Beobachtung
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Beobachtung

Anleitung und Übung

Martin Fromm, Martin Fromm

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  1. 52 Seiten
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Beobachtung

Anleitung und Übung

Martin Fromm, Martin Fromm

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Die vorliegende Anleitung fängt da an, wo die meisten Lehrbücher zur Forschungsmethodik aufhören: bei den praktischen Problemen der Beobachtung. Nach einer Darstellung der Besonderheiten von Beobachtungsverfahren liegt die Betonung auf der Konstruktion von Beobachtungssystemen. Zunächst werden die prinzipiellen Bestandteile dargestellt, dann chronologisch die Entwicklungsschritte eines Verfahrens. Wie Beobachtungssysteme nicht angelegt werden sollten, verdeutlichen zwei Übungen.

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Information

Jahr
2012
ISBN
9783844824346

1. Einsatzzwecke - Beobachtung vs. andere Erhebungsverfahren

„Beobachtung“ als Forschungsmethode meint etwas anderes als der Begriff „Beobachtung“ in der Umgangssprache. Umgangssprachlich ist von „Beobachtung“ überwiegend dann die Rede, wenn visuelle Wahrnehmungen gemeint sind. „Beobachtung“ als Methode beschränkt sich dagegen nicht auf visuelle Wahrnehmungen, hat hier nicht einmal ihren Schwerpunkt (vgl. Simon/Boyer 1974). Eines der bekanntesten Verfahren zur Unterrichtsbeobachtung, das Beobachtungssystem von Flanders (1970), erfasst sogar fast ausschließlich sprachliche Kommunikation. „Beobachtung“ als Forschungsmethode bezeichnet vielmehr solche Verfahren zur Erhebung empirischer Daten, bei denen der Forscher sich während der Erhebung - anders als z.B. bei der Befragung - weitgehend protokollierend rezeptiv verhält, also (soweit vermeidbar) keinen Einfluss auf den Beobachtungsgegenstand nimmt.
Das schließt allerdings nicht aus, dass der Beobachter zu Forschungszwecken erst einmal Bedingungen schafft, unter denen sich etwas beobachten lässt, vielleicht sogar Personen dazu veranlasst, irgendetwas zu tun, um dann zu beobachten, wie sie das konkret tun. Beobachtungsgegenstände können dabei praktisch alle wahrnehmbaren Phänomene sein - von räumlichen Gegebenheiten über Mimik und Gestik bis zu sprachlichen Äußerungen.
Die im Vergleich mit der Befragung für die meisten Beobachtungen charakteristische Konzentration auf die Erfassung dessen, was ohnehin geschieht, bestimmt die Stärken und Grenzen dieser Verfahren.
Stärken
Ihre Stärken haben Beobachtungsverfahren dort, wo:
  • andere Verfahren unökonomisch/unnötig kompliziert sind (z.B. Befragung zu Bewegungsabläufen, Exploration eines Untersuchungsfeldes)
  • eine Befragung nicht möglich ist, weil die Untersuchten nichts von den jeweiligen Phänomenen wissen (etwa ihre eigene Mimik) oder eine sprachliche Verständigung mit ihnen nicht möglich ist (z.B. bei Kleinkindern, Angehörigen anderssprachiger Kulturen)
  • durch Einflussnahme des Forschers wichtige Informationen verlorengehen oder verzerrt würden.
Grenzen
Ihre Grenzen haben Beobachtungsverfahren dort, wo:
  • eine Beobachtung die untersuchten Phänomene erheblich verändern würde
  • Befragungen effizienter über die untersuchten Phänomene informieren (z.B. längerdauernde Abläufe)
  • Beobachtungsdaten ohne zusätzliche Informationen über innere Prozesse zu vieldeutig bleiben.
Wie die speziellen Stärken der Beobachtung zur Geltung kommen und mit welchen Problemen andererseits durch Beobachter und Beobachtungsbedingungen zu rechnen ist, hängt allerdings davon ab, wer, was und wie beobachtet wird.
Bei der Anwendung von Beobachtungen sind zwei Hauptzwecke zu unterscheiden:
  • Entwicklung von Forschungsfragen
    In diesem Fall dienen Beobachtungen dazu, das Untersuchungsfeld so weit zu erkunden, dass Hypothesen formulierbar werden. Die präzisierte Untersuchungsfrage ist dann also Ergebnis der Beobachtung.
  • Beantwortung von Forschungsfragen
    In diesem Fall dient die Beobachtung dazu, die für die Untersuchung relevanten Daten zu erfassen/zu messen. Die Beobachtung soll dann gezielt die Informationen bereitstellen, die es erlauben, die Untersuchungsfrage(n) zu beantworten. In diesem Fall ist also eine präzise Fragestellung bereits Voraussetzung der Beobachtung.
Im Vergleich mit anderen Erhebungsverfahren sind Beobachtungen üblicherweise deutlich aufwendiger in der Durchführung. Die Untersuchung größerer Stichproben und die (statistische) Hypothesenprüfung ist daher schwierig. Entsprechend werden Beobachtungen insbesondere mit explorativem Forschungsinteresse zur Erkundung eines Untersuchungsfeldes, bei der Untersuchung kleiner Stichproben oder in der Einzelfallarbeit (z.B. Beratung) eingesetzt.
Die Aufwendigkeit von Beobachtungsverfahren dürfte mit dafür verantwortlich sein, dass häufig Befragungen auch dort eingesetzt werden, wo eigentlich Beobachtungen die relevanteren Informationen liefern würden.

2. Beobachtungsgegenstand

Pädagogen haben in ihrer Arbeit üblicherweise mit Personen zu tun. Die Beobachtung des Wetters, chemischer Reaktionen, technischer Abläufe oder von Tieren ist für sie kaum einmal von Interesse. Entsprechend konzentrieren sich Beobachtungen in pädagogisch relevanten Kontexten überwiegend auf das Verhalten von Personen - und versuchen mit den spezifischen Widrigkeiten umzugehen, die sich daraus ergeben, dass die Beobachteten reflexive Subjekte sind.
Verhalten 'an sich' ist allerdings nicht relevant - also z.B., dass ein Schüler in sein Heft sieht. Relevant wird es erst dadurch, dass wir diesem Verhalten eine bestimmte Bedeutung zumessen - also z.B. das Verhalten des Schülers als erwünschte Beschäftigung mit der Aufgabe verstehen. Wir benutzen dann das beobachtbare Verhalten als Indikator für dahinter liegende innere Prozesse.
Aufschluss über innere Prozesse einzelner oder mehrerer Personen können aber auch äußere Gegebenheiten liefern: Die Ausgestaltung und Nutzung von Räumen, Art und Verwendung von Materialien usw. Mit den möglichen Erkenntnissen, die aus solchen Indikatoren gewonnen werden können, haben sich Pädagogen und Soziologen insbesondere unter der Überschrift „Hidden Curriculum“ beschäftigt (vgl. z.B. Meighan 1981). Da wird dann z.B. die Ausgestaltung von Klassenräumen im Hinblick auf das Klassenklima und Lehrstile interpretiert, gefragt, welche Erwartungen an die Schüler durch die Architektur von Schulgebäuden (als Kaserne, Fabrik o.ä.) zum Ausdruck kommen usw.
Ob man die Erfassung z.B. räumlicher Gegebenheiten als „Beobachtung“ oder eher als „Inhaltsanalyse“ bezeichnen will, ist Geschmackssache. Unstrittig dürfte jedenfalls sein, dass auch äußere Gegebenheiten für pädagogische Fragestellungen relevant sind und entsprechend mit erfasst werden müssen.

3. Beobachter

In der neueren Literatur erscheint die Beobachtung überwiegend als Fremdbeobachtung, also als Beobachtung, bei der der Beobachter nicht auch gleichzeitig Beobachteter ist. Dabei wird die Selbstbeobachtung allerdings in ihrer Häufigkeit und auch in ihrer Relevanz für bestimmte Untersuchungsfragen deutlich unterschätzt.
Selbstbeobachtung
Selbstbeobachtung ist zunächst Voraussetzung jeder Befragung zu inneren Prozessen. Nur was der Befragte von sich weiß oder zu wissen meint, kann er auch auf Befragen mitteilen. Daher hängt in diesen Fällen der Ertrag der Befragung nicht nur von der Qualität der Befragung, sondern zusätzlich von der Qualität der Selbstbeobachtung ab. Selbstbeobachtung ist weiter unverzichtbar zur Erhebung von Verhalten in Situationen, zu denen ein Fremdbeobachter keinen Zugang hat oder die zu selten auftreten und daher eine Fremdbeobachtung zu aufwendig machen würden. Selbstbeobachtung ist schließlich die Grundlage hermeneutischen Verstehens: Den Äußerungen anderer Menschen wird auf der Basis eigener Lebenserfahrungen Bedeutung zugeschrieben. Selbstbeobachtung und Selbstauslegung sind also die Basis des Fremdverstehens.
Als offensichtlicher Mangel der Selbstbeobachtung erscheint in der Literatur durchgängig die Reaktivität des Verfahrens: Durch die Beobachtung verändert der Beobachter das zu Beobachtende. Bereits Wundt, einer der Begründer der experimentellen Psychologie, weist darauf hin, dass die „Absicht der Beobachtung (...) Eintritt und Verlauf der psychischen Vorgänge wesentlich verändert“ (91909, S. 27). Und man kann ergänzen: auch das Verhalten. Wer z.B. im Rahmen einer Beratung seinen Tagesablauf protokollieren soll, sein Arbeitsverhalten, die Anzahl der gerauchten Zigaretten o.ä. wird feststellen, dass sich schon allein dadurch das Verhalten ändert. Diese bekannte Reaktivität der Selbstbeobachtung wird mitunter in der Beratung und Therapie sogar gezielt eingesetzt. Die Beobachtung ist dann aber nicht so sehr Erhebungs-, sondern Interventionsverfahren.
Trotz der möglichen Reaktivität des Verfahrens bleibt in vielen Fällen keine Alternative zur Selbstbeobachtung, etwa bei der Protokollierung eines Tagesablaufs (s.o.), bei der Erhebung innerer Prozesse usw. Und man muss davon ausgehen, dass die meisten Maßnahmen zur Objektivierung und Gewährleistung einer genauen Erhebung die Reaktivität des Verfahrens sogar noch verstärken - weil sie zum Zweck einer präzisen Beobachtung zunehmend künstliche Untersuchungsbedingungen schaffen.
In der Literatur wird immer wieder einmal behauptet, man...

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