IV Zauberinnen
Eine wesentlicher Aufgabe der germanischen Priesterinnen war neben der Diagnose durch ihre Sehergabe auch die Therapie mithilfe ihrer magischen Kenntnisse. Daher waren die Seherinnen sehr oft auch Zauberinnen.
Die Dinge, die sie mithilfe ihrer Magie vollbringen konnten, sind sehr vielfältig.
IV 1. Zauberinnen allgemein
An einigen Textstellen wird nur allgemein gesagt, daß eine Frau eine Zauberin gewesen ist, ohne daß Näheres über sie berichtet wird.
IV 1. a) Völsungen-Saga
Giuki jedoch hatte Grimhild die Weise geheiratet.
IV 1. b) Egil-Saga
Dies waren die Söhne der Thorona; sie lebte ganz in der Nähe des Skallagrim und war in den magischen Künsten sehr bewandert.
IV 1. c) Egil-Saga
König Erik Blutaxt gewann eine große Schlacht am Fluß Dvina in Bjarmaland, wie in dem Lied über ihn berichtet wird. Und auf dieser Fahrt nahm er Gunnhilda, die Tochter des Auzur Toti und brachte sie mit heim. Gunnhilda übertraf alle Frauen an Schönheit und war klug und in den magischen Künsten sehr bewandert.
IV 1. d) Egil-Saga
Da sprach Egil diese Verse:
„Aus der Gefangenschaft des norwegischen Königs,
aus der Zauberkunst der Gunnhilda
habe ich mich befreit
– ich prahle nicht zu dreist mit dieser Tat –
und drei, die nur ich kenne,
des Königs Lehnsleute,
liegen tot darnieder:
ich rannte zu der hohen Halle des Hela.“
IV 1. e) Heimskringla
Dort lebte eine Frau, die Gunstein half, sich zu verbergen und es wird erzählt, daß sie mit der Zauberkunst sehr vertraut gewesen ist.
IV 1. f) Heimskringla
Hugleik war der Name von König Alfs Sohn, der den beiden Brüdern im Königreich der Schweden auf dem Thron folgte, da die Söhne des Yngve noch Kinder waren.
König Hugleik war kein Krieger, sondern saß friedlich daheim in seinem Land. Er war reich, aber hatte dennoch den Ruf, äußerst gierig zu sein.
Er hatte an seinem Hof alle Arten von Musikanten, die Harfen, Fiedeln und Geigen spielten, und hatte Zauberer und alle Arten von Zauberinnen um sich.
IV 1. g) Die Geschichte über Hromund Greipsson
Da sandte man nach der Schwester des Königs. Svanhvit untersuchte Hromunds Wunde und nähte seinen Bauch wieder zusammen und versuchte ihn wieder zu sich zu bringen.
Die ließ ihn zu einem Mann, der Hagal genannt wurde, bringen. Die Frau dieses Mannes war sehr geschickt und sie hießen ihn willkommen und pflegten ihn wieder gesund. Hromund entdeckte, daß das Paar in der Magie sehr bewandert war.
Der Mann war ein Fischer und eines Tages fing er einen Hecht und als er heim gegangen war und ihn aufgeschnitten hatte, fand er Hromunds Schwert Mistelzweig in seinem Magen und gab es ihm. Hromund war glücklich und küßte den Schwertgriff und belohnte die Bauersleute reich.
Hromund hatte zuvor sein Schwert bei dem Kampf gegen einen Zauberer auf einem zugefrorenen See verloren. Der Beinahe-Tod und der Verlust des Schwertes im Wasser und die anschließende Heilung durch ein zauberkundiges Paar und das Wiederfinden des Schwertes sind offensichtlich eine Übertragung der winterlichen Jenseitsreise des Schwertgottes Tyr in den Bereich der Saga.
IV 1. h) Die Huldar-Saga
Diese Version der Saga ist um ca. 1800 n.Chr. aus älteren Quellen zusammengestellt worden. In diese Sage sind sehr viele ältere Motive aus anderen Mythen und historisch-mythologischen Berichten eingearbeitet worden.
Die Götter sind in dieser Saga zu Königen und Menschen früherer Zeiten umgedeutet worden. In dieser Saga sind die drei Göttinnen Huld, Thorgerdr Helgabrudr und Irpa zu der Seherin-Zauberin Huld und ihren beiden Töchtern geworden.
Erläuterungen finden sich im folgenden nur an den Stellen, die sich auf den Charakter der Seherinnen beziehen. Die übrigen Informationen über die germanische Religion finden sich in den Kapiteln über die jeweiligen Themen, wie z.B. den betreffenden Riesen.
In dieser Lebensgeschichte der Zauberin/Göttin Huld und ihrer beiden ebenfalls zauberkundigen Töchter Thorgerdr und Irpa werden viele verschiedene Arten der Zauberkunst beschrieben. Diese Lebensgeschichte enthält auch viele Hinweise darauf, wie die Germanen ihre Seherinnen gesehen haben. Alle diese Textstellen werden im Folgenden angeführt.
Später in diesem Kapitel über die Zauberinnen der Germanen folgen dann noch Betrachtungen über die einzelnen Arten der Zauberei.
Die detaillierte Betrachtung der beiden vollständigen Fassungen der Huldar-Saga finden sich in dem Kapitel „Huldar“ in Band 28.
IV 1. i) Die ältere Version der Huldar-Saga
1. Kapitel
König Hjörvard der Wikinger war ein Urenkel von König Odin. Als seine Frau niederkam, rief er seine eigene Pflegemutter, die Völva Hleidr zu Hilfe, ein Weib aus dem Geschlechte der Äsir. Mit ihrem Beistand kam der Knabe Hildibrandr zur Welt, den sie dann mit Zustimmung seiner Eltern mit sich in ihre Höhle nimmt, um ihn dort aufzuziehen und nach erreichtem 10. Jahr diesen zurückzugeben.
Die Hebammen-Tätigkeit scheint häufig zu den Aufgaben der Priesterinnen-Seherinnen gehört zu haben.
2. Kapitel
Diese Höhle lag in einem Seitental an der Mündung des von Unholden bewohnten Thor-Tales.
3. Kapitel
Hleidr selbst aber war eine Tochter des Riesen Svadi, welchen sein Verwandter Asathorr dahin gewiesen hatte, als er wegen Totschlagssachen aus den Byrgis-Tal landesflüchtig geworden war, und der von ihm geraubten Herborg Haddings-Tochter aus Thelamork.
Ihrer zwiespältigen Abkunft wegen konnte Hleidr mit Menschen ebensogut wie mit Unholden verkehren. Von einer Tochter her hatte sie aber einen Enkel Namens Kollr, der schon 12 Jahre alt war, als Hildibrandr zur Welt kam.
4. Kapitel
Viele Jahre zuvor war es aber geschehen, daß König Odin einmal mit seinen Hof-Männern Loki und Hönir zu seiner Unterhaltung in einen Wald geritten war. Hier sah er einen goldgeschmückten Hirsch, dem er sofort auf seinem Rosse Sleipnir nachsetzte. Bald verloren ihn seine Begleiter aus den Augen.
Er aber stößt nach langer vergeblicher Verfolgung des Wildes endlich auf drei stattliche Frauen, deren vornehmste ihn nicht ohne einigen Spott bei seinem Namen begrüßt und einlädt, bei ihnen einzukehren.
Er nimmt die Einladung an, wird in ihrer Höhle trefflich bewirtet und teilt die Nacht über mit jener Frau das Lager. Merkend, dass er von ihr listig eingefangen worden sei, verlangt er am nächsten Morgen von ihr Aufklärung, welche sie auch sofort gibt.
5. Kapitel
Sie erzählt, wie König Rudent der Dicke von Risaland einmal auf der Heerfahrt nach Hulldumanmaland verschlagen wurde und dort die Königin dieses Landes, Magia, heiratete, welche dem Geschlechte Kams des Zauberkundigen entstammte.
Leider wird über diesen Magier mit dem Namen Kam nichts Näheres berichtet.
6. Kapitel
Er fuhr jedoch, obwohl sie ihn gewarnt hatte, heim und vergißt sie, während Magia eine Tochter zur Welt bringt, welche sie Huld nennt, aber sofort aussetzen läßt, den Rudent durch Zauber tötet und sich selbst zu Tode grämt.
Rachezauber aus Liebeskummer waren keineswegs selten …
7. Kapitel
Nun aber griff Gigas, ein Bruder Rudents und der Beherrscher der Thursen-Burg, ein Riese und arger Unhold voller Zauberkunst, ein.
Er holte sich in Drachengestalt das Kind, zog es bei sich auf und lehrte es mancherlei Zauberei.
Als aber Huld 16 Jahre alt geworden war, heiratete er sie and gewann mit ihr zwei Töchter: Thorgerd und Yrpa.
Später wurde er von seinen Nachbarn erschlagen. Da diese jedoch die Rache der zauberkundigen Huld Troll-Königin fürchteten, boten sie ihr sofort einen Vergleich an und die Unterwerfung unter ihren eigenen Spruch.
Da berief Huld alle Riesen und Unholde in den Nordlanden auf 12 Monate hinaus zu einer Versammlung nach den Hallmundarheidir in Jötunheim, und an diesem Alljahres-Thing wollte sie ihren Spruch tun.
Den Odinn aber, sprach die Erzählerin, habe sie zu sich gelockt, um seiner zu genießen, wofür sie ihm aber auch die Ehre antun wolle, ihm die Fällung des Spruches den Unholden gegenüber zu übertragen.
Zugleich empfiehlt sie ihm ihre beiden Töchter, Thorgerd und Yrpa. Dann zog sie tatsächlich mit Odinn zu der Versammlung der Unholde, er auf seinem Rosse, sie aber in dem alten Drachengewand. Dort gab Odinn seinen Schiedspruch dahin ab, dass Huld die Oberkönigin aller Unholde im Norden sein solle.
Ihr und ihm selbst zu Ehren sollte in Trölladýngja (...