WAS FRAUEN WISSEN MÜSSEN, WENN SIE KRANK SIND
Frauen werden anders krank als Männer, haben manchmal andere Beschwerden und brauchen andere Untersuchungsverfahren und Behandlungsmethoden.
Im folgenden Kapitel stellen wir Ihnen die wichtigsten Risikofaktoren und Erkrankungen vor, die Frauen manchmal etwas anders treffen können als Männer. Sie finden jeweils einen kurzen Überblick über das Organsystem oder das Organ, das im Zentrum einer Erkrankung steht, sowie Informationen zu geschlechtsspezifischen Symptomen, zur Diagnostik, zur Behandlung und zum Krankheitsverlauf bei Frauen und Männern. Häufig haben wir auch Hinweise zu Besonderheiten in der Schwangerschaft eingefügt. Abschließend folgt jeweils eine kurze Übersicht dazu, was Sie selbst für sich und Ihre Gesundheit tun können. Das soll aber bitte keine Aufforderung sein, die Behandlung selbst in die Hand zu nehmen. Wir sind überzeugt davon, dass sich im Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt fast immer eine gute Lösung finden lässt, die auch alle geschlechtersensiblen Aspekte berücksichtigt.
Wir haben uns bemüht. auf Fachausdrücke möglichst zu verzichten, doch einige waren trotzdem nicht zu vermeiden. Im Anhang dieses Buches finden Sie ein Glossar, in dem die wichtigsten medizinischen Fachausdrücke erklärt werden (siehe Seite 269).
RISIKOFAKTOREN UND VORBEUGUNG
Was können Frauen also tun, um ihre körperliche Gesundheit zu erhalten und Erkrankungen wirksam vorzubeugen? Entscheidend hierfür ist das Zurückdrängen von Risikofaktoren. Risikofaktoren können in uns selbst liegen, in unseren Eigenschaften oder Genen, aber auch in unserem Lebensstil oder in der Umwelt. Risikofaktoren können aber auch Erkrankungen sein, die dazu führen, dass leichter eine zweite Krankheit auftritt. So führt Diabetes beispielsweise dazu, dass es häufiger zu Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems kommt. Erstaunlicherweise gehen viele Erkrankungen – Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen – mit den gleichen Risikofaktoren einher: Rauchen, hoher Blutzucker, hoher Blutdruck, Über- und Fehlernährung, fehlende Bewegung, Stress, aggressives und feindliches Verhalten, ebenso wie schlechte wirtschaftliche Bedingungen, eine ungünstige Nachbarschaftssituation, niedriger sozialer Status, niedriger Bildungsstand und geringes Wissen über Gesundheit. Nicht alle Risikofaktoren kann man selbst beeinflussen, einige aber schon.
Am besten ist es, die Risikofaktoren, die Sie beeinflussen können, gar nicht erst entstehen zu lassen. Achten Sie also darauf, dass Ihr Blutdruck, Ihre Blutfette, der Blutzucker und Ihr Gewicht im Normalbereich liegen. Außerdem sollten Sie nicht rauchen und sich ausreichend bewegen.
Vorbeugen ist auch dann noch sinnvoll, wenn eine Erkrankung schon besteht, aber noch nicht schwerwiegend ist oder vielleicht noch gar nicht bemerkt wird. Auch Vorsorgeuntersuchungen gehören dazu: Bluthochdruck, Diabetes, Brust- oder Darmkrebs können in sehr frühen Stadien entdeckt und somit frühzeitig und gezielt behandelt werden. Ist die Erkrankung in einem Frühstadium, ist sie besser zu behandeln, und es ist leichter zu verhindern, dass sie sich verschlimmert oder chronisch wird.
Bei chronischen Erkrankungen ist es wichtig, Verschlimmerungen, Folgeerkrankungen oder Rückfälle abzuwenden. Hierzu gehört zum Beispiel auch, einen zweiten Herzinfarkt zu vermeiden, nachdem sich ein erster bereits ereignet hat.
Die wichtigsten Risikofaktoren
Bluthochdruck
Im Zusammenhang mit der Gesundheitsvorsorge spielt der Blutdruck eine zentrale Rolle. Zunächst ist hoher Blutdruck selbst eine Erkrankung, die behandelt werden muss. Darüber hinaus ist er aber auch ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Demenz, Augenschäden und Nierenerkrankungen. Hoher Blutdruck schädigt andere Organe, vor allem das Gehirn, das Herz, die Augen und die Nieren. Der Schaden ist größer, wenn diese Organe durch andere Erkrankungen schon vorgeschädigt sind. Die Schädigung anderer Organe durch hohen Blutdruck ist leider bei Frauen oft stärker ausgeprägt als bei Männern.
Der Blutdruck schwankt bei jedem Pulsschlag zwischen einem oberen (systolischen) und einem unteren (diastolischen) Wert. Welcher Blutdruck optimal für ein langes und gesundes Leben ist, wird häufig diskutiert. Alle oberen Werte zwischen 120 und 130 mmHg sind in jedem Alter gesund. Bei Menschen über 65 Jahren sind auch obere Blutdruckwerte zwischen 130 und 140 mmHg noch gesund. Die unteren Blutdruckwerte sollten unter 80 mmHg liegen beziehungsweise unter 90 bei den Älteren. Werte über 140/90 mmHg müssen behandelt werden.
Versuchen Sie, Ihre Blutdruckwerte unter 130/80 mmHg zu halten, wenn Sie unter 65 sind, und gehen Sie zum Arzt, sofern diese Werte höher liegen. Ein eigenes Blutdruckmessgerät ist immer eine gute Investition. Ihr Arzt kann es Ihnen auch verschreiben, wenn Sie zu einer Risikogruppe gehören. Lassen Sie Ihren Blutdruck regelmäßig von Ihrer Hausärztin/Ihrem Hausarzt, Ihrer Gynäkologin/Ihrem Gynäkologen, Ihrer Internistin/Ihrem Internisten messen, und notieren Sie sich die konkreten Werte. Geben Sie sich nicht damit zufrieden, dass der Blutdruck »normal« sei. In der Schwangerschaft gelten andere Grenzwerte für den Blutdruck (siehe Seite 207).
Übergewicht
Übergewicht ist weder für Frauen noch für Männer gesund. Aber Unterschiede gibt es doch. Frauen lagern sehr viel Fett unter der Haut ein, zum Beispiel an Oberschenkeln, Po und Hüften, wo es zwar nicht erwünscht und auch nicht ganz gesund ist, aber weniger ungünstige Wirkungen hat, als wenn es im Bauchraum abgelagert wird. Wo das Fett sich ansammelt, ist hormonell gesteuert. Bauchfett tritt eher bei Männern und bei Frauen vermehrt nach der Menopause auf und ist besonders ungünstig. Es wird am besten durch die Messung des Taillenumfangs erfasst. Er sollte bei Frauen unter 80, bei Männern unter 94 Zentimeter liegen. Ein Bauchumfang über 88 Zentimeter bei Frauen beziehungsweise über 102 Zentimeter bei Männern ist mit einem deutlich erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden. Und es gibt einen Zusammenhang zwischen Übergewicht und Krebserkrankungen. Übergewicht ist also nicht nur ein »Schönheitsfehler«, sondern ein echter Risikofaktor für viele Erkrankungen.
Erhöhte Blutfettwerte
Erhöhtes Cholesterin ist ein weiterer Risikofaktor. Dabei wird unterschieden zwischen dem »guten« HDL-Cholesterin, bei dem höhere Werte bis zu gewissen Grenzen gesund sind, und dem »schlechten« LDL-Cholesterin, bei dem höhere Werte immer auf eine Erkrankung hinweisen und behandelt werden müssen. Erhöhte Cholesterinwerte können einmal genetisch bedingt sein, das heißt vererbt werden. In diesem Fall kann man sie tatsächlich nur mit Medikamenten senken. Oder sie können auf einer Über- oder Fehlernährung beruhen. Dann sollten sie sich bemühen, fett- und cholesterinhaltige Lebensmittel zu reduzieren und Überernährung insgesamt zu meiden.
Häufig wird das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall, das mit erhöhten Cholesterinwerten einhergeht, bei Frauen vernachlässigt. Der Grund dafür ist, dass Frauen ihre Herzinfarkte und Schlaganfälle erst im höheren Lebensalter bekommen, etwa zehn Jahre später als die Männer (siehe Seite 192 und 242). Daher dachte man lange, dass Frauen durch ihre Hormone grundsätzlich vor Arteriosklerose, das heißt vor Verkalkungen und Verfettung der Gefäße (siehe Seite 197) geschützt sind. Doch das stimmt so nicht. Frauen haben die gleichen Probleme wie die Männer, nur später. Damit Frauen aber möglichst gesund älter werden können, ist es wichtig, eventuell erhöhte Cholesterinwerte rechtzeitig zu behandeln. Dafür gibt es mittlerweile viele einfache und gut verträgliche Medikamente. Es gilt dasselbe wie beim Blutdruck: Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, lassen Sie sich die Messwerte in Zahlen geben und besprechen Sie, ob sie vielleicht Medikamente einnehmen müssen.
Erhöhte Blutzuckerwerte
Wenn Ihre Blutzuckerwerte häufiger bestimmte Grenzen überschreiten, haben Sie eine Blutzuckererkrankung, einen Diabetes oder die Vorstufe eines Diabetes (siehe Seite 213–227). Bei der Prävention geht es einfach darum, dass Sie Ihre Werte kennen und wissen, was normal ist: <100 Milligramm pro Deziliter oder 5,6 Millimol pro Liter. Lassen Sie Ihre Blutzuckerwerte immer mal wieder von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt checken.
Bewegungsmangel
Regelmäßige körperliche Bewegung ist ausgesprochen wichtig für die Gesundheit. Früher war das kein Problem: Wir gingen zu Fuß einkaufen oder spazieren, nahmen seltener das Auto, Aufzüge waren vor allem in kleineren Häusern selten, wir arbeiteten im Garten, und die Wege zur Bushaltestelle oder zur U-Bahn-Station waren weiter als heute. Viele Formen der körperlichen Belastung sind gesund. Wichtig für die Herz-Kreislauf-Gesundheit sind Belastungen, die länger als 20 Minuten dauern. Sie trainieren das Herz-Kreislauf-System. Drei- bis viermal in der Woche ist gut.
Krafttraining, bei dem einzelne Muskelgruppen kurz und gezielt belastet werden, gehört ebenfalls zur Gesundheitsvorsorge (siehe Seite 34f.). Es fördert die Muskelfunktion und die Koordination und beugt dem Abbau von Knochensubstanz im Alter vor. Daher ist es besonders für Frauen wichtig. Die Sorge vieler Frauen, durch Krafttraining Muskeln wie ein Bodybuilder zu bekommen, ist unbegründet. Es gibt viele Turn- oder Sportvereine und auch Fitnessstudios, in denen es spezielle Kursangebote für Frauen gibt. In Deutschland sind deutlich weniger Frauen als Männer Mitglieder eines Sportvereins. Helfen Sie mit, das zu ändern.
Rauchen
Rauchen hat für Frauen gesundheitlich katastrophale Folgen – für Männer übrigens auch. Rauchen schädigt die Gefäße, verursacht Lungenkrebs, macht impotent und vieles andere mehr. Rauchen in der Schwangerschaft schädigt das Ungeborene. Leider sind Frauen durch die Inhaltsstoffe des Tabaks gefährdeter als Männer: Ihr Herz, ihre Gefäße und ihre Lungen werden stärker geschädigt. Auch die Gefahr der Sucht und der Abhängigkeit ist für Frauen größer. Sie tun sich schwerer damit, mit dem Rauchen aufzuhören, als Männer. Am besten gelingt es im Rahmen eines festen Entwöhnungsprogramms, und oftmals ist es hilfreich, sich dazu einer Gruppe anzuschließen.
Stress
Stress ist einer ...