1. Einleitung
Die Beschäftigung mit den sächsischen Infanterie-Fahnen im Zeitraum 1810 – 1815 ist die Beschäftigung mit einem Puzzle.
Die einzige Arbeit, die sich alleinig mit den sächsischen Fahnen im genannten Zeitraum beschäftigt, ist jene des Herrn Dr. Kelterborn. Diese Arbeit ist jedoch aufgrund der verwendeten Sekundär- und Tertiärquellen sowie der interessanten, aber leider ohne Belege dargereichten Hypothesen wenig zielführend.
Alle anderen Werke, in denen der sächsischen Fahnen dieser Zeit Erwähnung getan wird, sind multiperiodale und/oder multinationale Werke.
Unstreitig ist das Hottenroth’sche Werk das Ergiebigste und Wichtigste, aber auch bei diesem bleiben nach der Lektüre bestimmter Abschnitte mehr Fragen als Antworten. So wird u.a. die Frage nach den Fahnenverlusten aufgrund der Unkenntnis über die Organisation der Infanterie im Sommer 1813 nur unzureichend beantwortet. Dennoch ist das Hottenroth’sche Werk als Standardwerk die Basis, um die von den anderen Werken gelieferten Puzzleteile richtig ein- und zuordnen zu können.
Am Anfang dieser Arbeit wird deshalb die Quellenlage aufgeführt, um dem Interessierten die Möglichkeit zu geben, diese mit dem eigenen Quellenbestand abgleichen sowie evtl. noch nicht berücksichtigte Quellen einordnen zu können. Sollten sich aus derartigen Quellen neue Erkenntnisse ergeben, bin ich für eine Information zutiefst dankbar.
Äußerst interessant sind die in der Deutschen Fotothek befindlichen Bilder der Fahnen der Regimenter Rechten, Niesemeuschel, Oebschelwitz, König und Prinz Maximilian. Dem Bild mit den beiden Leibfahnen der Regimenter König und Max kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da es sich um eines der bisher verschollenen Bilder handeln kann, die Hottenroth im Kasaner Dom anfertigen ließ.
Die Bilder der Fahnen der Regimenter Rechten, Niesemeuschel und Oebschelwitz hat in bewährter Weise Herr Möbius1 in den Jahren 1933 - 1938 im Dresdner Armeemuseum angefertigt. Interessanter Weise tauchen die Bilder der Fahnen von Niesemeuschel und Oebschelwitz (jeweils mit Vorder- und Rückseite) als Farbfotos im Werk von Graefe auf. Von wann diese Fotos (wenn es Fotos und keine Nachkolorierungen sind) stammen und ob sie noch existent sind, hat sich nicht herausfinden lassen. Einer diesbezüglichen Anfrage2 an das Militärhistorische Museum in Dresden ist nicht einmal die Ehre einer Eingangsbestätigung zuteil geworden.
Ergänzt wird die Arbeit durch Ausführungen zu den mit einer Fahnenverleihung einher gehenden Zeremonien und Verwaltungsakten.
Auch die Stellung der Fahne im Bataillon und die Handgriffe mit der Fahne werden erläutert.
Bedanken möchte ich mich beim Team des Hauptstaatsarchives Dresden (für die wiederum problemlose Bereitstellung von Akten und Kopien) und dem Team der SLUB/Deutschen Fotothek für die Bereitstellung und Veröffentlichungsgenehmigung der Fahnenbilder.
Mein ganz besonderer Dank aber gilt Hans-Jürgen Donner und dem Museum in Wolkenstein für die gewährte Unterstützung sowie Jörg Hensel für die Zeichnungen der Bordüren.
Sprotta-Siedlung im August 2014
Abb.02 Maße der Fahnendetails Wappen, Spitze und Schuh (Angaben in mm, Aufmaß des Autors an der Bataillonsfahne Rechten im MHM Wolkenstein)
2. Die Quellenlage
2.1 Die Akten im Hauptstaatsarchiv in Dresden
2.1.1 Die Fahnen betreffende Akten /Hauptzeughaus
Die Anschaffungen für die Truppe liefen zu dieser Zeit über das Hauptzeughaus. Der Aktenbestand des Hauptzeughauses (11269) weist zwar Akten zur Anschaffung von Fahnen aus3, jedoch befinden sich darunter keine Akten zur Fahnenbeschaffung von 1807 – 1811. Die einzige gelistete Akte zum Zeitraum 1807 (No. 287 Hauptzeughausangelegenheiten 1807 – 1809) behandelt nur Hauptzeughaus-interne Dinge.
2.1.2 Die Infanterie betreffende Akten
Im Aktenbestand der Infanterieformationen (11340) befindet sich lediglich eine Akte4 die Verleihung der neuen Fahnen betreffend. Die Akte bietet interessante Einblicke in das mit der Verleihung betriebene Verpflichtungsprozedere. Details zur Fahne gibt die Akte nicht.
2.1.3 Sonstige Akten
Im Aktenbestand des Generalstabes (11339) gibt es Akten mit den Allerhöchsten Befehlen für die Jahre 1811 (Akte No. 116) und 1813 (Akte No. 124), die auch Königliche Befehle zur Ausgabe der Fahnen beinhalten. Diese Befehle sind als Anlagen beigefügt.
2.2 Literatur
Die nachfolgenden Aussagen betreffen nur den Teil, welchen diese Werke zu den sächsischen Infanteriefahnen im Zeitraum 1811 – 1813 beitragen.
2.2.1 Hottenroth
Das Standardwerk zu den sächsischen Feldzeichen. Ohne Herrn Hottenroth wären wir heute nicht so umfassend über die sächsischen Fahnen in dieser Epoche informiert.
Wie bei jedem multiperiodalen Standardwerk sind in einigen Details Korrekturen notwendig, was aber die Bedeutung dieses Werkes in keinster Weise schmälert.
2.2.2 Kelterborn
Ein zu tiefsten DDR-Zeiten (rationierte und überwachte Vervielfältigungstechnik!) herausgegebenes Werk, das den damaligen Wissensstand zusammenfasst und einige interessante Thesen aufstellt.
So enthält es die interessante und scheinbar logische These „Fahnenbeschaffung nach den Regimentsfarben von 1807 – Fahnenausgabe nach den Regimentsfarben von 1811“. Der hierfür als Quelle angeführte Herr Donath, der 1932 im sächsischen Armeemuseum Beweise für diese These gesammelt und niedergeschrieben haben soll, wird jedoch weder im Original zitiert noch anderweitig ausgewertet, so dass diese These leider nicht diskutabel und der Nachwelt wieder eine Quelle verschlossen ist.
2.2.3 Andalenko
Andalenko wertet für seine Arbeit die bereits vorhandenen Quellen wie z.B. Hottenroth oder Lehmann aus. Durch das Heranziehen französischer und russischer Quellen liefert er erweiternd aber sehr wertvolle Informationen.
2.2.4 Heckel
Eine Standardquelle für die Fahnenverluste in den Feldzügen von 1812 und 1813. Leider werden die im Kasaner Dom befindlichen Fahnen – nach einer sehr nach Hottenroth klingenden Einführung – nur verbal und dazu noch uneinheitlich beschrieben. Die s/w Lithographien (Fotos enthält das Werk leider nicht) zeigen das, was man zum damaligen Zeitpunkt von den Fahnen noch gesehen hat und geben mit den Beschreibungen sachdienliche Hinweise. Die farbigen Lithografien verfügen über einen hohen Anteil an künstlerischer Freiheit5.
2.2.5 Gräfe
Wie der Untertitel des Werkes ankündigt, ist dieses Werk eine multiperiodale Bestandsaufnahme, die nur wenig erhellendes zum Thema beiträgt. Äußerst interessant sind jedoch die Farbabbildungen zweier Fahnen der Regimenter Niesemeuschel und Oebschelwitz (jeweils Vorder- und Rückseite), die heute noch im Bestand des Militärhistorischen Museums in Dresden verfügbar sein müssten (oder aber evtl. im Wehrgeschichtlichen Museum Rastatt).
2.2.6 Sonstige
Weitere Quellen sind Lehmann (Details zu den Fahnenverlusten des Regiments Max) und Fiebig, die außer den genannten Details keine erweiternden Informationen bieten. Andere Quellen – wie z.B. Rigo/Charrie, diverse Men-At-Arms-Hefte, Knötel – sind von wenig hilfreich bis eher verwirrend anzusehen.
2.2.7 Memoiren
Interessant ist die Tatsache, dass die auch den Zeitraum 1811 umfassenden verfügbaren Memoiren (Larisch, Vollborn, Frenzel) die Verleihung der neuen Fahnen mit keiner Silbe erwähnen.
2.3 Bildliche Darstellungen
2.3.1 Militärhistorisches Museum Wolkenstein
Die einzige in Deutschland für die Allgemeinheit zugängliche Originalfahne (Bataillonsfahne Regiment Rechten) befindet sich im Militärhistorischen zu Wolkenstein6. Von dieser Fahne findet sich mit freundlicher Genehmigung von Hans-Jürgen Donner eine Vielzahl von Aufnahmen in diesem Heft.
2.3.2 Deutsche Fotothek
Im Bestand der Deutschen Fotothek befinden sich 5 Aufnahmen von Fahnen aus der behandelten Zeit. Es handelt sich dabei um
Bataillonsfahne Regiment Rechten (Vorder- und Rückseite)
Bataillonsfahne Regiment Niesemeuschel (Rückseite)
Bataillonsfahne Regiment Oebschelwitz (Rückseite...