
- 60 Seiten
- German
- ePUB (handyfreundlich)
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eBook - ePub
Martin Paz
Über dieses Buch
"Martin Paz" ist eine Kurzgeschichte des französischen Autors Jules Verne. Sie erschien im August 1852 in französischer Sprache unter dem Titel "L'Amérique du Sud. Moeurs péruviennes. Martin Paz, nouvelle historique in Musée des familles". Später wurde die Kurzgeschichte als Anhang des Romans "Der Chancellor" ("Le Chancellor") unter dem Namen "Martin Paz" am 1. Februar 1875 bei Pierre-Jules Hetzel in Paris veröffentlicht.
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Information
IV.
Jeder Andere, als Martin Paz, wäre wohl in den Fluthen der Rimac umgekommen. Um dem Tode zu entgehen, bedurfte es seiner ganz außergewöhnlichen Körperkraft, seines unbesiegbaren Willens und vorzüglich des kalten Blutes, das ein Privilegium der freien Indianer der Neuen Welt zu sein scheint.
Martin Paz wußte recht gut, daß die Soldaten alles aufbieten würden, um ihn unterhalb der Brücke, wo der Strom fast nicht zu passiren war, abzufangen, doch es gelang ihm, alle Hindernisse siegreich zu überwinden. Weiter stromaufwärts bot ihm das Wasser weniger Schwierigkeiten, und er vermochte, noch bevor Jemand dahin kam, das Ufer zu erreichen, wo er sich zunächst hinter einem Magnolienbusche verbarg.
Doch was nun beginnen? Die Soldaten konnten sich ja wohl anders besinnen und auch am Flusse stromaufwärts nachsuchen. Martin Paz wäre dann ganz sicher ergriffen worden. Schnell entschlossen kam ihm der Gedanke, nach der Stadt zurückzukehren und sich dort irgendwo zu verbergen.
Um etwaigen Eingeborenen, die sich verspätet hatten, ausweichen zu können, wählte er eine der breitesten Straßen. Doch überall schien es ihm, als ob man ihm auflaure. Er durfte nicht zaudern. Da zeigte sich seinen Blicken ein glänzend erleuchtetes Haus; noch stand der Thorweg desselben weit offen, durch den die Equipagen rasselten, welche die Spitzen der spanischen Aristokratie wieder nach Hause führten.
Ungesehen schlüpfte Martin Paz in das Haus hinein, dessen Pforten sich sehr bald hinter ihm schlossen. Ohne weiter zu überlegen, eilte er eine Treppe von Cedernholz, deren Wände mit kostbaren Tapeten geschmückt waren, hinauf; die Salons des Hauses glänzten noch in einem Lichtmeere, waren aber vollkommen menschenleer; mit der Schnelligkeit eines Blitzes durchlief er dieselben und verbarg sich endlich in einem dunkleren Zimmer.
Bald erloschen die letzten Lichter, und ein tiefes Schweigen senkte sich über das Haus.
Martin Paz bemühte sich nun, seine Umgebung kennen zu lernen. Die Fenster dieses Zimmers öffneten sich nach einem inneren Garten; von hier aus erschien ihm eine Flucht ausführbar, und eben wollte er sich hinaus schwingen, als er hinter sich die Worte hörte:
»Senor, Ihr habt vergessen, die Diamanten zu stehlen, die ich auf diesem Tische zurückgelassen hatte!«
Martin Paz wendete sich um. Ein Mann von stolzem Aussehen wies mit dem Finger nach einem Schmuckkästchen.
Tief gekränkt näherte sich der Indianer dem Spanier, der eine unerschütterliche Ruhe bewahrte, zog seinen Dolch, den er gegen sich selber kehrte, und erwiderte:
»Senor, wenn Sie diese Worte wiederholen, so tödte ich mich vor Ihren Augen!«
Der erstaunte Spanier betrachtete den Eindringling genauer und fühlte in seinem Herzen eine Art Sympathie für Jenen erwachen. Er ging nach dem Fenster, schloß dieses geräuschlos und wendete sich wieder zu dem Indianer, dessen Dolch zur Erde gefallen war.
»Wer sind Sie?« fragte er.
– Der Indianer Martin Paz ... Ich bin von Soldaten verfolgt, weil ich mich gegen einen Mestizen, der mich angriff, wehrte und ihn mit einem Dolchstoße niederwarf. Jener Mestize ist der Verlobte eines Mädchens, das ich liebe. Und jetzt, Señor, können Sie mich meinen Feinden ausliefern, wenn es Ihnen gut dünkt!
– Herr, erwiderte einfach der Spanier, morgen reise ich nach den Bädern von Chorillos. Ist es Ihnen recht, mich zu begleiten, so werden Sie augenblicklich vor jeder Verfolgung gesichert sein und sich niemals über die Gastfreundschaft des Marquis Don Vegal zu beklagen haben!«
Martin Paz verbeugte sich kühl.
»Bis morgen können Sie wohl auf diesem Ruhebette übernachten, fuhr Don Vegal fort. Kein Mensch wird Ihre Zuflucht verrathen.«
Der Spanier verließ das Gemach und den Indianer in seiner Erregung über solch edelmüthiges Zutrauen; dann aber legte sich Martin Paz im Vertrauen auf den Schutz des Marquis nieder und schlief sorgenlos ein.
Am anderen Tage traf der Marquis mit Sonnenaufgang die letzten Anordnungen zu seiner Abreise und ließ den Juden Samuel zu sich rufen; vorher jedoch begab er sich nach der Frühmesse.
Es war das eine von der gesammten peruanischen Aristokratie beobachtete Gewohnheit. Von der Zeit seiner Gründung an war Lima eine wesentlich katholische Stadt; außer ihren zahlreichen Kirchen besaß sie noch zweiundzwanzig Convente, siebenzehn Klöster und vier Asyle für Frauen, welche kein Gelübde ablegten. Zu jeder dieser Anstalten gehörte eine Capelle, so daß in Lima mehr als hundert dem Gottesdienste gewidmete Gebäude vorhanden waren, in denen achthundert Weltgeistliche oder Ordensbrüder und dreihundert Klosterfrauen, Laienbrüder und Schwestern den heiligen Handlungen oblagen.
Als Don Vegal Santa-Anna betrat, bemerkte er ein betendes und in Thränen schwimmendes Mädchen auf den Knieen liegen. Nicht ohne Rührung vermochte der Marquis ihren Schmerz zu sehen, und wollte eben einige wohlwollende Worte an sie richten, als der Pater Joachim dazu kam und ihm mit leiser Stimme zuflüsterte:
»Don Vegal, um Gottes Barmherzigkeit willen, nähern Sie sich ihr nicht!«
Dann winkte der Priester Sarah, die ihm in eine halbdunkle und verlassene Capelle folgte.
Don Vegal begab sich nach dem Altare und hörte andächtig die Messe; als er zurückkehrte, dachte er unwillkürlich an jenes junge Mädchen, deren Bild sich ihm tief eingeprägt hatte.
Im Salon fand der Marquis den Juden Samuel, der auf seine Veranlassung gekommen war. Samuel schien die Ereignisse der Nacht vergessen zu haben. Die Hoffnung auf Gewinn belebte seine Züge.
»Was wünschen Ew. Gnaden? fragte er den Spanier.
– Ich brauche binnen einer Stunde 30,000 Piaster.
– Dreißigtausend Piaster! ... Wer hat so viel im Besitz? ... Beim heiligen König David, Señor, ich bin mehr in Verlegenheit, diese aufzutreiben, als Euer Gnaden das wohl glauben.
– Hier sind einige Schmuckkästchen von hohem Werthe, fuhr Don Vegal fort, ohne sich um die Einrede des Juden zu kümmern. Außerdem verkaufe ich Euch zu billigem Preise ein tüchtiges Stück Land bei Cusco ...
– O, Señor! rief der Jude, die Ländereien richten uns noch zu Grunde. Es fehlen die Hände, sie zu bebauen. Die Indianer ziehen sich in die Berge zurück, und die Ernten bezahlen kaum die darauf verwendeten Kosten.
– Wie hoch schätzt Ihr diese Diamanten?« fragte der Marquis.
Samuel zog eine kleine Juwelenwage aus der Tasche und wog die Edelsteine mit peinlichster Genauigkeit. Dazwischen sprach er, seiner Gewohnheit gemäß, halblaut vor sich hin und berechnete den Werth des Pfandes weit unter dem wirklichen Werthe.
»Diamanten! ... Schlechte Kapitalanlage! ... Was bringen sie ein? ... Da thut man besser, sein Geld zu vergraben! ... Wollen Sie bemerken, Señor, daß dieser hier nicht von tadellos reinem Wasser ist ... Wissen Sie auch, daß es mir unmöglich ist, diese kostbaren Geschmeide einigermaßen vortheilhaft an den Mann zu bringen? Ich muß sie bis nach den Vereinigten Staaten senden. Die Amerikaner nehmen sie mir wohl ab, doch nur, um sie den Söhnen Albions wieder zu verkaufen. Sie verlangen mit Recht hohe Commissionsgebühren, welche natürlich mir zur Last fallen ... Ich denke, mit 10,000 Piaster werden Ew. Gnaden hierfür zufrieden sein! ... Ich weiß, es ist wenig, aber ...
– Habe ich schon gesagt, fiel der Spanier mit verächtlicher Miene ein, daß mir 10,000 Piaster nicht genügten?
– Señor, ich könnte auch keinen halben Realen mehr darauf legen.
– Nehmt die Juwelen und stellt mir sofort die Summe zu. Um die 30,000 Piaster, die ich brauche, voll zu machen, nehmt Ihr eine Hypothek auf dieses Haus ... Erscheint sie Euch gesichert?
– Ah, Señor, in dieser von Erdbeben so oft heimgesuchten Stadt weiß man nicht, wer da lebt oder stirbt, noch wer stehen bleibt oder fällt!«
Bei diesen Worten trat Samuel wiederholt stärker mit den Fersen auf, wie um den getäfelten Fußboden auf seine Haltbarkeit zu prüfen.
»Doch, um Ew. Gnaden zu Diensten zu sein, fuhr er fort, will ich mein Möglichstes thun, obwohl ich gerade jetzt darauf halten muß, mich nicht zu sehr auszugeben, weil ich meine Tochter eben an den Cavalier Andreas Certa verheirate ... Sie kennen diesen, Señor?
– Ich kenne ihn nicht, und ersuche Euch nur, mir die stipulirte Summe zu senden. Nehmt die Kästchen mit fort.
– Wünschen Sie einen Empfangschein?« fragte der Jude.
Don Vegal antwortete gar nicht und begab sich nach dem anstoßenden Zimmer.
»Hochmüthiger Spanier, murmelte Samuel zwischen den Zähnen, Deine Unverschämtheit werde ich Dir noch ebenso entgelten lassen, wie ich Deine Reichthümer verschlinge. Beim heiligen Salomon! Ich bin ein geschickter Mann, da meine Interessen und meine Gefühle übereinstimmen!«
Als Don Vegal den Juden verließ, fand er Martin Paz in tiefer Niedergeschlagenheit.
»Was fehlt Ihnen? fragte er theilnehmend.
– Señor, die Tochter dieses Juden ist es, die ich liebe!
– Eine Jüdin!« rief Don Vegal mit einem Gefühle des Widerstrebens, das er nicht zu bemeistern vermochte.
Doch da er den Kummer des Indianers sah, fügte er hinzu:
»Wir wollen jetzt abreisen, Freund, und darüber später reden!«
Eine halbe Stunde darauf verließ Martin Paz in fremder Kleidung und begleitet von Don Vegal, der sonst keinen seiner Leute mitnahm, die Stadt.
Die Seebäder von Chorillos liegen nur zwei Stunden von Lima entfernt. Dieses indianische Kirchspiel besitzt ein hübsches Gotteshaus und ist während der Sommersaison das Rendezvous der eleganten Welt aus Lima. Die öffentlichen Spielhäuser, welche in der Stadt untersagt sind, bleiben hier während der ganzen Badesaison geöffnet. Die Señoras geben sich dem Hazard mit unbeschreiblichem Eifer hin, und mehr als ein reicher Cavalier hat vor diesen reizenden Gegnerinnen sein Vermögen binnen einigen Nächten verschwinden sehen.
Noch war Chorillos wenig von Badegästen besucht. So konnten auch Don Vegal und Martin Paz unter Betrachtung der unendlichen Wasserflächen des Pacifischen Oceanes ruhig in einem am Meeresstrande gelegenen Sommerhäuschen wohnen.
Marquis Don Vegal, der Sproß einer der ältesten spanischen Familien Perus, sah mit seiner Person die ahnenreiche Linie, auf die er mit Recht stolz war, erlöschen. Seinem Gesichte hatten sich die Spuren tiefer Traurigkeit eingegraben. Nachdem auch er sich eine Zeit lang mit Politik beschäftigt, hatte ihn ein unaussprechlicher Widerwille gegen die ewigen, nur im Interesse einzelner ehrgeiziger Persönlichkeiten in's Werk gesetzten Revolutionen erfaßt, und er sich in eine Art Einsamkeit zurückgezogen, die nur die unausweichlichen Pflichten seiner gesellschaftlichen Stellung sehr selten u...
Inhaltsverzeichnis
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