Viele Menschen zu Beginn des 3. Jahrtausends erleben ihre Umwelt als hektisch, befremdend und unpersönlich. Sie sind umgeben von großem Druck und der ständigen Angst ihren Job zu verlieren. Dazu kommt, dass die Welt unwirklich und von Terror und den vielfältigsten Krisen bedroht erscheint. Sogar die reichsten und mächtigsten Menschen werden von der leisen Existenzangst in Zeiten des Umbruchs nicht verschont.
Irgendwann bleiben viele hinter dem Rauschen der Welt zurück, lassen die Dinge wie sie sind, und verbergen was sie wirklich denken und fühlen in ihrem Inneren.
Sie spalten sich von der Außenwelt ab und verlieren die Fähigkeit, ihre Träume, Gedanken, Visionen und Gefühle in die Welt zu tragen. Somit drücken sie sich selbst nicht mehr unmittelbar und bewusst aus. Sie spiegeln sich nicht mehr in der Welt des Äußeren, sondern diese spiegelt sich viel mehr in ihnen. In dem, was sie tun, was sie denken, was sie zu fühlen glauben. Mit der Zeit verstehen sie darum jene leisen und verdrängten Töne des Inneren nicht mehr und ihre wahren Motive werden schwer greifbar. Ihr freier Wille wird geschwächt. Sie leben immer mehr in Rollen und immer weniger aus authentischen Emotionen heraus. Die Innenwelt schweigt und drängt sich ins Unbewusste, bis dieses irgendwann herausbricht.
In der modernen Welt fragt man sich vielleicht, was das alles mit der Gestaltung von Gesellschaften zu tun haben soll? Es hat in der Tat sehr viel damit zu tun. Aber wir haben gelernt, dass Gesellschaft sich im Äußeren abspielt und mit äußeren Problemen befasst ist. Sei es nun die große Politik, die Justiz oder das Bildungssystem. Auch die Wirtschaft scheint vollkommen ohne das funktionieren zu können, was man als unsere innersten Absichten bezeichnen könnte.
Wir machen und tun und entscheiden, meist noch ehe wir inne gehalten und uns gefragt haben warum wir das tun, ob es wirklich gerade die beste Option ist, oder ob es Alternativen gäbe.
Wir geben den äußeren Gegebenheiten einen sehr hohen Stellenwert und den weltbildbezogenen und bewusstseinserweiternden Betrachtungen einen sehr kleinen.
Aber jedes Produkt, jede gesellschaftliche Errungenschaft, jede wirklich wichtige Vision von einem besseren und sinnvolleren Zusammenleben, fand immer schon seine Wurzeln im Inneren einzelner Individuen, die diese Träume nach außen trugen. Vergessen wir nicht, dass jede Gesellschaft mit einer Idee beginnt. Ob es nun Königreiche, Diktaturen, Kolonialreiche oder Demokratien waren. Sie alle begannen mit geistigen Vorstellungen, die zu abstrakten Modellen des Zusammenlebens wurden. Immer konnte das Innenleben weniger Menschen die Welt verändern, weil das Geistige der materiellen Welt gegenüber im Vorteil ist. Es ist wandelbarer und lässt Veränderungen schneller erkennbar werden, als die sichtbare Realität. Darum nimmt jede Wandlung ihren Anfang in unserem Bewusstsein. Von dort aus entfaltet sie sich langsam in der Welt.
Erleben wir aber eine Umgebung voller Angst, erleben wir immer eine Welt voller Stagnation. Der innere Wandel wird verschüttet.
Der Terror dient also nie der Veränderung oder den Innovationen, sondern immer nur dem Stills tand in einer Gesellschaft.
Wirtschaft und Kultur aber leben vom Wandel und von der Freiheit. Nur äußere, politische Macht lebt von der Stagnation. Insofern arbeitet die Politik in Zeiten des Umbruchs nicht selten gegen Kultur und Wirtschaft. Leider sind die ökonomischen und politischen Systeme in Krisenzeiten von zu vielen Beschränkungen geprägt, die uns schützen sollen. Was die Krisen häufig nur verschärft.
Die Krise war schon immer ein Mittel der Macht, gegen welche die Demokratie noch effektivere Wege entwickeln muss, um nicht immer wieder vom vermeintlichen Feuerwehrmann der eigenen Werte beraubt zu werden. Gemeint ist damit der Zerfall der Komplexitätskompetenz und der Bereitschaft zur Vielfalt im politischen und wirtschaftlichen Management, angesichts schwieriger Herausforderungen. Dies wird gerade für moderne Gesellschaften mehr und mehr zum Konfliktgrund, weil diese heute wesentlich mehr Vielfalt und Kreativität vereinen müssen, als dies in früheren Jahrhunderten der Fall war. Vereinigungen wie die Europäische Union benötigen längerfristig sicherlich eine andere Kultur des Leaderships. Die Nationalstaaten haben noch nicht die optimale Reife für multikulturelle und von Vielfalt geprägte Politik erreicht. Lagerdenken ist immer noch viel bestimmender als integrale Ansätze3. Denn noch immer gibt es eine einfache Regel in der Gestaltung von Gesellschaften, die sich besonders angesichts von Krisen zeigt.
Je dramatischer oder unübersichtlicher die Situation, umso weniger Menschen werden an der Lösung beteiligt.
Je weniger Menschen an der Lösung beteiligt werden, umso weniger nachhaltig, werteorientiert und gesellschaftliche Errungenschaften hervorbringend sind die Gestaltungsansätze.
Die Folge in einer zunehmend komplexer werdenden Welt sind immer mehr oder immer größere Krisen. Eine Form des integralen Leaderships ist dringend erforderlich.
Systemisch betrachtet ist die Verknüpfung von Macht und Krise eine Dynamik die weit in der Menschheitsgeschichte zurück reicht und natürlich auch ihre Befürworter hat. Grundsätzlich ist daran zunächst nichts falsch, dass einer das Sagen hat. Es geht um Gleichgewicht und um die Frage, wo dies wirklich erforderlich ist und wo wir andere Wege gehen sollten. Besonders wo heute Veränderungen konkret machbar wären, weil wir beispielsweise gesellschaftlich reifer geworden sind, wesentlich leichter die Mitbestimmung des Einzelnen integrieren können, als dies früher der Fall war. Allein der technologische Fortschritt wäre in der Lage komplexere Formen der Partizipation zu ermöglichen. Aber hier geht es nicht um Internetdemokratie, sondern um ein grundsätzliches Neuverständnis der kulturellen Grundlagen unserer Systeme, um eine Veränderung im systemischen Denken. Zentral ist dabei die Fähigkeit die inneren Motive, den freien Willen des Menschen ganzheitlicher und unmittelbarer in die Entscheidungsfindung einzubinden, als dies bisher möglich war. Der Schlüssel dazu ist der Umgang mit den Fixpunkten des Menschen. Erst wenn wir in der Lage sind innere Individualität sinnvoller in Systeme zu integrieren, ohne die individuellen Ressourcen des Individuums im Vorfeld auszuschließen, erreichen wir die nächste Stufe der Mitbestimmung. Das angestrebte Ziel ist eine Personalisierung der Mitgestaltung. Also eine weitreichende Flexibilisierung der politischen und wirtschaftlichen Systeme, entsprechend der tatsächlichen Notwendigkeiten und Erfordernisse.
Statt: „Du darfst mitreden, wenn Du in unser Raster passt!“ geht es um den Ansatz: „Wir wollen wissen wer Du bist, damit wir verstehen können, wie wir Dich mit all Deinen ganzheitlichen Qualitäten optimal integrieren können. Dies wird uns allen einen großen Nutzen bringen und das demokratische wie auch das wirtschaftliche System erweitern.“
Es geht darum die Systeme in ihrer Monotonie aufzubrechen. Es ist heute nicht mehr erforderlich, dass eine Gemeinde beispielsweise nach demselben Modell funktionieren muss, wie ein Staat, oder ein Unternehmen. Ein Kindergarten, ein Krankenhaus nicht so wie eine Fabrik.
Der systemkreative Ansatz ist die Suche nach dem optimalen System, Weltbild, der besten Philosophie und Strategie für die individuelle Situation. So ineinander greifend, dass das eine System das andere unterstützt, statt es zu behindern und die Menschen vor Ort selbst an der Entwicklung ihres Systems beteiligt werden. Das ist es, was wir mit IFM tun. Wir stärken die Individuen im System und über sie dann wiederum das System. Dazu unterstützen wir sie bei der bewusstein Arbeit an sich selbst, an ihren Fragen, ihrer Identität, ihren Visionen und deren Auswirkung auf unterschiedlichen Ebenen.
Nehmen wir folgendes Beispiel.
Angenommen Sie wachen nach einem Terroranschlag oder einer längeren traumatischen Situation auf, in der ihr Lebensmotiv Angst, Ignoranz und Einschüchterung war und haben über die Jahre vergessen, wer Sie sind, also was in Ihrem Inneren liegt, was Ihre Integrität ausmacht. Sie müssen es vielleicht nicht gleich vergessen haben, aber Sie sind sich Ihrer feinen inneren Wahrnehmungen nicht mehr bewusst. Sie agieren wie durch einen Tunnelblick. Der Alltag hält sie gefangen. Sie bewegen sich wie in einer Tretmühle.
Wenn Sie dann zur Arbeit gingen, hätten Sie in diesem leicht traumatisierten Zustand große Schwierigkeiten damit, herauszufinden, was Sie dort machen sollen. Ihre Kollegen würden Ihnen Arbeit zuweisen, aber Sie wären sehr verwirrt und ängstlich. Nichts würde für Sie zusammenpassen.
Sie wären nach kurzer Zeit abhängig von Fremden und kämen sich vor, als lebten Sie das Leben von anderen. Ihre eigene Welt könnten Sie unmöglich dort draußen finden, weil dort die Welten von Milliarden von Menschen sind. Es ist wie ein Puzzel, in dem Sie sich selbst zusammensetzen sollen, ohne zu wissen, wer Sie sind. In einer solchen Welt sind alle Handlungen der Menschen geschwächt. Das Glück ist fern und unkonkret und wird nur in einer oberflächlichen Welt gesucht, wo es stets unerfüllt bleibt. Diese Form der Gesellschaft, ohne selbstbewusste Menschen, bietet die Möglichkeit dieses Volk unendlich zu manipulieren. Vielleicht versuchen Sie diese innere Leere durch übermäßigen Konsum auszufüllen, was eine Zeit lang die Wirtschaft beflügelt, aber irgendwann versiegt die Fähigkeit Neues zu schaffen. Die Zeiten ändern sich, eine Energiequelle verschwindet und die kreative Anpassungsfähigkeit wurde verlernt.
Dieses Beispiel mag überspitzt erscheinen aber tatsächlich beschreibt es das Innen- und Gefühlsleben sehr vieler Menschen, die jeden Tag einem ferngesteuerten Ablauf folgen. Die Meisten merken dies gar nicht, weil Sie den Kontakt zu sich selbst, zu dem was sie sich jeden Tag antun über die Jahre verloren haben.
Wir alle haben das in irgendeiner Form schon mal erlebt. Gewiss sind wir größtenteils Herr unseres Lebens, aber zu einem anderen Teil auch nicht. Die äußeren Zwänge sind groß und viele von uns eher orientierungslos. Dies aber schadet Wirtschaft und Kultur für lange Zeit, besonders in einem Jahrhundert in dem wir den Menschen nicht mehr als Fließbandarbeiter, sondern viel mehr als mitwirkende und mitdenkende Ressource integrieren sollten. Was also früher vielleicht ein gutes System war, erweist sich nun als sehr negativ.
Nun stellen Sie sich die umgekehrte Variante vor:
Sie fallen in eine Welt, die Ihnen fremd ist, aber Sie wiss en ganz genau, wer Sie sind. Sie kennen Ihr Stärken, Ihre Schwächen, Ihre Vorlieben und Ihre Ziele, Ihre Eltern waren stolz auf Sie. Sie haben eine tiefe Struktur und Integrität in sich, von der Sie erfahren haben, dass andere Menschen diese an Ihnen schätzen und lieben. Ihr Innerstes ist so klar, dass Sie einen tiefen Sinn in Ihrer Existenz erkennen und verstehen, dass Ihr Sein auf innerer Wandlung beruht. Sie haben erlebt, dass Sie sich weiterentwickeln können. Die Welt steht Ihnen offen. Auf diese Weise werden Sie nach kurzer Zeit in der neuen Welt zurechtkommen. Sie empfinden den Wandel nicht als Angriff und definieren sich nicht durch äußere Attribute, wie Geld, Kleidung, religiöse Zugehörigkeit oder Ämter. Sie vertrauen Ihrer inneren Struktur. Universelle Werte wie Liebe, Gerechtigkeit und Wahrheit wären Ihnen viel zugänglicher und Sie würden diese im Augenblick und ganz individuell verwirklichen, statt nur aus tugendhaftem Verzicht heraus auf sie zu hoffen.
In einer Gruppe von Menschen, die aus dem authentischen Moment heraus wissen, wer sie sind, ergeben sich Strukturen und Prioritäten wesentlich natürlicher, als in einer Horde von Schafen. Zu wissen, wer man ist, hängt von der emotionalen Integrität ab, und von der Fähigkeit, das Bewusstsein ständig zu erweitern. Somit werden wir zu einer Plattform für Individualität und Innovationen. Wir werden unabhängig von äußerer Autorität.
Viele unserer modernen Institutionen und ökonomischen Systeme, beruhen jedoch auf der Erfahrung des ersten Beispiels. Kaum ein Bereich baut seine Struktur auf der zweiten Erfahrung auf. Also auf der Förderung selbstbewusster Menschen. Wir begründen Sicherheit auf Abhängigkeit, nicht aber grundsätzlich auf Freiheit. So als würden wir dem eigenen demokratischen System nicht vertrauen, als wären unsere größten Werte uns nicht so viel wert.
In einer, durch die Industrialisierung und den Wohlstand von ihren inneren Werten entkernten Gesellschaften baut die Sicherheit zu sehr auf den Bankkonten des Mittelstandes und zu wenig auf dem woran wir glauben auf. Werden die Bankkonten bedroht, oder sehnt sich der Mensch nach einem Dasein jenseits des Rädchens im System, entsteht die Notwendigkeit die Stabilitätsgrundlage gerade heute im Kulturellen und Integrativen zu sehen. Also in einem neu erlebten „Wir“. Dies ist nicht nur eine Sicherungsmaßnahme für den Frieden in unseren Gesellschaften, sondern auch eine Chance für große Innovationen in neuen Märkten und Wirtschaften.
Wir müssen verstehen, dass von der Selbstverlorenheit einer Schafherde eine größere Gefahr für die natürliche Ordnung und Sicherheit einer Gesellschaft ausgeht, als von jedem Wolf, der in einer offenen Gesellschaft zuschlagen könnte.
Betrachten wir kurz den politischen Aspekt, also die Konsequenzen dieser Überlegungen für Staaten und Gesellschaften.
Für politische Systeme sollte stets gelten: „Das Leben selbst, in seiner Undefinierbarkeit, steht immer über dem Gesetz. Gerechtigkeit ist stets ein Prozess der Annäherung an Lebenswirklichkeiten, innere Werte und Ideale einer Gesellschaft.“
Es ist ein Grundirrtum der Geschichte, dass Gerechtigkeit auf Gleichheit beruht und dies die Gleichschaltung innerhalb von politischen Systemen rechtfertige. „Gleichheit“ ist ein tückischer Begriff, der im besten Sinne „Ausgewogenheit“ der Rechte und Pflichten meint, im schlimmsten Falle jedoch Gleichschaltung und Leugnung der individuellen Lebenswirklichkeiten bedeutet. Die Grundlage für sehr viel Unrecht. Das Ergebnis ist oft Ungerechtigkeit, die vom System selbst geleugnet wird, weil das individuell als solches erlebte Unrecht, innerhalb der Maßstäbe des Systems scheinbar nicht vorkommt. Zwar bedarf es auch einer objektivierenden Sicht von außen, aber diese allein ist ähnlich brutal, wie reiner Egoismus.
Gerechtigkeit kann nur als Bewusstseinsprozess gelöst werden. Als eine Form der Annäherung von beiden Seiten. Das wäre der nachhaltige Weg. Gerechtigkeit ohne Bewusstsein vermehrt häufig das Unrecht, durch systembedingte, blinde Flecken.
Wird der Mensch auf den „Bürger“ reduziert, wird er nicht in seiner Gan zheitlichkeit betrachtet. Gerechtigkeit als Norm kann somit nur die Gerechtigkeit unter Bürgern, nicht aber unter Menschen sein.
Mit Zunahme an Technologisierung der Systeme schwindet darum Gerechtigkeit und die Fähigkeit die Wirklichkeit stets mit neuen Augen zu betrachten und sich weiterzuentwickeln. Die einzig wahre Grundlage für individuelle Freiheit.
Der systemkreative Ansatz dient dazu, dem System um des Systems willen etwas entgegen zu setzen – zum Wohle von Mensch, Innovation und Dynamik in Gesellschaften.
In Krisenzeiten ist dies besonders wichtig. Traditionell liegt das Übel der Systeme in ihrem Umgang mit der Krise, mit dem Fremden. In ihrem Streben nach Absicherung der eigenen Existenz, statt nach Absicherung der Existenz des Einzelnen im System. Systeme opfern sich nicht zu Gunsten besserer Systeme.
Natürlich hat ein System keinen eigenen Willen. Da sich Menschen aber so stark mit Systemen und deren Regeln identifizieren können, kann ein System sich wie ein sich selbst erhaltender Organismus verhalten. Der Bürokrat wird eins mit der Bürokratie – gnadenlos und unerbitterlich. Stets auf äußere Absicherung des zum „...