Orte der
Erinnerung
Aldrans
Gedenktafel für Christoph Probst bei der Pfarrkirche
Christoph Probst, am 6. November 1919 in Murnau am Staffelsee in Oberbayern geboren, wuchs ohne religiöses Bekenntnis auf. Er studierte zunächst in München Medizin, wo er mit den späteren Mitgliedern des Widerstandskreises der „Weißen Rose“ in Kontakt kam. Im Dezember 1942 nahm er sein Studium in Innsbruck auf. Er wohnte in Aldrans, seine Frau und seine beiden Kinder wohnten in Lermoos im Außerfern. Mehrmals traf er sich mit seinen Freunden Hans Scholl und Alexander Schmorell in München. Sie lasen christliche Autoren und diskutierten, wie das NS-Regime bekämpft werden könnte. Auf die Bitte von Hans Scholl schrieb Probst den Entwurf für ein Flugblatt, in dem alle Deutschen aufgerufen wurden, sich von Adolf Hitler, „dem Sendboten des Hasses“, „der die Juden zu Tode marterte, die Hälfte der Polen ausrottete, Russland vernichten wollte“, abzuwenden: „Hitler und sein Regime muss fallen, damit Deutschland weiterlebt. Entscheidet Euch, Stalingrad oder Untergang (...). Und wenn Ihr Euch entschieden habt, dann handelt.“251 Um die Mittagszeit des 20. Februar 1943, zwei Tage nach der Verhaftung der Geschwister Scholl in München, nahm die Gestapo Christoph Probst in Innsbruck fest und überstellte ihn nach München. Einen Monat vorher hatte seine Frau das dritte Kind zur Welt gebracht. Am 22. Februar sprach ihn der Volksgerichtshof unter Präsident Roland Freisler des Hochverrats, der Feindbegünstigung und der Wehrkraftzersetzung für schuldig. Bereits um 17 Uhr wurde Christoph Probst hingerichtet. Die Verantwortlichen an der „Deutschen Alpen-Universität“ Innsbruck schlossen ihn noch am Tag der Verurteilung auf Dauer vom Studium an allen deutschen Hochschulen aus, da er „aktive kommunistische Propaganda“ betrieben habe.252
Christoph Probst (Weisse Rose Institut e.V. München)
InitiatorInnen der Gedenktafel: Die GymnasialprofessorInnen Brigitte Lutz und Karl Schmutzhard, die in Aldrans wohnen, setzten sich für ein ehrendes Zeichen für Christoph Probst ein, so dass es zu einem Beschluss des Pfarr- und Gemeinderates kam. Bürgermeister, Pfarrer, der Gemeinde- und Pfarrgemeinderat sowie zahlreiche Privatpersonen unterstützten ihr Anliegen. Für die Kosten der Tafel kam die Gemeinde auf. Aus Anlass des 70. Jahrestags der Hinrichtung von Christoph Probst weihte Diakon Nikolaus Albrecht unter Beisein von Bürgermeister Adolf Donnemiller und der Gemeindevertretung sowie Nachkommen von Christoph Probst die Gedenktafel am 19. Oktober 2013 ein. Die Festansprachen hielten der Bürgermeister, Brigitte Lutz und Karl Schmutzhard.253
■
Gedenktafel von 2013 neben dem Eingang am Felsen der Pfarrkirche. Der Fels, auf dem der Turm der Kirche steht, ist zugleich Kriegerdenkmal und Gedenkort für Christoph Probst. (Foto Gisela Hormayr / Selina Mittermeier)
Assling
Messingschild für Josef Salcher am Hochstein in der Fraktion Bannberg
Im April 2015 brachten Vizeleutnant Gottfried Kalser und Vizeleutnant Erwin Hertscheg vom Hochgebirgs-Jägerbataillon 24 Lienz beim „Heimkehrerkreuz“ am Hochstein ein Messingschild für Josef Salcher, geboren am 18. März 1890, an.254 Er war Mitglied der Zeugen Jehovas, die sich wegen ihres Glaubens weigerten, den Eid auf Adolf Hitler abzulegen und Wehrdienst zu leisten. Nach seiner Verhaftung am 27. September 1939 in Lienz überstellte ihn die Gestapo vermutlich am 14. Dezember 1939 in das KZ Sachsenhausen. Dort starb Josef Salcher bereits am 23. April 1940.255
Erinnerung an Josef Salcher unterhalb der Namen der Gefallenen beider Weltkriege auf dem „Heimkehrerkreuz“ am Hochstein bei Lienz auf über 2.000 Meter (Fotos Gottfried Kalser)
Axams
Gedenktafel für Josef Axinger an der Mauer des Pfarrhauses (Widumhöfl), Innsbrucker Straße 1
Josef Axinger, geboren am 25. Oktober 1871 in Michaels-Neukirchen (Oberpfalz), übersiedelte im Juni 1928 von Deutschland nach Axams, wo er als selbstständiger Friseurmeister arbeitete. Er war Mitglied der SPD, später der SPÖ. Von 1934 bis 1938 betätigte er sich in der illegalen sozialistischen Organisation von Axams. Dem NS-Regime, das in ihm einen „eingefleischten Marxisten“ sah, stand er von Anfang an ablehnend gegenüber. Am 14. September 1943 ordnete die Gestapo nach einer Denunziation im Dorf die Einlieferung Axingers in die Polizeihaft nach Innsbruck an. Vom 24. September 1943 bis 7. April 1944 befand er sich im Landesgerichtlichen Gefangenenhaus, danach erfolgte seine Überstellung nach München-Stadelheim. Axinger hatte Feindsender gehört und in Axams Flugblätter der Alliierten verteilt, die er beim Besuch seiner Tochter in Amberg (Oberpfalz) gefunden und mitgenommen hatte. Darin wurde zum Sturz Hitlers aufgerufen und der unausweichliche Sieg der Alliierten verkündet. Axinger hatte die Flugblätter laut Anklageschrift unter solchen Personen in Axams verbreitet, „bei denen er eine innerliche Gegnerschaft gegen die nationalsozialistische Regierung sowie eine besondere Empfänglichkeit für die Feindpropaganda vermutete.“ Er musste zugeben, „dass seine Feindschaft gegen das nationalsozialistische Deutschland der Grund für sein Tun gewesen“ sei. Der Volksgerichtshof verurteilte ihn am 12. April 1944 wegen Feindbegünstigung zum Tode. Josef Axinger wurde am 3. August 1944 im Alter von 73 Jahren in München-Stadelheim hingerichtet.256
Initiatoren der Gedenktafel: Die Lebensgefährtin von Josef Axinger ließ nach dem Krieg, das genaue Datum ist unbekannt, eine Gedenktafel an der Außenseite der Pfarrkirche von Axams anbringen, später wurde sie auf die Friedhofsmauer montiert. Im Zuge von Renovierungsarbeiten in den 1990er Jahren ging die Tafel verloren.
Seit 2005 erinnert in Axams eine Gedenktafel an Josef Axinger. (Foto Helmut Muigg)
Josef Axinger (Foto Inge Freisel)
Foto Helmut Muigg
Die Aktivitäten für eine neue Tafel starteten Dietmar Höpfl, Landessekretär der Naturfreunde, wohnhaft in Axams, und der Vorsitzende des „Bundes Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen, Opfer des Faschismus und aktiver AntifaschistInnen“ des Landesverbandes Tirol, Helmut Muigg. Auch Gerd Haberditzl aus Axams unterstützte das Vorhaben. Im Jänner 2004 wandten sich Höpfl und Muigg mit ihrem Vorhaben an die Gemeinde Axams. Alle Gemeinderatsfraktionen traten für einen Beitrag über Axinger im neuen Heimatbuch ein, lehnten aber ein öffentliches Gedenken an ihn ab – zunächst auch die Sozialdemokratische Partei. In der Septemberausgabe 2004 der Gemeindezeitung wurde Axingers Hinrichtung mit seinem undiplomatischen Verhalten erklärt.
Höpfl, Haberditzl und Nachkommen Axingers besprachen sich mit Pfarrer Paul Kneussl, da das Wohnund Arbeitshaus von Josef Axinger nach dem Krieg in den Besitz der Kirche gekommen war und als Widum genutzt wurde. Kneussl war einverstanden, eine Gedenktafel für Josef Axinger am Pfarrhaus anbringen zu lassen. In Absprache mit dem Pfarrkirchenrat, dem Bürgermeister und der Vertretung der Diözese Innsbruck musste eine Bedingung erfüllt werden: Die Gedenktafel „soll für den Frieden und gegen jegliche Form von Gewalt mahnen.“ Weder anlässlich der Enthüllungsfeier noch zu einem späteren Zeitpunkt dürfe es bei der Gedenktafel zu parteipolitischen Kundgebungen kommen.
Am 12. April 2005, dem Jahrestag der Verurteilung von Josef Axinger, leitete Pfarrer Paul Kneussl einen Gedenkgottesdienst. Dann segnete er die Gedenktafel. Die Ansprache hielt der Vorsitzende der Tiroler SPÖ, Landeshauptmann-Stellvertreter Hannes Gschwentner. Eine Verwandte Axingers verlas einen persönlich gehaltenen Text.257
■
Denkmal für US-Luftwaffenangehörige auf einem Felsblock am Talschluss der Axamer Lizum
Am 9. Juni 1944 stürzte um 11 Uhr eine US-amerikanische B-24H auf der Marchreisenspitze ab, nachdem sie unter Beschuss der Flak in Innsbruck geraten war. Alle zehn Besatzungsmitglieder retteten sich mit dem Fallschirm und wurden an verschiedenen Orten in der Umgebung von Innsbruck gefangengenommen.258
Initiator der Gedenktafel: Da seine Eltern nach dem Krieg die Lizum Alm gepachtet hatten, hielt sich Werner Singer in seiner Kindheit dort auf und spielte mit den Überresten des abgeschossenen Flugzeugs, nachdem die größten Teile von Altwarenhändlern abtransportiert worden waren. Als die Schotterreisen ein Fahrgestell und andere Teile freigaben, transportierte er diese mit zwei armenischen Flüchtlingen mühsam ins Tal, um im Sommer 2005 ein Denkmal auf einem Stein 20 Meter westlich eines alten Stallgebäudes zu errichten, das sich neben dem Auslauf der Damenabfahrt am Talschluss der Axamer Lizum befindet. Der Obmann des Tourismusverbandes Hubert Klingan übernahm die Finanzierung, einer seiner Mitarbeiter, Günter Haller, führte...