
- 168 Seiten
- German
- ePUB (handyfreundlich)
- Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub
Über dieses Buch
Erfolg hat, wer geduldig ist Geduld ist eine Tugend, wenn auch eine scheinbar altmodische. Wer möchte heutzutage noch lange mit ungestillten Sehnsüchten und unerfüllten Wünschen leben? Matthias Sutter, einer der führenden Wirtschaftsforscher im deutschsprachigen Raum, verhilft der vernachlässigten Qualität Geduld zu einem fulminanten Comeback. Seine eindrucksvollen und wissenschaftlich etablierten Studien führen zur überraschenden Erkenntnis: Geduld ist gleich viel wert wie Talent! Anhand erstaunlicher Forschungsergebnisse zeigt Sutter, was wir mit mehr Beharrlichkeit im Leben alles erreichen können, welche Faktoren unsere Ausdauerfähigkeit entscheidend beeinflussen und wie wir unsere eigene Ungeduld und die unserer Kinder erfolgreich bändigen können. Denn eines steht fest: Wer sich heute noch in Geduld übt, wird schon morgen davon profitieren.
Häufig gestellte Fragen
Ja, du kannst dein Abo jederzeit über den Tab Abo in deinen Kontoeinstellungen auf der Perlego-Website kündigen. Dein Abo bleibt bis zum Ende deines aktuellen Abrechnungszeitraums aktiv. Erfahre, wie du dein Abo kündigen kannst.
Derzeit stehen all unsere auf mobile Endgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Perlego bietet zwei Pläne an: Elementar and Erweitert
- Elementar ist ideal für Lernende und Interessierte, die gerne eine Vielzahl von Themen erkunden. Greife auf die Elementar-Bibliothek mit über 800.000 professionellen Titeln und Bestsellern aus den Bereichen Wirtschaft, Persönlichkeitsentwicklung und Geisteswissenschaften zu. Mit unbegrenzter Lesezeit und Standard-Vorlesefunktion.
- Erweitert: Perfekt für Fortgeschrittene Studenten und Akademiker, die uneingeschränkten Zugriff benötigen. Schalte über 1,4 Mio. Bücher in Hunderten von Fachgebieten frei. Der Erweitert-Plan enthält außerdem fortgeschrittene Funktionen wie Premium Read Aloud und Research Assistant.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja! Du kannst die Perlego-App sowohl auf iOS- als auch auf Android-Geräten verwenden, um jederzeit und überall zu lesen – sogar offline. Perfekt für den Weg zur Arbeit oder wenn du unterwegs bist.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Ja, du hast Zugang zu Die Entdeckung der Geduld von Matthias Sutter im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Psychologie & Angewandte Psychologie. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.
Information
Wie misst man Geduld und wie entwickelt sie sich in Kindheit und Jugend?
KAPITEL 2
WIE MISST MAN GEDULD UND WIE ENTWICKELT SIE SICH IN KINDHEIT UND JUGEND?
In der einleitenden Geschichte von Clara und Elke haben die beiden eine einmalige Entscheidung zwischen einem Päckchen Gummibären sofort oder zwei Päckchen in 15 Minuten treffen können. Auch in Walter Mischels Marshmallow-Experimenten trafen die Kinder immer nur eine Entscheidung, nämlich das Marshmallow gleich zu essen oder auf ein zweites zu warten.
In der Verhaltensökonomie misst man das Maß an Geduld meist in der Form, dass ein Versuchsteilnehmer nicht nur eine, sondern mehrere Entscheidungen treffen muss. Dabei wird die mögliche Belohnung in der Zukunft schrittweise gesteigert. Dadurch kann man messen, wie attraktiv die zukünftige Belohnung sein muss, um der kleineren Belohnung in der Gegenwart zu widerstehen. Dieses Herangehen entspricht dem typischen Ansatz von Ökonomen, dass (fast) alles seinen Preis hat. Tatsächlich hat auch das Warten auf die Zukunft einen Preis, nämlich den Verzicht auf Konsum in der Gegenwart. Je nachdem, wie attraktiv der gegenwärtige Konsum im Vergleich zu den Konsummöglichkeiten in der Zukunft ist, wird jemand warten oder nicht. Dieses Grundprinzip gilt für alle Entscheidungen, bei denen die Zukunft eine Rolle spielt. Beispielsweise führen steigende Zinsen dazu, dass Menschen mehr sparen, weil dann der Verzicht auf aktuellen Konsum in der Zukunft mehr Ertrag bringt. Im gleichen Sinne lohnt es sich eher, in eine gute, aber lange Ausbildung zu investieren, wenn die Berufs- und Verdienstmöglichkeiten mit einer solchen Ausbildung attraktiver und lukrativer sind, als wenn das nicht der Fall ist und sich eine gute Ausbildung auf dem Arbeitsmarkt fast nicht auszahlt.
Wenn Versuchsteilnehmer mehrere Entscheidungen treffen müssen, dann könnten die früheren auf die späteren Entscheidungen eine Auswirkung haben. Beispielsweise kann man die Wahl zwischen einem Päckchen Gummibären heute und zwei Päckchen in 15 Minuten nicht beliebig oft wiederholen, weil man sich ab einem bestimmten Zeitpunkt an Gummibären satt gegessen hat, und dann spielt es keine Rolle mehr, ob man das eine Päckchen gleich oder zwei Päckchen in 15 Minuten wählt. Aus diesem Grund wird den Teilnehmern an Studien, in denen mehrere Entscheidungen getroffen werden müssen, mitgeteilt, dass am Schluss nur eine ihrer Entscheidungen tatsächlich zählt. Welche das ist, wird aber erst am Ende ermittelt. Das kann beispielsweise durch Würfeln oder Ziehen von Loskugeln geschehen. In jedem Fall werden die Teilnehmer aufgefordert, jede Entscheidung möglichst gewissenhaft und so zu treffen, als ob die betreffende Entscheidung die tatsächlich gültige wäre.
Wie also entwickelt sich Geduld? Die folgenden drei Abschnitte präsentieren Ergebnisse aus Nord- und Südtirol. Die Daten für die Teilnehmer im Alter von drei bis 18 Jahren zeigen einen sehr ähnlichen Effekt des Alters auf Geduld, wie er auch in vielen Studien in den USA und anderswo in Europa festgestellt worden ist.
Geduld bei drei- bis sechsjährigen Kindergartenkindern
Im Jahr 2012 nahmen 362 Kindergartenkinder im Alter von drei bis sechs Jahren an folgender Untersuchung teil, die von der Universität Innsbruck in mehreren Kindergärten in Innsbruck und Umgebung durchgeführt wurde: Jedes Kind hatte zwei Entscheidungen zu treffen. In der ersten Entscheidung musste es zwischen einem Geschenk am selben Tag und zwei Geschenken am nächsten Tag wählen. Die zweite Entscheidung war dann zwischen einem Geschenk am selben Tag und drei Geschenken am folgenden Tag. Bei der zweiten Entscheidung war das Zuwarten damit attraktiver als bei der ersten Entscheidung. Als Geschenke stand eine Vielzahl an kleinen Gegenständen oder Nahrungsmitteln zur Verfügung – wie etwa Abziehbildchen, Bleistifte, Gummiarmreifen, kleine Schreibblöcke, Obst, Süßigkeiten oder Radiergummis –, aus denen sich die Kinder nach ihren Wünschen etwas aussuchen konnten. Um die Wahl zwischen einem Geschenk sofort oder mehreren Geschenken am folgenden Tag glaubwürdig zu machen, kamen die Versuchsleiter am Folgetag nochmals in den Kindergarten.
Die Durchführung einer solchen Studie im Kindergarten ist nicht so einfach und stellt an die Wissenschaftler einige Herausforderungen. Die meisten Kindergartenkinder sind aufgeregt, wenn Gäste – hier Forscher von der Universität – in ihre Gruppe kommen. Die Entscheidungssituation wird den Kindern dann als kleines Spiel erklärt, bei dem sie Geschenke gewinnen können. Die Geschenke sind in einer eigenen Ecke des Raumes aufgebaut, sodass die Kinder sie sehen können. Das Spiel wird jedem einzelnen Kind von einem trainierten Studienmitarbeiter von Angesicht zu Angesicht erklärt. Um sicherzugehen, dass ein Kind den Spielregeln – das sind die Entscheidungsbedingungen – folgen kann, wird es gebeten, zwischendurch immer wieder einzelne Teile der Regeln zu wiederholen. Wenn ein Kind damit Schwierigkeiten hat, wird der betreffende Teil der Regeln nochmals wiederholt. Manchmal kann es vorkommen, dass ein Kind auch nach einer oder zwei Wiederholungen die Konsequenzen bestimmter Entscheidungen noch nicht richtig versteht. Ein solches Kind kann trotzdem teilnehmen und auch Geschenke gewinnen, für die Datenauswertung werden seine Entscheidungen aber ausgeschlossen. In der Studie in den Nordtiroler Kindergärten hatten 51 der 362 Kinder Verständnisschwierigkeiten, vor allem drei- bis vierjährige. Das bedeutet, dass für die folgenden Ergebnisse die Entscheidungen von 311 Kindern herangezogen wurden.
Die Darstellung der Ergebnisse orientiert sich an den vier möglichen Entscheidungskombinationen, die aus den zwei Entscheidungen resultieren können.
1.Ein Kind wählt bei beiden Entscheidungen jeweils das eine Geschenk heute und wartet in keinem Fall auf morgen, um zwei oder drei Geschenke zu bekommen. Diese Kombination der beiden Entscheidungen ist die am wenigsten zukunftsorientierte. Mit anderen Worten: Ein solches Kind ist relativ ungeduldig.
2.Ein Kind wählt bei der ersten Entscheidung das eine Geschenk heute, bei der zweiten Entscheidung aber die drei Geschenke morgen. Im Vergleich zur vorigen Kombination ist ein Kind, das bei der zweiten Entscheidung wartet, schon etwas geduldiger.
3.Ein Kind wartet bei beiden Entscheidungen und wählt jeweils die größere Anzahl an Geschenken am nächsten Tag. Von den bisherigen Entscheidungskombinationen ist das die geduldigste Form.
4.Ein Kind wählt bei der ersten Entscheidung die zwei Geschenke morgen, aber bei der zweiten Entscheidung das eine Geschenk heute. Eine solche Kombination ist eigentlich widersprüchlich. Das liegt daran, dass das Kind auf das eine Geschenk heute verzichtet, wenn es morgen zwei Geschenke bekommen kann, dass es allerdings für drei Geschenke – was nach allem Ermessen besser als zwei Geschenke ist – nicht zu warten gewillt ist. Solche Widersprüche bei Entscheidungen kommen vor – nicht nur bei Kindern –, sind aber relativ selten und nehmen in ihrer Häufigkeit normalerweise ab, je älter die Studienteilnehmer sind.
In Abbildung 1 sind die vier möglichen Entscheidungskombinationen angezeigt. Für jede Kombination beschreiben der Balken und die dazugehörige Zahl den Prozentsatz an Kindern, die eine solche Kombination an Entscheidungen getroffen haben. In der Abbildung sind auch die drei Jahrgänge im Kindergarten separat abgebildet: die jüngsten (drei/vier Jahre), die mittleren (vier/fünf Jahre) und die ältesten Kinder (fünf/sechs Jahre).
Abbildung 1. Relative Häufigkeit (in Prozent) der vier Entscheidungskombinationen im Kindergarten in den drei Jahrgängen (drei/vier Jahre, vier/fünf Jahre und fünf/sechs Jahre)


Datenquelle: Sutter, Angerer, Glätzle-Rützler und Oberauer (2013)
Links oben (mit der Überschrift „Immer ungeduldig“) ist der prozentuelle Anteil an Kindern abgebildet, die in beiden Entscheidungen lieber ein Geschenk sofort wollen als zwei oder drei Geschenke am darauffolgenden Tag. Das sind die ungeduldigsten Kinder. Der prozentuelle Anteil ist bei den Drei- bis Vierjährigen am höchsten mit 41 Prozent, sinkt dann aber im Laufe des Kindergartenalters auf 16 Prozent bei den Fünf- bis Sechsjährigen ab. Das zeigt sehr anschaulich, dass Kindergartenkinder mit zunehmendem Alter besser zuwarten und den Impuls unterdrücken können, das eine Geschenk sofort haben zu müssen.
Unter der Überschrift „Warten auf 3, nicht auf 2“ ist rechts oben der prozentuelle Anteil der Kinder dargestellt, die geduldig sind, wenn sie morgen drei Geschenke bekommen können, aber ungeduldig, wenn es nur zwei Geschenke sind. Diese Kinder können also grundsätzlich warten, aber die Belohnung für das Warten muss eine bestimmte Größe haben, sonst lohnt sich das Warten für diese Kinder nicht. Relativ betrachtet fallen wenige Kinder in diese Kategorie. In jeder Altersgruppe sind es weniger als zehn Prozent.
Links unten in Abbildung 1 sieht man unter der Überschrift „Immer geduldig“ den relativen Anteil der Kinder, die in beiden Entscheidungen geduldig auf den nächsten Tag und damit auf die größere Anzahl an Geschenken warten. Dieser Anteil steigt kontinuierlich mit dem Alter an und verdoppelt sich ungefähr. Er beträgt nur rund ein Drittel bei den Drei- bis Vierjährigen, jedoch ziemlich genau zwei Drittel bei den Fünf- bis Sechsjährigen.
Rechts unten (mit der Überschrift „Inkonsistent“) ist der relative Anteil jener Kinder abgebildet, deren Entscheidungskombination widersprüchlich ist. Sie sind zwar gewillt, auf zwei Geschenke morgen zu warten; wenn sie aber vor die Wahl gestellt werden, ob sie lieber heute ein Geschenk oder morgen drei Geschenke wollen, dann sind sie ungeduldig und wählen das eine Geschenk sofort. Der Anteil von Kindern mit dieser Entscheidungskombination ist allerdings nicht sehr hoch.
Insgesamt zeigt die Abbildung 1, dass bereits im Kindergartenalter die allermeisten Kinder ein klares Muster in ihren Entscheidungen haben. Wenn die jungen Kinder völlig zufällig entscheiden würden, dann sollten die Balken überall und in allen Altersgruppen bei ungefähr 25 Prozent liegen. Das ist eindeutig nicht der Fall, was zeigt, dass selbst Kindergartenkinder eine solche Aufgabe gut verstehen und konsistente Entscheidungen treffen können. Aus Abbildung 1 geht jedoch auch deutlich hervor, dass es eine große Bandbreite unter den Kindern im Hinblick auf ihre Bereitschaft und Fähigkeit zu warten gibt. Das zeigt sich auch bei Grundschulkindern.
Geduld bei sechs- bis elfjährigen Grundschulkindern
Die Studie mit Grundschulkindern fand in der Stadt Meran in Südtirol im Jahr 2012 statt. In Italien hat die Grundschule fünf Schulstufen. In Meran leben ungefähr 38.000 Einwohner, von denen ziemlich genau die eine Hälfte Deutsch und die andere Hälfte Italienisch spricht. Insgesamt trafen 1.156 Kinder Entscheidungen zur Messung ihrer Geduld. Das sind fast 90 Prozent aller deutsch- und italienischsprachigen Kinder in der Stadt Meran. In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse aller 1.156 Kinder präsentiert, ohne zwischen den beiden Sprachgruppen zu unterscheiden. In Kapitel 9 werde ich jedoch auf diese Untersuchung zurückkommen und zeigen, dass die Sprache, die die Kinder sprechen, einen Einfluss auf das Ausmaß an Geduld hat.
Die Schulkinder in Meran trafen drei Entscheidungen zur Messung ihrer Geduld, eine Entscheidung mehr als die Kindergartenkinder. Die größere Zahl an Entscheidungen erlaubt eine noch feinere Abstufung des Ausmaßes an Geduld. Die drei Entscheidungen sahen folgendermaßen aus:
1.Wähle zwischen zwei Geschenken am Ende des heutigen Schultages oder drei Geschenken in genau vier Wochen.
2.Wähle zwischen zwei Geschenken am Ende des heutigen Schultages oder vier Geschenken in genau vier Wochen.
3.Wähle zwischen zwei Geschenken am Ende des heutigen Schultages oder fünf Geschenken in genau vier Wochen.
Bei diesen drei Entscheidungen wird die Belohnung in der Zukunft immer größer, sodass das Warten attraktiver wird. Bei der Hälfte der Kinder wurde diese Reihenfolge mit zunehmenden Belohnungen vorgegeben, bei der anderen Hälfte genau die umgekehrte Reihenfolge. Das bedeutet, dass diese zuerst zwischen zwei Geschenken sofort und fünf Geschenken in vier Wochen wählten, während bei den weiteren Entscheidungen die Anzahl der Geschenke in vier Wochen auf vier beziehungsweise drei sank. Die Anwendung der umgekehrten Reihenfolge bei einem Teil der Kinder ermöglicht es zu prüfen, ob die Abfolge der Entscheidungen eine Rolle spielt. Die Ergebnisse zeigen, dass das nicht der Fall ist. Darum werden hier die Ergebnisse für beide Reihenfolgen zusammen dargestellt.
Wie bei den Kindern im Kindergarten konnten auch die Grundschulkinder in Meran zwischen verschiedenen kleinen Geschenken wählen. In Absprache mit den Elternvertretern und dem Landesschulrat in Südtirol wurde auf eine Verwendung von Geld verzichtet. Aus den drei Entscheidungen eines Kindes ergeben sich hier fünf wesentliche Entscheidungskombinationen.
1.Ein ungeduldiges Kind wartet nie auf den größeren Betrag in vier Wochen.
2.Ein Kind wählt die zwei Geschenke, wenn als Alternative drei oder vier Geschenke in der Zukunft erhältlich sind, aber es wartet auf fünf Geschenke in vier Wochen, weil das eine ausreichend große Belohnung ist, um auf die zwei Geschenke sofort zu verzichten.
3.Ein Kind ist bereit, auf vier beziehungsweise fünf Geschenke in vier Wochen zu warten. Bei der Wahl zwischen zwei Geschenken sofort und drei Geschenken in der Zukunft wählt es aber die zwei Geschenke sofort.
4.Ein Kind wählt immer den größeren Betrag an Geschenken in vier Wochen, aber niemals die zwei Geschenke sofort. Ein solches Kind hat das größte Maß an Geduld.
5.Auch hier gibt es Kinder mit widersprüchlichen Entscheidungskombinationen; zum Beispiel, wenn jemand auf die drei Geschenke wartet, bei der Wahl zwischen zwei Geschenken jetzt und vier Geschenken in der Zukunft aber die zwei Geschenke jetzt nimmt.
Abbildung 2 präsentiert die Ergebnisse. Die Entscheidungskombination jedes einzelnen Kindes ist genau einem Bild in dieser Abbildung zugeordnet. Oben links (mit Überschrift „Immer ungeduldig“) ist die relative Häufigkeit in Prozent abgebildet, mit der Kinder in den fünf Schulstufen – abgebildet auf der horizontalen Achse – immer die zwei Geschenke am Tag des Experiments wählen. Das sind die besonders ungeduldigen Kinder. Ihr relativer Anteil geht von 44 Prozent bei den Sechs- bis Siebenjährigen in Schulstufe 1 auf zwölf Prozent bei den Zehn- bis Elfjährigen in Schulstufe 5 zurück. Das bedeutet, dass nicht nur im Kindergartenalter – wie im vorigen Abschnitt gezeigt –, sondern auch im Grundschulalter die Kinder mit zunehmendem Alter eher zuwarten können.
Oben rechts ist unter der Überschrift „Warten auf 5, sonst ungeduldig“ der relative Anteil der Kinder zu sehen, die für die maximal mögliche Belohnung von fünf Geschenken zu warten bereit sind. Bei weniger Geschenken – also drei oder vier – wählen sie aber lieber...
Inhaltsverzeichnis
- Die Entdeckung der Geduld
- Clara und Elke oder: Worum geht es in diesem Buch?
- Wie misst man Geduld und wie entwickelt sie sich in Kindheit und Jugend?
- Gesundheit und Suchtverhalten – Wie hängt Geduld damit zusammen?
- Zeitinkonsistente Entscheidungen oder: Ist Geduld in der Zukunft leichter?
- Disziplin, beruflicher und finanzieller Erfolg
- Als Kind geduldig – als Erwachsener erfolgreich? Was Längsschnittstudien dazu sagen
- Vom Stillen und der elterlichen Geduld: der Einfluss des Elternhauses
- Alles nur eine Frage der Intelligenz? Geduld und IQ
- Der Einfluss der Sprache auf zukunftsorientierte Entscheidungen
- Zur Neuroökonomie von Entscheidungen zwischen der Gegenwart und der Zukunft – Ein kurzer Einblick
- Was tun gegen Ungeduld? Einsichten aus der Verhaltensforschung
- Clara, Elke und die nächste Generation oder: Was sind die wichtigsten Erkenntnisse in diesem Buch?
- Verzeichnis der wichtigsten erwähnten Studien
- Danksagung