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Geschlechtsbezogene Kommunikation im Spitzensport
Formen, Funktionen und Folgen am Beispiel der Kommunikation zwischen Trainern/Trainerinnen und Athleten/Athletinnen
- 296 Seiten
- German
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Geschlechtsbezogene Kommunikation im Spitzensport
Formen, Funktionen und Folgen am Beispiel der Kommunikation zwischen Trainern/Trainerinnen und Athleten/Athletinnen
Über dieses Buch
Schon lange stellt der Spitzensport keine reine Männerdomäne mehr dar. Vielmehr erscheint es mittlerweile ganz normal, dass Männer und Frauen gleichermaßen am Sport partizipieren, denn der Zugang zum System Spitzensport erfolgt über das Kriterium sportlicher Leistung und nicht über die Geschlechterkategorie. Dennoch zeichnet sich für den Bereich der alltäglichen Kommunikation zwischen Trainern/Trainerinnen und Athleten/Athletinnen eine Relevanz der Geschlechterdifferenz ab. Welche Rolle das Geschlecht konkret innerhalb der Trainer-Athlet-Kommunikation im Trainings- und Wettkampfgeschehen des Spitzensports spielen kann, wird in der vorliegenden Arbeit sowohl auf theoretischer als auch auf empirischer Ebene analysiert.
Häufig gestellte Fragen
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Information
1 Einleitung
„In den letzten drei Jahrzehnten ist das Geschlechterverhältnis ordentlich in Unordnung geraten“, stellt Bettina Heintz bereits 2001 (S. 9) einleitend in ihrem Aufsatz zu Entwicklungen und Perspektiven der Geschlechtersoziologie fest und bringt damit pointiert zum Ausdruck, dass sich die traditionellen und „trennscharfen“ Geschlechtergrenzen in der modernen Gesellschaft immer stärker aufgelöst haben. Die „Ordnungsfunktion der Geschlechterdimension“, die lange Zeit auf diese Weise begründet wurde (ebd., S. 9), lässt sich somit in der Form nicht länger aufrechterhalten und scheint auf der Gesellschaftsebene in vielen Bereichen mehr und mehr an Bedeutung zu verlieren.1
1.1 Phänomen und Fragestellung
Trotz eines Bedeutungsverlustes von Geschlecht als grundlegende soziale Ordnungskategorie in weiten Teilen der Gesellschaft, hat die Geschlechterthematik bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. So hält sich beispielsweise im Bereich zwischenmenschlicher Kommunikation hartnäckig die Annahme, dass der ,kleine Unterschied‘ zwischen Mann und Frau hier noch immer eine ,große Wirkung‘ habe. Dabei entsteht zunächst der Eindruck, dass diese Relevanz heutzutage vornehmlich auf den privaten Bereich unserer Alltagskommunikation beschränkt sei, wenn man sich die vorhandene Fülle an Ratgeberliteratur vor Augen führt. Eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema lässt jedoch sehr schnell erkennen, dass das Geschlecht auch innerhalb formaler und weitgehend professionalisierter Kommunikationskontexte noch immer eine wichtige Rolle spielt. Dabei zeigt sich dies sowohl im Rahmen wissenschaftlicher als auch praxisorientierter Diskussionen.
So findet man eine Reihe von theoretischen und empirischen Untersuchungen aus den vergangenen Jahren, die sich mit Fragen nach der Bedeutung, Wirkung und Wahrnehmung von Geschlecht in der Kommunikation am Arbeitsplatz beschäftigen.2 Ebenso stößt man bei der Recherche auf Handlungshilfen bzw. konkrete Leitfäden etwa „für sprachliches Teamwork von Frauen und Männern am Arbeitsplatz“ (Ebert, Henneke & Piwinger, 2005; Ebert, 2006), in denen Tipps für den kommunikativen Umgang zwischen den Geschlechtern gegeben werden. Auf praktischer Ebene werden bestimmte Vorstellungen von den Geschlechtern im Rahmen von Kommunikationsseminaren aufgegriffen, bei denen vor allem Frauen in sogenannten Powertrainings einen souveränen und klaren Kommunikationsstil erlernen sollen, um sich in beruflichen Gesprächen besser zu bewähren.3 Dabei beziehen sich sowohl die wissenschaftlichen als auch die praxisorientierten Diskussionen zur Geschlechterthematik in der Kommunikation in erster Linie auf ganz typische Berufs- bzw. Arbeitskontexte, wie etwa Wirtschaftsunternehmen, in denen sich die Kommunikationspartner/-innen in ihren jeweiligen formalen Rollen als Arbeitgeber/-innen und Arbeitnehmer/-innen begegnen.
Einen ebenfalls hochgradig formalisierten Gesellschaftsbereich, der darüber hinaus in den vergangenen Jahren eine immer weiter fortschreitende Professionalisierung zeigt (vgl. Nagel & Conzelmann, 2006, S. 243), bildet der moderne leistungs- und wettkampforientierte Spitzensport. Hier begegnen sich vor allem Trainer/-innen und Athleten/Athletinnen4 im Rahmen kommunikativer Kontexte, wobei sie in ihren jeweiligen Rollen formal, das heißt über Verträge, an die Organisationen des Spitzensports (Vereine und Verbände) gebunden sind. Im Sinne von Professionalisierung werden sie damit „zu Angestellten der Organisation ,Verein‘ respektive der angeglichenen Spielerbetriebsgemeinschaft“ (Borggrefe, Cachay & Dölling, 2015, S. 139).5 Ausgerichtet sind Formalisierung und Professionalisierung dabei letztlich auf die extreme Leistungsorientierung des Spitzensports. Bei dieser geht es laut Stichweh (1990) allein um die „neue Prominenz des Leistens als Leisten“ (ebd., S. 387), so dass die sportliche Leistung entsprechend nicht auf eine Verwendbarkeit außerhalb des Systems Spitzensport gerichtet ist und sich die Leistungsorientierung hier somit „quasi in Reinform“ (Müller, 2006, S. 393) wiederfindet. Entsprechend scheint eine Bezugnahme auf leistungsferne, etwa bestimmte personenbezogene Kriterien6, hier zunächst kaum bedeutsam zu sein, da einzig und allein der sportliche Erfolg im Fokus steht.
Mit Blick auf die oben skizzierte Relevanz von Geschlecht im Rahmen anderer professionalisierter Kommunikationskontexte sowie unter Berücksichtigung der gerade beschriebenen Besonderheiten des Spitzensports kommt nun dennoch die Frage auf, wie es sich mit der Geschlechterthematik innerhalb dieses spezifischen Kontextes und vor allem in der dort ablaufenden Trainer-Athlet-Kommunikation7 verhält. Spielen das Geschlecht und hiermit verbundene Vorstellungen also trotz Formalisierung, Professionalisierung und rigoroser Leistungsorientierung auch in der Kommunikation zwischen Trainern/Trainerinnen und Athleten/Athletinnen eine Rolle?
Zieht man für eine erste Einschätzung diesbezüglich die mediale Sportberichterstattung heran, so zeichnet sich bereits ab, dass der Geschlechterthematik auch hier eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zukommt. Dies zeigt sich vor allem daran, dass die Beteiligten beispielsweise in Interviews immer wieder auf diese Differenzkategorie mit Blick auf Kommunikation zu sprechen kommen und dabei von spezifischen Unterschieden zwischen den Geschlechtern zu berichten wissen. So ist etwa die schwedische Fußballtrainerin Pia Sundhage überzeugt: „Männer und Frauen kommunizieren anders“ und weist zusätzlich darauf hin, dass Männer im Fußball von Frauen vor allem „die Kunst des Führens eines Teams und Kommunikation“ lernen könnten (www.faz.net, 29.10.2009). Auch die deutsche Fußballbundestrainerin Silvia Neid äußert sich in ähnlicher Weise zum unterschiedlichen Kommunikationsverhalten von Sportlern und Sportlerinnen und berichtet in einem Interview, dass sich Frauen zum Beispiel bei Schiedsrichterentscheidungen anders verhalten und weniger „meckern“ als Männer (www.planet-interview.de, 11.09.2007). Aber nicht nur auf Seiten von Trainerinnen lassen sich solche Beschreibungen und Einschätzungen in puncto Geschlechterdifferenzen beobachten. Auch Hockeybundestrainer Markus Weise, der sowohl Erfahrungen mit Frauen- als auch mit Männerteams vorweisen kann, geht von der Existenz bestimmter Geschlechterdifferenzen aus. Aus seiner Sicht haben diese Unterschiede dann auch konkrete Auswirkungen auf die Trainer-Athlet-Kommunikation bzw. den Umgang mit seinen Spielern und Spielerinnen: „Die Jungs hast du bei einer Ansprache in der Kabine in zwei Minuten auf 180, bei den Mädels macht die Hälfte große Augen" (www.sueddeutsche.de, 17.05.2010). Ebenso überzeugt von existierenden Differenzen zwischen Athletinnen und Athleten ist auch Fußballtrainer Stefan Krämer, der aus dieser Auffassung Konsequenzen für sein eigenes Trainerhandeln ableitet: So kann er sich rein „vom Gefühl her“ eher nicht vorstellen, eine Frauenfußballmannschaft zu trainieren, da er vermutet, „für die Mädels vielleicht zu direkt“ zu sein (www.nw-news.de, 15.09.2013). Krämers Ansicht nach haben Athletinnen und Athleten also unterschiedliche Erwartungen an die Trainerkommunikation, wobei er annimmt, als Trainer den besonderen Anforderungen eines Frauenteams nicht entsprechen zu können. Nun beschränkt sich das hier zu beobachtende Phänomen allerdings nicht auf die mediale Sportberichterstattung und die Äußerungen von Trainern und Trainerinnen, denn auch im wissenschaftlichen Kontext werden solche geschlechtsdifferenzierenden Aspekte beschrieben, die sich auf die Trainer-Athlet-Kommunikation auswirken: So spiegelt sich die Auffassung Krämers in gewisser Weise in der These des Sportpsychologen und Mentaltrainers Lothar Linz wieder, der in einem Interview mit der Zeitschrift „Leistungssport“ erklärt, dass Trainer bei Frauenmannschaften aus seiner Sicht mehr „Sorgfalt auf ihre Art des Umgangs mit den Sportlerinnen und ihre Wortwahl legen“ sollten, weil Frauen insgesamt „empfänglicher für Störungen“ seien als Männer (Pfaff, 2008, S. 41).
Neben solchen Beschreibungen und Einschätzungen der Beteiligten im Rahmen von Interviews, die auf kommunikative Unterschiede zwischen den Geschlechtern abzielen, wird Geschlecht als Kategorie zum Teil auch in der direkten Kommunikation zum Ausdruck gebracht. Da die unmittelbare Trainer-Athlet-Kommunikation jedoch nur selten öffentlich ist – Traineransprachen oder Gespräche während des Wettkampfes oder im Training werden im Normalfall nicht im TV übertragen – sind solche Kommunikationen in der medialen Berichterstattung selten zu beobachten. Ein Beispiel, das allerdings die Kommunikation unter Athleten betrifft, aber dennoch den Grundaspekt dieser Art von Kommunikation aufzeigt, stellt die Aussage des Handballbundesligaspielers Christoph Theuerkauf während eines Wettkampfes dar. In einer medial übertragenen Auszeitpause richtet er sich mit folgenden Worten an seine Mannschaftskollegen: „Wir sind Männer, keine Mädchen […] Auf geht`s jetzt. Veränderte Körpersprache“ (www.handball-world.com, 16.10.2014). Mit dieser Aussage macht er zum einem seinem Ärger über die bisher gezeigte Leistung seiner Mannschaft Luft und fordert seine Mitspieler zum anderen auf, ihr Verhalten zu ändern, also nicht wie „Mädchen“, sondern wie „Männer“ zu spielen.
Diese kleine Auswahl an Beispielen aus der medialen Sportberichterstattung zeigt nun bereits auf Phänomenebene, dass das Geschlecht auch im Rahmen spitzensportlicher Kommunikation anscheinend eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, insofern als dass sowohl von Trainern/Trainerinnen als auch von Athleten/Athletinnen immer wieder Bezug auf diese Kategorie genommen wird. Dabei können Vorstellungen auf Seiten der Befragten beobachtet werden, in denen oftmals Athletinnen in bestimmter Weise als „anders“ im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen charakterisiert werden. Nun handelt es sich aber gerade bei den oben aufgeführten Aussagen aus den Interviews um Beschreibungen und Einschätzungen im Hinblick auf Geschlecht und Geschlechterdifferenzen in der Kommunikation. Trainer/-innen sprechen hier also im Sinne einer Metakommunikation über vermeintliche Geschlechtsunterschiede sowie ihre unterschiedlichen Erfahrungen im kommunikativen Umgang mit Athleten und Athletinnen in der Kommunikation.
Im Anschluss an diese Ausführungen stellt sich daher die Frage, wie solche Bezüge auf Geschlecht und hiermit verbundene Vorstellungen in realen Kommunikationssituationen zwischen Trainern/Trainerinnen und Athleten/Athletinnen hergestellt und konkretisiert werden und welche Auswirkungen hiermit dann möglicherweise verbunden sind. Welche inhaltlichen Formen zeigen die unterschiedlichen kommunikativen Bezugnahmen? Wie etwa werden Athleten und im Vergleich dazu Athletinnen hinsichtlich ihrer Andersartigkeit kommunikativ konkret dargestellt? Und inwiefern zeigt sich die Geschlechterunterscheidung dann möglicherweise im kommunikativen Verhalten der Beteiligten und im Umgang von Trainern/Trainerinnen mit ihren Athleten /Athletinnen? Welche Effekte können also mit dem Einbezug der Kategorie Geschlecht einhergehen, wenn man zugleich die dargelegten Besonderheiten des Spitzensports im Blick behält und entsprechend davon ausgeht, dass die Trainer-Athlet-Kommunikation in erster Linie funktional, also auf den sportlichen Erfolg, ausgerichtet ist? Können Bezugnahmen auf Geschlechterdifferenzen vor diesem Hintergrund einen Nutzen für die Kommunikation haben und sich damit als sinnvoll erweisen? Und welche Formen geschlechtsbezogener Kommunikation ziehen viel eher kontraproduktive Folgen nach sich – möglicherweise gerade im Hinblick auf die Kommunikation mit Athletinnen, sofern diese in bestimmter Weise als „anders“ markiert werden?
Diesen Aspekten will die hier vorliegende Arbeit im Rahmen einer theoretischen und empirischen Analyse auf den Grund gehen, wobei die folgende zentrale Fragestellung das Gesamtvorhaben leiten wird:
Welche Formen, Funktionen und Folgen geschlechtsbezogener Kommunikation
lassen sich in der Trainer-Athlet-Kommunikation
im Spitzensport beobachten?
lassen sich in der Trainer-Athlet-Kommunikation
im Spitzensport beobachten?
Entlang dieser Fragestellung geht es hier also nicht darum, Geschlecht in der Kommunikation als gegebenes Persönlichkeitsmerkmal von Trainern/Trainerinnen und Athleten/Athletinnen zu beleuchten und daraus mehr oder weniger quantifizierbare allgemeine Aussagen zu geschlechtsspezifischem Kommunikationsverhalten abzuleiten. Es soll also nicht etwa die Frage beantwortet werden, ob beispielsweise Trainerinnen – weil sie Frauen sind – anders kommunizieren als Trainer, um auf diese Weise spezifische Männer- und Frauensprachen zu identifizieren. Vielmehr soll gewissermaßen „von oben“ auf die Trainer-Athlet-Kommunikation geblickt werden, um innerhalb dieser konkrete Formen geschlechtsbezogener Kommunikation identifizieren zu können. Dafür werden reale Kommunikationssituationen zwischen Trainern/Trainerinnen und Athleten/Athletinnen anhand von Videoszenen analysiert und mit Blick auf ihren potenziellen Geschlechtsbezug interpretiert. Es soll zudem untersucht werden, inwiefern bestimmte geschlechtsbezogene Vorstellungen der Beteiligten in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen und wie sich diese gegebenenfalls konkret darstellen. Um diese Frage sowie die potenziellen Auswirkungen – also die Funktionen und Folgen – geschlechtsbezogener Trainer-Athlet-Kommunikation beantworten zu können, werden außerdem Interviewaussagen von Trainern/Trainerinnen sowie von Athleten/Athletinnen zu den Szenen analysiert, die damit eine Art geschlechtsbezogene Metakommunikation darstellen. Auf diese Weise scheint ein differenzierter empirischer Blick auf die Bedeutung von Geschlecht in der Trainer-Athlet-Kommunikation möglich zu werden.
Durch die Fokussierung auf die Trainer-Athlet-Kommunikation begründet sich eine ganz spezifische forschungstheoretische Ausrichtung, die der Analyse zugrunde gelegt werden kann. Die Kommunikation zwischen Trainern/Trainerinnen und Athleten/Athletinnen soll vor dem Hintergrund der Fragestellung als spezifischer und eigenständiger sozialer Zusammenhang betrachtet und mit Blick auf die Kategorie Geschlecht untersucht werden.8 Eine solche Schwerpunktsetzung legt eine soziologische Perspektive für dieses Vorhaben insofern nahe, als dass sich die Soziologie ganz explizit mit der Analyse sozialer Zusammenhänge beschäftigt. Damit folgen dann konsequenterweise auch die grundlegenden Zielstellungen einem soziologischen Erkenntnisinteresse, welches ausgerichtet ist auf die Beobachtung, Beschreibung und die Erklärung eines bestimmten sozialen Phänomens und nicht auf normative Beurteilungen oder Kritik der identifizierten Formen vor dem Hintergrund von „gut/schlecht“ oder „richtig/falsch“.
Im Hinblick auf die Bearbeitung der zentralen Fragestellung ergibt sich nun auf Basis dieser Prämissen zunächst die Notwendigkeit eines adäquaten Begriffsverständnisses geschlechtsbezogener Kommunikation, das den Ausführungen zugrunde gelegt werden kann und daher im folgenden Abschnitt einleitend beschrieben und begründet wird (1.2). Anschließend erfolgen in Kapitel 2 mit der Darstellung des Forschungsstandes ein Überblick zu den Themen Geschlecht und Kommunikation mit einer Fokussierung auf die Trainer-Athlet-Beziehung im (Spitzen-)Sport sowie eine genauere Bestimmung potenzieller Forschungslücken in diesem Bereich. In Kapitel 3 wird das Phänomen daraufhin theoretisch beleuchtet und analysiert. Auf diese Weise soll zudem ein Beobachtungsrahmen konstruiert werden, der geeignet erscheint, um die zentrale Fragestellung unter Berücksichtigung der methodischen Überlegungen (Kapitel 4) auf empirischer Ebene anhand konkreter Fallbeispiele zu analysieren (Kapitel 5). In einem abschließenden Fazit werden die zentralen Ergebnisse und Erkenntnisse der theoretischen und empirischen Analyse zusammengefasst, diskutiert und mit Blick auf künftige Forschungen und die praktische Relevanz für die Trainer-Athlet-Kommunikation kritisch reflektiert (Kapitel 6).
1.2 Begriffsverständnis: Beschreibung, Begründung und Abgrenzung
Vor allem mit Blick auf das dargelegte soziologische Erkenntnisinteresse der vorliegenden Arbeit scheint der Begriff „geschlechtsbezogener“ Kommunikation in besonderer Weise geeignet zu sein, da er aus sich heraus zunächst völlig wertfrei angelegt und damit prinzipiell auf die reine Beobachtung, Beschreibung und Erklärung des zugrunde liegenden Phänomens ausgerichtet ist.9 Der Ausdruck „geschlechtsbezogen“ soll hier im Kontext von Kommunikation entsprechend erst einmal lediglich verdeutlichen, dass eine bestimmte kommunikative Bezugnahme auf die Kategorie Geschlecht erfol...
Inhaltsverzeichnis
- Hinweise
- Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- 1. Einleitung
- 2. Forschungsstand
- 3. Theoretische Überlegungen
- 4. Methodische Überlegungen
- 5. Empirische Ergebnisse
- 6. Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick
- 7. Literaturverzeichnis
- 8. Anhang
- Impressum