IM ROCK ‘N’
ROLL HAT
ES VIELE
TRADITIONEN
JANN
Alter 52
Geschlecht männlich
Hautfarbe weiss
Jann ist kribbelig und zieht an seiner Zigarette: Er wartet ungeduldig auf den Gitarren-Amp, den er von einem Spezialisten in Holland anfertigen lässt. Nichts hat sein Leben so geprägt wie der Rock `n` Roll und wilde Zeiten liegen hinter ihm.
Er ist ruhiger geworden, aber steht noch immer regelmässig auf der Bühne. Aufgewachsen ist der gelernte Sanitärinstallateur in Zürich. Zehn Jahre lebte er in der Romandie, bevor es ihn schliesslich nach Bern verschlug. Sein Job ist ihm wichtig, ebenso seine Weiterbildung zum Heizwerkführer, die er gerade absolviert.
Seine grösste Leidenschaft bleibt aber die Musik.
In der Gesellschaft ist der Mann heute der Inbegriff des Bösen.
Interview: André Moita, Fotos: Djamila Grossman
Denkst du, dass der weisse Mann vom Aussterben bedroht ist?
Ich würde sagen, der weisse Mann ist nicht vom Aussterben bedroht – er ist degeneriert, er lässt sich gehen. Männer haben es in der heutigen Welt schwer. Ich habe drei Söhne, und ich würde heute nicht mehr als Mann geboren werden wollen. Der weisse Mann mit all seinen Facetten hat an Stellenwert verloren.
Hat sich das Männerideal geändert?
Absolut, ich bin ganz anders aufgewachsen. Mein Vater war das Familienoberhaupt, ein Patriarch. Wenn er etwas gesagt hat, wurde das ernst genommen. Wenn heute ein Mann etwas sagt – diese heutigen Mannsbilder mit knapp 25 Kilo und halbwegs mit einem Röckchen bekleidet –, das kann ich gar nicht mehr ernst nehmen. Ich denke, auch mit der Gleichberechtigung, die ich an sich nicht schlecht finde, sollte der natürliche Unterschied zwischen Mann und Frau bestehen bleiben. Das ist ein Kräfteverhältnis: Wenn das nicht mehr stimmt, degeneriert der Mann. Das Gutheissen der Homosexualität finde ich an sich auch nicht schlecht, dass man darüber reden kann. Aber das ist ja heute schon fast ein Modetrend. Aus meiner Sicht hat sich deshalb das Männerbild total verändert. Früher hat man sich vielleicht mal auf die Schnauze gehauen, aber fünf Minuten später hat man zusammen ein Bier getrunken. Ein kurzes Kräftemessen, beide bluten aus dem Mund, aber jetzt ist es wieder gut. Das gehört sinnbildlich auch dazu, Mann zu sein.
Ist dir wichtig, dass du männlich bist?
Ja, Männlichkeit strahlt ja vieles aus. Einerseits, dass du festen Boden unter den Füssen hast. Andererseits hat es auch damit zu tun, dass man sich die Hände mal dreckig macht. Ich repariere zum Beispiel Sachen selbst. In meinem Alltag behaupte ich mich als Mann, ich lasse mir im Bereich Gesellschaft und Gleichberechtigung keine Vorschriften machen. Es geht auch um die Diskriminierung des Manns: Wir werden heute viel mehr und schneller diskriminiert.
Was ist für dich typisch männlich?
Dass man sich in diesem stetigen Kampf der Positionierung durchsetzen kann. Wenn ich mich am Ende des Tages nicht so bescheuert aufführe wie die andere Hälfte der weissen Männer – also nicht halbwegs im Röckchen rumlaufe –, dann bin ich stolz auf mich.
Was machst du typisch Weibliches?
Wenn ich sarkastisch wäre, würde ich sagen Haushalt, aber das bitte aus dem Protokoll streichen (lacht). Ich denke, ich habe im Alter mehr Bezug zur Reinlichkeit. Ich lege Wert darauf, dass ich an einem Anlass nicht mit Jeans und einem weissen Shirt mit Fettflecken erscheine. Dass man darauf achtet, dass man schön angezogen ist.
Und was ist eine starke Frau für dich?
Für mich ist wichtig, was die Begriffe «Mann» und «Frau» überhaupt bedeuten. Man muss zurück in die Entstehungsgeschichte oder die Natur gehen. Nehmen wir den Wolf: Da geht das Männchen gar nie in den Bau hinein, das Weibchen ist bei den Jungen. Eine starke Frau unterstützt ihren Mann in seinen Projekten. Sie akzeptiert aber auch, dass ein Mann mal auf den Tisch klopft. Ein starker Mann ist einer, der vor die Familie hinstehen und sie zusammenhalten kann und die Frau schützt. Denn körperlich ist sie ja schwächer als der Mann. Das ist mein Bild.
Kann denn eine Frau ohne Mann nie stark sein?
Doch, absolut. Auch ein Mann kann ohne Frau stark sein. Ich finde einfach, man muss sich fragen, was die Rolle des Manns ist. Und was ist die Rolle der Frau? Man muss das wieder trennen und nicht auf eine gleiche Ebene schieben. Man soll nicht sagen, eine Frau kann das genau gleich gut wie ein Mann. Das finde ich nicht wirklich richtig. Das gibt kein Verhältnis.
Was ist der Hauptunterschied zwischen Mann und Frau?
Die Frau gebärt Kinder, das ist der Hauptunterschied. Wir Männer dürfen ja leider nur den Samen dazu spenden.
Hat der Feminismus damit etwas zu tun?
Absolut, absolut.
Wie stellst du dir eine perfekte Beziehung vor?
Zuerst einmal muss man sich gegenseitig respektieren, das ist das A und O. Dann gehört natürlich viel Liebe dazu. Liebe kann man auch nur geben, wenn man sich zum Gegenüber hingezogen fühlt. Sowohl der Mann als auch die Frau müssen sich unterstützen in dem, was sie wollen. Jeder braucht in einer Beziehung seinen eigenen Dunstkreis. Wenn meine Frau malen würde, müsste ich sagen: «Wow, das ist toll!», und sie stärken. Wenn ich Musik mache, erwarte ich, dass meine Partnerin sagt: «Hey, go on!» Dass man sich in der Mitte trifft und sich in die Arme nehmen kann und gut findet, was der andere macht. Dann gibt es auch keine Diskussionen über irgendwelche Rollen.
Funktioniert das nur bei einer Beziehung so?
Platonische Freundschaften zwischen Mann und Frau sind zehnmal schwieriger. Man trifft sich dann ja auf Augenhöhe und muss eine gewisse Distanz wahren als Mann. Wenn man so die Medien sieht, was da alles abgeht:
«Zu einer Beziehung gehört sehr viel Liebe.»
Unter dem Herzen der Frau wächst neues Leben heran. Die Frau müsste sich dessen wieder mal bewusst werden und wieder neu lernen, ihre Rolle anzunehmen. Und sich in der Familie etablieren als Familienführerin, die das Ganze zusammenhält. Aber sie muss sich nicht überall auf den genau gleichen Nenner stellen wie der Mann. Wir machen das ja auch nicht und sagen, ab morgen gebären wir Kinder. Und in diese Richtung geht das. Der Mann hat keinen Mut mehr zu sagen: Punkt, fertig!
Ist das für dich Feminismus, dass Frauen diese Rolle nicht mehr akzeptieren?
Ja, absolut. Ich bin begrenzt für den Feminismus. Wenn sich in der Familie beide respektieren, kommt die Frage nicht auf, wer stärker oder schwächer ist. In den Medien wird immer nur gesagt, dass der Mann die Frau ständig unterdrückt. Das kommt sicher auch teilweise vor. Ich finde es auch nicht gut, wie Männer dann reagieren: Wenn sie die Frauen blockieren wollen und sie blöd anmachen, sie vielleicht sogar vergewaltigen. Ich glaube, die Vergewaltigungsraten im Vergleich zu früher sind viel krasser. Auch wenn ich höre, dass junge Frauen angetatscht werden, die mit meinem 19-jährigen Sohn unterwegs sind. Als ich jung war, habe ich Frauen respektiert und hätte ihnen nie an den Hintern gegriffen.
Die Männer sind ja alles nur noch «Glüstler». Ich habe ja viele sehr gute Freundinnen, zu denen ich nie eine sexuelle Beziehung haben werde, weil ich Respekt gegenüber ihrer Persönlichkeit habe. Und auch sie werden nichts herausfordern und schauen, wie weit sie gehen können. Bei vielen Mann-Frau-Freundschaften kommt das immer zur Sprache. Ich habe dort den goldenen Mittelweg gefunden. Man steckt gleich mal das Territorium ab.
Wer ist am längeren Hebel, wer hat die Macht über die Sexualität?
Die Frau. Auch in einer Beziehung. Wenn ich als Mann über meine Frau herfall...