Drittes Kapitel.
Von der Behandlung der Pest.
NACHDEM ich nun die Pest an und für sich betrachtet, und gezeigt habe, wie viele und verschiedenartige Wirkungen sie in den von ihr befallenen Individuen erzeugt, welches die ihr Vorhandensein ankündigenden diagnostischen Zeichen sind; welche prognostischen Zeichen auf Besserung, und welche auf einen schnellen Tod schließen lassen; welches die Zeit ihres gewöhnlichen Ausbruchs in Ägypten ist, und auf welche Art sie sich daselbst mitteilt; auch die verschiedenen herrschenden Meinungen über diese Krankheit angeführt, und die Nutzlosigkeit, oder vielmehr den Schaden gezeigt habe, der aus der Inoculation derselben entstehen kann, und zuletzt angegeben habe, welches die gewöhnliche Zeit ihres Aufhörens ist – werde ich jetzt das Heilverfahren angeben, dessen ich mich in vielen Fällen mit offenbarem Nutzen bedient habe.
Ich muß, ehe ich weiter gehe, noch erinnern, daß ich den Zustand des Körpers an der Pest Gestorbener nicht habe untersuchen können, weil Leichenöffnungen in den von Mohammedanern bewohnten Ländern durchaus nicht gestattet werden; selbst auch dann nicht, wenn eine Frau in der Schwangerschaft stirbt, und die peristaltischen Bewegungen des Kindes anzeigen, daß es noch lebe, und auch vielleicht noch zu retten sei. Die Gründe, welche ich in solchen Fällen anführte, um die Leute zu überreden, daß sie mich die Operation machen ließen, wurden stets verworfen, und die gewöhnliche Antwort war dann immer, daß es gewiß das Schicksal des Kindes sei, schon im Mutterleibe zu sterben, und daß, wenn Gott gewollt hätte, daß es das Licht der Welt erblicken sollte, er die Mutter gewiß so lange am Leben erhalten hätte, daß sie noch hätte gebären können. In diesen Fällen ist es auch gewöhnlich die Eifersucht der türkischen Ehemänner, welche es nicht zulassen, daß die Operation gemacht werde, denn diese ist so übermäßig, daß sie ihre Ehre für verletzt halten würden, wenn ein Mann den nackten Körper ihrer Frau, selbst schon als Leiche, sähe; vorzüglich nun, wenn es ein europäischer Arzt wäre, welcher ohnedies als Ungläubiger bei den Türken keine große Achtung genießt.
Nur einmal gelang es mir, eine alte Griechin durch ein Geschenk von zwei Zechinen dazu zu bewegen, mir die Öffnung des Leichnams ihres in einem Alter von 24 Jahren an der Pest gestorbenen Sohnes zu gestatten. Ich versprach, alles wieder so sauber zuzunähen, daß niemand es merken sollte, daß der Leichnam geöffnet worden. Dies wäre auch sehr leicht gewesen, da die in Ägypten wohnenden Christen ihre Toten nicht nur in Särgen begraben,5 sondern auch den Gebrauch der Türken nachahmen, welche die Körper der Toten ganz in weiße Leinwand, oder andere, nach dem Stande und dem Geschmack der Verwandten verschiedene, Zeuge einwickeln, und diese wiederum, wie man es bei neugeborenen Kindern zu tun pflegt, mit Binden fest umwickeln; diese werden dann zugenäht, und auch der Kopf auf dieselbe Art bedeckt wie die alten Ägypter es mit den Mumien machten.
Demnach hätte also, wenn ich die bei der Sektion zu machenden Einschnitte sorgfältig wieder zugenäht hätte, die ganze Sache leicht verborgen bleiben können.
Am Abende begab ich mich zur festgesetzten Stunde allein, mit den nötigen Instrumenten versehen, in das Haus der alten Griechin, woselbst ich zu meinem größten Erstaunen zwei griechische Priester und einige von den Verwandten des Verstorbenen fand, welche, da ihnen die schändliche Alte meine Absicht entdeckt hatte, mit der größten Wut auf mich eindrangen, mit der Drohung, mich bei der Regierung zu verklagen, weil ich es hätte wagen wollen, einen Leichnam zu öffnen. Da meine Entschuldigungs- und Verteidigungs-Gründe gar nicht einmal angehört wurden, so mußte ich mich, zu meinem innigsten Bedauern, unverrichteter Sache entfernen.
Der erste und vorzüglichste therapeutische Grundsatz, der schon dem ersten Arzt des Altertums bekannt war, aber oft nur zu wenig beobachtet wird, ist der, nie der Natur in ihrer Tätigkeit hinderlich zu sein, sondern sie zu unterstützen. Quo natura vergiteo ducere oportet. Jeder kleine Verstoß gegen diesen Grundsatz in der Pestkrankheit, ist gefährlich, und oft tödlich. Man hat nicht nötig das Brechen zu stillen, wenn es sich eingestellt hat. Ist Anschein zum Schweiß da, so unterhalte man ihn, ohne ihn zu sehr zu treiben. Müssen die ersten Wege gereinigt werden, so geschehe es ohne Reiz. Zeigen sich Bubonen, Karbunkel oder Petechien, so hüte man sich vor zurücktreibenden Mitteln. Ist der Urin reichlich, so befördere man ihn. Alles dies heißt so viel, daß man dem Kranken nicht schaden solle, da man außer Stande ist, ihm viel zu nützen. Und darin besteht der negative Vorzug eines guten Arztes, daß er, ehe er bedenkt, was zu tun, das verordne, was zu vermeiden.
Eine zweite wichtige Regel ist die: man entsage durchaus dem ganzen Wust der zu komplizierten Medikamente, welche die Schriftsteller gegen diese Krankheit vorgeschlagen haben. Einfachheit in den Verordnungen ist hier von dem hauptsächlichsten Nutzen. Ich habe sehr oft beobachtet, daß der gefährlichste Pestkranke, wenn man ihn nur den Heilkräften der Natur überließ, oder etwa nur einigen Reisschleim, oder eine leichte Limonade verordnete, schneller und sicherer genas, als derjenige, welcher bei leichten Anfällen der Krankheit mit einem Schwall von Heilmitteln überschüttet wurde.
Ich kam im Jahre 1788 in Gesellschaft mehrerer Pestkranken, wie ich weiterhin erzählen werde, von Konstantinopel in Ägypten an, und schnell verbreitete sich die Krankheit in der Hauptstadt und ihren Umgebungen mit großer Heftigkeit. Ohne sie im mindesten zu fürchten, fing ich sogleich an, Kranke zu besuchen. Doch geschah dies nicht nach Art der dort ansässigen europäischen Ärzte, die sich wenigstens 10 Fuß von dem Bett des Kranken entfernt hielten, auf hohen und dicken Holzsandalen dahergingen, Campher und andere im Lande gebräuchliche pestwidrige Mittel bei sich trugen, und jederzeit nach allen Gewürzen Arabiens rochen. Ich fühlte den Puls, ließ zur Ader, öffnete die Bubonen, und ging mit dem Pestkranken um, als ob ihm nichts als eine Erkältung fehlte, und ich bin überzeugt, daß diese Dreistigkeit von meiner Seite mich mehr vor der Ansteckung geschützt hat, als jedes andere vermeintliche pestwidrige Präservativmittel; denn ich beobachtete jederzeit, und werde es in der Folge zeigen, daß Furchtsame auch ohne Berührung des Kranken, und in Entfernung von einigen Fuß angesteckt wurden.
Meine Dreistigkeit bei der Krankenbehandlung machte, daß ich bald von allen Seiten eifrig aufgesucht wurde; vorzüglich brauchten mich die dort in beträchtlicher Menge wohnenden Kaufleute aus Damaskus, und setzten so großes Vertrauen in mich, daß sie mich einen Engel Gottes nannten, der zur Zerstörung der Pest vom Himmel gesandt wäre.
Indes zeigte sich der Ausgang eben nicht ihrer Erwartung entsprechend.
Dies waren die Umstände, unter welchen ich, obgleich erst nach vielfältigen Beratungen und Beobachtungen mit den Barbieren, welche dort die Ärzte der türkischen Pestkranken ausmachen, und sie ohne Furcht und Rücksicht behandeln – die Heilmethode der Pest bestimmte, wie ich sie nach meinen Ansichten für die passendste hielt. Ich sah mich genötigt, nicht bloß die oft verderblichen Meinungen der genannten Barbiere, sondern auch meine eigenen ersten unvorsichtigen Methoden, die ich früher ohne Erfahrung angewandt hatte, zu verlassen, weil sie oft den Tod der Kranken herbeiführten, oder wenigstens beschleunigten. Doch darf ich nicht übergehen, daß die Berichte der Barbiere für mich von großem Nutzen zur genauen Erkenntnis der Krankheit waren.
Folgendes war das Resultat meiner vielfach angestellten Heilversuche und Nachforschungen.
Die Hauptsache war, die Berücksichtigung der verschiedenen Konstitutionen und Komplikationen, nach welcher die Kur sehr verschieden war. Sobald ich beim ersten Zeichen eines Pestanfalls zu einem Kranken gerufen wurde, von dem ich urteilen konnte, daß er von plethorischer Konstitution sei, und das Fieber machte seinen ersten Anfall, so blieb ich bei ihm, fühlte öfters den Puls, um dessen Veränderungen zu beobachten, und, wenn ich bemerkte, daß er seine größte Fieberhöhe erreicht hatte, so ließ ich nach Verhältnis des Individuums in größerer oder geringerer Quantität zur Ader. Das ausströmende Blut war dann schwarz, entzündet, sehr klebrig und zäh, und bildete einen grünlichen Schaum. In dem nämlichen Augenblick, als es aus der Ader trat, erfolgte auch eine so starke Gerinnung, daß ich zum Erstaunen der Anwesenden jedesmal den Versuch machte, das Gefäß, in welchem es enthalten war, umzukehren, und es klebte so fest an dessen Wänden, daß niemals ein Tropfen herausfloß. Ich weiß sehr wohl, daß viele behaupten, das Coagulum hänge von der größeren oder geringeren Öffnung der Ader, dem heftigeren oder langsameren Ausströmen des Blutes, der entfernteren oder näheren Stellung des Gefäßes, selbst von der mehr oder minder bewegten Luft ab; doch nach der genauesten Untersuchung, die ich anstellte, kann ich versichern, daß unter allen Umständen und Verhältnissen das aus der Ader gelassene Blut des plethorischen Pestkranken die Gerinnung mit der nämlichen Stärke erleidet, weswegen dies jederzeit nur die Wirkung der Beschaffenheit des Blutes und nicht von zufälligen Umständen sein kann.
Bei den Türken ist, wie ich schon bemerkte, die Öffnung der Leichen verboten. Da ich mich indessen häufig bei plethorischen Pestkranken im Augenblick des herannahenden Todes befand, so machte ich oft, trotz meiner Überzeugung vom Gegenteil, die Anwesenden glauben, daß durch einen schnellen Aderlaß der scheinbar Tote vielleicht ins Leben zurückgerufen werden und das Bewußtsein wieder erlangen könne, das jetzt nur erstorben schiene, und ich führte ihnen dabei mehrere erdichtete Beispiele von Personen an, die kleinen Aderlässen unter ähnlichen Umständen ihr Leben verdankten. Gewöhnlich wurde ich nach solcher Erzählung aufgefordert, geschwind dem anscheinend noch lebendigen Kranken die Ader zu öffnen, und dann fand ich, daß das Blut in der Ader stark geronnen war.
Daher hielt ich mich überzeugt, daß beim plethorischen Kranken die Zirkulation in Folge der Blutgerinnung, und mit ihr das Leben aufhöre.
Wenn ich das Blut des plethorischen Kranken einen Tag nach dem Aderlaß untersuchte, so fand ich immer, daß sich ein wenig gelbliches Serum abgesondert hatte. Der Blutkuchen hatte oberhalb eine ungemein feste Kruste, die sich nur sehr schwer von dem Cruor trennen ließ. Stücke desselben, die ich zwei, drei Tage aufbewahrte, erhielten sich hart, und lösten sich nicht auf, ein Umstand, der bei anderen entzündlichen Krankheiten weniger vorzukommen pflegt.
Unmittelbar nach dem Aderlaß hörte das Fieber augenblicklich auf. Der Kranke befand sich im Zustande der Ruhe, und klagte zu Zeiten über Neigung zum Erbrechen. Er mochte nun diesen Reiz haben oder nicht, so gab ich ihm doch, um zuvörderst die ersten Wege zu reinigen, zwei Gran Brechweinstein in einem Trinkglas voll Wasser aufgelöst, wovon ich viertelstündlich den vierten Teil trinken ließ. Sobald Brechen eintrat, ließ ich das etwa übrige wegsetzen. Auf diese Weise war ich gewiß, die ersten Wege gereinigt zu haben. Das gewöhnliche Getränk hierauf bestand in einer leichten Limonade, zu der ich eine mäßige Quantität Spiritus sulphuris, als belebendes und diuretisches Mittel hinzumischte.
Wenn ich Grund hatte zu glauben, daß der Unterleib verstopft sei, und der Brechweinstein nicht zugleich nach unten wirkte, so verordnete ich erweichende Klistiere von bloßer Malvenblüte, und ließ sie nach den Umständen wiederholen.
Waren die Pestkranken Mohammedaner, so mußte ich durchaus auf die Idee, ihnen Klistiere beizubringen, Verzicht tun. Ihre Abneigung dagegen ist so groß, daß sie lieber sterben würden, als Klistiere nehmen, wenn auch kein anderes Mittel bliebe, ihnen das Leben zu retten. In solchen Fällen riet ich, um ihnen Ausleerung zu verschaffen, Suppositorien von Butter oder Seife, in Verbindung mit Bähungen von warmem Wasser, wenn sie noch anzubringen waren; aber damit waren sie in der Regel nicht zufrieden, und verlangten Abführungsmittel von mir, die ich stets verweigerte, da sie in dieser Krankheit sehr nachteilig sind.
Nie habe ich in der Pest Abführungsmittel gegeben, außer bei meinem ersten Kranken dieser Art, wo ich das Übel noch nicht kannte; der Patient starb bald darauf durch Hilfe meiner kräftigen Purganz. Er wäre ohne sie vielleicht genesen, oder wenigstens sein Tod verzögert worden.
Die türkischen Ärzte und Barbiere des Landes geben ihren Kranken, anstatt die ersten Wege durch den Tartarus emeticus, der ihnen unbekannt ist, zu reinigen, ziemlich starke Abführungen von der drastischen Gattung. Sie bereiten dieselbe aus Jalappe, Scammonium, Diagridium,6 Sennapulver, und anderen Arzneikörpern, denen sie etwas roten Präcipität beimischen. Diesen verordnen sie überhaupt innerlich mit großer Verwegenheit und Unvorsichtigkeit in allen Krankheiten, wo sie Abführungen für nötig halten. Sie hätten so ganz Unrecht nicht, wenn sie statt des roten Präcipitats das Arcanum corallinum7 nähmen, doch auch das kennen sie nicht. Dies Mittel bleibt unter den incisiven blutreinigenden und antivenerischen Mitteln immer schätzbar, wenn es auch gegenwärtig in der Medizin nicht mehr angewendet wird; ich habe zahlreiche und vorteilhafte Versuche damit angestellt, und nie seinen innerlichen Gebrauch zu bereuen gehabt, ob es gleich mit großer Vorsicht angewandt werden muß. – Die noch verwegener sind, und mit Gewalt purgieren wollen, nehmen einen Coloquinten-Apfel, schneiden eine weite Öffnung hinein, aus welcher sie die Pulpa herausnehmen, füllen die Öffnung mit Milch aus, und lassen diese die Nacht über stehen, damit sie die abführende Kraft annehme. Den anderen Morgen schüttet man die Milch aus der Frucht, und gibt sie dem Pestkranken zu trinken, wenn er dies noch im Stande ist. Er muß darauf mit Gewalt und unter vielen schneidenden Schmerzen im Unterleibe zu Stuhle gehen. Während der starken Ausleerungen tröstet der Arzt oder Barbier den Kranken und seine Angehörigen mit der Versicherung, daß das Pestgift mit den Exkrementen gänzlich aus dem Körper herausfahre. Allein gewöhnlich sehen sie zu ihrer Beschämung den Kranken hinsterben, und sie entfernen sich dann verlegen, mit dem Ausdruck: Ala-Kerim, d. h. Gottes Wille geschehe.
Die Barbiere, welche sich mit der Zubereitung der Abführungsmittel keine weitere Mühe geben wollen, reichen ihren Kranken bloß ein, zwei, auch drei indische Bohnen8, die sie ohne alle Zubereitung verschlucken lassen, oft erregt dieses Mittel außer heftigem Abführen noch Erbrechen, und der Erfolg ist immer eben so traurig, wie nach den vorher beschriebenen Purganzen.
Wenn ein türkischer Arzt, oder Barbier glaubt, er müsse die Neigung zum Brechen befördern, so bedient er sich eines Präparats aus dem Euphorbium, das nicht minder schädlich ist als ihre Purgiermittel. Bei allen Pestkranken, die nach heftigem Purgieren und Erbrechen sterben, bemerkt man, daß die Bubonen kaum zum Vorschein kommen, und sich nicht weiter entwickeln. Daraus folgt, daß man bei der Heilung hauptsächlich dahin wirken müsse, daß das Pestgift nach außen, mittelst der Bubonen, Karbunkel und Petechien ausgeschieden werde, und dieser Indikation arbeitet man durch Purganzen, starke Brech- und andere drastische Mittel geradezu entgegen.
Wenn Pestkranke mich Konsultierten, die schon von türkischen Barbieren oder Ärzten behandelt wurden, so setzte ich mich immer mit Wärme der beschriebenen Purgiermethode, wie auch der Verordnung des Euphorbiums entgegen; indessen blieben meine Gründe oft unbeachtet, und das Urteil dieser Henker der Pestkranken drang durch. Gewöhnlich antworteten sie mir, ohne sich auf besondere Gründe einzulassen, mit dem arabischen Ausdruck Kasim, welches Neuling oder auch Unwissender bedeutet.
Wenn ich es durch meine Verordnung dahin brachte, die Verwandten der Kranken gegen die Abführungsmittel und die nach oben erwähnter Art bereiteten Brechmittel einzunehmen, oder auch wenn der Kranke im Zustande der Betäubung, oder im Delirium gar keine Arzneien nehmen konnte, ergab es sich gewöhnlich nach meiner Beobachtung, daß eine bedeutende Anzahl derer, die den Heilkräften der Natur ohne weitere Anwendung von Arzneimitteln überlassen blieben, die Gesundheit wieder erlangten, wenn sie auch schon in Agonie gelegen hatten.
Ich schloß aus diesen Umständen, daß ohne die türkischen Ärzte und Barbiere, die Sterblichkeit in der Pestzeit viel geringer sein würde, und diese Entdeckung ließ mich lange zweifelhaft, ehe ich mich zur Bestimmung einer Heilmethode entschließen konnte.
Den Tag nach der Blutentziehung reichte ich, wenn keine anderen ungünstigen Zufälle eingetreten waren, eine kleine Dosis von der Confection Alkermes etwa in der Quantität einer Drachme, Morgens und Abends zu nehmen. Ich tat dies, um die Verdauungskräfte des Magens zu erhalten. Ich empfahl dabei fleißiges Trinken von der schon beschriebenen Limonade, und verbot alle übrigen Nahrungsmittel.
Wenn Neigung zu Diarrhöe vorhanden war, so bediente ich mich statt der Confection Alkermes des Diascordiums, das ich zu ¼ Drachme pro Dosi mehrere Male des Tages gab. Indes versäumte ich nicht, vorher alle Umstände genau zu berücksichtigen, denn ich fürchtete immer, daß dieses Hypnoticum zu sehr erhitzen, und das Fieber noch stärker anreizen möchte. Schien mir daher das Diascordium nicht passend, so bediente ich mich einer Konserve aus Quittenfrüchten, oder des ausgepreßten Safts saurer Granatäpfel.
Beim geringsten Anschein von Erneuerung des Fieberanfalls gab ich Pulveres temperantes, bereitet aus einer Drachme Nitrum depuratum, zwölf Gran Campher, und sechs Gran natürlichen Zinnober, die in 12 gleiche Teile geteilt von Viertelstunde zu Viertelstunde gegeben wurden. Dabei ließ ich alle andere Arzneien, mit Ausnahme der Limonade, wegsetzen, und auch diese wurde ohne Spiritus sulphuris bereitet, um nicht zu einer Zeit zwei Mittel gleicher Gattung anzuwenden, denn eins ...