
eBook - ePub
Hans Lembke und Rudolf Schick
Zwei Saatzüchter im Wandel der Zeiten (1919 - 1969)
- 228 Seiten
- German
- ePUB (handyfreundlich)
- Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub
Über dieses Buch
Zeithistorische Forschung und zugleich Familiengeschichte Die Historikerin Christiane Tichy schildert das Leben zweier Saatzüchter in der Weimarer Republik, im "Dritten Reich" und in der DDR. Besonders untersucht sie, wie diese in den unterschiedlichen politischen Systemen berufliche Entscheidungen getroffen haben. Für die Zeit des "Dritten Reiches" sind vor allem Familiendokumente als Quellen benutzt worden, für die Epoche der DDR konnten auch die Stasiakten der Betroffenen eingesehen werden. Das Buch erlaubt so einen Blick auf die Rolle der Landwirtschaft zwischen 1933 und 1945 und auf die Arbeitsweise der Stasi-Mitarbeiter auf dem Land, insbesondere in Mecklenburg.
Häufig gestellte Fragen
Ja, du kannst dein Abo jederzeit über den Tab Abo in deinen Kontoeinstellungen auf der Perlego-Website kündigen. Dein Abo bleibt bis zum Ende deines aktuellen Abrechnungszeitraums aktiv. Erfahre, wie du dein Abo kündigen kannst.
Derzeit stehen all unsere auf mobile Endgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Perlego bietet zwei Pläne an: Elementar and Erweitert
- Elementar ist ideal für Lernende und Interessierte, die gerne eine Vielzahl von Themen erkunden. Greife auf die Elementar-Bibliothek mit über 800.000 professionellen Titeln und Bestsellern aus den Bereichen Wirtschaft, Persönlichkeitsentwicklung und Geisteswissenschaften zu. Mit unbegrenzter Lesezeit und Standard-Vorlesefunktion.
- Erweitert: Perfekt für Fortgeschrittene Studenten und Akademiker, die uneingeschränkten Zugriff benötigen. Schalte über 1,4 Mio. Bücher in Hunderten von Fachgebieten frei. Der Erweitert-Plan enthält außerdem fortgeschrittene Funktionen wie Premium Read Aloud und Research Assistant.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja! Du kannst die Perlego-App sowohl auf iOS- als auch auf Android-Geräten verwenden, um jederzeit und überall zu lesen – sogar offline. Perfekt für den Weg zur Arbeit oder wenn du unterwegs bist.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Ja, du hast Zugang zu Hans Lembke und Rudolf Schick von Christiane Tichy im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Geschichte & Weltgeschichte. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.
Information
Zweiter Teil: 1945 bis 1969
Wie bereits in der Einleitung zu diesem Text betont, beschäftigt sich der zweite Teil im Wesentlichen mit Rudolf Schick und den Stasiakten über ihn. Deshalb konzentrieren sich die folgenden Kapitel auf die Auswertung dieser Quellen, in denen nur noch am Rande Hans Lembke vorkommt. Die Dokumente setzen im Sommer 1950 ein.
Für das wichtige Jahrfünft davor können jedoch wiederum einzelne administrative Akten des Landeshauptarchivs Schwerin und der Nachlass von Rudolf Schick herangezogen werden. Er enthält vor allem den Briefwechsel Schicks mit vielen verschiedenen Briefpartnern sowie Vorlesungsmanuskripte von Hans Lembke und Beerdigungsdokumente. Dadurch können Umstände und Details der Enteignung und der Lage Hans Lembkes im sozialistischen Staat etwas klarer werden.
Malchow bei Kriegsende: Zuflucht und Verlust
Ende Februar 1945 kam der offizielle Räumungsbefehl in Pommern für die Evakuierung der Bevölkerung, und die sechs Kinder der Schicks, die Großmutter, Hausangestellte, Fahrer usw. und die wichtigsten Dokumente und Gegenstände, unter anderem Säcke voller Saatgut, wurden auf Wagen geladen und gen Westen transportiert. Über diese Flucht gibt es die Aufzeichnungen der ältesten Tochter Eva, damals knapp 10 Jahre alt. Rudolf Schick selbst und seine Frau Hanna verließen Neu-Buslar Anfang März. Die Familie traf sich in Malchow wieder. Dort lebten bereits die Tochter Gertrud mit zwei, Schwiegertochter Leni mit drei Kindern, jetzt kamen die sechs Kinder von Hanna und Rudolf dazu, die älteste Enkelin war zehn Jahre, der jüngste Enkel erst wenige Wochen alt. Malchow wurde also der Zufluchtsort von immer mehr Familienmitgliedern, denn es bot in einer chaotischen Zeit wenigstens etwas Sicherheit, was vor allem die Ernährung betraf. Wie viele Deutsche mussten auch die Malchower die russische Besatzung über sich ergehen lassen. Man kann aber – wenn die Berichte nicht zu sehr geschönt sind – davon ausgehen, dass insgesamt die Begegnung mit den russischen Soldaten glimpflicher ablief als an vielen anderen Orten. Nach Aussagen von Gertrud kreierte der Überlebenswille eine List: Die Russen seien kinderlieb, hieß es, und so habe jede Frau, jedes junge Mädchen, jedes weibliche Wesen überhaupt mit einem Kind auf dem Arm die im Hof vorfahrenden Soldaten empfangen – genügend Kleinkinder gab es ja. Das habe als Schutz gegen Vergewaltigung gewirkt.
Das voll belegte Wohnhaus und andere Gebäude erhielten weitere Einquartierung von Flüchtlingen, die im Laufe des Sommers in Trecks aus dem Osten ankamen und untergebracht werden mussten.
Der Sohn Hans-Georg kehrte im November 1945 aus dem Militärdienst nach Deutschland zurück, ließ sich jedoch in die englische Besatzungszone nach Westfalen entlassen. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass der väterliche Betrieb in Mecklenburg, für den er als Erbe vorgesehen war, als Familiengut verloren war. Er ging deshalb zum Gut Ulenburg bei Löhne, zu Verwandten seiner Frau, und begann dort mit wenig Mitteln wieder eine Saatzucht einzurichten.172
Schwiegersohn Walter Johannes Schröder gelangte buchstäblich mit dem letzten Schiff Ende März von der Halbinsel Hela vor Danzig aus über die Ostsee nach Eckernförde, wurde abgemustert und ging ebenfalls im Juli 1945 erst einmal nach Ulenburg, wo er versuchte, wieder eine Existenz mit seiner Ausbildung als Germanist aufzubauen.
Rudolf Schick wurde noch am 8. April 1945 als Soldat eingezogen – die Militärbürokratie funktionierte weiterhin − er kehrte aber Ende Mai nach Malchow heil wieder zurück. Vom 1. Juni 1945 an fungierte er als „Geschäftsführer“ in Malchow. Am 16. August starb seine Frau Hanna an einer Lungenentzündung – der durch die Strapazen der Flucht geschwächte Körper hatte keine Abwehrkräfte mehr. Ihr jüngster Sohn Rudolf war gerade zwei Jahre alt. So verwundert es nicht, dass Rudolf Schick ein Jahr später, am 30. August 1946, ein zweites Mal heiratete, Erika Hochstetter, sie war ihm und den Kindern von früher bekannt, da sie als Kindermädchen schon vor Jahren in Neu-Buslar gearbeitet hatte.
Enteignung durch die Bodenreform
Die bemerkenswerte Tatsache, dass Hans Lembke nur einige Wochen nach der Enteignung seines Hofes wieder als Verwalter eingesetzt wurde, macht ihn zu einem Sonderfall im allgemeinen historischen Prozess der Bodenreform (sprich: Enteignung der Großgrundbesitzer)173. Ab September des Jahres 1945 wurde in der SBZ aller landwirtschaftliche Besitz über 100 ha entschädigungslos enteignet und die Gutsbesitzer wurden gezwungen ihre Höfe zu verlassen. Als Befehlsgeber erscheint die Sowjetische Militäradministration (SMAD) in direkter Ausführung der Befehle Stalins. Umgesetzt wurde die Reform gemeinsam mit den deutschen Kommunisten (KPD, ab Frühjahr 1946 der SED). Getroffen werden sollte damit die gesellschaftliche Schicht der ostelbischen Junker, der preußischen Großgrundbesitzer als Inbegriff der Ausbeutung und der reaktionären Machtinteressen. Sie galten pauschal als Faschisten und Imperialisten und waren deshalb von ihren Machtpositionen zu vertreiben.
Die „Bodenreform“ hat für Zeitgenossen und viele Historiker symbolischen Wert im Verlauf des Kalten Krieges nach 1945 innerhalb Deutschlands angenommen, denn sie gilt landläufig als der Beweis, dass diese Enteignung von großen landwirtschaftlichen Gütern bereits im Spätsommer 1945 als Zeichen für den gezielten Umbau der ostdeutschen Wirtschaft und Gesellschaft in ein staatssozialistisches System mit Enteignung allen Privateigentums gewertet werden müsse. Die späteren landwirtschaftlichen Kollektivierungen der Jahre 1952 bis 1960 werden also als geplante Zielpunkte und logische Konsequenz der Bodenreform vom Sommer 1945 interpretiert. Das Motiv der sowjetischen Besatzungsmacht (SMAD) und der KPD war nach dieser Ansicht die kommunistische Ideologie, die im Bereich der Landwirtschaft ihre allgemeinen Grundsätze von Enteignung und Verstaatlichung angewandt hat. Es durfte kein Privateigentum an Produktionsmitteln mehr geben.
Die Historikerin Elke Scherstjanoi dagegen stellt eine andere These auf.174 Die UdSSR sei zu diesem Zeitpunkt primär von ihrem Willen nach Zerstörung der Grundlagen der nationalsozialistischen Wirtschafts- und Sozialstruktur geleitet worden. Die preußische Machtelite der „Junker“ sollte vernichtet werden. Diese Einschätzung teilten direkt nach dem Krieg auch bürgerliche Zeitgenossen, es war damals keine ausgesprochen kommunistische Position, sondern auch in den Westzonen für kurze Zeit eine verbreitete Einschätzung vieler politisch denkender Menschen, sogar innerhalb der neugegründeten CDU, sichtbar in ihrem Ahlener Programm von 1947. Man war der Meinung, dass die NS-Diktatur auf kapitalistischem Grund gewachsen war, dass also diese Wirtschaftsstruktur beseitigt werden müsse, um eine Wiederholung des Faschismus zu verhindern.
Durch diesen Ansatz wird die Bodenreform sehr viel weniger als Affront und Beginn des Ost-West-Gegensatzes kurz nach der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 interpretiert als üblich. Die Perspektive der Sowjetunion sei noch von der Hoffnung bestimmt gewesen, dass ganz Deutschland in ähnlicher Weise „faschismusresistent“ gemacht werden könne, eine Wiedervereinigung – zum damaligen Zeitpunkt eher: eine Wiederaufnahme des alten Zustands nach kurzer, getrennter Besatzungszeit – unter sowjetischer Führung schien noch lange nicht ausgeschlossen.175
Scherstjanoi nennt das ganze Unternehmen eher ein „Reformrahmenprogramm“ denn eine Reform, wofür sie gute Gründe anführt. Sie stellt nämlich zahlreiche Widersprüche und Unklarheiten in Planung und Durchführung der Bodenreform fest.176 Vieles war und blieb ungeklärt, z.B.: Wie sollte das Land an die „Neubauern“ verteilt werden, welche Größe sollten die neuen Höfe haben, wer konnte überhaupt Anspruch auf einen Hof erheben, musste man eine Ausbildung als Landwirt vorweisen? Des Weiteren waren der Marktzugang und der Vertrieb unklar, sowie die Rechtsform des Besitzes – als unveräußerlicher Erbhof? Als volles Eigentum? Als Pacht?
Offene Fragen waren auch: Was sollte mit den Gutsbesitzern geschehen? Und sollten auch Gutsbesitzer, die anerkanntermaßen keine Nationalsozialisten gewesen waren oder sogar als NS-Opfer angesehen werden mussten, enteignet werden? Die umstandslose Gleichsetzung von Großgrundbesitzern und „Faschisten“ war eine unhinterfragte pauschale Prämisse und konnte nur zu neuen Ungerechtigkeiten führen.
Infolgedessen wurden aus Zeitmangel viele Details ad hoc vor Ort von den deutschen Behörden willkürlich und zufällig entschieden, weil gar keine Durchführungsbestimmungen vorhanden waren. Dieser von der Situation erzwungene Pragmatismus wurde von den Betroffenen natürlich als Willkür und Schikane empfunden, verunsicherte also die Beteiligten und diskreditierte die Bodenreform auch bei denen, die „im Prinzip“ die Aufteilung des Großgrundbesitzes befürworteten.
Die hier skizzierten Mängel charakterisierten offensichtlich auch andere Bereiche der Besatzungspolitik, die uneinheitlich, improvisiert und innerlich widersprüchlich war. So beobachtet der Historiker Brunner für viele SMAD-Befehle, dass sie unmöglich ausgeführt werden konnten, weil sie ungenau, zeitlich viel zu spät und sachlich widersprüchlich gewesen seien. Auch hätten die SMAD-Befehlshaber und die deutschen Kommunisten in den damals noch existierenden Ländern unterschiedlich gehandelt, so in Sachse...
Inhaltsverzeichnis
- Inhaltsverzeichnis
- Entstehung dieses Buches, Fragestellung und Quellen
- Erster Teil: 1919 bis 1945
- Die Situation in Malchow 1919 bis 1933 − der Referenzrahmen von Hans Lembke in den 20er Jahren
- Zweiter Teil: 1945 bis 1969
- Benutzte Quellen und Literatur
- Impressum