
Die Legende von Rabbi Akiwa
Die Lebensgeschichte eines Weisen aus dem Talmud
- 46 Seiten
- German
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Die Legende von Rabbi Akiwa
Die Lebensgeschichte eines Weisen aus dem Talmud
Über dieses Buch
Rabbi Akiwa, auch Rabbi Akiba genannt, ist einer der bekanntesten Rabbiner aus dem Talmud. Seine Lebensgeschichte kann tatsächlich »Legende« genannt werden. Rabbiner Emil Cohn hat die verschiedenen Quellen aus Talmud und Midrasch zusammengetragen und zeigt dem Leser das Leben von Rabbi Akiwa in Form einer spannenden Geschichte. Von seiner »Erleuchtung«, bis zu seinem grausamen Tod durch die Römer. Diese Ausgabe enthält die Geschichte von Rabbiner Cohn, eine Übersetzung aus dem Talmud, in dem das Martyrium von Rabbi Akiwa geschildert wird, einige Zitate seiner zahlreichen Lehren und Quellenhinweise zu den Stellen im Talmud, die in der Geschichte erzählt werden.Wer sich mit dem Talmud befassen möchte, kommt um Rabbi Akiwa vermutlich nicht herum.
Häufig gestellte Fragen
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Information
Die Legende von Rabbi Akiwa
Zu der Zeit, in der der heilige Tempel gefallen war, und die Hand der römischen Kaiser schwer auf dem Lande Judäa lag, lebte in Jerusalem ein Mann, der hieß Kalba Sabua.
Er war ein großer Herr, der über viel Herden und noch mehr Land verfügte. Sein Haus war voll von Knechten und Mägden, und rings auf den Bergen um Jerusalem weideten seine Schafe und Rinder. Auf all das aber sah der Mann nicht, und es dünkte ihn nur gering, also mächtig zu sein.
Eines aber machte ihn stolzer als alle Menschen, die es damals in Jerusalem gab.
Das war seine Tochter Rachel, ein einziges Kind, das ihm sechzehnjährig im Hause blühte und von überaus großem Liebreiz war. Er ließ sie in einer goldenen Sänfte tragen, und zwei Knaben mussten vorauslaufen, um in den engen Straßen dem Jungfräulein Platz zu schaffen, wenn es in seiner Sänfte daherkam. Das Mägdlein selbst aber ließ es sich wohl dabei sein und lächelte sanft den Jünglingen zu, die vom Straßenrand her zu ihm hinüberschauten.
Nun war da ein Mann mit Namen Akiwa ben Josef, der war ein Knecht unter den Knechten Kalba Sabuas und diente ihm schon viele Jahre ohne Murren als ein Rinderhirte. Er war hochgewachsen, aber sein Rücken war gebeugt, denn er war schon an die vierzig und hatte allezeit schwere Arbeit getan im Hause seines Herrn. Auch waren ihm die Haare ausgegangen, und die Kinder riefen ihm »Kahlkopf! Kahlkopf!« nach.
Dessen achtete er aber nicht, denn er war schwerfälligen Geistes und gänzlich unwissend, so dass er den Leuten als ein Tölpel galt. Trotzdem war in diesem Knecht eine geheime Kraft, die es machte, dass ihm die Leute in den Bergen nachschauten, und die anderen Knechte und Mägde ihn sogar fürchteten. Nicht nur, dass keiner solche Lasten zu heben wusste wie er, erzählte man sich auch von der beinahe geheimnisvollen Macht, die dieser Hirte über seine Herde hatte. Keinem gaben die Kühe so viel Milch in den Eimer wie ihm, keiner wusste wie er durch Blick und Zuruf allein den Stier der Berge zu zähmen. Kurz, er hatte vermöge seiner besonderen Natur eine große Macht über die Herde, die großäugig auf ihn schaute. Und wenn er unwissend war und weder lesen noch schreiben konnte, so machte er sich nichts daraus, sondern hasste und verachtete im Gegenteil die Menschen, die sich das Leben mit trübem Wissen beschwerten, wo er aber einen Schriftgelehrten sah, knirschte er mit den Zähnen wie ein wilder Esel.
Einmal beschwerte sich ein solcher bei seinem Herrn und sagte zu Kalba Sabua: »Gib ihm eine Frau, dass er sanfter werde!«
Da antwortete der mit schlauem Blinzeln:
»Dieser Knecht ist tölpelhaft und dumm, aber auf seinem Herzen weidet die Herde. Die Kuh weiß es und gedeiht, und der Stier ist sanft, denn er wittert es. Ich gebe ihm keine Frau, beileibe, sonst möchten die Stiere wild und die Kühe mager werden. Lasst mir den Mann!«
So sagte Kalba Sabua, aber die Tochter hörte es und merkte sich die Sache. An einem Märzabend, als die Sonne unterging, trieb Akiwa, wie gewohnt, seine Herde den Ölberg herab, und gelangte mit dem Stier voranschreitend in einen Hohlweg, wo die Herde sich zwischen den Mauern zweier Weinberge drängen musste. Da kam ihm in der schönen Abendluft die Sänfte der jungen Rachel entgegen, umgeben von lachenden Jünglingen, die anmutige und auch gelehrte Dinge zu ihr sprachen. Wie nun auf einmal die Herde im Wege war, schlug einer der Jünglinge unwirsch mit dem Stock nach Akiwa und rief:
»Aus dem Wege, Knecht!«
Da ließ Akiwa den Stier stehen und ging geduldig auf die andere Seite. Als nun die Träger der Sänfte das starke Tier so ohne Führer sahen, ließen sie vor Schrecken die Sänfte fallen und liefen fort, und die Jünglinge taten desgleichen. Da saß das Mägdlein allein in seiner Sänfte und zitterte, wie es das Rote in den Augen des Stieres sah, der ihm schnaufend näherkam. Bebend blickte es auf Akiwa, der demütig und blöde beiseite stand, und es deuchte dem Kinde mit einem Male, dass auch in dem Hirten etwas von der Natur des Stieres sei. Da es sich aber umwandte und sah, dass alle seine Begleiter weit hinten standen, glitt es leicht aus der Sänfte und fragte den Hirten heimlich:
»Wenn ich dich heirate, willst du dann lernen gehen?«
Da erbebte der Knecht Akiwa, wie der Sinai bebte, als Gott auf ihn trat, und sagte: »Ja!« Holte darauf mit zitternden Händen eine Münze aus seinem Gürtel und gab sie dem Mägdlein: »Sei mir also geheiligt nach dem Gesetze Moses und Israels!«
Dann legte er den Arm auf den Nacken des Stieres, wandte sich mit seiner Herde und ging seiner Wege. Wie die Jünglinge das sahen, kehrten sie um und holten mit vielen Verbeugungen die junge Herrin ab, die schon wieder in ihrer Sänfte saß. In diesen Tagen sprach Rachel, die Tochter Kalba Sabuas, zu ihrem Vater: »Lass mich in die Berge ziehen, Vater, denn ich liebe die Herde. Ich liebe die Lämmer, die am Felsen grasen, und den Stier, der der Stärkste ist von allen. Lass mich in die Berge ziehen, dass ich dir Nachricht bringe von deiner Herde!«
Und der Vater erlaubte es ihr. Wie nun das Mädchen verzögerte, heimzukehren, sandte der Vater einen Boten aus. Und der Bote kam und meldete, dass Rachel eine Hirtin geworden sei. Sie melke die Kühe und schere die Schafe, und der Knecht Akiwa belehre sie. Da lachte der Vater, denn er kannte das sonderbare Wesen seiner Tochter.
Wie es aber zu lange währte, sandte er einen zweiten Böten aus. Der kam wieder und berichtete, dass die Tochter in einer Scheune wohne und im Heu auf der nackten Erde schlafe wie der Knecht Akiwa. Da ging der Vater selber hinaus und fand, dass beide sich vermählt hatten, und sein Zorn kannte keine Grenzen, Mit einem schrecklichen Fluch jagte er den Knecht mitsamt der Tochter von Hof und Herde, und enterbte die Tochter aller seiner Güter, indem er harte Gelübde tat und sich mit schweren Eiden entsagte, sie jemals wiederzusehen.
So zogen Akiwa und Rachel ins Elend hinaus. Sie schliefen im Heu, obgleich der Winter gekommen, die Tage trübe und die Nächte frostig waren. Jeden Morgen sammelte Akiwa das Stroh aus Rachels Haaren und scherzte: »Ich werde dir n...
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Die Legende von Rabbi Akiwa
- Aus dem Talmud: Das Martyrium des Rabbi Akiwa
- Mehr von Rabbi Akiwa
- Quellenhinweise
- Impressum