Geschichte der Pest in Ostpreußen
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Geschichte der Pest in Ostpreußen

Wilhelm Sahm

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Geschichte der Pest in Ostpreußen

Wilhelm Sahm

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Unbeschreibliches Elend durchlitten die Bewohner Ostpreußens in den Zeiten der "Pestilenz", die das Land in mehreren Pestläufen durchzog. Ganze Dörfer wurden verödet, Städte verwüstet, Familien und Existenzen zerstört. Wilhelm Sahms "Geschichte der Pest in Ostpreußen" enthält die gewissenhaft recherchierten chronologischen Abläufe des Geschehens, unterlegt mit unzähligen eindringlichen Berichten von Einzelschicksalen und Tragödien.

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Information

Jahr
2020
ISBN
9783750495555

Vorwort.

DIE Idee einer Darstellung der großen altpreußischen Volkskrankheiten, welche bis ins 18. Jahrhundert als „Pestkrankheiten“ bezeichnet zu werden pflegen, ist nicht neu. Schon Hagen hat im Jahre 1821 einen dahingehenden Versuch gemacht und in den „Beiträgen zur Kunde Preußens“ die große Pest der Jahre 1709/11 eingehend dargestellt.1 Die zuverlässige, auf Grund aktenmäßigen Materials sorgfältig aufgebaute Monographie, welche sich in der Hauptsache Königsberg zuwendet, ist als bedeutendster Beitrag zur ostpreußischen Seuchengeschichte rühmlichst bekannt und bedarf daher an dieser Stelle keiner besonderen Würdigung.
Über der Abfassung jener Arbeit sind seither 84 Jahre vergangen. Die leichtere Zugänglichkeit der Archive und die dadurch begünstigte rastlos fortschreitende historische Forschung, deren Ergebnisse in mannigfachen Publikationen niedergelegt wurden, ergaben immer neue, wertvolle Beiträge und Aufschlüsse zu den großen preußischen Volksepidemien und ließen den Gedanken einer umfassenden Untersuchung der Seuchen-Geschichte Ostpreußens nicht ganz ungerechtfertigt erscheinen. Freilich, auf Vollständigkeit darf dieselbe trotzdem keinen Anspruch erheben; denn wer dürfte wohl dafür einstehen, daß nicht unterschiedliche Stadt- und Kirchenarchive, welche dem Verfasser unerreichbar geblieben und wo schriftliche Anfragen nicht immer den gewünschten Erfolg hatten, doch noch einschlägiges Material bergen, das die Arbeit da ergänzen würde, wo jetzt der Quellenmangel ein tieferes Eingehen nicht gestattete.
Das Hauptmaterial boten dem Verfasser die Königlichen Staatsarchive zu Königsberg und Berlin, das hiesige Stadtarchiv, sowie zahlreiche Stadt- und Kirchenregistraturen der Provinz. Um in erster Reihe der Lokalforschung zu dienen, mußte es darauf ankommen, auch die unscheinbarste Notiz zu verwerten, obschon hierdurch die Darstellung erhebliche Beeinträchtigung erfuhr und bei der Sprödigkeit des Stoffes die Gefahr nahe lag, in einzelnen Partien die Allgemeinheit zu ermüden. Bei dem im Grunde doch immerhin gleichartigen Stoff ließ sich die Wiederholung mancher Einzelheiten nicht vermeiden, um so mehr, als auch mit einer teilweisen Lektüre der Arbeit gerechnet werden mußte.
Vom 18. Jahrhundert ab ließ die Fülle des Materials, mehr noch die Gleichzeitigkeit der Ereignisse, eine Teilung in der Darstellung ratsam erscheinen. Dabei hielt sich der Verfasser an die noch heute üblichen Namen der altpreußischen Gaueinteilung, wenn schon die schwankenden Gaugrenzen nicht immer peinlich eingehalten wurden, namentlich, wenn es die Abrundung eines Stoffganzen erheischte.
Das Ermland mußte leider mangels einschlägigen Aktenmaterials unberücksichtigt bleiben. Es sei daher hier auf einen Aufsatz „Die Pest im Ermland“ von Dr. Matern hingewiesen, welcher die Archive zu Braunsberg und Frauenburg sorgfältig benutzt hat.
Die Schreibweise der Ortsnamen entspricht den heutigen Verhältnissen. Über das statistische Material bringt eine demselben vorangehende Einleitung die nötige Aufklärung.
Es erübrigt noch, den Herren Beamten der benutzten Archive, insbesondere Herrn Archivdirektor, Geheimem Archivrat Dr. Joachim, den Herren Archivaren Dr. Karge und Dr. Eggers sowie Herrn Sekretär Tobies für freundlichst bewiesenes Entgegenkommen zu danken. Dankbar auch wird der Verfasser des wohlwollenden Interesses gedenken, das Herr Universitätsprofessor Dr. Krauske, Herr Geheimrat Dr. Joachim sowie Herr Universitätsprofessor Dr. Lohmeyer an der Entstehung und Vollendung vorstehender Arbeit genommen haben. Schließlich sei des Vereins für die Geschichte von Ost- und Westpreußen für die Bereitwilligkeit dankbar gedacht, mit der er die Arbeit unter seine Publikationen aufgenommen hat.
Königsberg, im Juni 1905.
Der Verfasser.

1 Hagen, die Pest in Preußen 1709/11, Beiträge zur Kunde Preußens 1821. Bd. 4. S. 27– 49.

Erläuterung der häufigsten Zitate.

Act. Bor. = Acta-Borussica.
Bibl. d. Kbg. St. A. = Bibliothek des Königsberger Staats-Archivs.
Ordens B. A. = Ordensbriefarchiv.
Ordensfol. = Ordensfoliant.
Ostpr. Fol. = Ostpreußischer Foliant.
E. M. = Etats - Ministerium (Abteilung des Königsberger Staatsarchivs)
N. Pr. Pr. = [Neue] Preußische Provinzialblätter.
Kbg. St. A. = Königsberger Staats-Archiv.
Kbg. Stdt. A. = Königsberger Stadt-Archiv.
Erl. Pr. = Erläutertes Preußen.
Geh. St. A. Berlin = Geheimes Staats-Archiv Berlin.
DIE Pest ist eine jener epidemischen Krankheiten, welche erst die medizinische Wissenschaft unserer Tage recht erkannt hat. Dem Mittelalter und seiner Folgezeit war jede Seuche, die ein größeres Sterben im Gefolge hatte, eine Pest2, wobei die Plötzlichkeit der Erscheinung und die Schnelligkeit des tödlichen Ausganges die Hauptsymptome bildeten.
So unbestimmt unseren Vorfahren der Krankheitsbegriff Pest war, so spärlich und unbestimmt sind auch bis zum 16. Jahrhundert die Quellen, welche von dieser frühen Periode ostpreußischer Seuchengeschichte Kunde geben könnten. Die Korrespondenz des deutschen Ordens erwähnt die furchtbare Volksplage äußerst selten, und auch die wirtschaftlichen Aufzeichnungen jener Tage berichten wohl in geschäftsmäßiger Kürze über Landverleihungen, Verträge und ähnliche Angelegenheiten, enthalten jedoch über den Gegenstand unserer Betrachtung keine nennenswerten Angaben.
Freilich, in den Berichten der alten Landeschronisten finden sich hie und da vereinzelte Nachrichten über die Verheerungen, welche die Pest unter den Bewohnern Preußens anrichtete. Der Umstand indessen, daß die erwähnten Autoren jenen Ereignissen zumeist zeitlich fern standen, sowie auch die Tatsache, daß der Gegenwart häufig die Quellen der alten Geschichtschreiber unbekannt geblieben sind, läßt die Glaubwürdigkeit derselben nicht immer unbedingt erscheinen, und wo eine Nachprüfung möglich war, bestätigte sie vielfach diese Vermutung. So zeigt Lucas David3 an zahlreichen Stellen eine sinngetreue, oft wörtliche Übereinstimmung mit der Chronik des Tolkemiter Dominikanermönches Simon Grunau, die bereits Töppen einer vernichtenden Kritik unterzogen hat.4
Auch Kaspar Schütz5 meldet unter anderm aus dem Jahre 1313 von einer schrecklichen Pest. Indessen erscheinen die Einzelheiten seines Berichtes so ungeheuerlich, daß schon ein Historiker des 18. Jahrhunderts6 in die Glaubwürdigkeit derselben gelinde Zweifel setzt.7
Mehr dürfte den Tatsachen entsprechen, was Johannes von der Pusilie über die von ihm selbst erlebten Pesten zu berichten weiß.8 Doch unterlaufen auch ihm, dem sonst als zuverlässig geltenden Annalisten an mehreren Stellen offensichtliche Irrtümer, auf die bereits sein erster Herausgeber Voigt hingewiesen hat. Als um die Mitte des 14. Jahrhunderts der schwarze Tod seinen Vernichtungszug durch Europa hielt, ward auch das Ordensland davon betroffen. Auffallenderweise wissen die altpreußischen Geschichtschreiber darüber nichts zu melden. Nur die Chronik von Oliva berichtet, daß die Seuche Polen und das benachbarte Preußen hart angegriffen hätte. Heftige Fieber- und Deliriumanfälle, verbunden mit blutigem Auswurf, seien die Kriterien der Seuche gewesen, bis am fünften Tage mit der Bildung von Karbunkeln der Tod eintrat.9
Aus handschriftlicher Quelle wäre noch einer Pestepidemie aus dem Jahre 1416 zu gedenken, welche der Polenkönig Jagello in einem Schreiben erwähnt. Er spricht dort von einem „Pest hauche“, der mit Zulassung Gottes in dieser Zeit in Preußen, namentlich in Danzig wüte und bittet, daß niemand, der mit dieser Krankheit behaftet sei, in die Gesandtschaft aufgenommen werden möge, welche unter Führung des Komturs von Danzig nach Litauen gehe, „damit nicht diese Pestkrankheit, welche ansteckend ist, auch bei uns kräftig werde.“10
Übereinstimmend hiermit berichtet der Hochmeister Michael Küchmeister in demselben Jahre an den Erzbischof von Riga von „Sweren lowffen“, die ihn verhinderten, das Geld aufzubringen, welches der Aufenthalt des Bischofs in Konstanz erfordere. „So hat leider“, heißt es dort an einer Stelle, „lange ziet die pesti lencia die arme landt swerlichen obirgangen vnd hutistages noch weret.11
Mit diesen sporadischen Mitteilungen, die sich wohl kaum jemals zu einem eingehenden Berichte ergänzen lassen dürften, schließen die Nachrichten über die großen Volkskrankheiten Ostpreußens zu den Zeiten der Ordensherrschaft ab.

Der englische Schweiß.

In den letzten Maitagen des Jahres 1529 war in London eine gefährliche Seuche ausgebrochen, welche schon früher zu wiederholten Malen das englische Volk vom Thron bis zur Hütte heimgesucht hatte. Es war die gefürchtete englische Schweißkrankheit. Ende Juli 1529 erschien sie plötzlich in Hamburg und verbreitete sich mit erschreckender Schnelligkeit über fast ganz Deutschland und Nordeuropa. Bereits anfangs September 1529 zeigte sie sich im Herzogtum Preußen. Zwar sind die örtlichen zeitgenössischen Angaben über die Natur der Seuche nur spärlich; immerhin ermöglichen sie doch in Verbindung mit gleichzeitigen Überlieferungen aus anderen Gebieten ein annähernd richtiges Bild der neuen Krankheit zu geben.12
Die Seuche trat, abgesehen von einer mit Herzklopfen verbundenen Beklommenheit, ohne jede Vorboten auf. Sie setzte mit kurzem Schüttelfrost ein, der sich in besonders bösartigen Fällen bis zu krampfhaften Zuckungen der Glieder steigerte. Oft auch überfiel der Schweiß seine Opfer unter anfangs mäßiger, fort und fort zunehmender Hitze im Rausche oder im Schlafe, so daß dieselben beim Erwachen oft schon dem Tode nahe waren. Dumpfes Kopfweh fand sich bei allen Kranken ein und verursachte eine unwiderstehliche Schlafsucht, die den sicheren Tod durch Schlagfluß herbeiführte, wenn sie nicht überwunden werden konnte. Die Atmung erfolgte unter großen Beschwerden, und nach kurzem Zögern, oft auch schon im Beginn der Krankheit, brach ein übelriechender Schweiß aus, der entweder zur Genesung oder zum Tode führte. Der Chronist Hasentödter13 beschreibt den akuten
Verlauf des Schweißfiebers in folgendem Reime:
„Ein Kranckheit gnant der Enlisch schweiss,
Schickt Gott auff diesen Erdenkreiss
Von wegen unsrer großen Sünd,
Damit wir seinen zorn entzünd.
Der Schweiss nam manchen Menschen hin
Eh man sich wust zu schicken drin.
Erlebtens vier und zwentzig stund,
So wurdens gmeinlich wieder gsund.
Bin selbst gelegen an dem Schweiss,
Darum davon zu sagen weiss.“
Panischer Schrecken hatte sich in Preußen der Gemüter beim Herannahen der „schwitzenden Seuche“ bemächtigt. Der in Königsberg versammelt gewesene Landtag stob aus Furcht vor der „erschrecklichen Plage“ auseinander und sollte später in Friedland abgehalten werden, w...

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