2. ALKOHOL
2.1 Eine Destillation in Bildern
Zum Einstimmung in die Alkoholdestillation starten wir dieses Kapitel mit einer traditionellen Grappa- oder Tresterschnapsdestillation in Bildern.
Der Herr auf dem Foto zeigt uns auf den folgenden Seiten, wie man mit einfachen Mitteln einen Tresterschnaps destilliert. Im folgenden möchte ich ihn als „Meister“ bezeichnen. Die Destille, ein Alembik mit arabischem Hut, ist seit etwa 150 Jahren in Familienbesitz und auch sein Sohn wird eines Tages damit destillieren dürfen.
Vorbereitungen
Damit die Maische, oder in unserem Fall der Trester, nicht anbrennt gibt der Meister erstes Stroh als Unterlage in den Brennkessel. Alternativ könnte man auch ein Gitter aus gekochtem Weidengeflecht einlegen oder ein Kupfer- oder Edelstahlsieb verwenden.
Als nächstes gießt der Meister mehrere Krüge Wasser in den Brennkessel.
Nun wird der Kessel mit dem Trester gefüllt ...
Der Meister drückt und quetscht, er presst und füllt, bis der Kessel am Ende zum platzen voll ist.
Beim Tresterbrand darf im Gegensatz zum Brand aus Maische die Destille randvoll befüllt werden.
Je voller, desto besser ...
... sagt der Meister und füllt seine Destille sogar bis über den Rand hinaus.
Der gesammelte Vorlauf und Nachlauf vom letzten Jahr wird über die Trauben gegossen. Der Meister sagt: „Das muss sein, sonst funktioniert es nicht. Das ist die Sprache zwischen Mensch und Pflanze. Damit erklärt man dem vergorenem Trester, was man überhaupt von ihm möchte: den Alkohol.“
Dann wird der Hut aufgesetzt und gut festgedrückt, damit er möglichst sicher und stabil auf dem Kessel sitzt.
Erkennen Sie schon die Form der Destille?
Das Erbstück des Meisters ist ein traditionell genieteter Alembik mit arabischem Hut.
Im nächsten Schritt geht es um die Dichtung, denn damit alles auch wirklich dicht schließt und der gute Alkohol nicht an der falschen Stelle ins Nirgendwo verdampft, muss mit einer speziellen Paste gedichtet werden.
Die Paste wird mit der Hand dick in alle Verbindungsstücke, Ritzen und Nähte geschmiert, an denen eventuell Dampf entweichen könnte.
Wo kann man diese Paste kaufen?, werden Sie sich vielleicht fragen. Aber keine Angst, Sie müssen nicht in den nächsten Baumarkt fahren und suchen, denn der Meister verwendet ausschließlich natürliche Mittel.
Sein Geheimrezept verraten wir auf der nächsten Seite...
Das Geheimrezept:
Roggenmehl und Wasser werden sorgfältig und klümpchenfrei mit der Hand vermischt – fertig ist die Dichtpaste.
Dafür braucht es keine hitzebeständige, lebensmittelechte und vor allem teure Spezialsilikone oder andere chemische Dichtmittel.
Der Meister zeigt, wie es geht, und das ging schon immer so ...
Wenn alle Nähte mit der Paste verschmiert sind, sollte das Ganze etwa so aussehen wie auf dem oberen Bild.
Bei der Destille des Meisters gibt es keinen eigenen Kühlkessel. Das Destillat wird einfach in einem spiralförmig gebogenen Kupferrohr durch eine gemauerte Wanne geleitet.
Jetzt muss die Wanne mit Wasser gefüllt werden. Beim destillieren kann man nach Bedarf kaltes Wasser zulaufen oder das bereits aufgewärmte Wasser ablaufen lassen. Der Meister kontrolliert die Temperatur mit der Hand. Lauwarm ist genau richtig!
2.2 Theoretische Grundlagen
Zum Verständnis dessen, was bei der Alkoholdestillation überhaupt geschieht, sollten wir uns näher mit den physikalischen Grundlagen beschäftigen. Nur wer diese Grundlagen versteht, kann später über den rein technischen Bereich hinaus das nötige innere Verständnis aufbringen um sich zu einem „Künstler an der Destille“ zu entwickeln. Entscheidend ist nicht nur der reine Prozess des Destillierens, sondern gleichermaßen das Sammeln und Vorbereiten der Früchte oder Kräuter, das Einmaischen, das Anheizen, die Einwirkung der Flammen auf den Brennkessel, das Zusammenwirken der Flüssigkeiten, das Spiel der Temperaturen, die unterschiedlichen Siedepunkte, die Konstruktion der eigenen Destille, die den Dampf samt den enthaltenen Aromen bremst oder beschleunigt, der Kühler, in dem der Dampf wieder kondensiert, das Herauströpfeln des Destillates, die Art und Weise wie man es auffängt, verkostet und aufbewahrt. All das und noch viel mehr spielt zusammen und ein jedes Teilchen, jeder noch so kleine Arbeitsschritt, spielt eine Rolle im Gesamtprozess und kann entscheidend für ein erstklassiges Endergebnis sein.
Ein liebevoll hergestellter Obstschnaps wird alle gekauften Industrieschnäpse an Aroma und Trinkgenuss bei weitem übertrumpfen – ebenso wie Großmutters Marmelade garantiert besser schmeckt als die aus dem nächsten Supermarkt.
2.3 Brennmaische
Die beste Destille nützt nichts, wenn das zu destillierende Material schon Fehler aufweist. Das Aroma des fertigen Destillates wird von einer Unmenge diverser Inhaltsstoffe geprägt, die ihren Ursprung in der Qualität der verwendeten Maische oder Flüssigkeit haben. Qualität und Aroma des fertigen Brandes hängen direkt von der Maische ab.
Generell können alle Obstsorten und Getreidesorten zum Einmaischen verwendet werden; selbst aus Dosenfrüchten kann gemaischt werden. Eine komplette und ausführliche Anleitung zur Maischeherstellung mit allen verschiedenen Obst-, Getreide-, Gemüsearten, deren Mischungen und Aromatisierungen zu geben, würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Hier soll es hauptsächlich um das Destillieren selbst gehen. Ich werde nachstehend eine allgemeine Grundanleitung geben, die für alle Maischen gilt.
Am Ende des Kapitels beschreibe ich die Herstellung der einzelnen Spirituosen und gebe Hinweise zu einigen Dingen, die es bei besonderen Frucht- oder Beerenmaischen zu beachten gilt.
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Alles in allem ist das Maischeherstellen heutzutage oftmals ein kalter steriler Akt geworden. Doch, ich kann es nur immer wieder betonen, beginnt die Kunst der Schnapsherstellung schon beim Einmaischen, genau genommen sogar noch früher, beim Ernten des Obstes (vielleicht schon beim Säen und Aufziehen der ursprünglichen Pflanze). Es kann nicht schaden, sich schon bei der Ernte bewusst zu beteiligen, nur die allerbesten Früchte auszuwählen und sich nach Indianerart bei der entsprechenden Pflanze oder bei Gott zu bedanken. So erhält man von Anfang an eine ehrfürchtige Grundeinstellung und wird den Destillierprozess angemessen und mit Bedacht angehen. Wer alle Arbeitsschritte feierlich begeht, zelebriert und eine kleine, jährlich wiederkehrende Zeremonie im Familienkreise gestaltet – ähnlich wie beim Erntedankfest, kann dem Schnaps damit nicht schaden.
Der beste Zeitpunkt für die Ernte ist der frühe Morgen, teilweise auch der späte Nachmittag, dann enthalten die Pflanzen das meiste Aroma. Die Qualität des verwendeten Obstes bildet das Fundament für jeden guten Schnaps, aber auch die Einhaltung möglichst keimfreier Bedingungen sind Grundvoraussetzung. Heutzutage sollte die Hygiene kein Problem darstellen, denn wir wissen um Bakterien, Hefen, Pilze, Sporen und Kleinstlebewesen, die bei unerwünschter Vermehrung aus unserem mühevoll geernteten Obst schnell eine ekelhafte Brühe machen. Man kann davon ausgehen, dass jeder ausreichend heißes Wasser zum Ausspülen und Sterilisieren zur Verfügung hat und so problemlos alle verwendeten Geräte sauber halten kann.
Verarbeiten Sie nur allerbestes Obst, gewaschen und erntefrisch und entfernen Sie großzügig alle faulen und unschönen Stellen, denn so halten Sie das Risiko von Fehlgärungen und auch den giftigen Vorlauf so klein wie möglich. Wenn Sie es von vorneherein nicht auf einen aromatischen Edelbrand abgesehen haben, sondern einen neutralen Alkohol, beispielweise für Parfums oder Angesetzte, brennen möchten, dürfen Sie natürlich auch die eine oder andere unschöne Stelle mit einmaischen. Bedenken Sie aber, dass jede sichtbar angefaulte Stelle die Menge des giftigen Vorlaufs erhöht und die Gefahr einer Fehlgärung mit sich führt.
Wenn Sie das Obst gewaschen haben, wird alles zerkleinert und zerstoßen. Auch hierfür verwendet man heutzutage oftmals Maschinen. Doch ohne Fleiß kein Preis; wir empfehlen dem Hobbyanwender die traditionelle Methode. Zerdrücken Sie das Obst in einer sauberen Wanne oder in einem Bottich. Bei größeren Mengen empfiehlt sich das Zerstampfen mit den Füßen. Wenn Ihnen Ihre Füße nicht sauber genug erscheinen, ziehen Sie einfach (mit heißem Wasser gespülte) Gummistiefel über. Härtere Früchte müssen eventuell in kleine Stücke geschnitten oder gehäckselt werden. Bei Kernobst und vor allem bei Zwetschgen müssen Sie aufpassen, dass keine Kerne beschädigt werden, weil diese Blausäure enthalten, was dem fertigen Brand einen unangenehmen und in hohen Dosen auch giftigen Zyankaligeschmack geben kann. Am besten machen Sie sich die Mühe und sortieren alle Kerne bereits beim Einmaischen aus. Wenn man ohnehin schon mit den Händen und Füßen in der Maische steht, kommt es darauf auch nicht mehr an. Einfacher geht es allerdings, wenn Sie die Kerne erst vor dem Destillieren aussortieren, denn dann sinken diese in Ihrem Maischebehälter auf den Grund und können recht einfach abgesondert werden.
Beachten sie, dass bei manchen Bränden ein feiner Bittergeschmack der Kerne erwünscht ist (z.B. Slibowitz und manche Kirschbrände).
Gärbehälter: In den alten Zeiten wurde offen in großen Bottichen, Tonkrügen, Holzfässern oder in gemauerten Steinbehältern vergoren. Es existieren normalerweise ausreichend Hefebakterien in der Luft und im Obst um eine Gärung zu starten. Trotzdem können sich beim offenen Vergären schnell Fehlgärungen entwickeln, wenn sich eine unerwünschte Hefe- oder Bakterienart stärker vermehrt, als die zur Trinkalkoholherstellung notwendige.
Wir empfehlen dem Hobbyanwender eine geschlossene Vergärung, am besten in einem großen Glasballon, der mit Gummipfropfen und Gärspund verschlossen werden kann. Als Gärbehälter eignen sich alle lebensmittelechten, alkohol- und säureresistenten Gefäße. Wichtig ist nur, dass sie gut verschließbar sind und dass man möglichst einen Gärspund anbringen kann. Der Gärspund lässt die beim Vergären entstehenden Gase entweichen und verhindert gleichzeitig das Eindringen von Bakterien und wilden Hefen. Solch einen Gärspund mit passendem Gummipfropfen gibt es in jedem größeren Gartenmarkt, notfalls kann man ihn sicher im Internet für wenige Euros finden.
Der Gärbehälter selbst sollte mindestens 5 Liter fassen, denn geringere Mengen gären nicht gerne. Eine gute und leicht zu handhabende Größe für den Hobbybereich sind unserer Erfahrung nach 25 Liter Ballons oder Kanister. Es ist immer besser eine etwas großzügigere Maische anzusetzen und auf mehrere Etappen zu destillieren, als von vorne herein zu wenig anzusetzen und dann ka...