Lorient heute
Zunächst kann man sagen, dass die Bretonen und ebenso die Leute aus Lorient allgemein sehr freundlich und aufgeschlossen zu Besuchern ihrer Region sind, ganz anders, als man es aus dem Süden Frankreichs gewohnt ist. Lorient lädt ein, ihre neu gewonnene Freiheit kulturell mitzugestalten.
Am deutlichsten zeigt sich das bretonische Erbe innerhalb der Sprache der Bretonen, dem Brezhoneg. Das Bretonische erhielt Einzug durch die allmähliche Besiedlung des westlichen Teils der Bretagne durch die keltischen Völker, die von den britischen Inseln auf das Festland Europas gekommen waren.
Die gallische Sprache, die damals auf dem Festland vorherrschte, wurde somit von den walisischen Einwanderern und denjenigen aus dem Festland im Süden verdrängt. Doch nicht in der gesamten Bretagne spricht man auch Bretonisch. So verläuft noch heute eine unsichtbare Sprachgrenze von Saint-Brieuc im Norden nach Vannes im Süden der Bretagne. Im Umkreis von der Präfektur Rennes zum Beispiel kommt das Bretonische nicht vor. Auch breitet sich die keltische Sprache nicht über den westlichsten Zipfel Frankreichs hinaus aus.
Das Bretonische veränderte sich durch die Integration der Bretagne in den französischen Staat. Hierbei wurden französische Wortbestandteile in die Sprache der Kelten aufgenommen. Dazu kamen bis ins 17. Jahrhundert hinein verschiedene Dialekte zustande.
Obwohl die Regierung in Paris versuchte, das Bretonische aus ihrem Land zu entfernen, bestand die Sprache als Umgangssprache, die die einfachen Leute sprachen, bis ins 20. Jahrhundert hinein. So gab es über 1 Million Sprecher, obwohl Bretonisch noch keine anerkannte Sprache in Frankreich war.
Nach einigen Integrationsversuchen der Sprache innerhalb einer Rückbesinnung auf die ursprüngliche regionale Identität wurde die Sprache heutzutage in die Bildungsgesellschaft etabliert. Zum Beispiel steht Bretonisch als Fremdsprache auf den Lehrplänen von bretonischen Schulen und wird an bretonischen Universitäten weiter erforscht. Auch in den bretonischen Medien ist die Sprache der Kelten, innerhalb von Beiträgen im Fernsehen oder im Radio, zu hören.
Auf Ihrer Reise in die Bretagne werden Sie mit dem Bretonischen bereits an den Ortsschildern konfrontiert, auf denen die Ortsnamen sowohl auf Französisch als auch in Bretonisch geschrieben sind. Die ersten zweisprachigen Straßenschilder gab es im Jahre 1985 in der Bretagne.
Die Bretagne heißt auf Bretonisch Breizh, Lorient L’Oriant und neben Vannes ist Gwened auf den Schildern zu lesen. Larmor-Plage heißt An Avor, Ploemeur ist Plañvour und Guidel wird zu Gwidel usw. Sogar die Straßennamen können zweisprachig oder auf Bretonisch zu lesen sein.
Die Wörter werden übrigens wie im Deutschen meist genauso ausgesprochen, wie sie geschrieben werden. Es klingt teilweise sogar eher nach Deutsch als nach Französisch.
Typisch bretonische Präfixe sind: „Plou-“, wie in den Namen der Gemeinden Plougastel oder Plouescat, was mit „Pfarrei“ übersetzt werden kann; „Tre-“, wie zum Beispiel in Trebeureden und Treglonou, was „Weiler“ bedeutet, wie man es auch in Deutschland in kleinen Städten antrifft; „Lan-“ wie in den Städten Lanester, Landvisiau oder Landerneau, was „Einsiedelei“ bedeutet; und „Ker-“, wie in Kergaher, Kernilis oder Keriean, was „Haus“ oder „Hof“ bedeutet.
Weitere typische Wortbestandteile sind zum Beispiel „Lok-“, „Gwi-“ oder „Lez-“.
Wenn Sie durch Lorient schlendern, Sie Läden und Lokale betreten und wieder verlassen, sind oft bretonische Begrüßungs- bzw. Verabschiedungsfloskeln zu hören.
So können Sie im Restaurant mit Degemer mad begrüßt werden, was „Willkommen“ heißt. Der Fischverkäufer sagt vielleicht zu Ihnen Demat, also „Guten Tag“ und beim Abschied Kenavo, „auf Wiedersehen“.
Die Lorienter freuen sich bestimmt auch, wenn Sie sich mit Trugarez bedanken. Beim Anstoßen, zum Beispiel mit einem Glas Cidre, sagen Sie Yec'hed mad. Guten Appetit heißt debrit ervat oder kalon digor.
Trotz der Bemühungen auf der Bildungsebene verliert sich die Sprache bei der jüngeren Generation, sodass die Zahl der aktiven Sprecher zurückgeht. So können weniger als 250.000 Bretonen die traditionelle Sprache sprechen. Von diesen sind mehr als die Hälfte schon über 60 Jahre alt. Dazu ist stark zu bezweifeln, dass diese sich tatsächlich fließend auf der Sprache unterhalten können. Aufgrund des Aussterbens der Sprache hat die UNESCO die keltische Sprache als eine ernsthaft gefährdete Sprache eingestuft.
DAS STADTBILD
Heute prägen der graue Beton sowie Sozialbauten die Stadt. Doch finden sich immer wieder kleine Schätze aus der Vergangenheit, auf dessen Suche Sie sich während unserer Stadtführung begeben. Unternehmen Sie eine kleine Zeitreise und erleben Sie den Übergang von der Vergangenheit zur heutigen Zeit, wenn Sie zum Beispiel sehen, wie ein neues Haus auf den Ruinen des früheren Bauwerks gebaut wurde.
Auch die neuen Bauten sind teilweise sehr hübsch anzusehen mit ihren bunten Hausfassaden im Wechsel mit bretonischen Steinhäusern, welche ab der Mitte des 17. Jahrhunderts vermehrt gebaut wurden und sich heute oft malerisch in die Landschaft, die Dörfer oder die Städte der Bretagne einfügen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem Lorient völlig zerstört wurde, wurde die Stadt wie Brest und St-Nazaire unter Verzicht auf ihre historische Substanz wiederaufgebaut.
Lorient ist durch den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt. Sie ist nun, wie sagt man so schön, „nicht mehr ganz die Alte“, sondern erweckt den Eindruck einer ville nouvelle, einer neuen Stadt. Bis zu ihrer Ausbombadierung waren sogar noch architektonische Überreste des Jugendstils des 19. Und 20. Jahrhunderts erhalten geblieben sowie der Architektur der 1930er Jahre.
Damit kann sich Lorient durch ihren modernen Charakter nicht als typische bretonische Stadt bezeichnen. Doch das typisch französische Flair müssen Sie trotz allem nicht vermissen. Gerade in der Innenstadt befinden sich Cafés, deren Tische vor den Lokalen verteilt sind. Besonders zu den warmen Jahreszeiten spielt sich das Leben draußen auf den Straßen Lorients ab.
STADTFÜHRUNG
Der Bahnhof, der Gare de Lorient Bretagne Sud, befindet sich im Norden der Stadt, von wo aus Sie die Route starten. Wenn Sie mit dem Zug angereist sind, können Sie Ihren Koffer direkt ins Hotel bringen.
Hotel-Tipp: Das Hotel Ibis Lorient Centre Gare befindet sich direkt am Bahnhof auf der Straße Cours de Chazelles und ist mit 75 Euro eine relativ günstige Übernachtungsmöglichkeit in Lorient Central. Für seine drei Sterne besitzt es somit ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Die Cour de Chazelles geht in nördlicher Richtung über in die Rue Paul Guieyesse, auf der Sie bald zu einer wunderschönen gotischen Kirche gelangen, die Eglise Notre-Dame-de-Bonne-Nouvelle am Place de L’yser auf der linken Straßenseite. Direkt gegenüber befindet sich eines der erhaltenen Steinhäuser der Vorkriegszeit, welches direkt neben Neubauten steht, ein gutes Beispiel für den Zeitreisen-Charakter der Stadt. Die Straße ist eine der Hübscheren von Lorient. Wenn Sie die Straße weiterlaufen, befindet sich auch eine Autovermietung (Rent a Car) auf der rechten Seite. Die Straße geht in die Rue de Belgique über. Hier befindet sich ein Irish Pub, das Galway Inn mit der Hausnummer 18, wo abermals das keltische Erbe sichtbar wird, welches Sie auch kulinarisch erleben dürfen. Von der hellen Rue Paul Guieyesse mit den schönen Steinhäusern aus wird nun die Straße immer mehr geprägt von Neu- und Sozialbauten, die plattig über die Dächer der anderen Häuser wachsen. Sie nähern sich dem Industriegebiet.
Wieder vom Bahnhof aus auf der Cours de Chazelles in Richtung Süden folgen wir dem von Bäumen gesäumten Weg, an einem Blumenmarkt vorbei (Villa Florale), der sich auf der rechten Seite befindet. Wir gelangen in die Straße Rue Victor Masse. Sie gelangen an den Anfang der Fußgängerzone. Hier bieten sich schon einige Einkaufsmöglichkeiten aller Art von Kleidungsgeschäften über Bäckereien (Boulangerie, Patisserie und Chocolatier) bis hin zu Restaurants und Bars, vor denen die Einheimischen sitzen, Café trinken und Zigaretten rauchen. Der französische Charme lädt ein, hier ebenfalls eine kurze Pause zu machen.
Am Ende der Straße gelangt man auf einen Platz, den Place Alsace Lorraine mit Blick auf die Kirche Notre-Dame De Victoire, die mehr als eindeutig aus der Nachkriegszeit stammt und mit seinem Kirchturm aus schlichtem Beton einen architektonischen Kontrast zur vorherigen verspielten Gotik bildet. Am Platz befindet sich zusätzlich eine zentrale Bushaltestelle sowie ein Karussell, welches dauernd in Betrieb ist und für ein kurzes kindliches Vergnügen sorgt. Es geht weiter in die Rue de Lassemblée nationale mit we...