1.Einführung
1.1Die moderne Zwiegespaltenheit als philosophischer
Schlüssel zur Sinnfrage
Die Frage nach dem Sinn des Lebens ist eine zentrale Frage der Philosophie, die auch für Menschen ohne ein ausgeprägtes philosophisches Interesse eine wichtige Bedeutung bekommen kann. Antworten auf diese Frage haben einen eigentümlichen Charakter, sie unterscheiden sich von Antworten auf andere Fragen. Heutiges Denken neigt eher dazu, die Frage nach dem Sinn des Lebens als eine Bemühung um ein Verständnis für die jeweils eigene, individuelle Existenz aufzufassen, anstatt sie als ein lösbares und zu lösendes Rätsel zu interpretieren. Das Verständnis für die Sinnhaftigkeit des eigenen Lebens erstreckt sich auf die Grundlagen und die Ursprünge dieser Existenz, auf ihre Ziele und auf die Voraussetzungen ihres Gelingens. Nach heutiger Auffassung ist ein solches Verständnis von jedem einzelnen Menschen selbst zu erringen und nur in sehr engen Grenzen kommunizierbar und auf andere Menschen übertragbar. Wie Ludwig Wittgenstein an einer wirkungsreichen Stelle bemerkt hat, lässt eine echte Antwort auf die Sinnfrage die Frage eher verschwinden, als dass sich eine deutlich artikulierbare und problemlos mitteilbare Antwort ergäbe, die kraft ihres Erkenntnisgehaltes das zugrundeliegende Problem auflösen könnte.1 Muss man aufgrund der Schwierigkeit, über diese Frage mit klaren und eindeutig wahren Sätzen zu sprechen und sie durch wissenschaftliche Erkenntnisse zu beantworten, stattdessen darüber schweigen? Wittgenstein spielt sehr hintergründig mit der Möglichkeit, dass die Beschaffenheit unseres Denkens uns zu einem prinzipiellen Verzicht bei der Beantwortung dieser Frage nötigt.2 Ist dies tatsächlich notwendig oder existieren Möglichkeiten, um in einer angemessenen Weise denkend auf die Frage nach dem Sinn des Lebens Bezug zu nehmen? Welche Rolle spielen die Eigenheiten der condition moderne bei der Beantwortung der Sinnfrage?
Es scheint so zu sein, dass gegenwärtiges philosophisches Denken es in seinen Hauptströmungen prinzipiell erschwert, ein Verständnis für die Sinnhaftigkeit des Lebens zu gewinnen, das die Tiefe der menschlichen Existenz nicht verflacht und zugleich den Maßstäben des Denkens gerecht wird, die Menschen in anderen Bereichen an sich selbst anlegen. Das war nicht immer so: Das Denken der Gegenwart steht unter dem Einfluss einer reichen kulturellen Tradition, die es in weiten Teilen als eine zentrale philosophische Aufgabe betrachtete, die Sinnhaftigkeit der menschlichen Existenz zu artikulieren. Hierzu gehörte das Bestreben, das menschliche Leben und die Welt, in der sich dieses Leben vollzieht, verstehend zu durchdringen. Zugleich gehörte dazu aber auch die Forderung, zu einer Unterscheidung zwischen dem guten und dem schlechten Leben zu gelangen. In den meisten Sinnentwürfen der Vergangenheit hing all das miteinander zusammen: Aus dem Verständnis für die Welt und für die Stellung des Menschen in der Welt entsprangen Vorstellungen darüber, wie das menschliche Leben in einer guten Weise zu führen sei. Hiervon wird heute in der Philosophie zumeist Abstand genommen. Ein Verständnis des guten Lebens wird in der Regel nicht mehr primär auf Grundlage von Vorstellungen über die Welt herausgebildet. Die Welt kann heute dem Menschen den Weg zum Glück nicht mehr aufzeigen. Deskriptive Vorstellungen von dem, was ist, haben sich von normativen Vorstellungen über das, was sein soll, in einer prinzipiellen Weise abgekoppelt.3 Damit zusammenhängend wird Wahrheit in erster Linie als eine wissenschaftliche Wahrheit verstanden, die in einer prinzipiellen Weise an den Lebensproblemen des Menschen vorbeigeht.4 Hierbei entsteht nicht einfach eine Parallelität; die Vorstellungen über die Welt lösen sich nicht einfach von den Vorstellungen über das gute Leben ab – sie treten vielmehr in ein Konfliktverhältnis zueinander: Aus dem Verständnis für die Zusammenhänge der Welt erwächst die Forderung, über die Glücksbedingungen des menschlichen Lebens nunmehr zu schweigen.
Diese Untersuchung wird durch eine Gegenüberstellung von verschiedenen charakteristischen Herangehensweisen an die Frage nach dem Sinn des Lebens verdeutlichen, mit welchen Schwierigkeiten die Herausbildung eines philosophisch fundierten Verständnisses für existentielle Sinnhaftigkeit heute konfrontiert ist und inwiefern Gegensätze und Widersprüche zu bestimmten historisch wirkungsmächtigen Positionen darauf Einfluss haben. Der umgreifende kosmische Sinnhorizont, mit dem Menschen über lange Jahrhunderte und über verschiedene Epochen hinweg ihren Lebenssinn artikuliert und mit einem Anspruch auf Wahrheit verbunden haben, vermag in der heutigen Zeit in vielerlei Hinsicht nicht mehr zu überzeugen. Statt den Sinn des Lebens aus den Zusammenhängen des Kosmos abzuleiten, geht man heute in der Regel davon aus, dass der Sinn des Lebens autonom vom Menschen selbst, unabhängig von der Beschaffenheit der Welt, gewonnen wird. Die moderne Vorstellung einer prinzipiellen Sinnautonomie ist der Gegenpol zur Idee einer kosmischen Ordnung als Orientierungspunkt für das gute Leben.
Die traditionelle Vorstellung von einem kosmischen Sinnhorizont ist jedoch, offen oder verdeckt, auch heute noch wirksam. Die Sinnleere, die durch die Abkoppelung existentieller Sinnhaftigkeit von den Zusammenhängen der Welt entsteht, stellt nach wie vor eine unbewältigte Herausforderung dar. Das menschliche Bedürfnis nach einem angemessenen Verständnis für den Sinn menschlicher Existenz ist nicht verschwunden, und aus den Schwierigkeiten, dieses Bedürfnis zu stillen, erwachsen nicht unerhebliche philosophische Probleme. Das Streben nach einem Verständnis für die Zusammenhänge der Welt und für die Grundlagen des menschlichen Lebens ist für den Menschen kennzeichnend und berührt die wichtigsten Bereiche menschlichen Existierens: Es geht hierbei auch um die Frage nach dem, was über das Gelingen oder Scheitern der Existenz entscheidet. Die Abtrennung dieser Frage vom Streben nach Erkenntnis bedeutet ein methodisches Absehen von entscheidenden Momenten der condition humaine. Warum dieser Ausschluss erforderlich wird und welche Probleme damit einhergehen, zeigt diese Untersuchung durch eine Gegenüberstellung von modernen und vormodernen Vorstellungen.
Zu den heutigen, spezifisch modernen Haltungen und Denkweisen gehören der Gedanke einer radikalen Freiheit und Sinnautonomie des Individuums, die Herangehensweisen und Erkenntnisse der neuzeitlichen Wissenschaften, die moderne Sichtweise auf die Welt als Entfaltungsraum technischer Umgestaltung, der rückhaltlose Drang zur Wahrheit und Wahrhaftigkeit auch angesichts existentiell unbequemer Einsichten, die Trennung zwischen deskriptiven und normativen Aussagen sowie die Fokussierung des Menschen auf die diesseitige, sinnlich gegebene Wirklichkeit. Methodisch werden diese Vorstellungen im Folgenden mit dem Sinnhorizont vormoderner metaphysischer Sinnentwürfe kontrastiert – denn spezifisch modern ist auch eine gewisse existentielle Sinnleere, die zu einer Zurückwendung zu vergangenen Sinnhorizonten veranlasst, woraus eine tiefgreifende Zwiegespaltenheit hervorgeht.
Unser Verhältnis zur kulturellen Überlieferung ist heute durch eine gebrochene Kontinuität bestimmt, und daraus entspringen die Schwierigkeiten im Umgang mit der Frage nach dem Sinn des Lebens. Einerseits steht unser Streben nach einem Verständnis für die Sinnhaftigkeit des Lebens in einer direkten Kontinuität zum kosmischen Sinnhorizont des antiken Denkens. Andererseits liegt im wissenschaftlichen Absehen von der Sinnfrage ein Bruch mit dieser Traditionslinie, und dieser Bruch entspringt aus maßgebenden Positionen des spezifisch modernen Denkens.
Ich werde die Frage nach dem Sinn des Lebens weder als eine objektiv beantwortbare noch als eine sich auf die Subjektivität des Individuums beschränkende Frage interpretieren, sondern mein Augenmerk auf die Zwiegespaltenheit im Umgang mit dieser Frage richten: Aus meiner Sicht gibt es heute nicht die eine angemessene philosophische Herangehensweise an die Sinnfrage, es existieren vielmehr disparate Anforderungen, die aus der gebrochenen Kontinuität zu den umgreifenden Sinnentwürfen der kulturellen Überlieferung hervorgehen und die zu den heutigen Schwierigkeiten mit der Sinnfrage führen. Meine Arbeit wird zeigen, warum ein Verständnis für die unauflösbare Gegensätzlichkeit der relevanten Einflussfaktoren bei der Artikulation existentieller Sinnhaftigkeit erhellender ist als die Ausarbeitung einer konkreten Antwort auf die Sinnfrage und die anschließende Diskussion ihrer Vor- und Nachteile.
Mit dieser Herangehensweise setze ich mich vom weiten Feld der aktuellen Literatur zur Frage nach dem Sinn des Lebens ab.5 Neuere philosophische Ansätze umfassen etwa sprachanalytische Untersuchungen,6 psychologische Herangehensweisen,7 Herleitungen aus den Sozialstrukturen8 oder auch Anlehnungen an die Literatur.9 Es gibt hierbei auch Herangehensweisen, bei denen der Kontrast zwischen dem vormodernen und modernen Umgang mit der Frage nach dem Sinn des Lebens eine wichtige Rolle spielt: Durch Beschreibungen von unterschiedlichen historischen Positionen können verschiedene Aspekte der Sinnfrage beleuchtet und vernünftige Wahlmöglichkeiten erörtert werden – mit dem Ergebnis durchaus nicht unorigineller Antworten auf die Sinnfrage aus heutiger Perspektive.10
Woran es aber mangelt, sind Ansätze, die unsere Schwierigkeiten im Umgang mit der Sinnfrage direkt als strukturelle Konsequenz aus der gebrochenen Kontinuität zu den Sinnentwürfen der Vergangenheit interpretieren: Ansätze, bei denen die Zwiegespaltenheit der heutigen Situation im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht und in denen es darum geht, die gegensätzlichen Kräfte in ihrer Gegensätzlichkeit zu verstehen, ohne sie vorschnell zu einer unvollkommenen Lösung zusammenzuführen. Erst aus diesem Verzicht auf eine inhaltlich eindeutige, substantielle Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens kann eine Antwort auf die Sinnfrage hervorgehen, die die bestimmenden Haltungen des modernen Denkens konsequent ernst nimmt.
Die Herausforderung besteht darin, den Zugang zur Frage nach dem Sinn des Lebens als eine unaufgelöste Gespanntheit zwischen den weiterhin präsenten Sinnentwürfen der Vergangenheit und modernen Gegenbewegungen zu verstehen. Thesen über die ungebrochene Präsenz und Wirksamkeit der tradierten Sinnentwürfe insbesondere mit religiöser Ausprägung sind in aktuellen Debatten omnipräsent.11 Ich werde in meiner Arbeit zeigen, auf welch brüchigem argumentativen Fundament derartige Thesen und Forderungen stehen, indem ich die sehr weitreichende Fremdheit von metaphysischen Transzendenzbezügen in den Vordergrund rücken werde. Es werden hierbei auch Positionen diskutiert werden, die die Vernünftigkeit derartiger Sinnvorstellungen in einer philosophisch ergiebigen Weise verteidigen.12
Insbesondere durch modernes naturwissenschaftliches Denken wird der entscheidende Bruch mit den existentiellen Sinnentwürfen der Vergangenheit vollzogen. Obwohl gerade im radikalisierten Streben nach Wissen eine wichtige Kontinuität beispielsweise zum antiken Denken liegt, entsteht mit der neuzeitlichen Naturwissenschaft eine neuartige Denkweise, eine auf andersartigen Grundkategorien beruhende Ontologie,13 die sich grundlegend von den Fundamenten des antiken Denkens unterscheidet und in einer tiefgreifenden Weise die antiken existentiellen Sinnentwürfe unterminiert. In einer paradoxen Weise bildet das wissenschaftliche Denken heute eine Barriere zu den Sinnentwürfen der Vergangenheit und veranlasst zugleich zur Beschäftigung mit diesen nunmehr fremd gewordenen geistigen Welten. Aber jeder moderne Rückbezug auf vergangene Sinnentwürfe bringt immer auch eine weitgehende Veränderung der neuinterpretierten Sinngehalte mit sich: Die Ontologie des wissenschaftlichen Denkens und die konstituierende Idee menschlicher Selbstbestimmung verändern die wiederkehrenden Sinngehalte der Vergangenheit, häufig auf eine sehr subtile Weise.
Moderne Sinnvorstellungen beziehen, im Unterschied etwa zum kosmischen Sinnhorizont des antiken Denkens, ihre Gültigkeit nicht aus dem Wahrheitsgehalt, sondern aus dem Gewähltsein der Sinngehalte. Es findet eine entscheidende Verschiebung des Sinnfundamentes von der Wahrheit zur individuellen Wählbarkeit statt. Das Sinnfundament des modernen Denkens ist die freie Wahl: Vor dem Hintergrund einer sinnfreien, existentiell irrelevanten Welt, deren Zusammenhänge sich über das wissenschaftliche Denken erschließen, bildet sich die spezifisch moderne Vorstellung heraus, dass in einer sinnfreien Welt der Sinn des Lebens frei gewählt werden muss. Ich werde im Folgenden zeigen, warum mit dieser Auffassung prinzipielle Schwierigkeiten einhergehen und warum die Vorstellung, dass es im Menschen eine Sinnquelle jenseits seiner Bezüge auf eine sinnfreie Wirklichkeit geben könne, eine verzerrte Interpretation der menschlichen Existenz darstellt: Die Idee einer freien Sinnstiftung in einer sinnfreien Welt ist mit prinzipiellen Schwierigkeiten behaftet. Ähnlich problematisch ist die Übertragung tradierter Sinngehalte auf das moderne Fundament der Wählbarkeit: Hierdurch werden die ursprünglich als Sinnwahrheiten konzipierten Vorstellungen so grundlegend verändert, dass damit eine starke Schmälerung ihrer Sinngebungskraft einhergeht. Durch einen Rückgang auf vergangene Sinnvorstellungen können die strukturellen Schwierigkeiten der Moderne im Umgang mit der Frage nach dem Sinn des Lebens nicht aufgelöst werden.
Das Streben nach einem Verständnis für die Sinnhaftigkeit des menschlichen Lebens gelangt im Denken der Moderne zu keiner philosophischen Klarheit. Der wissenschaftliche Zugang zur Welt konfrontiert den Menschen mit einer umfassenden existentiellen Irrelevanz, und mit einer modernen Sicht auf die Welt gehen nur sehr eingeschränkt neue und genuin moderne Sinnvorstellungen einher. Die Wiederbelebung der Sinngehalte der Vergangenheit stößt auf prinzipielle Schwierigkeiten, da die trennende historische Barriere nicht ohne weiteres zu überwinden ist: Sowohl die Transformation der vormodernen Sinngehalte in die moderne Ontologie als auch der Versuch ihrer Wiederbelebung auf der Grundlage der ursprünglichen Ontologie sind zum Scheitern verurteilt. So ist das moderne Denken, auch wenn es noch tief in seinen vormodernen Ursprüngen verhaftet ist, von diesen grundlegend abgeschnitten.
Die vorliegende Untersuchung besteht aus zwei Hauptteilen. Im ersten Teil werden einige zentrale Vorstellungen des antiken Denkens analysiert, die maßgebend und traditionsbildend für die transzendenzbezogenen Sinnentwürfe der Vergangenheit gewesen sind. In jeweils eigenen Kapiteln werden drei grundlegende Sinnvorstellungen herausgearbeitet: Zum einen wird in den einflussreichsten Strömungen des antiken Denkens der Mensch als Teil eines sinnvoll geordneten Kosmos betrachtet, der die Sinnhaftigkeit des menschlichen Lebens als eine erkennbare Wahrheit vorzeichnet. Zum anderen und damit direkt zusammenhängend wird die Sinnhaftigkeit der Existenz im antiken Denken häufig durch die Bezugnahme auf eine höherwertige und direkt existentiell relevante, transzendente Wirklichkeit artikuliert. Und schließlich besitzt die Wahrheit im antiken Denken eine unmittelbare lebenspraktische Relevanz, insofern sie geistige Übungen in Gang setzen soll, um das menschliche Leben durch eine Ausrichtung an etwas Höherem grundlegend zu transformieren.
Der zweite Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit modernen Sinnentwürfen. Von Anfang an stellt sich dabei die Frage nach ihrem Verhältnis zu den Sinnvorstellungen früherer Epochen. Es wird gezeigt, wie eng die zentrale moderne Vorstellung einer radikalisierten menschlichen Selbstbestimmtheit in den Anfängen des neuzeitlichen Denkens mit dem kosmischen Sinnhorizont früherer Sinnentwürfe verbunden war und inwiefern Probleme der heutigen Philosophie hinsichtlich der Frage des Lebenssinns bereits in den Ursprüngen des neuzeitlichen Denkens angelegt waren. Die neuzeitliche Wissenschaft ist die bestimmende Denkweise, die in der Moderne die Wahrheit über die Zusammenhänge der Welt artikuliert – ihre prinzipielle existentielle Irrelevanz bildet das Zentrum aller heutigen Probleme mit der Sinnfrage. Wissenschaftliches Denken bricht mit den überlieferten Sinnvorstellungen, paradoxerweise geht dieser Bruch selbst aber aus einer Kontinuität zu eben diesen Sinnvorstellungen hervor. In der Moderne wird auf verschiedene Weise auf diesen unvollständigen Bruch reagiert, wovon die folgende Arbeit handelt: Eine Reaktionsmöglichkeit liegt in dem Versuch, selektiv zumindest die attraktivsten Sinngehalte mit Transzendenzbezug – in erster Linie das übende Streben nach dem Höheren – in der diesseitigen, sinnlich gegebenen Wirklichkeit neu zu verorten und so mit dem wissenschaftlichen Denken in Einklang zu bringen. Eine andere Möglichkeit ist das Bestreben, an den tradierten Sinnvorstellungen durch eine Zurücknahme ihres Wahrheitsgehaltes festhalten zu wollen. Wichtig ist der Versuch, die Sinngehalte der Vergangenheit auf der Grundlage individueller Wählbarkeit neu zu interpretieren. Aber auch das prinzipielle Verwerfen aller transzendenzbezogenen Sinnentwürfe mit der Annahme, dass der Mensch in einem sinnfreien Universum den Lebenssinn frei aus sich selbst heraus schöpfen könnte, ist eine naheliegende Möglichkeit modernen Denkens. Den Abschluss meiner Überlegungen bildet eine radikale Hinterfragung der modernen Denkfundamente: Kann durch die Infragestellung der kontingenten Grundlagen der wissenschaftlichen Weltsicht die Ontologie des kosmischen Sinnhorizontes wiederbelebt werden?
Bei der Auswahl der Autoren spielen verschiedene Kriterien eine Rolle. Für den ersten Teil stellte ...