Kerlchen wird vernünftig
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Kerlchen wird vernünftig

Aus der Romanreihe "Kerlchen" - Band 4

  1. 135 Seiten
  2. German
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Kerlchen wird vernünftig

Aus der Romanreihe "Kerlchen" - Band 4

Über dieses Buch

Wie es im Leben von Kerlchen weitergeht...Die liebe Sonne machte von ihrem alten guten Rechte, über Gerechte und Ungerechte zu scheinen, heute ausgiebigen Gebrauch. So ein recht warmer Apriltag wars, auf welchen diesmal der Palmsonntag fiel, den die Schwarzhausener zur Konfirmation ihrer Söhne und Töchter bestimmt hatten. Man kam vor Hitze beinahe um, trotzdem hatte jede Konfirmandin ihr neues »Schakett« an, nach dem Sprüchwort: »Hoffart muß Zwang leiden.« Eine Ausnahme machten zwei Kinder, die Älteste der Waschfrau Engelke, die überhaupt kein »Schakett« besaß, und Kerlchen, die es ausgezogen hatte, um »natürlich« wieder etwas Besonderes vorzustellen, wie Frau Kanzleirätin Pfotenhauer leise ihrer Tochter Dingelmann in Firma Schnabel und Sohn zuraunte.»Wie gesucht einfach die Oberstentochter heute aussah!« kritisierte die Kanzleirätin innerlich weiter. Und sie sollte doch von dem jungen Fürsten eine kostbare Brosche bekommen haben. Das Kleid war geradezu lächerlich einfach gemacht, und der Stoff war wohl auch nicht viel wert, da er nicht von Schnabel und Sohn, sondern von auswärts stammte. Das schmale, goldene Kettchen, an dem ein altmodisches Herzchen hing, sah nach »garnichts« aus, es war ein altes Erbstück, mit dem wahrhaftig nicht viel Staat gemacht werden konnte, aber Kerlchen streichelte in einer ihm selbst ganz wunderlich scheinenden weichen Regung das Schmuckstück unauffällig: Großtante Hermine hatte es einst getragen, die heute so sehr, so schmerzlich vermißt wurde....

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Information

Kapitel 1

Die liebe Sonne machte von ihrem alten guten Rechte, über Gerechte und Ungerechte zu scheinen, heute ausgiebigen Gebrauch. So ein recht warmer Apriltag wars, auf welchen diesmal der Palmsonntag fiel, den die Schwarzhausener zur Konfirmation ihrer Söhne und Töchter bestimmt hatten. Man kam vor Hitze beinahe um, trotzdem hatte jede Konfirmandin ihr neues »Schakett« an, nach dem Sprüchwort: »Hoffart muß Zwang leiden.« Eine Ausnahme machten zwei Kinder, die Älteste der Waschfrau Engelke, die überhaupt kein »Schakett« besaß, und Kerlchen, die es ausgezogen hatte, um »natürlich« wieder etwas Besonderes vorzustellen, wie Frau Kanzleirätin Pfotenhauer leise ihrer Tochter Dingelmann in Firma Schnabel und Sohn zuraunte.
»Wie gesucht einfach die Oberstentochter heute aussah!« kritisierte die Kanzleirätin innerlich weiter. Und sie sollte doch von dem jungen Fürsten eine kostbare Brosche bekommen haben. Das Kleid war geradezu lächerlich einfach gemacht, und der Stoff war wohl auch nicht viel wert, da er nicht von Schnabel und Sohn, sondern von auswärts stammte. Das schmale, goldene Kettchen, an dem ein altmodisches Herzchen hing, sah nach »garnichts« aus, es war ein altes Erbstück, mit dem wahrhaftig nicht viel Staat gemacht werden konnte, aber Kerlchen streichelte in einer ihm selbst ganz wunderlich scheinenden weichen Regung das Schmuckstück unauffällig: Großtante Hermine hatte es einst getragen, die heute so sehr, so schmerzlich vermißt wurde.
Noch jemand ärgerte sich beinahe »schlagrührend« in der Kirche, das war Fräulein Emerenzia. Zuerst darüber, daß der junge Fürst nicht selbst zur Konfirmation von Felicitas erschienen war; der Oberst, in seiner Sorge um die Gesundheit Fürst Elimars, hatte ihn gebeten, im wärmeren Klima zu bleiben, ohne auch nur zu bedenken, welcher »Lustre« dadurch der ganzen Feier verloren ging. Zweitens war es sehr ärgerlich, daß Kerlchen es sich ausgebeten hatte, mit der Tochter der Waschfrau Engelke zusammen vor dem Altar zu knien, weil sich sonst niemand zur Partnerin des ärmlich gekleideten Mädchens hergab, – und der Oberst hatte natürlich in seinen volksbeglückenden Ideen dem unverständigen Kinde beigestimmt. Suse Engelke sollte heute sogar Gast bei Oberstens sein, weil Krankheit im Hause der Waschfrau herrschte, die jede Feier verbot. Also Tante Emerenzia ärgerte sich, und die Kanzleirätin ärgerte sich, und die liebe Frühlingssonne ärgerte sich auch über die Mißgünstigen. Sie warf ihre Strahlen zuerst so grell in die Augen der beiden Damen, daß sie Kopfschmerzen bekamen und immerfort blinzeln mußten. – Dann wandte sie sich plötzlich ab und wob ein Strahlenkränzchen um Kerlchens Kopf, das eben mit Suse Engelke vor dem Altar niederkniete und seinen Spruch empfing: »Selig sind, die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.«
Der Oberst atmete tief auf und griff mit der Hand rasch nach der Stelle, wo das eiserne Kreuz saß, Onkel Liskow sah ihn besorgt an, fing aber einen beruhigenden Blick auf. Und dann war die Feier vorbei, die jungen Mädchen schritten paarweise unter hallendem Orgelklang aus der Kirche, und Frau Oberst Schlieden kam es so vor, als husche ein Sonnenstrahl noch einmal liebkosend zu ihrem Kerlchen hin. Als sie den tränenumflorten Blick von ihrem Kinde abwendete, traf er ein anderes Augenpaar, das Fritz von Rumohr gehörte. Der stattliche einjährig-freiwillige Artillerist nickte ihr ernst zu; es war, als ob er verstände, was in ihr vorginge. Sie hatten ihn alle lieb, den klugen, strebsamen Menschen, der solch' eine harte Schule durchgemacht, und nun mit seinen dreiundzwanzig Jahren schon ein ganzer Mann war. Herzliche Freundschaft verband ihn mit Erich, ihrem blühenden Jungen, der heute zum Ehrentag seines Schwesterchens zum ersten Mal in Leutnantsuniform erschienen war. Fritz und Erich traten jetzt gemeinsam auf sie zu, um sie hinaus zu geleiten, denn schon erhoben sich alle von ihren Sitzen, um das Gotteshaus zu verlassen, aber Schlachter Krone versperrte ihnen den Weg, er stand breit und gewichtig vor Kerlchens Mama, schüttelte ihr die Hände und wollte so gern etwas Liebes über das Kerlchen sagen, brachte aber vor Rührung nur die übermäßig laut gesprochenen Worte hervor: »Ich hoffe, der Hammel wird gut«, womit er den Festbraten meinte, der Oberstens Tafel zieren sollte. Draußen vor der Kirchtür sahen sich alle vergeblich nach Kerlchen um, und Suse Engelke berichtete schüchtern, daß Felicitas schon nach Haufe gelaufen sei, was Fräulein Emerenzia »shocking« fand. Wirklich, Kerlchen stand bereits auf der Terrasse, schlang die Arme innig um sein zartes Mütterchen und rief: »Wein' doch nicht, mein süßes Muusch, ich bin ja nicht tot und begraben, sondern bloß konfirmiert, es tut nicht weh.« Aber Kerlchen renommierte ein bißchen, es tat doch weh. Sie hatte ganz scheu an sich heruntergesehen, als das lange schwarze Kleid ihr angezogen wurde, und hätte es gern für »einfach scheußlich« erklärt, wenn nicht ihr liebes Muusch selbst daran genäht hätte. Auch hatte es bitter weh getan, die dreiundzwanzig Puppen wegzupacken, wozu ihr die Mama liebevoll geraten hatte; die vierundzwanzigste, – Puppe Emmy ohne Kopf – wurde auch mit trotzigem Aufschluchzen dem Massengrabe wieder entrissen und in eine kleine Extrakiste gelegt, die man nicht zunagelte, sondern in ein Eckchen schob, wo kein fremdes Auge sie entdecken, und von wo man sie doch wieder leicht hervorholen konnte. Kerlchen wäre heute sehr gern allein geblieben, hätte sich am liebsten sein altes kurzes Feld-, Wald- und Wiesenkleid angezogen, in seinem Stübchen herumgekramt und »seinen Nachlaß geordnet«. Suse Engelke war recht langweilig und benahm sich so schüchtern in dem unbekannten, feinen Hause, daß mans ihr ansah, es war ihr keine große Wohltat mit der Einladung erwiesen worden. – Aber Kerlchens rasches Temperament hatte nun einmal A gesagt, als gestern sämtliche Konfirmandinnen sich achselzuckend von der ärmlich gekleideten »Waschsuse« abgewendet hatten, so sagte sein mitleidiges Herz heute auch B; es nahm noch vor Tisch Suse mit sich hinauf in den »Jungfernzwinger«, wie der Oberst das duftige Mädchenstübchen nannte. Dort kramte es fleißig herum, ordnete hier und da, und Suse verließ schließlich mit einer kleinen Ausstattung unter dem Arm das gastliche Haus. Der Bursche Franz aber wurde von Kerlchen gebeten, »dieses da« rasch und still auf den obersten Boden zu schaffen, und der biedere Thüringer besah sich höchst verwundert und erschrocken die Puppenkiste, auf welche mit Tinte ein mächtiges Kreuz gemalt war, und in Riesenbuchstaben stand darunter: »Im Falle meines plötzlichen Todes von meinen Erben zu erbrechen!«
Still schlich Kerlchen die Treppe hinunter, es trat nicht in den Salon ein, aus welchem Lachen und lautes Sprechen tönte, sondern ging in Vaters Zimmer, wo die Geschenke aufgebaut waren und besah sich alles noch einmal seufzend und kopfschüttelnd. Da lag die kostbare Brosche vom jungen Fürsten, aber nur wenige Zeilen waren beigefügt, nur ein kurzer, wenn auch sehr herzlicher Glückwunsch. Kerlchen zog die Stirn in tiefe Falten, – oh wenn es an die lieben Briefe von ehemals dachte: »Mein geliebtes Kerlchen! Dein treuer Li!« Und nun: »Liebe Felicitas! Ihr herzlich ergebener Freund Elimar, Fürst von so und so!«
Ja, so hatte es der Papa gewünscht vor fast einem Jahr, und seitdem schrieb der Li nur ganz kurz und äußerst selten. Es war nicht schön, groß zu werden und lange Kleider zu bekommen, man war »beinahe« nicht mehr Kerlchen. Damit aber dieses »Beinahe« wenigstens Berechtigung hatte, bohrte Kerlchen mit seinem Zeigefinger sämtliche Thüringer Kräpfel an, die Dorette zur Feier des Tages gebacken hatte, – sie lagen locker und hoch aufgetürmt auf einer Schüssel inmitten des Festtisches. Der Schluß der eingehenden Prüfung ergab, daß Dorette abwechselnd Pflaumen- und Apfelmus verwendet hatte und abwechselnd leckte auch Kerlchen seinen Musfinger ab.
Der liebe Onkel Geheimrat hatte die heißersehnte Uhr gestiftet, Onkel Liskow die Kette dazu, Erich hatte ein »Tagebuch« gekauft, da aber Kerlchen sein altes, dickes Tagebuch unermüdlich weiter führte und sehr liebte, so beschloß es, unter dem Gelächter der Umstehenden, das neue Buch für »seine zukünftige Tochter« aufzuheben. Fritz von Rumohr hatte ein sehr sinnig zusammengestelltes Herbarium angelegt, ein großes, schön gebundenes Buch, worin jede Seite den Namen einer Stadt oder eines Dorfes trug, darin Kerlchen früher einmal geweilt, und aus jedem Städtchen und Dörfchen waren Blumen und Blätter gepflückt und sauber gepreßt worden.
»Du bist sehr gut, Fritz,« hatte Kerlchen ihm gesagt und kräftig eingeschlagen in seine große, gebräunte Hand.
Tante Emerenzia hatte etwas »Fürchterliches auskalmüsert,« wie Kerlchen sich ausdrückte und ihm dies Fürchterliche mit einer Salbungsrede überreicht:
»Gott möge in dir den Sinn für Ernstes, für Notwendiges und Praktisches immer mehr wecken, dich sittlich immer vollkommener machen.«
Sie hatten alle sehr unbehaglich auf das Riesenpaket geblickt, welches Kerlchen in die abwehrenden Arme gelegt worden war und dann mit Spannung zugesehen, wie Tante Emerenzia den Bindfaden aufknotete und schließlich ein Dutzend Handtücher zum Vorschein brachte.
»Wenn du dich verheiratest, Felicitas!«
Der Oberst hatte sich stark geräuspert und Onkel Liskow mit einem leichten Erstickungsanfall gekämpft, Kerlchen aber hatte ganz vergessen zu danken und sehr erschrocken ausgerufen:
»Ach, Tante Emerenzia, das hat doch noch Zeit und ein Dutzend ist ja viel zu viel. Wenn ich mal heirate, schickt mir Muusch schon alle Mittwoch und Sonntag ein reines Handtuch!«
Na, damit hatte es natürlich wieder angeeckt und sollte gleich nach Tische Tante Emerenzia um Verzeihung bitten, was ihm gar nicht recht paßte, Kerlchen seufzte wieder tief, es wäre am liebsten garnicht zu den andern gegangen, aber sein Hunger war zu groß, und dies Faktum hatte schon am frühen Morgen Anlaß zum Ärger gegeben.
»An solch' heiligen Tagen sollte ein Mädchen niemals viel essen«, hatte Tante Emerenzia erklärt, und während Kerlchen dann Toilette machte, eine lange Geschichte von einem wirklich feinen, adligen Mädchen erzählt, das am Hochzeitstage auch nicht einen Bissen zu sich genommen hätte, »vor lauter Ergriffenheit, Vornehmheit, Scheu und Bildung.«
»Phhh,« hatte Kerlchen mit beiden Backen kauend erklärt, »ich bekomm grad vom »Ergriffensein« Hunger und auf meine Hochzeit freu ich mich überhaupt nur wegen des Futterns.«
Dieser Ausspruch wurde auch durchaus an der Mittagstafel bestätigt, Kerlchen aß »für drei«. Zum Glück war der Schwarzhausener Seelsorger, welcher der Einladung zu Tisch gefolgt war, nicht nur ein echter Pfarrer, sondern auch ein echter Mensch, der dem Kerlchen von seiner Taufe an ein warmes Interesse entgegenbrachte und mit aufrichtiger Herzensfreude wahrnahm, zu welch' frischem, natürlichem, kerngesundem Persönchen sich das Provinzmädel entwickelte.
So legte er auch heute der Konfirmandin selbst die besten und größten Stücke auf den Teller, mit dem ermunternden Zuruf: »Essen und Trinken hält Leib und Seel' zusammen.«
Das verächtliche Nasenrümpfen von Fräulein Emerenzia bemerkte er nicht, oder wollte es nicht bemerken, er dankte innerlich seinem Schöpfer, daß er behaglich in Schwarzhausen unter schlichten, lieben Menschen saß und nicht »Hofprediger« geworden war, wie es der alte Fürst früher gewünscht.
Nach Tisch blieb der Kreis so recht urgemütlich beisammen. Der April hatte sich auf sich selbst besonnen, Frau Sonne, nachdem sie am Vormittag reichlich ihre Pflicht getan, sich zurückgezogen, und nun jagte der launische Monat einen Hagelschauer nach dem andern gegen die Spiegelscheiben der Villa, und Johann legte Buchenscheite in den Kamin, die bald eine köstliche Wärme verbreiteten und glutroten Schein über das traute Zimmer warfen.
Ganz still saßen die Anwesenden und schauten in das leise knisternde Feuer. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Johann wollte den Kronleuchter anzünden, aber sie winkten ihm alle erschrocken ab und lehnten sich noch tiefer in ihre behaglichen Sessel zurück.
»Wo ist Kerlchen?« fragte der Oberst plötzlich und suchte mit den Augen umher, Fritz von Rumohr erhob sich gleichzeitig, um Felicitas zu holen. Aber da legte auch schon der Pfarrer bedeutsam den Finger an den Mund, still blieb Fritz an dem Rahmen der zum Musikzimmer führenden Flügeltür stehen, und nun klangen Akkorde herüber. Weich und zart quollen die Töne aus dem herrlichen Flügel, reihten sich perlengleich aneinander, rollten hin und her in neckischem Spiel, verdichteten sich wieder zu ernsten, schweren Akkorden, die so fest und energisch an das Ohr der Lauscher schlugen, als könnten sie niemals von einer kleinen Mädchenhand hervorgerufen sein. Und in der ganzen schlichten Phantasie lag neben jauch...

Inhaltsverzeichnis

  1. Kerlchen wird vernünftig
  2. Kapitel 1
  3. Kapitel 2
  4. Kapitel 3
  5. Kapitel 4
  6. Impressum