Glaubenslehre
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Glaubenslehre

Ein Leitfaden zum Verstehen der christlichen Botschaft

  1. 204 Seiten
  2. German
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Glaubenslehre

Ein Leitfaden zum Verstehen der christlichen Botschaft

Über dieses Buch

Die 1976 erstmals für Laien konzipierte Glaubenslehre erscheint hier in vierter, überarbeiteter Auflage. Die klassischen Bereiche der Theologie werden in verständlicher Weise dargeboten. Die Glaubenslehre ist entstanden aus der Arbeit beim Kirchlichen Fernunterricht der Kirchenprovinz Sachsen, heute der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, einer theologischen Ausbildung für an Theologie und Glauben Interessierte in Gemeinde und darüber hinaus.

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Information

Dogmatik III – Der Glaube an den Heiligen Geist

Kapitel 1 – Die Wirklichkeit des Heiligen Geistes

I DAS WESEN DES HEILIGEN GEISTES

1 Der Heilige Geist als Person und als Kraft
Durch seinen Geist erfüllt Gott die Welt mit Leben, durch ihn lenkt er die Geschicke seines Volkes und macht einzelne Menschen in besonderer Weise zu seinen Werkzeugen.
Führen wir uns den dritten Artikel unseres Glaubensbekenntnisses vor Augen, so wird schon auf den ersten Blick deutlich: Vom Heiligen Geist selbst ist nur sehr kurz am Anfang die Rede. Die meisten Aussagen betreffen eher Folgen der Ausgießung des Geistes. Martin Luther hat in seiner Erklärung zum dritten Artikel im Kleinen Katechismus diesen Zusammenhang vorbildlich deutlich gemacht, indem er unseren persönlichen Glauben und den Glauben der Kirche als Werk des Heiligen Geistes bezeichnet, aus dem dann Vergebung der Sünden, Auferstehung und ewiges Leben folgen. Offensichtlich gilt bei der Lehre vom Heiligen Geist noch mehr das, was wir bereits im Zusammenhang der Gotteslehre und der Christologie feststellen mussten: Unsere Möglichkeiten, zu reden, sind eng begrenzt. Wir können allenfalls die Wirkungen Gottes, seine Werke, beschreiben. Wenn wir vom Wesen und von der Person dessen, der da handelt, sprechen wollen, versagen bald unsere Worte und Begriffe. Es ist deshalb kein Wunder, dass gerade die Beschäftigung mit dem dritten Artikel sich oft bei der Behandlung der Werke erschöpft, bei Kirche, Rechtfertigung und Heiligung, und den Heiligen Geist über seinen Werken vergisst. Trotzdem gibt es in unserer Zeit ein besonderes Interesse an der Theologie des Heiligen Geistes. Das hängt einmal zusammen mit dem Bedürfnis, in der Kirche nicht nur richtige Lehre, nicht nur zuverlässige Ordnung, sondern auch aktuelles Leben zu finden. Quer durch alle Konfessionen gibt es eine charismatische Bewegung, die vielen Menschen unserer Zeit Erfahrungen mit Gott vermittelt, sei es durch Wundererlebnisse oder durch besondere Gemeinschaft in Gebet und Hingabe an Gott. Andererseits ermöglicht die Betonung der Pneumatologie eine Weitung des streng patriarchalischen Gottesbildes. Mit dem Begriff des Geistes verbindet sich die Vorstellung von Offenheit und Freiheit – auch gegenüber kirchlichen Institutionen.
Gerade vor diesem Hintergrund ist es wichtig, auf die Aussagen der heiligen Schrift besonders zu achten Die Schwierigkeiten beim Verständnis der biblischen Aussagen über den Heiligen Geist beginnen bereits bei der Vieldeutigkeit des Geistbegriffs. Nicht umsonst redet der dritte Artikel des Glaubensbekenntnisses ausdrücklich vom Heiligen Geist. Denn das Wort Geist kann nicht nur etwas Göttliches bezeichnen bzw. Ausdruck für Gott selbst sein (Joh 4,24), sondern es dient auch zur Beschreibung des Menschen. Auch der Mensch hat Geist, ist ein geistiges Wesen. Es gibt nicht nur den Heiligen Geist, den Geist Gottes, sondern auch den Geist des Menschen, der vom Heiligen Geist säuberlich unterschieden werden muss. Und es gibt nach dem Zeugnis der Bibel auch den Geist des Bösen, die dämonischen Kräfte. Diese Vieldeutigkeit ist nicht etwa in einer Ungenauigkeit der deutschen Sprache begründet. Sie findet sich ebenso in den biblischen Aussagen über den Heiligen Geist. So bedeutet das hebräische
nicht nur Geist Gottes, sondern auch den Sturm und den Lebensatem, der durch den Schöpfergott Mensch und Tier eingegeben ist. Das Alte Testament redet deshalb bereits im Zusammenhang mit der Schöpfung vom Geist. Etwa in dem Schöpfungspsalm (104,29 f): »Du sendest aus deinen Odem, so werden sie geschaffen«, oder in der schwer deutbaren Stelle 1. Mose 1,2 (in der Lutherbibel wird sie übersetzt: »Der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser«; andere Übersetzer reden von einem Gottessturm). Geist ist der bewegende, lebenschaffende Atem Gottes. Ohne ihn ist kein Leben denkbar. Aber gerade deshalb ist er der Heilige Geist, nämlich Gottes Eigentum, – ja im Grunde Gott selbst. Keine Kreatur kann darüber verfügen, so sehr sie auch von ihm bewegt und erfüllt sein mag: Gott kann jederzeit seinen Odem, seinen Geist, wieder zurücknehmen und auch den Menschen wieder zu Staub werden lassen (Ps 104,29; 1. Mose 6,17). Der Heilige Geist ist auf der einen Seite Gabe Gottes an die Menschen, eine Kraft, die in ihnen und im Grunde in allen Geschöpfen das Leben wirkt; und er ist auf der anderen Seite die souveräne Macht Gottes selbst, in der sich seine Herrschaft manifestiert. Dies lässt sich auch an der Art, wie über die besonderen Geistträger, die Charismatiker, die Richter, Könige und Propheten Israels, geredet wird, erkennen. Bei den Richtern, aber auch beim König Saul befähigt der Geist zu besonderen Krafttaten. Berühmtestes Beispiel dafür sind die Geschichten von Simson (Ri 13 ff). Aber er verleiht auch politische und militärische Führungsqualitäten (1Sam 11) und vor allem: er redet durch die Propheten. Sie sind in besonderer Weise Träger des Geistes, vom Heiligen Geist getriebene Leute (Mi 3,8). Gerade bei ihnen wird deutlich, dass der Heilige Geist mehr als eine Kraft ist. Er ist der lebendige persönliche Gott selbst. Die Worte der Propheten sind nicht nur vom Geist gewirkt, sie sind Gottes eigene Worte. Wo der Geist Gottes spricht, da redet Gott selbst. Ähnlich verhalten sich die Dinge im Neuen Testament. Nicht nur in den Berichten der Evangelien über Jesus, sondern vor allem bei der Schaffung der Gemeinde, des neuen Gottesvolkes, offenbart der Heilige Geist seine schöpferische Macht. Es ist besonders das Anliegen der Apostelgeschichte zu zeigen, wie der Heilige Geist die Gemeinde sammelt und leitet, wie die Apostel »voll des Heiligen Geistes« (Apg 2,4; 4,8) predigen und Wunder tun, aber auch, wie die maßgebenden Männer bis in ihre einzelnen Schritte vom Geist gelenkt werden (Apg 8,26 ff; 13,2; 16,6). Der Geist ist auch hier sowohl Gabe an die Gemeinde und an die Gläubigen, aber zugleich wird er gerade in den Berichten über die ersten Gemeinden als der souveräne Herr dargestellt. Weil Ananias und Saphira versucht haben, den Heiligen Geist zu belügen, müssen sie sterben (Apg 5). Der Geist spricht nicht nur durch die Jünger, er spricht auch zu ihnen (Apg 8,29;10,19). Wo wir ihm begegnen, haben wir es nicht nur mit einer göttlichen Kraft, sondern mit Gott selbst zu tun. Ja er ist geradezu das Markenzeichen der christlichen Gemeinde. Erst wenn die neugetauften Gemeindeglieder »in Zungen reden«, also das Sprachengebet praktizieren können, sind sie in vollem Sinne zugehörig (Apg 7). Nicht umsonst schreibt der Apostel Paulus im Römerbrief (8,14): »Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder«.
2 Die eschatologische Bedeutung des Heiligen Geistes
Der Heilige Geist ist die Gabe Gottes an die Gemeinde des Neuen Bundes. Mit seiner Ausgießung bricht die Heilszeit an. Durch ihn hat die Gemeinde Gemeinschaft mit Christus.
Bereits in der alttestamentlichen Prophetie spielt der Gedanke eine wichtige Rolle, dass die Endzeit die Zeit des Geistes sein wird. Der Messias ist der Geistträger schlechthin (Jes 11,2). Das gleiche gilt vom Gottesknecht (Jes 42,1). Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die berühmte Joel-Weissagung (Joel 3), in der von der Ausgießung des Geistes auf das gesamte Volk geredet wird (vgl. auch Jes 44,3; Hes 39,29). Sie wird in der Plingstgeschichte (Apg 2) ausführlich zitiert, um deutlich zu machen, dass die von Joel prophezeite Endzeit, in der der Geistbesitz nicht mehr das Kennzeichen einiger auserwählter Menschen ist, nun anbricht. Erst recht beruft sich das Neue Testament auf die alttestamentliche Verheißung, wenn es darum geht, Jesus als den endzeitlichen Geistträger, als den Messias zu bezeichnen. Bestes Zeugnis dafür ist die Taufgeschichte, die mit dem Bericht von der Verleihung des Geistes an Jesus endet und offensichtlich an Jes 42,1 anknüpft. Nicht zu vergessen ist auch die »Antrittspredigt« Jesu in Nazareth über Jes 61,1 f: »Der Geist des Herrn ist bei mir, darum weil er mich gesalbt hat« (vgl. auch Mt 12,28). Aber auch in der Perikope von der Empfängnis Jesu spielt der Heilige Geist eine wichtige Rolle: Gottes Schöpfergeist wirkt die Schwangerschaft der Jungfrau Maria (Lk 1,35). So gehören Ausgießung des Heiligen Geistes und Anbruch der Endzeit unbedingt zusammen. Die Erfüllung der Geistverheißung in Jesus und in der Gemeinde ist für das Neue Testament ein Zeichen für den Beginn der Endzeit. Deshalb kann auch Paulus den Heiligen Geist als die den Gläubigen verliehene Erstlingsgabe, als das Angeld des ewigen Lebens bezeichnen (Röm 8,23).
Bis dahin lässt sich das Zeugnis des Neuen Testaments vom Heiligen Geist als Erfüllung des im Alten Testament Vorbereiteten verstehen. Aber das Neue Testament sagt noch mehr. Es sieht in Christus nicht nur den Träger, sondern auch den Geber des Geistes (Joh 16,7 ff). Es entspricht der zentralen Heilsbedeutung Jesu Christi, dass der Heilige Geist im Neuen Testament stets der Geist Jesu ist. Es gibt kein besonderes Evangelium, keine besondere Botschaft vom Heiligen Geist. Der Geist fügt zur Botschaft von Jesus nichts hinzu. Er sorgt nur dafür, dass sie gehört und angenommen wird. Aber gerade damit dies geschehen kann, ist er unerlässlich. »Niemand kann Jesus einen Herrn heißen, außer durch den Heiligen Geist« (1Kor 12,3). Ja die Verbindung von Heiligem Geist und Jesus Christus geht sogar so weit, dass in gleicher Weise von der Gegenwart des Geistes und von der Gegenwart Christi in den Gläubigen und in der Gemeinde geredet wird. Nicht nur der Heilige Geist, auch Christus wohnt in den Gläubigen (Röm 8,11; Eph 3,17). Beide können geradezu als zwei Seiten derselben Sache angesehen werden; so etwa im 2. Korintherbrief (3,17): »Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.« Wo Christus ist, da ist auch der Heilige Geist, da ist wirkliche Gemeinschaft mit Gott, da bricht schon heute die Ewigkeit an (vgl. auch 1Kor 15,45).
Freilich muss bereits an dieser Stelle vor Fehldeutungen gewarnt werden. Das neutestamentliche Zeugnis vom anbrechenden Gottesreich ist immer von zwei Missverständnissen bedroht: Entweder man verwechselt schwärmerisch den Anbruch mit der Vollendung und vergisst, dass trotz aller Gemeinschaft mit Gott der endgültige Sieg über die Sünde und die Friedlosigkeit der Welt noch aussteht, oder man übersieht infolge der noch ausstehenden Vollendung die Gegenwärtigkeit des Gottesreiches. Im Blick auf den Heiligen Geist bedeutet das: Entweder man erklärt den Geist zum festen, nachweisbaren Besitz der Gläubigen und der Kirche, oder man betont das Herrsein des Geistes, seine Freiheit, der gegenüber auch die Christen in diesem Leben nur die Bittenden und Wartenden sein können. Vor beiden Extremen müssen wir uns hüten. Im ersten Fall, wo der Heilige Geist als Besitz der Frommen betrachtet wird, kommt es zur Überheblichkeit der angeblich Geistbegabten, zur Verletzung der Bruderliebe, ja mitunter sogar zur offenen Aufkündigung des Gehorsams gegen das Wort Gottes, da man sich auf Grund des Geistbesitzes allen Autoritäten gegenüber unabhängig fühlt. Beispiele dafür liefern die schwärmerischen Bewegungen aller Zeiten, von den Korinthern der neutestamentlichen Zeit über die Wiedertäufer bis zu den Sekten der Gegenwart. Aber auch die großen hierarchisch organisierten Kirchen – wie die römisch-katholische Kirche – sind von diesem Irrtum nicht frei geblieben. Hier war es nicht eine Gruppe von Gläubigen, sondern der Klerus selbst, der sich auf Grund seines Amtes als Besitzer des Geistes betrachtete und seine eigenen Entscheidungen neben oder gar über das Wort Gottes stellte. Nicht weniger gefährlich ist aber auch das andere Extrem. Dort, wo man nichts mehr vom Anbruch des Neuen in der Gegenwart, von der Ausgießung des Geistes auf die gegenwärtige irdische Gemeinde weiß, da entartet die Kirche zur Lehrkirche, deren Leben sich in der immer neuen Wiederholung und Verteidigung einst gefundener Lehrformeln erschöpft und die den einzelnen am Ende mit dem Appell an seinen eigenen guten Willen allein lässt. Denn wo der Heilige Geist nicht mehr als gegenwärtige Kraft Gottes gepredigt und erfahren wird, da machen sich die Versuche des alten Menschen wieder breit, durch eigene Leistung das Ansehen vor Gott und Menschen zu sichern. Eben weil der Heilige Geist in die Endzeit hineingehört, muss hier streng auf die Beachtung beider Aspekte geachtet werden. So gewiss der Heilige Geist bei der Kirche und in den Gläubigen ist, so gewiss bleibt sein Kommen andererseits immer Gegenstand unseres Gebetes und unserer Hoffnung, weil auch unsere Gemeinschaft mit Gott Gegenwart und dennoch zugleich noch Zukunft ist.
3 Der Heilige Geist als dritte Person der Trinität
Die im Neuen Testament bezeugte Herrschaft des Heiligen Geistes in der Kirche und in den Gläubigen hat in der Lehre vom Heiligen Geist als dritter Person der Trinität ihren Niederschlag gefunden.
Bekanntlich gibt es bereits im Neuen Testament sogenannte triadische Formeln, d. h. Worte, in denen nebeneinander von Gott dem Vater, von Jesus Christus und vom Heiligen Geist die Rede ist (Mt 28,19; 2Kor 13,13; 1Petr 1,2). Trotzdem kam die Kirche erst im Rahmen der dogmatischen Streitigkeiten der ersten Jahrhunderte zu der Entscheidung, dass der Heilige Geist als wahrer Gott und als dritte Person der Trinität zu betrachten sei. Und bis heute sind die Stimmen nicht verstummt, die zwar dem Heiligen Geist seinen göttlichen Charakter nicht bestreiten, wohl aber mit der Personalität des Geistes nichts anzufangen wissen. In der alten Kirche ist die eigentliche Entscheidung im Nachgang zum arianischen Streit gefallen. Athanasius, der große Verfechter der Wesensgleichheit (homousie) Jesu mit dem Vater, setzte sich schließlich auch für die Homousie des Heiligen Geistes ein. Ähnlich wie beim Streit um die Gottheit Jesu argumentiert Athanasius von dem Ziel der Erlösung des Menschen durch Gott her. Wäre der Heilige Geist ein Geschöpf, dann hätten wir keine wirkliche Gemeinschaft mit Gott, dann wäre das Leben der Gläubigen lediglich menschliches Werk und die Kirche nicht mehr als eine Vereinigung von Menschen. Nur dann kann die im Neuen Testament verheißene Gemeinschaft der Christen mit Gott Wirklichkeit werden, wenn der Heilige Geist selbst Gott ist. Unseres Erachtens ist diese Argumentation auch heute noch überzeugend. Sowohl die Einheit von Gott und Geist, als auch die Einheit von Jesus und Geist, die in der Bibel bezeugt wird, machen es geradezu unmöglich, den Heiligen Geist von der Gottheit auszuschließen und ihm eine niedrigere Qualität zuzumessen. Freilich bleibt damit die Frage nach der Personalität noch unbeantwortet. Ist es wirklich sinnvoll, den Heiligen Geist als dritte Person der Gottheit neben Vater und Sohn zu bezeichnen? Wenigstens gibt es selbst unter den im kirchlichen Bekenntnis verwurzelten Christen nur wenige, die hier keine Bedenken anmelden. Offensichtlich haben sich unpersönliche Vorstellungen derartig eng mit dem Geistbegriff verbunden, dass wir zur Lehre von der Personalität des Geistes kaum noch Zugang finden. Schuld daran ist wohl vor allem, dass wir den in der Neuzeit entwickelten Begriff der Persönlichkeit, des selbständigen menschlichen Individuums auf die Trinität übertragen. In diesem menschlichen Sinne aber ist allein Jesus als Person zu bezeichnen. Auch die Personalität des Schöpfergottes ist für uns unvorstellbar. Der Protest wird an dieser Stelle nur deshalb weniger laut, weil wir uns durch die Bezeichnung Gottes als des Vaters leicht über das Problem hinwegtäuschen lassen. Am Ende geht es sowohl im Blick auf Gott den Vater als auch im Blick auf den Heiligen Geist darum, dass der Personbegriff deutlich machen soll: Wir haben es hier mit einem Gegenüber zu tun, das Adressat unserer Gebete sein kann und vor dem wir uns zu verantworten haben für unsere Gedanken, Worte und Taten. Beides gilt auch vom Heiligen Geist. Wir brauchen bloß an die Schilderungen der Apostelgeschichte zu denken und an das auch in der evangelischen Kirche in den Pfingstliedern geübte Gebet zum Heiligen Geist. Gewiss ist der Begriff der Person nur eine unzulängliche Bezeichnung für das Wesen des Heiligen Geistes. Aber er macht deutlich, dass wir es auch bei der Kraft, die die Kirche aufbaut und erhält, nicht mit namenlosen, geheimnisvollen Energien, sondern mit dem lebendigen, uns Menschen persönlich zugewandten Gott zu tun haben.
Ein Problem, das in der Dogmen- und Konfessionsgeschichte eine besondere Rolle gespielt hat, soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Gerade wenn nach der Stellung des Heiligen Geistes innerhalb der Trinität gefragt wird, ist an den alten Streit zwischen Ost- und Westkirche, zwischen Konstantinopel und Rom, über das sogenannte »filioque« zu erinnern. Während es im ursprünglichen Text des Nicänoconstantinopolitanum heißt, dass der Geist vom Vater ausgeht, wurde im 8. Jahrhundert in der Westkirche das Wort filioque (= und vom Sohn) in das Bekenntnis eingefügt. Bis heute steht diese Differenz zwischen den beiden alten Konfessionen, zwischen Rom und Konstantinopel. Dahinter stehen sehr komplizierte Überlegungen über das Verhältnis der drei Personen der Gottheit untereinander. In der Westkirche hielt man es für angemessen im Blick auf die Sendung des Heiligen Geistes den Vater und den Sohn sozusagen gleichberechtigt nebeneinander zu stellen. Dabei besteht die Gefahr, dass Christus durch seine Gegenwart in der Kirche die Aufgaben des Geistes mit übernimmt. Man hat daher auch von einer »Geistvergessenheit« in der Theologie der Westkirche gesprochen. Inzwischen wird das Problem in der Ökumene erkannt. Ein Zeichen dafür sind die Texte der Abendmahlsliturgie, die nun auch in der katholischen Kirche vom Heiligen Geist sprechen (sogenannte Epiklese), aber auch die Form der Lobpreises der Dreieinigkeit, wo es nicht mehr nur die alte Formulierung gibt »Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geist«, sondern auch andere, wie z. B. »Ehre sei dem Vater durch den Sohn im Heiligen Geist«. Gerade in den Bemühungen, die alte Kluft zwischen Ost- und Westkirche zu überbrücken, spielt die Art, wie vom Verhältnis des Heiligen Geistes zu Jesus Christus zu reden ist, eine wichtige Rolle.

II DIE WIRKSAMKEIT DES HEILIGEN GEISTES

1 Die Verborgenheit des Heiligen Geistes
Der Heilige Geist hat teil an der prinzipiellen Verborgenheit und Unbeweisbarkeit Gottes.
a) Der Heilige Geist als Gegenüber des Menschen
Der Heilige Geist ist für uns verborgen, weil er auch dort, wo er die Menschen ergreift, im strengen Sinne Gegenüber für uns bleibt. Der Geist ist für uns immer außerhalb. Auch für Christen bleibt er der Herr. Diese Erkenntnis wird für uns besonders dort wichtig, wo es um die Unterscheidung von Gottesgeist und Menschengeist geht. Die Menschen waren zu allen Zeiten in der Gefahr, den menschlichen Geist für etwas Göttliches, für einen Funken der Gottheit zu halten. Gewiss ist diese Gefahr nicht speziell christlich. Diese Gedanken haben ihre berühmtesten Vertreter bereits in der vorchristlichen idealistischen griechischen Philosophie, vor allem in Platon, gefunden; aber auch christliches Denken hat sich dafür anfällig gezeigt. Wenn Gott Geist ist, wie es im Johannesevangelium steht (4,24), weshalb sollte dann nicht auch der menschliche Geist etwas Göttliches und damit auch etwas Gutes sein, was nur unglücklicherweise an den materiellen Leib und an die materielle Welt, die Heimstatt allen Übels, gebunden ist? Von der Heiligen Schrift her ist diese Frage mit Nein zu beantworten.
Die Bibel sagt: Der Mensch ist Fleisch (Jes 40,6; Röm 7 und 8). Und sie meint damit den ganzen Menschen, nicht nur seinen Leib, sondern auch Seele und Geist oder welche anthropologischen Begriffe man sonst anwenden mag. Fleisch ist der ganze Mensch unter dem Aspekt der Vergänglichkeit und der Sünde, d.h. auch der Geist des Menschen hat teil an der Sünde. Martin Luther hat häufig darauf hingewiesen, dass gerade die schwerwiegendsten Sünden des Menschen, alles was mit seiner Auflehnung gegen Gott zusammenhängt, geistige Sünden sind. Wenn in der Bibel Geist und Fleisch einander gegenübergestellt werden, dann ist damit keine Aufteilung menschlicher Fähigkeiten und Bereiche gemeint, sondern die Entgegensetzung des lebendig machenden Geistes Gottes und des vergänglichen und dem Bösen ausgelieferten Menschen (Röm 8,1 f). Der Idealismus aller Zeiten kann sich deshalb nicht auf die Bibel berufen. Für sie steht der ganze Mensch, auch sein Geist und seine Seele, unter dem Urteil der Vergänglichkeit. Und es gibt deshalb auch für uns nicht die Möglichkeit, von der Selbständigkeit und Würde des menschlichen Geistes auf die Existenz eine...

Inhaltsverzeichnis

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Vorwort
  3. Einleitung
  4. Grundlegung der Dogmatik
  5. Dogmatik I – Der Glaube an den Schöpfer
  6. Dogmatik II – Der Glaube an Jesus Christus
  7. Dogmatik III – Der Glaube an den Heiligen Geist
  8. Bibelstellenverzeichnis
  9. Stichwortverzeichnis
  10. Impressum