Blut und Elend des Krieges
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Blut und Elend des Krieges

Geschwisterwege 1941/45 - Tagebücher aus Pommern

  1. 176 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Blut und Elend des Krieges

Geschwisterwege 1941/45 - Tagebücher aus Pommern

Über dieses Buch

"Mein Bart bleibt bis Moskau!" so umschreibt ein deutscher Panzerleutnant im Oktober 1941 in seinem Tagebuch siegessicher seinen Entschluss, sich das nächste Mal erst wieder nach der Eroberung der russischen Hauptstadt zu rasieren. In der Tat, er hatte es nicht mehr weit. Dreieinhalb Jahre später, im Januar 1945, nimmt eine junge Frau, es ist die Schwester des unrasierten Leutnants, die stabile, langstielige Suppenkelle der Familie aus massivem 800er Silber und versteckt sie griffbereit zwischen zwei Hafersäcken auf einem Pferdegespann. Es ist ihre Notwehrwaffe für die Zeit der Flucht vor der Roten Armee Richtung Westen. "Damit wollte ich einem Russen ins Gesicht schlagen, " berichtet sie in ihrem Tagebuch. Blonder Stoppelbart und silberne Suppenkelle, Symbole für blinden, jungenhaften Eroberungsrausch einerseits und die Ohnmacht wehrloser Flüchtlinge gegenüber der feindlichen Militärmacht andererseits. Heinz P., Jahrgang 1919, notiert als 21-jähriger Offizier und Panzerkommandant zwei Feldzüge. Einmal durch Ungarn, Bulgarien und Jugoslawien im ersten Halbjahr 1941. Dann ab Juni 1941 den Russland-Feldzug von Wien aus durch Polen, die Ukraine, Weißrussland, Russland bis kurz vor Moskau. Das war die eine Seite dieses Krieges, der Eroberungskrieg mit zunächst vielen siegreichen Schlachten.Erika P., die Schwester von Heinz, schildert die andere Seite. Sie beginnt ihr Tagebuch am 21. Januar 1945. Der zunächst so "erfolgreiche" Krieg des Jahres 1941 hatte sich inzwischen in ein Desaster für die deutsche Wehrmacht verwandelt. Die russische Armee steht wenige Kilometer vor dem kleinen Städtchen Schönlanke, heute Trzcianka, in Hinterpommern. Es ist ein kalter Wintertag, als die Menschen vom kollabierenden NS-Apparat aufgefordert werden, in selbst organisierten Trecks ihre Stadt zu verlassen. Der Marsch nach Westen in eine unbekannte Zukunft beginnt. Eine Odyssee zwischen den Fronten von zweieinhalb Monaten: zu Fuß, mit dem Rad und auf dem Pferdewagen durch einen bitterkalten Winter. Nach 10 Wochen erst sind sie am Ziel.Dieses Buch ist für Menschen, die hinsehen, hinhören und hinfühlen wollen. Oder einfach neugierig sind. Sie haben die Möglichkeiten, in kleinen persönlichen Ausschnitten zu erleben, wie es wirklich war im letzten großen Krieg (1939-1945), der von deutschem Boden ausging. Der Herausgeber hat die Texte von Schwester und Bruder miteinander verflochten.

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Information

Jahr
2014
ISBN drucken
9783839168356
eBook-ISBN:
9783848276943
Graue Punkt-Linie: Balkanfeldzug von Wien laut Tagebuch9.
Schwarze Punkt–Linie: Russland-Feldzug von Wien laut Tagebuch.

Russlandkrieg10

Buch 2. - Als Anschrift ist vermerkt: Bei Verlust der Bücher bitte ich den Finder, es abzusenden an meine Mutter: Frau Elfriede P., Berlin-Grunewald, Oberhaardter Weg 37.
Offen bleibt, was Heinz P. veranlasst hat, nicht mehr, wie im Falle des vorangegangenen Tagebuches die Heimatadresse östlich der Oder zu nennen, sondern darum bittet, die Bücher im Falle des Verlustes an seine Mutter unter der gemeinsamen Anschrift von Else, Schwester seines Vaters und seiner Schwester Waltraut im deutlich sicheren Berlin zu senden. War es, jetzt 1941, bereits die Vorahnung der Niederlage?

Vorbemerkung

Nach dem serbischen Feldzug wird unser Regiment nach acht verhältnismäßig schönen Tagen in Belgrad in die Heimat verladen. Wien ist unser Verladebahnhof. Dortselbst schnellste Instandsetzung der Panzer im Arsenal.
Achttägiger Urlaub in Berlin und Schönlanke (mein Heimatort). Dann Wien: Theater, Kino, Kaffeehäuser, Restaurants, Bars, Schwimmen und Segeln auf der alten Donau, Kobenzl, Gintinger Strandbad, Schönbrunner Park, Prater. Alles zusammen mit Inge. Fahrt durch die Wachau, Dürnstein, Melk, Krems, Donautal.
Verleihung des Ritterkreuzes an unseren Divisionskameraden Generalmajor Truwall, 11. Panzer-Division und unseren Abteilungs-Kommandeur Major Graf Schimmelmann (II. Pz. Regt. 15) in St. Pölten. Pfingstfest in Wien. Wiener Wald.
Verladung der Kompanie auf dem Wiener Ostbahnhof und Fahrt durch das Protektorat Krakau und Gouvernement nach Nisko bei Sendering. Dortselbst Barackenlager mit Sonne, Wald und Radio.

Nisko, 19. Juni 1941

Die Kompanie macht sich abmarschbereit. Um 20:00 Uhr rückt die Spitze des Regiments Richtung Osten ab. Die staubige Straße führt durch große Wälder und zerschossene Dörfer und Städte über Nisko bis kurz vor Rudke bei Zamork, wo wir morgens um 3:00 Uhr ankommen.

Rudke, 20. Juni 1941

Hier mitten in einem Hochwald biwakieren wir, tarnen unsere Fahrzeuge und legen uns nach dem anstrengenden Nachtmarsch (100 km) sofort zur Ruhe. Im Laufe des Tages wird aufgetankt und Munition gegürtet und wieder geschlafen. Gegen Abend machen wir uns wieder abmarschfertig.
20:00 Uhr Abmarsch auf tadelloser Steinmauerstraße. Jedes Haus hat starke Einquartierung. Ich führe die Kampfstaffel, sitze im Kübel und höre bis 2.00 Uhr Musik. Der Weg führt über Zamork. Um 3:15 Uhr sind wir im neuen Rastraum etwa 30 km vor Sokal.

30 km westlich Sokal, 21. Juni 1941

Wir liegen heute in einem kleinen Waldstückchen in Ruhe. Es geht die letzte Feldpost ab.
Am Abend kommt der Einsatzbefehl: Ab 3:15 Uhr Kriegszustand mit der Sowjetunion. Es herrscht Hochstimmung!
Aus unserer Marketenderei werden die letzten Zigaretten und die letzten Flaschen geholt und am Sonnwendfeuer und im Zelt des 1. Zuges verkonsumiert.

30 km westlich Sokal, 22. Juni 1941

Um 3:15 Uhr beginnt der große Feuerschlag unserer Artillerie und die Bombengeschwader brausen über uns hinweg. Wir marschieren um 8:30 Uhr ab und erreichen etwa um 15:00 Uhr Sokal, das schon von Schützen genommen ist. Der deutsche Angriff geht nach Durchbruch durch die Bunker schnell vorwärts. In Sokal sehen wir die ersten roten Gefangenen, sogar mit einem uniformierten Weib.
Nachmittags fahren wir gegen Stojanar den ersten Angriff. Wir richten ein Blutbad unter den Roten an, die sich zäh verteidigen und im Korn liegen bleiben bis auf kurze Entfernung und sogar vom Fahrer niedergewalzt werden.
Eine Art Geschütz und eine winzige Pak werden abgeschossen. Feldwebel Goppe bleibt im Morast stecken und ich muss ihn mit dem 13 unter Infanteriefeuer abschleppen, was zum Glück gelingt.
Vor uns im Dorf brennen die Strohhütten und ein rotes Munitionsdepot fliegt in die Luft. Um 8:00 Uhr ist dieser erste Angriff zu Ende und der Vormarsch geht bis 11:30 Uhr nachts weiter. Wir bilden einen Igel. Jeder von uns steht 1 Stunde Posten. Heute sind wir 27 km tief in den Feind eingedrungen.

Stojanar, 23. Juni 1941

11Um 3:15 Uhr ist bereits Wecken. In Eile wird aufgetankt, Verpflegung und Munition gefasst und schon um 4:00 Uhr geht es wieder voran.
Am Dorfausgang schießt unsere Spitze 4 rote Panzer ab, die sofort brennen. Es sind weitere Panzer gemeldet. Um 7:00 Uhr überraschen uns die ersten roten Jäger. Auch Bomber fliegen sehr lebhaft hin und her unter Jagdschutz. Unsere Flugzeuge sind nicht da. Auch die Flak ist nicht aktiv. Wir sehen wieder mal Luftkämpfe. Eine Me 109 ist 12plötzlich hinter zwei Roten her. Ein kurzer Feuerstoß aus allen Rohren, die Rote weicht aus, fliegt ziemlich abwärts und zerschellt brennend am Boden. Der Russe konnte sich im letzten Moment durch Fallschirmabsprung retten.
Von vorn werden durch Luftaufklärung feindliche Panzer im Angriff gemeldet. Wir fahren in Hangstellung in breiter Front auf die Höhe. Artillerie ist ganz vorn und ein Trommelfeuer setzt auf die angreifenden Panzer ein. Ab und zu trifft bei uns Artilleriefeuer ein. Mehrere Panzer werden durch unsere Artillerie und 8.8.-Flak in Brand geschossen. Die anderen drehen ab. Jetzt ist für uns die Zeit zum Angriff gekommen.
1. Abteilung stößt vor und vernichtet etwa 15 Panzer, hat 4 Panzer selbst als Verluste. Es fällt Leutnant Prinz Holstein und Leutnant Neuer. Der Turm aus Panzer IV wird abrasiert. Zur Unterstützung der 1. Abteilung ziehen wir vor in die 1. Reihe. 1000 m vor uns steckt im Kornfeld alles voller Panzer. Wir feuern trotz der großen Entfernung aus allen Rohren. Treffer auf Treffer sitzt, doch durchschlägt nicht die Panzer. Einige booten aus, brennen. Die anderen fahren auch jetzt zurück in das Dorf Radierno. Ich erwische einen fliehenden Panzer in einer Dorfstraße und – Krach - aus ist es mit ihm.
Die 6. Kompanie, das sind wir, hat den Auftrag, nachzustoßen und das Dorf Radierno zu nehmen und von Feinden zu säubern. Zwei schwere Crysti-Kampfwagen machen wir kampfunfähig. Ich schieße auf 100 m auf ihn mit Panzersprenggranate, doch auch diese Granate prallt ab. Der Panzer flieht und wir nehmen ohne Beschuss das Dorf ein und sichern es.
Ich mache mit meinem Zug Beute für die Kompanie: Wurst, Wodka, Kekse, Zigaretten, Büchsenhummer und Selter. Alles schmeckt nach den heißen Stunden prachtvoll. Das Dorf ist geschmückt mit Hammer, Sichel und Sowjetstern. Auch hier erbeute ich mir einen echten roten Stern.
Inzwischen sind die anderen Truppen nachgestoßen. Plötzlich wieder der Ruf: feindliche Panzer! Am Ortseingang! Wir brausen dorthin. Die Russen fahren gegen die I. und VI. Abteilung, die aus allen Rohren feuert, wieder aber keine Durchschüsse erzielt. Auch Artillerie schießt.
Wir fahren jetzt gedeckt durch ein Kornfeld dem Feind in die Flanke. Unsere Munition, besonders unsere Panzerkopfgranaten, sind fast verschossen. Jetzt fliegt Granate auf Granate. Der Gegner hat uns nur mit wenigen Panzern erkannt.
Wir fahren noch weiter vor bis an einen Bahndamm, wo wir den Feind in Vorbeifahrt bekämpfen. Es sind wieder die Crysti 7.6. Auch jetzt erzielen wir einige Treffer. Bei einem fliegt sogar ein Stück des Turms hoch in die Luft, aber er fährt weiter. Der letzte wird versucht. Der Feind dreht und flieht. Wieder trifft sie unser Feuer.
Da trifft es plötzlich unseren 23. Zuerst von vorn nach hinten Durchschuss durch die Ketten. Die Besatzung kann gerade noch absitzen, da trifft ein zweiter Treffer den Kraftstoffbehälter und im Moment zerfällt der Panzer brennend, die einzelnen Granaten zerplatzen. Die Besatzung trägt Brand- und Splitterwunden davon.
Nach dem Gefecht werden wir zurückgezogen in die Nähe des Dorfes und Flak 8.8 und Pak nach vorn gezogen. Wir besichtigen die abgeschossenen russischen Panzer und staunen.
Wir sind leer geschossen. Ich habe nur noch 5 Granaten einschließlich Nebelmunition. Jetzt bekommen wir Munition und Kraftstoff nach. Die Schäden werden repariert. Nach dem polnischen Staub regnet es jetzt und der heiße Tag kühlt sich etwas ab. Abends um 8:00 Uhr geht es wieter auf der alten Vormarschstraße. Wir kommen noch bis 10 km vor Lopatyn und sichern auf der Straße. Ein heißer Tag liegt hinter uns, der mit dem Frankreichs zu vergleichen ist. Es soll das Panzerregiment Stalin gewesen sein. 6. Kompanie hat 8 feindliche Panzer abgeschossen.

Die Flucht: Etappe 4

11. Februar 1945

Um 6 Uhr geht’s wieder auf und nach dem üblichen Einpacken bei schönem Sonntagswetter in Richtung Torgelow auf einer Pflasterstraße weiter.
(Ich schreibe).
In Torgelow gehen Else und ich wieder aufs Ernährungsamt: geschlossen! Kaufen in einer Drogerie einige Kleinigkeiten und gehen über die Ückerbrücke zurück zu den Gespannen, wo sich die andern alle in einem Lokal niedergelassen hatten und bei heißem Kaffee ihre Brote verzehren.
Ich war kurz vor Torgelow abgestiegen, der Milchwagen nahm mich mit. Der Junge erklärte, dass die vielen hübschen Häuschen am Ortseingang Arbeiterwohnungen eines großen Rüstungswerkes seien, das versteckt im Walde liegt. Wir kaufen etwas Wurst ein und fahren nach der Pause weiter über Eggesin bis Ückermünde. Unterwegs bekomme ich 4 Eier geschenkt. In Ückermünde halten wir auf dem Markt und essen bei der NSV ganz schöne Nudeln und Kartoffeleintopf.
Ich laufe bis Grambin, wo wir übernachten. Die Pferde bleiben gleich am Dorfeingang beim Gastwirt, wir beide bei Frau Saupper in einem kleinen Strohhaus. Ich im Bett mit starken Halsschmerzen, Mutti auf einer Chaise zusammen mit den Leuten. Schon um halb 9 Uhr gehen wir ins Bett, totmüde trotz des Kaffees, den wir erst um 5 Uhr getrunken hatten.

12. Februar 1945

Beim Frühstück klopft Else: Es seien uns drei Pferde gestohlen!! Ich alarmiere sofort den Landjäger! Inzwischen hatten Heinz und Rudolf die drei Ausreißer, die erst recht spät gefüttert werden konnten, auf der Chaussee wieder eingefangen.
Nach diesem Schreck in der Morgenstunde geht es dann erst um halb 10 Uhr weiter. Ich laufe mit Else. Wir kriegen in Mönkebude endlich die restlichen Lebensmittelkarten. Die Wagen halten, Gott sei Dank, auf der Straße an, sonst hätten wir sie gar nicht oder kaum eingeholt. Wir fahren bis nach Ducherow, wo in einem NSV-Kindergarten Kartoffelsuppe gegessen wird und Heinz sein Pferd Max beschlagen lässt. Else und ich stecken Post ein und kaufen Butter, Seife usw. Die Wagen sind wieder so weit voraus, dass wir sie kaum einholen. Als wir bis auf 100 m heran sind, treffen wir Herrn Schneider aus Driesen. Er ist ein Bekannter von Gebhardts. Wieder sind die Wagen außer Reichweite. Ein Wehmachtswagen nimmt uns mit. Stolz brausen wir an unserm Treck vorbei. Leider sieht uns niemand!!!
Zu unserem Ärger soll es noch bis Anklam gehen. Aber es gibt dort kein Quartier mehr, sodass wir beschließen, ins nächste Dorf zu fahren. Am Schluss können die Pferde doch noch am Ortsausgang untergestellt werden. Ich gehe allein auf Logissuche und lande in einer großen Villa im Wohnzimmer einer Stettiner Familie Bobkewitz, die uns Milchsuppe kocht. Nach dem Essen gemütlich beim Radio gesessen und dann zusammen auf der Couch herrlich geschlafen. Der Besitzer ist Herr Oldenburg.

13. Februar 1945

Es schneit. Alle Pferde müssen „scharf gemacht“ und beschlagen werden. Es dauert den ganzen Tag.
Ich hole Weißbrot und Brötchen!! Frau Oldenburg erlaubt uns, einen Hefekuchen zu backen. Mittags essen wir bei Oldenburgs im Herrenzimmer Erbsen und Spiegelei, sehr schön, und leckere rote Grütze. Danach klönen wir mit Frau Popkewitz, die auch mit Packen beschäftigt ist, Dieter Oldenburg, 6 J., knetet einen entzückenden „Mann auf dem Klo" und stellt ihn seinem Vater auf den Schreibtisch. Der kleine Axel mit langen Locken ist ein goldiger Spatz. Sehr hübsche, nette Kinder im Gegensatz zu allen bisher erlebten.
Unsre Brötchen genießen wir wieder bei Oldenburgs mit Frau Popkewitz, eine gemütliche Kaffeestunde. Herr Oldenburg berichtet, dass von heute an der Kochstrom nur von 7 bis halb 6 Uhr geht. Mehr gibt es nicht. Gegen 7 Uhr Essen. Wir trennen mit Egerländers Wolle und werden zu herrlichem Wein eingeladen, beraten über Krieg und Frieden, Flucht und Packen, dem Hierbleiben der Männer, die im Volkssturm sind. Um halb 11 Uhr ist bei Oberländers Schluss. Ich nähe mein Kleid. Es ist halb 12 Uhr geworden. Herr Popkewitz ist sehr nett. Wir verabreden ein Treffen in Schönlanke, falls wir jemals dorthin zurück können. Zur Nacht wieder auf die gute Eckcouch im Esszimmer!

14. Februar 1945

Um halb 8 Uhr ist Abfahrt von der schmutzigsten Stelle in ganz Anklam! Scheußlicher Wind! Ich laufe mit Else nur einige km, dann fahre ich mit scheußlichen Hals- und Kopfschm...

Inhaltsverzeichnis

  1. Motto
  2. Inhaltsverzeichnis
  3. Vorwort
  4. Die Tagebücher: Flucht und Krieg
  5. Übersichtskarte
  6. Der Fluchtweg im Zeitraffer
  7. Anhang
  8. Ergänzungen: 35 Jahre danach
  9. Ein Wunsch des Herausgebers
  10. Über den Buch
  11. Impressum