VI. Gewährleistung
Jeder, der eine Weile mit Katzen zusammengelebt hat, weiß, daß sie unendlich viel Geduld mit den Grenzen des menschlichen Verstandes haben.
Cleveland Amors
1. Gewährleistung – Garantie - Produkthaftung
Die Begriffe "Gewährleistung", "Garantie" und "Produkthaftung" spielen im Kaufrecht eine große Rolle. Jedoch werden sie vom normal Denkenden und verständlich Redenden immer wieder verwechselt, falsch verstanden oder nicht richtig angewendet.
a) Garantie
Die Garantie ist eine freiwillige Erklärung des Verkäufers, die dazu dient, das Vertrauen des Kunden in das Produkt oder die Herstellerfirma zu stärken. Die Garantie ist also eine freiwillige Selbstverpflichtung des Händlers oder Herstellers, die über die gesetzlichen Pflichten hinaus geht.
Garantieansprüche bestehen unabhängig von gesetzlichen Mängelansprüchen. Garantien werden daher oft auf bestimmte Teilbereiche beschränkt, da der Verbraucher durch seine gesetzlichen Gewährleistungsrechte ausreichend geschützt ist.
Die während der Garantiedauer auftretenden Sachmängel begründen einen Anspruch gegen den Garantiegeber289. Art und Umfang des Anspruchs richten sich nach dem Inhalt der Garantieerklärung und sind unabhängig vom Verschulden290. Die Beschaffenheitsgarantie (z. B. Zuchttauglichkeit) führt zu einem vertraglichen Erfüllungsanspruch. Dieser verjährt nach drei Jahren (§ 195 BGB)291.
Die Verjährung des Anspruchs aus der Garantie ist zu unterscheiden von der Garantiefrist und der Verjährungsfrist für Ansprüche aus der gesetzlichen Gewährleistung. Die Garantiefrist ist der Zeitraum, für den der Verkäufer die Garantie übernimmt. Sie kann kürzer oder länger als die Gewährleistungsfrist sein. Die Verjährungsfrist für den Anspruch auf die Garantieleistung läuft unabhängig von der Garantiefrist und beginnt für die von der Garantie erfaßten Mängel grundsätzlich erst mit der Entdeckung des Mangels292. Sie bleibt gehemmt, bis der Mangel beseitigt ist293.
b) Gewährleistung
Gewährleistungsansprüche ergeben sich aus dem Gesetz. Anders als Garantieansprüche bestehen sie auch dann, wenn der Kaufvertrag keine Regelungen zur Gewährleistung enthält. Der Verkäufer haftet grundsätzlich für alle Mängel, die zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs bestanden. Darunter fallen auch sog. versteckte Mängel, die bereits vorhanden waren, jedoch erst später entdeckt wurden.
c) Produkthaftung
Bei der Gewährleistung bestehen Ansprüche gegenüber dem Verkäufer. Sie betreffen die mangelbedingt eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit der Sache. Die Produkthaftung hingegen greift ein, wenn durch die Mangelhaftigkeit über den eigentlichen Sachmangel hinaus Schäden an Leben, Gesundheit, Eigentum und weiteren Rechtsgütern entstanden sind. In diesem Fall bestehen Ansprüche direkt gegen den Hersteller.
Im Folgenden geht es um die gesetzliche Gewährleistung im Kaufrecht. Seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2002 unterfällt der Tierkauf den allgemeinen Mängelgewährleistungsregelungen des Kaufrechts294. Sonderregelungen für Tiere bestehen nicht mehr. Liegt ein Verbrauchsgüterkauf vor, dann sind nach § 90 a Abs. 3 BGB die §§ 474 ff BGB entsprechend anzuwenden295.
2. Falschlieferung (aliud)
Wenn der Verkäufer eine andere als die vereinbarte Katze (aliud) geliefert hat, muß der Käufer die „falsche“ Katze nach § 812 BGB an den Verkäufer zurückgeben296 und der Verkäufer die „richtige“ Katze liefern297. Das soll jedenfalls dann gelten, wenn der Verkäufer die Leistungsbestimmung nach § 119 BGB angefochten hat298. Der Käufer hat kein Recht, die „falsche“ Katze zu behalten, weil er sie nicht gekauft hat299. Der Verkäufer kann die „falsche“ Katze aber dann nicht zurückfordern, wenn er sie bewußt ausgewählt und dem Käufer übergeben hat (§ 814 BGB). Eine nachträgliche Änderung des Kaufvertrages bleibt jedoch möglich300. Der Käufer kann also die „falsche“ Katze als Vertragserfüllung akzeptieren. In diesem Fall entfällt der Primäranspruch aus § 433 Abs. 1 BGB301.
3. der Begriff des Sachmangels
a) Grundlagen
Eine Katze ist mangelhaft, wenn sie bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat (§ 434 Abs. S. 1 BGB) oder, soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart wurde, sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 S. 2 Ziff. 1 BGB) oder ihr eine übliche Eigenschaft fehlt (§ 434 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 BGB) oder der Verkäufer eine andere als die vereinbarte Katze liefert (§ 434 Abs. 3 BGB).
Ein Mangel liegt auch vor, wenn die Katze nicht so beschaffen ist, wie der Verkäufer das Tier in öffentlichen Äußerungen beschrieben hat (§ 434 Abs. 1 S. 3 BGB), z. B. in Zeitungsanzeigen302, Werbespots303, Verkaufsprospekten304, auf seiner Website305, auf Verkaufsportalen im Internet306, in Flyern, die er auf Messen und Ausstellungen verteilt307, und in mündlichen Erklärungen, die er im Rahmen einer Verkaufsveranstaltung abgibt308. Angaben des Verkäufers zu physischen und psychischen Qualitäten des Tieres oder über die Trächtigkeit begründen Beschaffenheitsvereinbarungen309.
Ein Mangel liegt nur dann nicht vor, wenn dem Käufer die Abweichung der tatsächlichen Eigenschaft von der angepriesenen oder vereinbarten Eigenschaft bekannt ist oder die Eigenschaftsbeschreibung für seinen Kaufentschluß nicht maßgeblich war.
Nach dem neuen Recht soll der Käufer die Möglichkeit haben, schon bei unerheblichen bzw. geringfügigen Mängeln Ansprüche geltend zu machen310. Die Interessen des Verkäufers werden dadurch gewahrt, daß der Käufer bei geringfügigen Mängeln nicht vom Kaufvertrag zurücktreten und keinen Schadensersatz statt Leistung fordern, sondern lediglich den Kaufpreis mindern kann311.
b) Einzelfälle
aa) Katzenrasse
Zur Beschaffenheit einer Katze gemäß §§ 90 a, 433 und 434 BGB gehört auch die im Kaufvertrag vereinbarte Katzenrasse bzw. Abstammung312. Die Abstammung und Rasse eines Tieres stellt eine Eigenschaft im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB dar, denn sie ist ein dem Tier dauerhaft anhaftendes Merkmal, welches für seinen Wert und seinen vertragsgemäßen Gebrauch von erheblicher Bedeutung ist313.
Die Dokumentation der Abstammung ist untrennbar mit dem Tier verbunden, denn sie beeinflußt nicht nur wesentlich seinen Wert (der Verkehrswert ohne Abstammungsnachweis ist geringer), sondern erleichtert auch die Einschätzun...