
- 335 Seiten
- German
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Jenseits des Sirius
Über dieses Buch
Herbert George Wells (meist abgekürzt H. G. Wells; geboren 21. September 1866 in Bromley; gestorben 13. August 1946 in London) war ein englischer Schriftsteller und Pionier der Science-Fiction-Literatur. Wells, der auch Historiker und Soziologe war, hatte seine größten Erfolge mit den beiden Science-Fiction-Romanen (von ihm selbst als "scientific romances" bezeichnet) "Der Krieg der Welten" und "Die Zeitmaschine". Wells ist in Deutschland vor allem für seine Science-Fiction-Bücher bekannt, hat aber auch zahlreiche realistische Romane verfasst, die im englischen Sprachraum nach wie vor populär sind.
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Information
Neuntes Kapitel: Die Samurai
I
Weder mein utopischer Doppelgänger noch ich lieben die Gefühlserregung genug, um sie zu pflegen, und meine Empfindungen sind in einem Zustand geziemender Unterordnung, als wir uns wieder begegnen. Er ist jetzt im Besitz einiger klarer allgemeiner Vorstellungen von meiner eigenen Welt, und ich kann gleich auf die Gedanken übergehen, die immer reicher in mir aufgedämmert sind seit meiner Ankunft auf diesem Planeten meiner Träume. Wir sehen, daß unser Interesse an einer wahrhaft menschlichen Staatskunst uns merkwürdig verwandt macht trotz aller Unterschiede unserer Ausbildung und Gewohnheiten.
Ich stelle ihm vor, daß ich mit nur sehr unbestimmten Ideen über Regierungsmethoden nach Utopien gekommen bin, vielleicht ein wenig voreingenommen für solche, die auf Wahlen gegründet sind, im übrigen aber unentschieden; daß ich immer deutlicher eingesehen habe, wie diese letzteren nicht genügen würden für die weite Vielfältigkeit der utopischen Einrichtungen, die kräftigere und leistungsfähigere Aufsichtsverfahren erfordern. Ich habe unter mancherlei Trachten und unter den zahllosen Arten von Persönlichkeiten, die Utopien bietet, gewisse Männer und Frauen von charakteristischer Kleidung und Haltung unterscheiden gelernt und weiß jetzt, daß diese Leute einen Orden bilden, die Samurai, den »freiwilligen Adel«, der im Gefüge des utopischen Staatsgebäudes ein wesentliches Glied bildet. Ich weiß, daß dieser Orden jedem körperlich und geistig gesunden Erwachsenen im utopischen Staat offen steht, wenn er die vorgeschriebene strenge Lebensregel beachten will, daß ihm ein großer Teil der verantwortlichen Arbeit des Staates vorbehalten ist, und ich neige jetzt, unter dem ersten Eindruck der Erkenntnis, dazu, ihm viel mehr Bedeutung im utopischen Ganzen beizulegen, als er hat, ja, ihn als die Seele Utopiens anzusehen. Meine erste Neugier gilt der Organisation dieses Ordens. Wie er sich vor meinem Geist entwickelt hat, erinnerte er mich immer mehr an jene seltsame Aufseherklasse, die den wesentlichen Kern der Republik Platos ausmachte, und mein Doppelgänger und ich erörtern diese Frage mit stillschweigender Bezugnahme auf Platos tiefsinnige Gedanken.
Um unsern Vergleich zu klären, erzählt er mir einiges aus der Geschichte Utopiens. Dabei wird es gelegentlich nötig, eine Verbesserung vorzunehmen an den Voraussetzungen, auf die ich meine Untersuchung begründete. Wir nahmen eine Welt an, die in jeder Hinsicht unserer wirklichen Erde identisch sei; nur in dem geistigen Lebensinhalt sollten die tiefsten Unterschiede herrschen. Dies bringt eine andere Literatur, eine andere Philosophie und Geschichte mit sich, und wie ich mit ihm zu reden beginne, zeigt sich, daß, obgleich wir den Parallelismus der beiden Bevölkerungen Mann für Mann aufrecht erhalten müssen – denn sonst kämen wir zu unausdenkbaren Verwicklungen – wir dennoch annehmen müssen, es habe eine große Menschenreihe von außerordentlichen Gaben des Geistes und Charakters, die auf der Erde bei der Geburt oder als Kinder verstürben, oder die niemals lesen lernten, die in wilder, verdummender Umgebung lebten, so daß für ihre Gaben kein Spielraum blieb, in Utopien glücklichere Möglichkeiten getroffen und die Entwicklung und Anwendung der sozialen Theorie gefördert – und zwar von der Zeit der ersten Utopisten in stetigem Fortschritt bis herab auf die gegenwärtige Stunde.1 Der Unterschied der Verhältnisse hatte sich also mit jedem folgenden Jahre erweitert. Jesus Christus war in ein liberales, fortschrittliches Römerreich hinein geboren worden, das sich vom Polarmeer bis zur Bucht von Benina erstreckte und keinen Verfall noch Sturz erfahren sollte, und Mohammed anstatt beschränkte Vorurteile arabischer Unwissenheit zu verkörpern, öffnete die Augen einem geistigen Horizont, der fast so weit war wie die Welt.
Und durch dieses Reich strömte der Fluß des Denkens, der Fluß des Strebens immer reicher. Kriege fanden statt, aber es waren abschließende Kriege, die neue und dauernde Beziehungen anknüpften, die Hindernisse beiseite fegten und Mittelpunkte des Verfalls wegräumten. Vorurteile wurden zu ordnungsmäßiger Kritik gemildert, und der Haß tauchte in duldsamen Gegenströmungen unter.
Schon vor mehreren hundert Jahren erhielt die große Organisation der Samurai ihre gegenwärtige Gestalt. Die umfassende Tätigkeit dieser Organisation hatte in Utopien den Weltstaat geformt und eingesetzt.
Die Organisation der Samurai war eine wohlüberlegte Erfindung. Sie erhob sich im Verlauf sozialer und politischer Verwicklungen, die denen unserer Zeit auf der Erde entsprechen, und sie war der letzte einer ganzen Anzahl politischer und religiöser Versuche, die bis auf das erste Aufdämmern einer philosophischen Staatskunst in Griechenland zurückgingen. Nirgends in der Geschichte des utopischen Denkens taucht jene hastige Verzweiflung auf, die Regierung nicht genug spezialisieren zu können, die unsere Welt mit dem Individualismus, dem demokratischen Liberalismus und dem Anarchismus beschenkte und nirgends jene merkwürdige Mißachtung des Reichtums an Begeisterung und Selbsthingabe im Menschen, welche die Hauptschwäche unserer irdischen Wirtschaftsverhältnisse ist. Durch die ganze Geschichte Utopiens zieht sich die Anerkennung der Tatsache, daß die Selbstsucht so wenig das ganze Menschenleben ausmacht wie die Befriedigung des Hungers, daß sie zweifellos wesentlich zum Dasein des Menschen gehört, und daß sie ihn unter dem Druck schlimmer Verhältnisse so vollständig in Besitz nehmen kann, wie die Jagd nach Nahrung bei einer Hungersnot, daß das Leben aber auch über sie hinaus kommen kann in eine unbegrenzbare Welt der Empfindungen und des Strebens. Jeder gesunde Mensch besteht aus Möglichkeiten, die über die unvermeidlichen Bedürfnisse hinausgehen, er ist uneigennütziger Empfindung fähig, und liefe sie nur auf die Begeisterung für einen Sport oder eine gelungene gewerbliche Arbeit, für eine Kunst, eine Örtlichkeit, eine Klasse hinaus. In unserer Welt strömt heutzutage wie in der utopischen Vergangenheit diese unpersönliche Energie des Menschen ab in religiöse Gefühle und Werke, in patriotisches Streben, in künstlerische Begeisterung, in Spiele und Liebhaberbeschäftigungen. Ein ungeheurer Teil der verfügbaren Kraft wird an religiöse und politische Mißverständnisse und Konflikte, an unbefriedigende Vergnügungen und unfruchtbare Beschäftigungen vergeudet. In einem modernen Utopien wird es freilich keine Vollkommenheit geben; auch hier finden wir Reibungen, Konflikte, Vergeudung, aber diese wird wesentlich geringer sein als in unserer Welt. Nach dieser verhältnismäßig kleineren Vergeudung kann man sich die Summe aller Tätigkeit vorstellen, die durch den Orden der Samurai zusammengefaßt wird, worin dieser seine Hauptaufgabe erblickt.
Ein solcher Orden kann sich nur als eine revolutionäre Organisation unter einem Zusammenprall sozialer Kräfte und politischer Systeme erheben und muß sich vorgenommen haben, ein ähnliches Ideal in Utopien zu erreichen, wie es unsre moderne Utopie für die Verhältnisse menschlicher Unvollkommenheit aufstellt. Zuerst hat er sich wohl der Forschung und Erörterung zugewandt, der Ausarbeitung eines Ideals, der Besprechung eines Feldzugsplanes. Irgendwann aber muß er eine kriegerische Organisation angenommen, gegen die bestehenden politischen Organisationen gesiegt, sich diese einverleibt haben und so für alle Ziele und Zwecke zum heutigen zusammenfassenden Weltstaat geworden sein. Spuren jenes Kämpfertums haften ihm noch an, und noch gehört zu seinem Wesen etwas Kriegerisches, das sich jedoch nicht mehr gegen besondere Unruhen, sondern gegen allgemein menschliche Schwächen und gegen die den Menschen bedrängenden leblosen Kräfte richtet.
»Etwas von dieser Art,« sage ich zu meinem Doppelgänger, »hatte sich gerade in unserm Denken – ich werfe den Kopf zurück, um einen unendlich fernen Planeten anzudeuten – erhoben, ehe ich diese Forschungsreise unternahm. Ich hatte zum Beispiel von dem Gedanken an etwas gehört, was man eine Neue Republik nannte. Sie sollte eine revolutionäre Organisation bilden, ziemlich nach Art Ihrer Samurai, wie ich sie verstehe – nur war der größere Teil der Organisation und der Lebensregeln noch zu finden. Alle möglichen Leute dachten zu der Zeit, als ich hieher kam, an etwas Derartiges. Als ich von dem Gedanken erfuhr, war er in verschiedenen Beziehungen noch ziemlich unausgebildet. Er übersah die große Möglichkeit einer Sprachenzusammenfassung in der Zukunft; er ging von einem Literaten aus, der nur Englisch schrieb, und soweit ich ihn verstand – er war in seinen Vorschlägen ein wenig unbestimmt – sollte es eine rein englischsprechende Bewegung sein. Seine Gedanken waren auch zu sehr von dem besonderen Opportunismus seiner Zeit gefärbt; bei seinen Erwartungen schien er überwiegend mit einem genialen Fürsten oder Millionär zu rechnen; er schien hierhin und dorthin nach Hilfe auszuschauen und nach den Elementen, eine Partei zu bilden. Aber der Gedanke an eine umfassende Bewegung klarer und erleuchteter Männer war immerhin vorhanden hinter dem falschen Schein und Patriotismus, dem Haß und den Persönlichkeiten der äußeren Welt.«
Ich fügte noch ein paar Einzelheiten hinzu.
»Unsere Bewegung hatte zu Anfang auch etwas von diesem Geist,« sagte mein utopischer Doppelgänger. »Aber während Ihre Menschen zusammenhangslos und auf Grund einer sehr schmalen und unterbrochenen Basis von gesammelten Folgerungen zu denken scheinen, stand den unsern ein ziemlich umfassendes Wissen über die menschliche Gesellschaft und eine sehr sorgfältige Untersuchung der früher gescheiterten Versuche zu Gebote. Schließlich muß Ihre Welt ebenso voll sein von Trümmern und Resten einstiger Ansätze, wie unsere es war; Kirchen, Aristokraten, Orden, Kulte ...«
»Nur scheinen wir gegenwärtig allen Mut verloren zu haben, und es gibt jetzt keine neuen Religionen mehr, keine neuen Orden, keine neuen Kulte – keine Anfänge mehr.«
»Aber dies ist vielleicht nur eine Ruhepause. Sie sagten – –«
»O! lassen wir jenen traurigen Planeten eine Weile! Sagen Sie mir, wie Sie es in Utopien machen.«
II
Die sozialen Theoretiker Utopiens, erklärte mir mein Doppelgänger, gründeten ihre Untersuchungen nicht auf die Einteilung der Menschen in Arbeit und Kapital, in den Landbesitz, den Spirituosenhandel und dergleichen. Das hielten sie für zufällige Kategorien, die der Staatskunst in jeder Hinsicht unterworfen seien, und sie schauten nach einer praktischen und realen Klassifizierung2 aus, auf die sie eine Organisation begründen konnten. Aber andererseits ist die Annahme, die Menschen seien, weil praktisch gleichartig, unklassifizierbar, worauf die modernen demokratischen Methoden und alle Fehler unserer gleichen Gerechtigkeit beruhen, dem utopischen Geist noch fremder. In ganz Utopien gibt es natürlich nur ungefähre Klassifizierungen, weil jedes Wesen als endgültig einzig angesehen wird. Für politische und soziale Zwecke aber hat man sich lange an eine Einteilung nach Temperamenten gehalten, die hauptsächlich auf Unterschiede in der Fassungskraft, in der Art und im Charakter der individuellen Phantasie achtet.
Diese utopische Einteilung war oberflächlich, aber sie diente ihrem Zweck und bestimmte die großen Umrisse der politischen Organisation; sie war insofern unwissenschaftlich, als viele Individuen zwischen oder innerhalb zweier und selbst dreier Klassen liegen. Dem begegnete man aber dadurch, daß man einen ausgleichenden Spielraum ließ zwischen den in Wechselbeziehung stehenden Organisationen. Vier Hauptklassen des Geistes unterschied man: die schöpferische, die bewegende, die stumpfe und die gemeine. Die beiden ersten sollen das lebendige Gewebe des Staates bilden; die letzteren sind die Stützen und Widerstände, die Knochen und die Haut seines Körpers. Es sind keine erblichen Klassen, und man macht auch nicht den Versuch, durch besondere Züchtung Klassen zu entwickeln, einfach deshalb, weil das verwickelte Spiel der Vererbung nicht aufzuspüren und nicht zu berechnen ist. Es sind Klassen, denen sich die Menschen von selbst zugesellen. Die Erziehung ist gleichförmig, bis die Differenzierung unverkennbar wird. Jeder Mann (und jede Frau) muß seine (oder ihre) Stellung nach dem eigenen Wesen, der eigenen Wahl und Entwicklung mit Rücksicht auf die Normen dieser abstrakten Klassifizierung wählen ...
Die schöpferische Klasse geistiger Individualität umfaßt einen weiten Bereich von Arten, sie alle aber besitzen eine Einbildungskraft, die über das Bekannte und Überlieferte hinausgreift und den Wunsch in sich birgt, die auf solchen Streifzügen gemachten Entdeckungen zur Kenntnis und Anerkennung zu bringen. Spielraum und Richtung der schöpferischen Streifzüge können sehr verschieden sein. Es kann sich um die Erfindung von etwas Neuem handeln oder um die Entdeckung von etwas bisher Unbekanntem. Wenn die Erfindung oder Entdeckung im letzten Grunde die Schönheit ist, so haben wir die künstlerische Art des schöpferischen Geistes, wenn nicht, so haben wir den eigentlich wissenschaftlichen Menschen. Der Bereich der Entdeckung kann eng sein wie in der Kunst Whistlers oder in der Wissenschaft eines Zahlenforschers; er kann ein weites, bedeutsames Gebiet umfassen, bis zuletzt Künstler und wissenschaftlicher Forscher aufgehn im allgemeinen Umkreis des wahren Philosophen. Der vereinigten Tätigkeit der schöpferischen Arten, beeinflußt von den Verhältnissen, verdanken wir fast alle Formen, die das menschliche Denken und Fühlen angenommen hat. Alle religiösen Ideen des Guten und Schönen treten durch die schöpferischen Inspirationen des Menschen ins Leben. Abgesehen von Prozessen des Verfalls müssen auch die Formen der menschlichen Zukunft durch Männer dieser Art kommen, und es ist ein wesentlicher Grundzug unserer modernen Vorstellung von einem vollen, weitausblickenden Fortschritt, daß diese Tätigkeit ungehindert bleibe, ja gefördert werde.
Die bewegende Klasse besteht natürlich aus mannigfaltigen Arten, die an der Grenzlinie unmerklich übergehen in die weniger typischen Glieder der schöpferischen Gruppe, sich aber durch einen engeren Bereich der Einbildungskraft unterscheiden. Ihre Vorstellung geht nicht hinaus über das Bekannte, Erlebte und Überlieferte, obgleich sie innerhalb dieser Grenzen eine ebenso lebhafte oder noch lebhaftere Phantasie besitzen als die Glieder der ersten Gruppe. Es sind oft sehr gescheite und tüchtige Menschen; aber sie schaffen nichts Neues und haben auch nicht den Drang dazu. Die kräftigeren Individuen dieser Klasse sind die gelehrigsten Leute in der Welt, und sie sind im allgemeinen moralischer und zuverlässiger als die schöpferischen Arten. Sie leben wirklich – während die Schöpferischen immer ein wenig mit dem Leben experimentieren. Die Kennzeichen dieser beiden Klassen können mit guter oder schlechter Körperbeschaffenheit verbunden sein, mit übermäßiger oder mangelhafter Energie, mit außergewöhnlicher Sinnesschärfe in einer bestimmten Richtung oder mit einer ähnlichen Eigenheit; und der bewegende Typus kann genau wie der schöpferische eine Phantasie von beschränktem oder von ganz universellem Bereich entfalten. Aber ein einigermaßen tatkräftiger Mensch dieser Klasse kommt wahrscheinlich jenem Ideal am nächsten, das unsern irdischen Anthropologen vorschwebt, wenn sie vom »normalen« Menschen reden. Bei der schöpferischen Klasse schließt schon die Definition eine gewisse Anormalität ein.
Die Utopier unterscheiden nach der Art der Einbildungskraft zwei Extreme der bewegenden Klasse, die gleichsam deren Dan und Bersaba bildeten. An dem einen Ende steht der hauptsächlich intellektuelle, unoriginelle Typus, der bei einer energischen Persönlichkeit einen ausgezeichneten Richter oder Verwaltungsbeamten abgibt, ohne eine solche einen erfindungsarmen, fleißigen, gewöhnlichen Mathematiker oder Gelehrten, während am andern Ende der unoriginelle Gefühlsmensch steht, die Art, zu welcher – bei wenig entwickelter persönlicher Energie – mein Botaniker neigt. Der zweite Typus umschließt in seinen energischen Formen große Schauspieler, volkstümliche Politiker und Prediger. Zwischen diesen Extremen steht eine ganze Fülle ...
Inhaltsverzeichnis
- Ein Wort an die Leser
- Der Sprecher
- Erstes Kapitel: Topographie
- Zweites Kapitel: Von der Freiheit
- Drittes Kapitel: Utopische Volkswirtschaft
- Viertes Kapitel: Die Stimme der Natur
- Fünftes Kapitel: Mißerfolg im modernen Utopien
- Sechstes Kapitel: Die Frauen im modernen Utopien
- Siebentes Kapitel: Einige Eindrücke aus Utopien
- Achtes Kapitel: Mein utopisches Ich
- Neuntes Kapitel: Die Samurai
- Zehntes Kapitel: Die Rasse in Utopien
- Elftes Kapitel: Die Blase platzt
- Anhang: Skepsis gegen das Werkzeug des Denkens.
- Impressum