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Die wesentlichen Jahre - Aus den Anfangsjahren der Transformation

  1. 172 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Die wesentlichen Jahre - Aus den Anfangsjahren der Transformation

Über dieses Buch

Wesentliche Jahre liegen vor uns. Die Welt wandelt sich und wir gestalten. Der Ort der Veränderung ist die kleine Stadt, in der man lebt, der Kiez, das Dorf, die Nachbarschaft. Und die Kommunalpolitik ist eine gute Möglichkeit, um die wesentlichen Jahre zu gestalten. Doch das Interesse schwindet. Dabei, so der Autor, ist hier die Einflusssphäre groß, hier kann gestaltet werden. Die Anforderungen, die vor uns liegen, sind Aufforderungen zum Handeln.

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Information

Die Situation

Welch unklare Zeit! Welche Krisen gilt es zu bewältigen? Die Klimakrise oder die Finanzkrise? Die internationalen Krisen, die ungezählten Kriege, die Versorgung mit Rohstoffen? Es handelt sich um eine Zeit der multiplen Krisen, wie der Politikwissenschaftler Ulrich Brand es nennt: Arbeitslosigkeit, Armut, Finanzkrise, Hunger, Erosion der biologischen Vielfalt, Klimawandel, Rohstoffknappheit und so weiter haben so drastische und überwältigende Dimensionen angenommen, dass sie lähmend und überfordernd wirken.9 Und in dieser Liste fehlt noch der notwendige Umgang mit den vielen Vertriebenen und Flüchtlingen, die mit vollem Recht vor unserer Türe stehen und Schutz suchen. Die Krisenvielfalt lähmt uns. „Scheinbar machtlos unsichtbaren Kräften ausgeliefert, verharren wir im Dämmerzustand zwischen Angst vor der Apokalypse und Hoffnung auf Erlösung.“10 Dies zum einen. Doch zum anderen stellt sich die Frage, wo sich denn diese Krisen im Kommunalen überhaupt zeigen? Wo erscheinen uns diese Krisen konkret? Denn irgendwie sind sie immer noch woanders, diese Krisen, was uns untätig werden lässt.
Auf den Spätkapitalismus folgt das Zeitalter der Tipping-Points. Also der Moment in der (Klima-)Geschichte, an welchem nicht mehr regulierbare und vor allem nicht mehr umkehrbare Veränderungen stattfinden, die ganz konkret Auswirkungen auf alles haben, auf jeden, auf jeden Fleck dieser Erde. Wünschbarer wäre ein anderer Tipping-Point. Stefan Meretz nennt diesen Punkt „Funktionswechsel“. Die verschiedenen Impulse, Anregungen und Ideen, die Alternativen zum derzeitigen System nicht nur denken, sondern mit Leben füllen, verlieren an diesem Punkt der Entwicklung ihre Nischenposition. Aufgrund zunehmender Krisen des Systems erhalten die Alternativen überlebensrelevante Dimensionen. Und zugleich „gehen sie nicht in der alten Form der Warenproduktion auf, sondern erhalten ihr qualitativ andersartiges soziales Prinzip aufrecht, weil sie sonst nicht funktionieren würden.“ Es gelingt ihnen also, sich nicht vom System kaufen zu lassen und von diesem geschluckt oder gekauft zu werden. Sie wehren sich erfolgreich gegen die In-Wert-Setzung und erhalten ihre systemtranszendierende Funktion, also die Fähigkeit, ohne sich vom bestehenden System vereinnahmen zu lassen, noch stabil zu funktionieren. Dies gelingt auch, weil sie gerade in den Krisen sowohl für das bestehende System nutzbar bleiben, zugleich jedoch weiterhin nicht der sozialen Logik des Bestehenden folgen.11 Damit diese Alternativen entstehen, müssen wir handeln und mithelfen, dass sie entstehen können. Und genau das ist in der Kommunalpolitik ganz konkret möglich, von ihr können Bedingungen geschaffen werden, die den Nischen so viel Raum geben, dass sie die Nischen verlassen können. Doch es ist zu befürchten, dass es anders kommt.
Selbst der wissenschaftliche Dienst des Bundestages gibt bekannt, dass der Verlust der Biodiversität, der Klimawandel und der Stickstoffeintrag in die Biosphäre sich so entwickelt haben, dass die planetaren Grenzen überschritten sind.12 Und es ist sehr fraglich, ob ein System, welches dem Profitstreben verfallen ist, überhaupt die Grundlagen bieten kann, hier die Richtung zu ändern. Es ist der Moment, wo sich Dynamiken entwickeln, mit denen wir uns einfach noch nicht auskennen. Doch auch das ist irgendwie noch zu weit weg. Oder anders herum formuliert: Noch sind unsere Mechanismen und mentalen Denkstrukturen stabil genug, die uns denken lassen, eben nicht davon betroffen zu sein. Oder aber wir sind Opfer und Täter einer arroganten Behauptung gegen uns selbst: „Man erklärt sich selbst für so doof und inkompetent, dass man trotz einer guten Ausbildung, eines im Weltmaßstab exorbitanten Einkommens und Lebensstandards, trotz jeder Menge Freizeit, Mobilität und Wahl zu allem und jedem, „nichts machen“ kann gegen die weitere Zerstörung der Welt. Und man weist empört jede Aufforderung zurück, man solle doch Verantwortung übernehmen dafür, dass die Welt besser und nicht permanent schlechter wird.“13
Es ist zum Glück ein Irrtum, dass wir nichts unternehmen können. Und es wäre falsch anzunehmen, dass es keinen relativ breiten, kulturübergreifenden Konsens gibt, „die vorherrschende Wirtschaftsweise in übergeordnete Ziele von Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz oder generell in Aspekte eines fürsorglichen Umgangs mit Ressourcen einzubetten.… Politische Optionen, die an postmateriellen Werthaltungen und Nachhaltigkeitsorientierungen anknüpfen, stehen nicht im Widerspruch zu den Mehrheiten reicher und sich industrialisierender Gesellschaften.“14
Und es ist zudem so, dass genau hier der richtige Ort ist, um die Weichen zu stellen. Nicht an allen Ecken der Erde sind die gleichen Maßnahmen die richtigen, aber an jedem Ort gibt es richtige Maßnahmen.
In der Enquete-Kommission des Bundestages zum Thema „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ wurde unter anderen Dennis Meadows eingeladen, einer der maßgeblichen Autoren der Studie „Grenzen des Wachstums“. Er meinte15:
„Jetzt befinden wir uns in einer revolutionären Zeitspanne. Es ist ungeheuer spannend, sich umzuschauen und zu versuchen zu verstehen, was hier wirklich passiert und was in der Zukunft passieren wird.
Letzen Samstag gab es [hier in Berlin] eine Occupy-Berlin Demonstration, die wissen auch nicht unbedingt, was sie wirklich wollen, aber sie wissen, dass die gegenwärtige Situation ihnen nicht gefällt. Und dieses Gefühl wird von Millionen, von Hunderten Millionen von Menschen auf der ganzen Welt geteilt.
Wohin führt das? Ich weiß es nicht.… Ich habe schon sehr oft gesagt, dass wir in den nächsten 20 Jahren, also bis 2030, mehr Wandel in diesem Land erleben werden, in dieser Union, in Europa, als man sich vorstellen kann. Politischer Wandel, sozialer Wandel, Umweltwandel, auch wirtschaftlich großer Wandel. Wir leben da schon in einer Zeit, in der viele der Annahmen, die wir alle haben und die wir halten, verändert werden. Und das ganze wird in unserer Lebenszeit passieren.“
Und während er das sprach, stand folgendes Zitat von ihm an der Wand: „Now is too late for sustainable development; our goal should be to increase resilience.“ (Jetzt ist es zu spät für nachhaltige Entwicklung; Unser Ziel sollte das Stärken der Resilienz sein.)
In diesem Buch geht es unter anderem um die Darstellung der Transformationsnotwendigkeit und der Transformationsmöglichkeit. Der Begriff Resilienz ist für die Darstellung sehr wichtig. Darunter ist die Widerstandskraft eines Systems gegen äußere Einflüsse gemeint. Diese Widerstandskraft hat zur Folge, dass ein System seine grundlegende Organisationsweise erhalten kann, obgleich es von äußeren Veränderungen in Bewegung versetzt wird und unter Druck gerät. Und wenn ein System unter Druck gerät, wie es derzeit in unserem Wirtschaftssystem der Fall ist, dann entstehen Lücken, die genutzt werden können. Solche Lücken sind z.B. auch Momente, in denen der Halt verloren geht und sie eignen sich auch für üble Geschäftemacherei. In der Not verkauft sich fast alles. Aber solche Lücken sind auch welche, die mit solidarischen und nachhaltigen und zukunftsweisenden Ideen gefüllt werden können. Das Wanken als Chance zu begreifen, ist eine wichtige Grundhaltung, die es uns leichter machen wird in den kommenden Jahren.
Aber so schlimm ist es doch nun wirklich nicht mit den Umweltveränderungen – oder? Gut, hier in Kaufungen hat es diesen Sommer viel geregnet. Und in ganz Deutschland war 2014 wieder das heißeste Jahr des Jahrhunderts. Auch an diesem Beispiel wird folgendes deutlich: Das Ausmaß der Veränderungen übersteigt unsere Fähigkeit noch darauf reagieren zu können. Wir nehmen es hin, so wie wir im Radio hören, dass auf der A8 drei Kilometer Stau ist. Aber machen können wir ja eh nichts, es geht uns eben doch irgendwie nichts an. Dazu kommt: Die Jahrhunderthochwasser sind immer woanders. Die Losse, der Fluss, der Kaufungen durchquert, führt gelegentlich viel Wasser, aber ausreichend Rückhaltebecken haben verhindert, wieder ein Hochwasser zu haben wie 1969. Real gehen wir zur Arbeit, kaufen bei Edeka, Rewe oder Aldi unsere Lebensmittel und die Regale sind immer voll. Wir tanken bei Aral oder bei Q1 und statt Peak Oil fällt der Ölpreis wegen der Ölschwemme in Kanada und USA sogar. Kredite gibt es billig bei der Bank. Dass diejenigen, die Geld auf der hohen Kante haben, keine im kapitalistischen Sinne sinnvollen Anlagemöglichkeiten finden können, ist die andere Seite der günstigen Kredite. Da ist keine Krise, auch wenn das immer wieder behauptet wird. Krise ist definitiv woanders.
Das stimmt zwar nicht, aber Politik ist nicht gegen die konkrete Wahrnehmung zu machen. Es stimmt nicht, weil die Kürzungen bei den freiwilligen Leistungen und die Erhöhung der finanziellen Belastung und die Reduzierung des Winterdienstes und der Pflege der Grünflächen in der Gemeinde damit zu tun haben: Dass nämlich die existente Krise finanziert werden muss. Es stimmt nicht, weil wir weiter Rückhaltebecken bauen müssen und Hochwasserschutz betreiben. Und es stimmt nicht, weil der Haushaltsposten „Versicherungen“ größer wird, weil die Versicherer zunehmend mehr Umweltschäden bezahlen müssen. Aber dennoch: Gefühlt ist das alles woanders. Und in den Momenten, wo wir denken, dass es doch nicht so sei, sehen wir die nächste internationale Krise und ein Krieg entflammt dort und dann denken wir: „Ach, so schlimm ist es hier nun auch wieder nicht!“
Die vorherrschende Wahrnehmung hat etwas mit Information, mit Bildung und mit Ehrlichkeit zu tun. Krise und Krisenfolgen im Kommunalen müssen dargestellt werden, um die Situation zu veranschaulichen. Also wird hier noch einiges zu tun sein in den nächsten Jahren. Ungünstig wäre es in jedem Fall, so lange zu warten, bis die Krise gefühlt vorhanden ist, die Krise also so deutlich geworden ist und so spürbar, dass eine Verdrängung nicht mehr funktioniert. Denn dann, also tief in der Krise und damit in der Not fällt uns oft nur das Notwendigste ein, selten jedoch noch eine Vision und eine große, weitblickende schon überhaupt nicht mehr. Krise ängstigt. Wie kann es gelingen, Menschen diese Angst zu nehmen und wie kann es gelingen, die Menschen zu motivieren, konstruktive Ideen als Antworten zu entwickeln? Und das zu einem Zeitpunkt, an dem die Krise weiterhin woanders zu sein scheint? Die Sorge ist groß, dass es alleine der normative Druck der Rahmenbedingungen ist, der die Menschen zum Handeln bewegt und wir die Tickets für die große Reise dann erst abstempeln. Dann aber sind auf jeden Fall nur noch die Stehplätze frei. Kommunalpolitisches Handeln bedeutet auch, die geringe Chance auf moralische Einsicht und vorausschauende Planung zu ergreifen zu können, eben weil der Ort des Handelns begrenzt, weil die Zahl der Akteure bekannt ist und wir ihre Namen kennen. Neben der Aufklärung in Sachen Krise sollten Chancen und Möglichkeiten dargestellt werden. Die Antwort auch auf diese Krise ist die Selbstermächtigung und die Stärkung der Gestaltungskraft. Wir werden Anstrengungen beim Aufbau eines echten solidarischen Miteinanders vornehmen müssen und so in ein solidarisches Zeitalter einsteigen. Wir werden uns der Demokratisierung aller Lebensbereiche widmen. Und wir werden eine kulturelle Neubestimmung vornehmen. Dieses kommende wesentliche Zeitalter wird auch zum Inhalt haben, das kapitalistische Wirtschaftssystem zu überwinden. Das ist aus vielen Gründen notwendig, denn was wir vorfinden passt eben nicht zu einer solidarischen, demokratischen, gebildeten Gesellschaft. Das was wir an Grundkenntnissen benötigen und was wieder Teil unserer Identität werden muss, ist mit einem kapitalistischen System nicht vereinbar. Unser Fähigkeit, die Veränderungen zu meistern, unsere Resilienzfähigkeit basiert auf Kooperation und nicht auf Individualismus und Konkurrenz. Und glücklicherweise ist das zugleich das, wonach wir uns sehnen.
Wir befinden uns derzeit konkret in den Anfangsjahren dieser Transformation. Und diese beginnende Zeit hat einen unglaublichen Charme. Wir können konkret jetzt daran arbeiten und einwirken auf die einzelnen Themenfelder, die verändert werden müssen oder auch als neue auf uns zu kommen und daher sind die kommenden Jahre wesentliche! Für die Gemeinde Kaufungen insgesamt bietet sich die Gelegenheit, diesen Ort neu zu denken. Dieses kommende Zeitalter wird auch eines der Beteiligung sein, ein Zeitalter des Gesprächs. Wir haben die Chance, aus der um sich greifenden Individualisierung auszusteigen und Gemeinwesen neu zu definieren, zu erleben, zu gestalten. Dieses Gespräch sollten wir von Beginn an kultivieren, denn das Finden des Wohin, auf welches wir uns zu bewegen wollen, ist „eine soziale und kulturelle Aufgabe und besteht… zunächst darin, demokratisch auszuhandeln, was gutes Leben ist und was es erfordert.“16 Dieser Aushandlungsprozess ist zentral für das Gelingen der vor uns liegenden Transformation, weil in diesem sowohl Preis wie Lohn schon bewusst gemacht werden können, den diese Veränderung verlangen oder erbringen.
Ein grundlegendes Problem mancher der vor uns liegenden Veränderungen ist, dass sie sich wie Einschränkungen darstellen und diese Einschränkungen ängstigen uns. Wenn wir es zum Beispiel unter ökologischen Gesichtspunkten betrachten, dann geht es in den kommenden Jahren darum, dass wir unseren Konsum gründlich überdenken und uns an der einen Stelle für einen Konsumwandel und an anderer Stelle konkret für einen Konsumverzicht entscheiden. Das ist problematisch, weil das Dasein als Konsument das einzige ist, was wir kennen.17 Wir schaffen unsere Identität durch unser Kaufen. „Das Shoppingcenter und der Supermarkt sind Tempel des Konsumismus, in denen uns die globalen Unternehmen zur Mittäterschaft verführen. Wir beteiligen uns an der Zerstörung unserer eigenen produktiven Fähigkeiten, unserer ökologischen Rechte und unserer Verantwortung als Bürger*innen dieses Planeten.“18 Ein Auto ist ja eben kein Fortbewegungsmittel, sondern Teil unseres Ichs. Fraglos finden hier – insbesondere in den Großstädten und bei jungen Menschen – derzeit Veränderungen statt. Unter dem Schlagwort „Teilen ist das neue Haben“ verzichten zunehmend Menschen auf ein eigenes Auto, Car-Sharingsysteme verschiedenster Art gewinnen Marktanteile. Kurz gefasst: Zugang schlägt Eigentum. Da sich die Veränderung aber zugleich auf nicht nur den verschiedensten, sondern auf allen unser Leben betreffenden Gebieten abspielen wird und abspielen muss, ergreift uns Sorge, weil wir nicht mehr genau sehen können, wie es denn dann aussieht unser Leben.
Das Ende fossiler Kraftstoffe bedeutet fraglos, dass wir unsere gewohnten Abläufe und Handlungen radikal ändern müssen. Radikal bedeutet, dass es sich nicht um kleine Korrekturen handelt, nicht darum, ob wir statt diesem Produkt jenes kaufen. Sondern radikal bedeutet zum Beispiel, dass wir weniger kaufen. Und diese Idee von „Weniger kaufen“ ist, wenn wir es übertragen auf die unterschiedlichsten Bereiche, der Todesstoß für den jetzt schon taumelnden Kapitalismus, der sich mit viel Elan von Krise zu Krise schwingt. Und damit sind wir erneut bei einer der Schwierigkeiten vor der wir stehen: Wir müssen uns eine Welt ohne Kapitalismus vorstellen und die meisten Menschen haben dafür keine Bilder im Kopf. Dieser Umstand, also diese Bilderlücke, ist fatal, da durch diese Leere ein Weiter Denken und damit ein Ändern der Richtung nicht mehr möglich ist. Zumindest in groben Zügen muss das Bild einer wünschenswerten Zukunft vorliegen, wenn es Sinn machen soll, über Transformationen nachzudenken. Wenn in einer Diskussion die Notwendigkeit formuliert wird, dass wir den Kapitalismus überwinden müssen, dann sagt in der Regel irgendwer: „Der Kommunismus hat doch auch nicht funktioniert!“ Unabhängig davon, ob diese Aussage jetzt politikwissenschaftlich korrekt ist, kommt darin auf jeden Fall zum Ausdruck, dass es nicht sehr viele Alternativbilder gibt. Was nicht wundert, wenn uns in den letzten beiden Jahrzehnten bei jeder Gelegenheit erzählt wurde, dass es auch überhaupt keine Alternative gäbe. Allein der Umstand der steten Wiederholung dieser scheinbaren Tatsache hat uns stumpf gemacht und leider nicht stutzig. Es braucht uns nicht zu wundern, dass in den Momenten, in denen das Knirschen im Gebälk hörbar wird, Angst und Sorge auftauchen. Sie resultieren aus unserer eigenen Geschichte mit diesem Wirtschaftssystem. Sie sind die Folge einer Sage, die behauptet, der Kapitalismus haben gegenüber dem Kommunismus gesiegt. Diese „Wahrheit...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Brief an die Leserinnen und Leser!
  3. Vorwort
  4. Einleitung
  5. Die Situation
  6. Widerstandskraft des Systems
  7. Die Ängste
  8. Flucht und Fluchtursachen und eine kleine Gemeinde
  9. Klimaschutz
  10. Veränderungen
  11. Bürgerbeteiligung
  12. Vermittlung
  13. Selbstermächtigung
  14. Beteiligung der Jugendlichen
  15. Kreativität
  16. Gemeindevertretung
  17. 3-Generationen-Gespräche
  18. Infoblatt für die 3-Generationen-Gespräche
  19. Ablauf
  20. Mitnahmepunkte
  21. Wochenmarkt
  22. Regionalwährung
  23. Die Finanzen
  24. Mehr Einnehmen – Weniger Ausgeben
  25. Kommunikation, Kennenlernen, Verstehen, Weiterbilden
  26. Die Schieflage benennen
  27. Die Grundsteuer
  28. Verwaltung und Verwaltungsgemeinschaft
  29. Bauen um den Kreisel
  30. Mehr Einwohner*innen
  31. Die Vorbildfunktion
  32. Kühe
  33. Reicht es nicht schon?
  34. Literaturverzeichnis
  35. Impressum