders. Im Laufe unseres Daseins widerfuhren uns Wechselfälle des Lebens: Umbruchphasen, Veränderungen.
Sei es nun in unseren Beziehungen, während der künstlerischen Entwicklung, am Arbeitsplatz oder was unser Zuhause angeht. Wir leben die Gegenwart, erfahren manchmal glückliche Begebenheiten – kennen Schwebezustände des emotionalen und existenziellen Nicht-genau-Wissens – aber auch Trauer.
Es ist eine biologische Gesetzmäßigkeit, dass wir uns entwickeln, Lebenserfahrungen sammeln. Wie bei einem Kokon legen wir das Alte ab und orientieren uns nach etwas Neuem, wobei mancher Kokon ein Meilenstein für uns ist. Oder ein Stein in der Mauer unseres Künstlerschlosses, das wir Schritt für Schritt bauen.
Unser Künstlerdasein besteht nicht mehr ausschließlich als Vision, sondern wir haben ein Fundament unter unser Luftschloss gebaut und wohnen in unserem Künstlerhaus. Vor allem emotional.
Gedanke für Heute
Jedes künstlerische Projekt war ein wichtiger Meilenstein auf unserem Weg und wir schließen es als Lebenserfahrung ab. Ob es ein so genannter Misserfolg oder Erfolg war.
7. JANUAR
Mancher Mensch denkt, ein Gemälde, ein Kinofilm oder ein Roman entstehe an einem Tag. Dass für diese Kunstprodukterstellung einige Tage, manchmal Jahrzehnte vonnöten waren, machen sich nur wenige Menschen klar.
Schritt für Schritt, Stunde um Stunde, Tag für Tag kommen wir Künstler der Fertigstellung unseres Produkts näher. Und wir erleben dabei viele innere Prozesse. Momente von Energie und Ausgeglichenheit. Momente der Freude, des Glücks. Aber auch Augenblicke des Stillstands, des nicht Weitergehens, des Zweifelns.
Rechnen wir die Schaltjahre mit, haben wir pro Jahr 366 Tage Zeit, unserer kreativen Tätigkeit nachzugehen. Das klingt viel, denn: Was kann ein Mensch innerhalb eines Jahres alles tun? Oder: Was kann er alles unterlassen?
Pro Tag haben wir 24 Stunden Zeit. Wichtig für die Erstellung eines Kunstprodukts ist, dass wir jeweils pro Tag eine kreative Handlung ausüben. Das kann das Schreiben von Tagesseiten sein oder auch das 60-minütige Arbeiten an einer Kurzgesichte. Entscheidend ist die Kontinuität.
Da Künstler sich selbst eine 24-Stunden-Struktur geben müssen, gehören diese täglichen, einzelnen Arbeitsschritte mit auf unsere Aufgabenliste, die wir für uns erstellen sollten.
Mit dieser Liste verpflichten wir uns für unseren Weg und folgen damit einem Tag nach dem anderen – inklusiver kreativer Tätigkeit.
Gedanke für Heute
Tag für Tag komme ich meinem Selbst näher.
8. JANUAR
Es gibt unterschiedlich...