Verschiedene längere Gebete
Die folgenden Gebete sind allgemeiner Natur und zum Teil sehr umfangreich, besonders das „Gebet in sechzehn Abschnitten“. Lange Gebete mögen als eine Übung gesehen werden, mit Ausdauer zu beten. Wer sich daran gewöhnen will, stehend oder kniend zu beten, wie das die Heiligen des Alten und Neuen Bundes taten und fast alle Christen bis ins zwanzigste Jahrhundert hinein, wird dies als besondere Herausforderung empfinden. Doch sollen wir uns davor hüten, dies als eine „Leistung“ uns selbst zuzuschreiben.
Die weitestgehende Aufgabe dieser Praxis im letzten Jahrhundert, vor allem in den protestantischen Kirchen im Westen, ist gewiss nicht auf Anregen des heiligen Geistes geschehen. Denn der sagt uns in Seinem Wort ja deutlich etwas anderes: „Ich habe bei mir selbst geschworen, aus meinem Mund ist Gerechtigkeit hervorgegangen, ein Wort, das nicht zurückgenommen wird: Ja, mir soll sich jedes Knie beugen und jede Zunge schwören!“ (Jes 45,23) und „Darum hat ihn Gott auch über alle Maßen erhöht und ihm einen Namen verliehen, der über allen Namen ist, damit in dem Namen Jesu sich alle Knie derer beugen, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.“ (Phil 2,9-11) Im Hebräerbrief heißt es: „Darum richtet wieder auf die schlaff gewordenen Hände und die erlahmten Knie.“ (Heb 12,12). Die Hände sprechen von unserem Tun, die lahm gewordenen Knie können auf ein lahm gewordenes Gebetsleben hin gedeutet werden.
Jakobus, der Bruder des Herrn, wurde vom Volk in Jerusalem „der Gerechte“ genannt. Seine Knie, heißt es, waren vom vielen Beten so wie die Knie von Kamelen geworden. Es ist auch Jakobus, der uns schreibt: „Das Gebet eines Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich ist.“ (Jak 5,16)
Was aber ist es, das einen Gerechten kennzeichnet, wenn nicht Glaube, Liebe, Barmherzigkeit, Treue, Geduld, Gehorsam, Demut und das freiwillige Annehmen des Kreuzes? Wer dies alles geringachtet, wird schwerlich Gehör bei Gott finden, denn das Gebet von Gesetzlosen ist Ihm ein Gräuel (Spr 28,9). Darum hat ein ernsthaftes Gebet vor allem damit zu tun, diese Tugenden der Gerechtigkeit ernst zu nehmen; ebenso den Herrn selbst.
Wie aber zeigt man Gott, dem Herrn, dem Schöpfer und König der Himmel und der Erde, dem alleinigen Machthaber und Gebieter, dem dreimal Heiligen, in dem es keinen Wechsel von Licht und Schatten gibt, unserem barmherzigen Erlöser, guten Hirten und lieben Vater, dass wir Ihn ernst nehmen? Wie alle Umgangsformen unter den Menschen, so drücken wir auch hier die Furcht, den Respekt, die Huldigung, die Liebe, den Glauben, die Demut, die Hoffnung, die Reue, die Buße und unser Angewiesensein auf Ihn vor allem mit Worten und Gesten aus, die mit unserer Herzenshaltung übereinstimmen sollen.
Beugen wir die Knie, so sollen wir die Knie unseres Herzens mitbeugen. Erheben wir die Hände im Gebet, so sollen wir unsere Herzen mit zu Ihm erheben. Ein Mann, der den Hut abnimmt im Gebet, bekennt sichtbar das Hauptsein Jesu Christi; eine Frau, die ihr Haupt bedeckt, die Unterordnung der Gemeinde unter ihren Bräutigam. Wenn wir unsere Gebete bewusst anbetend formulieren, so machen wir auch bewusst einen Unterschied zwischen Gott und allen Menschen, erheben Ihn über alle Mächte und Gewalten, denn Ihm ist keiner gleich.
All das soll uns im Gebet bewegen, zu dem der heilige Geist uns Freudigkeit geben möge. Zur Ehre Gottes, unseres Vaters, durch Seinen Sohn, den Herrn Jesus Christus, im Heiligen Geist.
Amen.
Ein schönes allgemeines Gebet, in vielen Anliegen und Nöten täglich zu gebrauchen (CP 11)
O Herr, allmächtiger Gott, Du heiliger und himmlischer Vater, der Du einig, ewig und allein gewaltig bist und von Ewigkeit zu Ewigkeit lebst und regierst! Wir kommen und erscheinen vor Dir, um die Knie unseres Herzens zu beugen; wir bitten und begehren vor Dir, dass Du Dich doch über uns erbarmen wollest, und unsere Münder, Zungen und Lippen und vor allem unsere Hände und Herzen reinigst, damit wir würdig gemacht werden, Deinen heiligen Namen, der da groß ist, anzurufen, zu loben und zu danken.
Denn wir bekennen, dass Du ein allvermögender, und überreicher Gott bist, voll alles Guten, und dass es neben Dir keinen anderen Gott gibt, weder im Himmel noch auf Erden, der Dir gleich ist. Und darum, weil wir wissen, dass Du ein gütiger, gnädiger und barmherziger Gott bist, wollen wir Dich einmütig anrufen, bitten und sagen, wie es uns Dein liebes Kind Jesus Christus gelehrt hat. Mach uns tüchtig und geschickt, dass wir im Geist und in der Wahrheit sprechen können und sagen:
Unser Vater im Himmel,
Dein Name werde geheiligt.
Dein Reich komme,
Dein Wille geschehe
auf Erden wie im Himmel.
Unser täglich Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schulden
wie wir unsern Schuldigern vergeben.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Übel.
Denn Dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
O heiliger Vater im Himmel, wir sollen Dich viel mehr loben und preisen als alle anderen Dinge und Geschöpfe; denn Du bist unser Gott und Schöpfer und hast uns nach Deinem Bild geformt und gemacht, uns auch viel mehr begabt als alle anderen Kreaturen und Geschöpfe. Dann, als wir tot in unseren Sünden und Deine Feinde waren, hast Du Dich unser erbarmt und Deinen eingeborenen Sohn nicht verschont, sondern Ihn für uns alle dahingegeben in den allerschmählichsten Tod am Kreuz. Da hat Er Sein unschuldiges Blut für uns vergossen und ist um unserer Sünden willen gestorben, um uns dadurch gerecht zu machen.
Er wurde vom Tod auferweckt und ist in den Himmel aufgefahren. Er hat uns ein heiliges, ewiges Evangelium predigen und verkündigen lassen, und uns dadurch zu Deiner seligen Gemeinschaft berufen und zu Erben Deines ewigen himmlischen Reichs.
Darum bekennen wir, dass wir mehr als alle Geschöpfe schuldig sind, Dich, o heiliger Vater, zu loben und Dir zu danken, Dich zu preisen und anzubeten. Deshalb sind wir auf unsere Knie gefallen und vor Dir erschienen.
Aber, o heiliger Gott und Vater, wir sind dazu nicht genügend geschickt, würdig oder tüchtig, Deinem heiligen Namen zu danken, wie Du es wohl würdig bist; denn wir haben uns so manches Mal vor Dir versündigt mit Worten und mit Werken, ja mit unserem eitlen unnützen Leben und Wandel. Aber wir kommen vor Dich und bekennen unsere Sünde. [Besonders leid tut mir …]
Wir bitten Dich im Namen unseres Herrn Jesus, Deines lieben Sohnes, dass Du Dich doch über uns erbarmen wollest. Erbarme Dich unser, und gehe nicht ins Gericht mit uns und handle nicht nach unseren Werken und Verdiensten, sondern nach Deiner großen Barmherzigkeit. So tilge alle unsere Übertretungen und nimm uns gütig wieder an, ja, Du heiliger Vater, bekleide uns mit dem rechten wahren Glauben, mit Treue und Wahrheit und mit der Erkenntnis Deines heiligen Wortes und Geistes. Sei Du, unser heiliger Vater, allezeit unser Weg und Wegbegleiter, unser Schutz und Schirm, unser Trost und unsere Kraft, und richte unsere Füße, unseren Sinn, unser Herz und Gemüt auf den Weg Deines göttlichen Friedens. Mach Dein heiliges und göttliches Wort, das Du uns hören lässt, in unseren Herzen lebendig und tätig, damit wir Dir gefallen und dienen mögen bis ans Ende unseres Lebens.
O Heiliger Vater, wir bitten Dich für alle unsere lieben Gemeindeglieder, für Brüder und Schwestern, wo sie auch unter dem Himmel und auf dem Erdboden zerstreut seien, ob fern oder nah bei uns, zu Wasser oder zu Land, ihre Namen sind Dir alle wohl bekannt. [Im Besonderen bitten wir für …]
O Herr, umlagere sie mit Deinen heiligen Engeln, denn Deine Augen sehen auf die, die Dich fürchten; gib ihnen zusammen mit uns gehorsame Herzen voll Glaubens, Weisheit und Verstandes, damit wir wissen, wie wir leben, wandeln und Dir gefallen sollen. Erfülle unsere Herzen auch mit Liebe, Frieden und rechter brüderlicher Einigkeit, denn Deine Liebe ist das rechte Band, mit dem Du Deine Auserwählten zusammenfasst unter Deinen Schutz und Schirm und unter die göttliche Gnade und Kraft, die nicht zu überwinden ist.
O heiliger Vater, wir bitten Dich, ist jemand aus Schwachheit, durch Angst und Not, Kreuz und Trübsal, oder durch mangelnden Glauben vom Weg der Wahrheit abgekommen, begehrt aber nun wieder Deine Gnade und die Fürbitte Deiner Gläubigen, so erbarme Dich, o Herr. [Besonders bitten wir für …]
Erweise Dich treu gegenüber ihnen, und gib ihnen eine wahre Reue und Buße über ihre Fehler und Schuld, und nimm sie wieder gütig als Deine Kinder an. Wenn wir sehen, dass so viele tausend Menschen von Dir erschaffen wurden, und dass so wenige Dich erkennen und fürchten, sondern durch falsche Lehrer und betrügerische Arbeiter abgehalten werden, so behüte uns, o heiliger Vater, vor falscher Lehre und falschem Glauben. Ebenso bewahre vor falscher Liebe und bösem Verstand, und vor all dem, das uns von Deiner Liebe und Gerechtigkeit abirren, hindern oder scheiden möchte.
O du heiliger Vater, wir bitten Dich, dass Du die große Ernte ansehen möchtest, aber wie wenige treue Arbeiter es gibt. So wollest Du heilige und treue Männer erwecken und in Deine Ernte senden, die vor Deinen heiligen Augen Gnade gefunden haben, die uns Dein heiliges Wort verkünden mögen, ohne allen Hochmut, unverfälscht und ohne Heuchelei. Die nichts anderes suchen als Dein Lob, Deine Ehre und Deinen Preis, sowie die Seligkeit der Seelen; die Dir ein gehorsames Volk bereiten, das eifrig und zu allen guten Werken geschickt sei; die Dein Volk, dass unter soviel Unverständnis nun noch gespalten ist, in Liebe, Frieden und Einigkeit versammeln mögen.
O heiliger Vater im Himmel, nimm allen Unverstand von uns. Ist noch etwas an uns, das Dir missfällt und uns verborgen ist, so gib uns das zu erkennen, und lass es uns zu Herzen gehen, dass wir es gerne ablegen mögen. Sollten wir auch noch nicht wissen, was Dir gefällt und uns verborgen ist, so lass uns auch das erkennen, und gib uns ein gehorsames Herz, damit wir es gerne annehmen mögen, damit unser Tun und Lassen Dir wohlgefalle.
O heiliger Vater im Himmel, wir bitten Dich für alle, die um Deines Wortes und Zeugnisses willen leiden, die im Gefängnis und in Banden sind, verjagt, vertrieben, verachtet, unterdrückt, ihrer Güter und allem menschlichen Trosts beraubt.
[Besonders beten wir für …]
O Herr, tröste sie doch mit Deinem göttlichen Trost, mach ihnen ihr Leiden leicht, und gib ihnen neben aller harten Versuchung und Trübsal einen gnädigen Ausgang und Beständigkeit, nach Deiner unergründlichen Güte und Barmherzigkeit. Lass sie fest und unbeweglich für Deinen Namen einstehen, Dein Kind Jesus vor den Menschen bekennen, damit sie vor Dir bekannt werden mögen.
O heiliger Vater im Himmel, sei auch all denen gnädig, die Dich und uns hassen, schmähen, verachten, verfolgen und doch nicht wissen, was sie tun. Darum rechne ihnen unsertwegen keine Schuld zu, sondern gib ihnen zu erkennen, wie schwer sie sich vor Dir versündigen, damit sie erschrecken, sich bessern und Buße tun.
O heiliger Vater, wir bitten Dich, zerschlage und zerbrich die Pläne und Anschläge all unserer Feinde, die sie gegen uns ersinnen, und errette uns, wie Du von Anbeginn der Welt an alle errettet hast, die Dir von Herzen geglaubt und vertraut haben. So wollest Du Dich, o heiliger Vater, über uns erbarmen, wie sich ein barmherziger Vater über seine Kinder erbarmt. Sende Deine Engel vom hohen Himmel herab, dass sie vor uns hergehen und für uns gegen unsere Feinde und Widersacher kämpfen. Errette uns aus der Hand derer, die uns hassen, bis zu der Zeit, zu der Du uns, o Herr, als geschickt und tugendhaft genug erkennst, all das zu erleiden, was Du über verordnet hast, damit wir von Deinem Wort weder zur Rechten noch zur Linken abweichen; damit wir als treue Zeugen Deines heiligen Wortes befunden werden, damit unsere Namen im Buch des Lebens gefunden werden mögen; damit wir durch Deine Gnade würdig werden mögen, dem zukünftigen Übel und Deinem grimmigen Zorn zu entfliehen und fröhlich vor Deinem heiligen Angesicht erscheinen. Ja, o Herr Jesus Christus, Du wollest uns ein gnädiger Richter sein, damit wir uns mit Deinen auserwählten Kindern in Deinem ewigen Reich erfreuen mögen, zum Lob und Preis Deines heiligen Namens immer und ewiglich.
Wir bitten Dich, o heiliger Vater im Himmel, für alle Könige und Herrscher, besonders für die, unter deren Schutz und Schirm wir wohnen. O Herr, gib ihnen das zu verstehen, warum sie von Dir geschaffen, gemacht und eingesetzt sind. Gib Ihnen, damit sie Deinen göttlichen Willen tun und vollbringen können, Deine Furcht in ihre Herzen, damit sie die Gewalt, die Du ihnen gegeben hast, nicht missbrauchen, sondern den Frommen zum Schutz und Schirm, den Übeltätern und Ungerechten aber zur Furcht und Strafe einsetzen. Gib ihnen zudem Weisheit und Verstand, ihr Land, ihre Leute und Städte so zu regieren, dass wir unter ihnen ein stilles und gottseliges Leben führen mögen, o Herr, nach Deinem heiligen und göttlichen Wohlgefallen. Dafür, dass wir nun dies durch Deine göttliche Gnade genießen dürfen, sagen wir Dir Lob und Dank, o Herr, wie es sich gebührt. O Herr, gib, dass wir dies mit großer Dankbarkeit gebrauchen.
O heiliger Vater im Himmel, wir bitten Dich für alle Witwen und Waisen, für alle alten und Betagten, die an Ver...