Negotius
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Dimensionen der Verhandlungsführung

  1. 128 Seiten
  2. German
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Negotius

Dimensionen der Verhandlungsführung

Über dieses Buch

Negotius ist ein Buch, das die grundlegenden Dynamiken der Kunst des Verhandelns offenlegt. Dieses Buch ist von einem Praktiker, einem Shadow Negotiator, geschrieben, der über viele Jahre hinweg schwierige Verhandlungsfälle zum Erfolg geführt hat. In diesem Buch öffnet der Experte seine Trickkiste und zeigt nicht nur, wie Verhandlungen vorbereitet und durchgeführt werden, sondern auch, wie das Kräftespiel auf unterschiedlichen Ebenen der Verhandlungswelt funktioniert.

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Information

Globus ohne Europa

Eine Analyse der Brexit-Verhandlung - Juni 2017
Um Verhandlungen zu verstehen, muss man die Verhandlungslandschaft, die Akteure und ihre Motive sowie die Machtgeflechte, denen sie ausgesetzt sind, verstehen. Dies ist umso schwieriger, wenn es sich um einen monumentalen Fall wie die Brexit-Verhandlung handelt.
Wer sind die Akteure und welche Rolle spielen sie in der Verhandlung?
Starten wir mit der Klärung dieser Frage.
Auf der einen Seite haben wir die aktuelle britische Regierung als Entscheidungsträger im eigenen Feld. Zugleich auch das britische Volk als entscheidungsbeeinflussende Instanz, die durch ein Referendum in die entscheidungstragende Rolle hineingedrängt wurde. Auf der anderen Seite steht die EU als entscheidungstragende Instanz und die EU-Mitgliedstaaten sind entscheidungsbeeinflussend.
Selbstverständlich kann man dieses Bild weiter spezifizieren, aber das würde die Analyse eher komplizieren als sie zu vereinfachen.
Wie sind die Motive der Akteure? Und welche strategischtaktische Wirkung haben sie?
Um die Motive der Briten zu verstehen, ob nun der Regierung oder des Volks, müssen wir ihre Historie verstehen. „Great Britain“ war von etwa 1815 bis zum Ersten Weltkrieg eine global führende Nation. Die Führung basierte auf Handel, Entdeckungen, Eroberungen und damit zugleich auch auf der militärischen Übermacht, insbesondere durch das Beherrschen der Weltmeere. Darüber hinaus fußte das Imperium auf der Superiorität der britischen Werte. Hiermit sind die kulturellen Werte gemeint und dies ist ein sehr wichtiger Punkt. Denn deren Dominanz war eine der Hauptsäulen des imperialen Überlegenheitsanspruches des Vereinigten Königreichs.
Spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg ist zwar die globale Führung von den Amerikanern übernommen worden. Aber die Wertevorstellung der Briten hat sich dieser Tatsache nicht gänzlich angepasst. Nur so lässt es sich auch verstehen, warum bei dem EU-Mitgliedschaftsreferendum die jüngeren Briten tendenziell für die EU-Mitgliedschaft und die älteren mehrheitlich dagegen votiert haben.
Nun kommen wir den Motiven der Briten bei der vorliegenden Bataille gegen die EU näher: Im Kontext des Gesamttauziehens mit der EU ist es für sie von Bedeutung, die Haltung umzusetzen, die dieses Volk mehrheitlich historisch verinnerlicht hat, nämlich die Erlangung der Hoheitsgewalt. Eine Instanz mit einer solchen Haltung integriert sich nicht in andere Systeme, da dies den Verlust des eigenen Hoheitsanspruches impliziert. Und integriert waren die Briten in der EU nie. Sie wollten das nicht. Aus diesem Grund haben sie sich auch der Währungsunion nie angeschlossen, da ihre Motivlage dies nicht erlaubte. Eine britische EU-Mitgliedschaft wäre somit nur dann reibungslos verlaufen, wenn sie die Führerschaft hätte übernehmen können. Das wäre im Einklang mit der Motivlage. Bei diesem Ziel macht den Briten aber die deutsch-französische Allianz einen Strich durch die Rechnung. Solange diese stabil bleibt, wird Großbritannien sein wahres und zugleich verdecktes Verhandlungsziel, die Führerschaft zu erlangen, nicht erreichen können.
Ergänzend sollte hierzu erwähnt werden, dass bei der Deutung der Motive von Nationen stets die Mehrheit in Betracht gezogen wird. Diese Mehrheit fiel allerdings bei dem EU-Mitgliedschaftsreferendum mit einem kleinen Vorsprung für den Brexit aus. Über 48,1 Prozent der Briten waren für einen Verbleib in der EU. Die Motivlage dieser Gruppe ist gewiss anders als die der Brexit-Befürworter. Der Teil der Bevölkerung, der für den Verbleib in der EU gestimmt hat, sieht die EU als eine global agierende Einheit und möchte ein Teil davon sein. Die imperialen Ansprüche sind hierbei zweitrangig.
Vorerst hat die britische Regierung die Stimme der Mehrheit als einzige Triebkraft gedeutet und übernommen. Deren Motivlage determiniert auch die Verhandlungsführung der Regierung bei dem Tauziehen um den Brexit. Das bedeutet, die britische Regierung möchte die EU verlassen, um eine globale Macht zu „bleiben“, so ist ihre Vorstellung. Ob die Rechnung auch so aufgeht und ob man überhaupt noch eine globale Macht ist, ist eine andere Frage. Und natürlich gehört zum Anspruch einer globalen Macht, dass man selbst über die eigenen Grenzen entscheidet sowie darüber, wer diese überschreitet und wer nicht. Dass man natürlich selbst die eigenen Gesetze verabschiedet und sich nur der eigenen Gerichtsbarkeit unterwirft, nicht etwa den Regeln und Gesetzen einer anderen „Gruppe“. All das sind Grundvoraussetzungen für die angestrebte globale Positionierung.
Abschließend sollte zu der Motivdeutung erwähnt werden, dass die Triebkräfte von Personen und Nationen sich ändern können, wenn die Schmerzen stark genug geworden sind. Im vorliegenden Fall heißt das, dass man umdenken wird, sofern die Nachteile eines EU-Austritts überwiegen. Das ist aber ein Prozess und kann lange dauern. Es sei denn, es geschehen bedeutende Umwälzungen.
Wie sind nun die Triebkräfte der EU zu deuten? Und welche strategisch-taktische Wirkung haben sie?
Die Motive der EU als Verhandlungsinstanz zu deuten ist sicher einfacher, da die treibenden Kräfte in diesem Fall nicht verdeckt sind. Das Hauptmotiv der EU ist Stabilität. Hieraus lässt sich ihre Haltung sehr leicht ableiten und erläutern. Sie muss die Win-lose-Strategie anvisieren. Sollte Großbritannien als „Winner“ aus der EU austreten und selbst bei einem Winwin, würde es die EU destabilisieren. Ganz klar schafft dies eine positive Referenz für potentielle Nachfolger. Aus diesem Grund muss aus der Sicht der EU Großbritannien bei der Brexit-Verhandlung nicht nur kurzfristig, in der Darstellung nach außen, als Verlierer das Feld verlassen, sondern auch faktisch, langfristig. Alles andere widerstrebt den wahren Verhandlungszielen und -erfordernissen der Europäischen Union.
Die Frage stellt sich, ob bei einer Win-lose-Strategie die Teilschritte zum Ziel, also die Taktiken, auch win-lose-orientiert sein müssen. Wie bereits im Kapitel „Verhandlungsvorbereitung“ erläutert, ist die Antwort nein. Es ist denkbar, einen Win-lose anzuvisieren und die ersten, operativen Schritte als Win-win zu planen, um den Verhandlungspartner in Sicherheit zu wiegen oder zumindest keine schlafenden Hunde zu wecken. Hierzu hat sich weder die EU noch Großbritannien entschlossen.
Beide Seiten haben nicht nur strategisch, sondern auch operativ-taktisch die Verhandlung hochkonfrontativ gestartet. Auch die Auswahl eines französischen Verhandlungsführers der EU-Kommission, Michel Barnier, ist hierbei als Teil der Verhandlung zu verstehen. Die Botschaft an die Briten ist hierbei ganz klar.
Man meint, der nächste Schritt bei der Brexit-Verhandlung wäre die Klärung der Positionen. Weit gefehlt. Die wichtigste Ebene der Verhandlung bei politischen Verhandlungen ist oft die Meta-Ebene. Die Klärung der Agenda ist, wie bereits im Kapitel „Die Agenda“ erläutert, ein wichtiger Teil der Verhandlung: worüber verhandelt wird, in welcher Reihenfolge und über welchen Zeitraum hinweg. Diese Themen sind sehr wichtige Verhandlungsaspekte, die insbesondere auf der politischen Bühne energisch erkämpft und determiniert werden müssen. Die EU möchte den Brexit vor einem Freihandelsabkommen regeln. Die Briten wollen die umgekehrte Chronologie. An dieser Stelle wäre die EU gut beraten, beharrlich bei der eigenen Position zu bleiben und auf jeden Fall nicht nur die Agendapunkte, sondern auch, wie im genannten Beispiel, deren Chronologie zu bestimmen.
Die Zeitachse ist ein weiterer Verhandlungsaspekt. Bei der Brexit-Verhandlung spielt die Zeit in der Gesamtbetrachtung eher gegen die Briten, da deren Ausscheiden ohne klare Rahmenbedingungen zwar für beide Verhandlungspartner schlecht wäre, aber mehr noch für die Briten. Die EU sollte diesen Vorteil nutzen.
Wie ist das Machtverhältnis?
Die nächste Verhandlungsebene, die analysiert werden sollte, ist die Machtebene.
Das Machtverhältnis kann anhand einiger Kriterien abgeklopft und transparent dargestellt werden. Da es zu zeitraubend wäre, alle relevanten Punkte zu klären, können die wichtigsten Merkmale hierfür einmal angeschaut werden.
Ein Kriterium des Machtverhältnisses wurde bereits erläutert: die Zeitachse. Diese verläuft zu Ungunsten der Briten. Die weitere Ebene ist die der Abhängigkeiten. Politisch gesehen wird sich Großbritannien aus der Abhängigkeit lösen, da es nach einem Brexit politische Souveränität erlangt. Dies ist aber ein Pyrrhussieg. Denn der Preis hierfür ist recht hoch. Großbritannien verliert hierfür auf der wirtschaftlichen Ebene den direkten Zugang zu einem gigantischen Markt: dem EU-Binnenmarkt. Für die EU allerdings ist Großbritannien eben „nur“ ein Land. Zugegeben, ein wichtiges Land, auch ein wichtiger Markt. Aber eben kein Vergleich zum EU-Binnenmarkt. Auch an dieser Stelle sieht es für die Briten nicht gut aus.
Es bleiben einige weitere Ebenen der Betrachtung, die für das Machtverhältnis berücksichtigt werden sollten. Großbritannien hat einen international gut vernetzten Geheimdienst, der in Zeiten des potentiellen Terrors nützlich sein könnte. Ebenso arbeiten zurzeit circa 3 Millionen Personen aus der EU in Großbritannien und lediglich circa 1 Million Briten in der EU. Des Weiteren ist London immer noch die europäische Finanzhauptstadt. Dies allerdings könnte sich nach einem Brexit langfristig zu Ungunsten der Briten ändern.
Wenn all die genannten Machtdimensionen in Betracht gezogen werden, kann ein sichtbares Machtgefälle zugunsten der EU herauskristallisiert werden.
Wie ist die erste Verhandlungsphase?
Mit Äußerungen der involvierten Politikerinnen und Politiker hat die Brexit-Verhandlung schon längst begonnen. Die Aussagen sind mit der taktischen Positionierung der Instanzen verzahnt, nämlich konfrontativ. Die eine Seite, die EU, spricht von einer Summe von 60 Milliarden Euro, die die Briten ihr schulden. Die andere Seite, Großbritannien, droht mit einer Senkung der Steuern und somit der Schaffung einer Steueroase. Auch Äußerungen wie „Keine Einigung ist besser als eine schlechte Einigung“ sind gefallen. Man versucht eben, sich in der Startphase medial „stark“ zu positionieren und zugleich die Erwartungshaltung des Verhandlungspartners zu senken. Jede Seite versucht ihren Verhandlungspartner weichzuklopfen.
Ein weiterer Punkt ist die vorgezogene Parlamentswahl. „Das Land kommt zusammen, aber Westminster tut dies nicht“, sagte Theresa May im Kontext der vorgezogenen Parlamentswahl und deutete damit an, für die bevorstehenden Brexit-Verhandlungen eine Einigkeit im Parlament erzeugen zu wollen. Dabei machte May einen großen Fehler. Das Land kam nie zusammen, denn Mehrheit bedeutet nicht Einigkeit. Mit knapp 52 Prozent stimmte das Land für einen Brexit. Die restlichen 48 Prozent waren dagegen. Der Brexit spaltet Großbritannien. Die Ambivalenz liegt in der britischen Bevölkerung. Sie war sich in dieser Sache nie einig und es ist Aufgabe der Politik, dies erst einmal anzuerkennen. Ebenso ist es deren Aufgabe, die Gesamtheit der Stimmen durch Maßnahmen zu adressieren und nicht nur die der Mehrheit. Mit dem harten Brexit-Kurs tat Theresa May das nicht. Gewiss hat auch die positive Wahlprognose May dazu verleitet, die Parlamentswahl vorzuziehen. Dabei war Mays Absicht aus der Verhandlungssicht nachvollziehbar. Es ist das Einmaleins der Verhandlungsführung, ein Team mit Kohärenz in eine Verhandlung hineinschicken zu müssen. Genau diese Kohärenz wollte May erzeugen. Es ist aber auch das Einmaleins der Verhandlungswelt, die interne Verhandlung genauso mit Bedacht zu führen wie die externe. Theresa May konnte ihre hausinterne Verhandlung nicht gut führen. Sie hat sich verzockt, obwohl es zuvor Warnsignale gab: Schließlich hatte sich ihr Vorgänger, David Cameron, bereits ebenso verzockt, wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen. May hatte aber im Vergleich zu Cameron zusätzliche Indikatoren zur Hand, da sie das knappe Ergebnis des EU-Mitgliedschaftsreferendums kannte und auch über die Volatilität der heutigen Politik Bescheid wusste.
Wie geht es weiter?
Fakt ist, dass ein gigantischer Berg an Themen beim Brexit angepackt und verhandelt werden muss, wie die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien und der Briten in der EU, neue Wirtschaftsbeziehungen, ein neuer rechtlicher Rahmen und weitere Verhandlungsfelder. In diesem Zusammenhang müssen die Verhandlungspartner schon längst, im Rahmen der Verhandlungsvorbereitung, ihre Minimum- und Maximumpositionen geklärt haben, um bei den anstehenden Gesprächen einen passenden Einstieg zu finden, und auch ganz genau wissen, wo die jeweiligen Ausstiegspunkte sind. Dienlich ist auch die proaktive Entwicklung von Einigungspaketen und Optionen, die vom Verhandlungspartner angenommen werden könnten.
All das wird nun, nach der Parlamentswahl, insgesamt, vorwiegend aber für das britische Team, schwieriger. Hierfür gibt es Gründe. Erstens ist inzwischen der Ruf nach einem weichen Brexit in Großbritannien recht laut. Ein weicher Brexit bedeutet mehr Integration in die EU. Dies wird aber die EU nicht ohne Weiteres zulassen wollen. Wenn man berücksichtigt, dass sie bei diesem Thema am längeren Hebel sitzt, da sie, wie bereits erläutert, mehr Macht hat, lässt es sich leicht ableiten, welche Wirkung dies auf die Brexit-Verhandlungen haben wird. Dem versucht May bereits zuvorzukommen, indem sie sich weiterhin zur Fortführung ihres Kurses, nämlich des harten Brexits, bekennt. Ob sie diese Linie durchhält, hängt von aktuellen Verhandlungen mit der ultrakonservativen DUP über das Regierungsbündnis ab. Darüber hinaus wird sich May von jetzt an bei jedem Positionsbezug in Brüssel fragen müssen, ob er zu Hause mehrheitsfähig sei.
May hat ein inkohärentes „Team“ und eine labile Position für die anstehenden Brexit-Verhandlungen. Solche Rahmenbedingungen führen in der Regel dazu, dass der Verhandler eher kompromissbereit wird. In der politischen Umgebung ist dies allerdings oft umgekehrt. Da in der Politik nie nur um den Sachverhalt, sondern immer auch um die Gunst der eigenen Partei und die der Wähler mitverhandelt wird, führen die genannten Rahmenbedingungen dazu, dass der Verhandler weniger Kompromissbereitschaft zeigt, um den hausinternen Kräften ebenso Rechnung tragen zu können. Geschwächte Verhandlungspartner sind somit nicht immer einfachere Verhandlungspartner.
Der EU-Chefunterhändler, Michel Barnier, hat bereits angedeutet, dass er die Verhandlungen zeitig starten möchte. Dieser Hinweis könnte ein rhetorisches Manöver sein. Denn aus der Verhandlungssicht spielt die Zeitachse für die EU. Weiterhin sagte Barnier: „Ich brauche auf der anderen Seite des Tisches eine britische Delegation mit einem Delegationsleiter, der stabil, verantwortlich und mit einem Mandat ausgestattet ist.“ Diese Aussage Barniers ist eine klare, nachvollziehbare Forderung, hat aber zugleich das Potential eines Seitenhiebs.
Es ist recht schwierig, aus diesem kolossalen Verhandlungsfall keinen Lose-lose-Case werden zu lassen. Ein nichtglobales Großbritannien und eine destabilisierte EU könnten im Worst-Case aus der Brexit-Verhandlung hervorgehen. Das Dilemma liegt in der Aussichtslosigkeit eines Win-wins. Und all diese Konstellationen können kurz- oder langfristig unterschiedlich ausfallen. In diesem Zusammenhang sind Aussagen wie die des französischen Präsidenten Macron dienlich, der darauf hinwies, dass die „Tür für den Verbleib in der EU“ offen bliebe. Eine solche Aussage gibt den Briten die Chance, eine Kehrtwende einzuleiten, ohne einen kompletten Gesichtsverlust zu erleiden.
Eine Verhandlungsprognose für den Brexit zu treffen ist und bleibt schwierig. Sollten allerdings die vorliegenden Machtverhältnisse die Verhandlung vorrangig bestimmen, wird Großbritannien den Anschluss an Europa verlieren. Damit sind auch jegliche globalen Pläne obsolet. Es ist trivial, dies zu erwähnen, aber der Globus ohne Europa ist nicht global. Ob die EU dann langfristig stabil bleibt, ist eine Frage, deren Antwort nicht nur vom Ausgang der Brexit-Verhandlung abhängt.
  • Analysiere komplexe Verhandlungsfälle zuerst aus der Meta-Sicht.
  • Mehrschichtige V...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Hinweis
  3. Motto
  4. Verhandlungsmanagement
  5. Die Wirkung von Argumenten
  6. Rangordnung
  7. Motivdeutung
  8. Macht
  9. Innerer Zustand
  10. Die Agenda
  11. Verhandlungsvorbereitung
  12. Trennung von Person und Sachverhalt
  13. Win-win als Wagnis
  14. Umgang mit der Angst bei einer Verhandlung
  15. Verhandeln mit sich selbst
  16. Angst vor Erfolg
  17. Der Wegweiser
  18. Solides Taktieren
  19. Ein mächtiges Instrument
  20. Gewieft verhandeln
  21. Satelliten-Verhandlungen
  22. Multilaterale Verhandlungen
  23. M&A-Verhandlungen
  24. Die höchste Liga der Verhandlungsführung
  25. Verhandeln in Extremsituationen
  26. Schocktherapie!
  27. Macron
  28. Globus ohne Europa
  29. Das mündige Volk
  30. Literaturverzeichnis
  31. Impressum