Handbuch ADHS
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Handbuch ADHS

Grundlagen, Klinik, Therapie und Verlauf der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung

Hans-Christoph Steinhausen, Manfred Döpfner, Martin Holtmann, Alexandra Philipsen, Aribert Rothenberger, Hans-Christoph Steinhausen, Manfred Döpfner, Martin Holtmann, Alexandra Philipsen, Aribert Rothenberger

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Grundlagen, Klinik, Therapie und Verlauf der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung

Hans-Christoph Steinhausen, Manfred Döpfner, Martin Holtmann, Alexandra Philipsen, Aribert Rothenberger, Hans-Christoph Steinhausen, Manfred Döpfner, Martin Holtmann, Alexandra Philipsen, Aribert Rothenberger

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Über dieses Buch

This handbook gives an extensive account of the significant aspects of ADHD. Thus taking into account the different forms of this disorder over a life-span and supporting the quality management in treating the affected.The contributions are based on the wide knowledge of the editors and leading experts in research, clinical practice and evidence based medicine. Basics of definition, classification and epidemiology and scientific findings on the causes are communicated as well as differentiated descriptions of the various aspects of clinic, examination, therapy and course of ADHD.

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Information

IV Therapien

28 Therapien – Einleitung und Überblick

Hans-Christoph Steinhausen, Manfred Döpfner, Martin Holtmann, Alexandra Philipsen und Aribert Rothenberger

Mit der Behandlung von ADHS verbinden sich verschiedene Ziele. Zunächst sollen die unmittelbaren Symptome der Störung vermindert werden. Angesichts der hohen Rate komorbider Symptome müssen diese in die Behandlung eingeschlossen werden und es sollen weitere Komplikationen vermieden werden. Dabei muss zentral die Wiederherstellung oder Verbesserung der psychosozialen Funktionstüchtigkeit in allen lebenswichtigen Bereichen, d. h. im familiären Umfeld und der Partnerschaft, in Schule, Ausbildung und Beruf sowie den erweiterten sozialen Beziehungen im Vordergrund stehen, um schlussendlich eine möglichst zufriedenstellende Lebensqualität zu erreichen.
Bei dieser Zielrichtung müssen sowohl der Patient als auch das unmittelbare soziale Umfeld in die Behandlung einbezogen und deren jeweilige Bedürfnisse abgeglichen werden. Insofern bilden gelungene Bewältigungsstrategien nicht nur beim Patienten, sondern auch bei seinen Familienmitgliedern sowie anderen wichtigen Bezugspersonen in der Schule oder am Arbeitsplatz wichtige Ziele der Behandlung. Angesichts der häufigen Chronizität von ADHS ist eine umfassende medizinische und psychosoziale Fürsorge und Versorgung zu leisten.
Das therapeutische Angebot ist vielfältig und sollte auch im Einzelfall multimodal im Sinne von Kombinationsbehandlungen eingesetzt werden. Interventionen beziehen sich dabei nicht nur auf den Patienten, sondern auch auf das jeweils bedeutsame Umfeld mit wichtigen Bezugspersonen. Wegen ihrer zentralen Bedeutung für die Aufklärung von Patient und psychosozialem Umfeld steht die Psychoedukation am Anfang jeder Behandlung. Weitere zentrale Säulen der Behandlung sind Pharmakotherapie und Verhaltenstherapie, die nicht nur alternativ, sondern bei Indikation auch kombiniert eingesetzt werden können.
Diese Schwerpunkte werden unter dem Leitgedanken der evidenzbasierten Medizin in den folgenden Kapiteln jeweils separat dargestellt. Dabei wird die notwendige Differenzierung der Behandlung für Kinder und Jugendliche einerseits und Erwachsene andererseits berücksichtigt. Zusätzlich zu den Themen Psychoedukation, Pharmakotherapie und Verhaltenstherapie werden das Neurofeedback sowie Diäten abgehandelt. Letztere haben in der Geschichte der Behandlung von ADHS immer wieder und meist vorübergehend eine gewisse Popularität unter Laien gefunden. Wenngleich die Evidenz für die Wirksamkeit der meisten Diät-Varianten relativ begrenzt ist, können sie wegen der Nachfrage unter Patienten bzw. Angehörigen und wegen der zwar relativ randständigen, gleichwohl aber nicht zu leugnenden potenziellen Bedeutung bestimmter Nahrungsmittelzusätze nicht vollständig ignoriert werden.
Wegen begrenzter bzw. fehlender Evidenz werden andere, nicht verhaltensorientierte Psychotherapien nicht in die Darstellung einbezogen, wenngleich einzuräumen ist, dass sie zwar weniger bei den Primärsymptomen von ADHS, wohl aber bei den komorbiden Störungen in der Praxis einen gewissen Stellenwert haben können. Gleichwohl ist auch hier – etwa bei Angststörungen oder Depression – der Grad der Evidenz für die Wirksamkeit verhaltenstherapeutischer Interventionen in allen Altersstufen bedeutsam höher. Wegen fehlender Evidenz der Wirksamkeit werden auch die bei Kindern mit ADHS in der Praxis populäre Ergotherapie oder die sensomotorische Übungsbehandlung nicht in diesem Handbuch abgehandelt. Schließlich muss auf die Darstellung von sog. Alternativbehandlungen auch zum ausschließlichen Zweck der Information verzichtet werden, zumal überzeugende Wirksamkeitsnachweise durchgehend fehlen.

29 Psychoedukation im Kindes- und Jugendalter

Stephanie Schürmann und Manfred Döpfner

29.1 Definition von Psychoedukation

Nach nationalen und europäischen Leitlinien und Leitfäden zur Therapie von Kindern und Jugendlichen mit ADHS (National Institute for Health and Clinical Excellence 2018; Taylor et al. 2004; Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie Psychosomatik und Psychotherapie et al. 2018) ist die Grundlage jeder multimodalen Behandlung eine eingehende Beratung und Aufklärung der Eltern (und anderer Bezugspersonen) sowie des Kindes und Jugendlichen entsprechend seinem Entwicklungsniveau über die Störung und deren Behandlungsmöglichkeiten. Diese basalen Interventionen werden heute gerne unter dem Begriff der Psychoedukation zusammengefasst. Generell wird als Psychoedukation die Schulung von Menschen bezeichnet, die an einer psychischen Störung leiden.
Bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter umfasst die Psychoedukation nicht nur die Schulung der Patienten, sondern vor allem die der Bezugspersonen, in erster Linie der Eltern, aber auch der Lehrer und anderer Bezugspersonen. Je jünger der Patient ist, umso mehr tritt die Psychoedukation des Patienten in den Hintergrund. Allerdings sind auch bei Kindern im Kindergartenalter psychoedukative Maßnahmen von Bedeutung, die natürlich dem Alter und Entwicklungsstand angepasst werden müssen. Ziel von Psychoedukation ist es, die Störung besser zu verstehen, um besser mit ihr umgehen zu können, indem die persönlichen Erfahrungen mit der Störung mit dem gegenwärtigen Wissen über die Störung verbunden werden. Auch sollen der Patient und seine Bezugspersonen Ressourcen und Möglichkeiten kennen lernen, um mögliche Rückfälle zu vermeiden und selbst langfristig zur eigenen Gesundheit beizutragen.
Auf der Basis einer ausführlichen Psychoedukation kann entsprechend der nationalen und internationalen Leitlinien eine Pharmakotherapie durchgeführt werden, wenn eine moderat bis stark ausgeprägte und situationsübergreifende ADHS-Symptomatik vorliegt, die mit einer erheblichen psychosozialen Funktionseinschränkung einhergeht. Wenn eine Pharmakotherapie durchgeführt wird, dann sollte auch die Kindergarten-Erzieherin oder die Klassenlehrerin in die Psychoedukation einbezogen werden. Wenn sich durch die Pharmakotherapie in Kombination mit der Psychoedukation eine hinreichende Verminderung der ADHS-Symptomatik und auch weiterer komorbider Probleme oder Störungen (z. B. negative Eltern-Kind-Beziehung, aggressives Verhalten) erzielen lassen, dann sind weitergehende psychotherapeutische oder andere Interventionen nicht indiziert und die multimodale Therapie beschränkt sich auf die Kombination aus Psychoedukation und Pharmakotherapie. Psychoedukation ist auch Bestandteil jeder verhaltenstherapeutischen Intervention in der Schule und in der Familie sowie jeder verhaltenstherapeutischen Behandlung des Kindes. Zwischen Psychoedukation und verhaltenstherapeutischen Strategien besteht ein nahtloser Übergang. Verhaltenstherapeutische Interventionen (
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Kap. 33) bauen auf der Psychoedukation auf und vertiefen die dort begonnenen Ansätze (Döpfner et al. 2013).
Grundlegende Voraussetzung für eine effektive Wissensvermittlung, Beratung und Zusammenarbeit mit dem Patienten, den Eltern oder anderen Bezugspersonen ist eine gute, tragfähige und vertrauensvolle Beziehung. Zunächst ist es daher wichtig, dass sich der Patient und seine Eltern angenommen und verstanden fühlen, nur dann sind sie für Informationen und weitere Schritte offen.

29.2 Adressaten für Psychoedukation

Psychoedukation kann im Rahmen einer allgemeinen Beratung (z. B. beim Haus-/Kinderarzt oder in einer Beratungsstelle), einer medikamentösen Therapie, einer Verhaltenstherapie oder einer multimodalen Therapie mit Eltern, Erzieher-/Lehrpersonal und dem Kind/Jugendlichen selbst durchgeführt werden. Sie sollte mit den Eltern immer durchgeführt werden; mit dem Kind sollte sie spätestens ab dem Schulalter in altersangemessener Form erfolgen. Erzieher oder Lehrer sollten immer dann in die Psychoedukation einbezogen werden, wenn im Kindergarten beziehungsweise in der Schule behandlungsbedürftige Auffälligkeiten auftreten (was bei ADHS in der Regel der Fall ist) und wenn das Einverständnis der Eltern (und des Jugendlichen) dazu vorliegt. Psychoedukation kann mit den Eltern allein, aber auch zusammen mit dem Kind stattfinden. Es hängt maßgeblich von dem Alter des Kindes und der Beziehung zwischen Kind und Eltern ab, ob ein gemeinsames Gespräch darüber sinnvoll erscheint.
Der Einbezug der Kinder in die Psychoedukation hat vor allem folgende Zwecke: Sie sollen ihre Schwierigkeiten besser verstehen lernen, sie sollen erkennen können, dass auch andere Kinder ähnliche Probleme haben und sie sollen erfahren, was getan werden kann, um ihnen bei der Lösung ihrer Probleme zu helfen. Kinderbücher, Kindergeschichten und kindgerechtes Informationsmaterial können bei der Vermittlung helfen. Besonders Jugendliche sollten maßgeblich in die Psychoedukation einbezogen werden, vor allem um damit die Therapiemotivation aufzubauen, die zu Beginn der Therapie in der Regel meist begrenzt ist. Nur wenn Jugendliche sich mit ihrer Meinung ernst genommen und informiert fühlen, werden sie einer möglichen Behandlung zustimmen und sich aktiv daran beteiligen.
Die Psychoedukation von Erzieher- und Lehrpersonal kann nur mit Einverständnis der Erziehungsberechtigten erfolgen und sollte auch erst nach Zustimmung des Kindes (ab Schulalter) und des Jugendlichen durchgeführt werden. Mit den Eltern und dem Kind/Jugendlichen sollte vorher besprochen werden, worüber der Lehrer oder die Erzieherin informiert wird. In der Regel reicht eine telefonische Psychoedukation der Erzieher oder Lehrer aus. Bei der Psychoedukation geht es in diesem Fall vor allem darum, für die Probleme des Kindes oder des Jugendlichen Verständnis zu erzeugen, darüber aufzuklären, dass das Kind bzw. der Jugendliche nicht diese Probleme zeigt, um die Lehrperson zu ärgern, und auch Möglichkeiten zu erörtern, wie die Bezugsperson den Schüler bei der Lösung der Schwierigkeiten unterstützen kann.
Psychoedukation kann über verschiedene Medien vermittelt werden. Am häufigsten wird Psychoedukation im Rahmen einer Einzelberatung durchgeführt; dieser Kontext wird auch im Folgenden ausführlicher besprochen. Psychoedukation kann aber auch im Kontext einer Gruppenberatung angeboten werden. Elterngruppen eignen sich besonders dazu, Störungsbilder, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten zu diskutieren und konkrete Hilfen zu erarbeiten. Die Eltern erfahren dabei die Unterstützung nicht nur des Therapeuten, sondern auch weiterer Betroffener, die häufig sehr wertvoll ist und den Eltern auch das Gefühl vermittelt, nicht alleine zu sein. Daneben kann Psychoedukation über Selbsthilfebücher (z. B. Döpfner und Schürmann 2017) und Ratgeber (z. B. Döpfner et al. 2019b) sowie Filme transportiert werden, die häufig auch in der Einzel- oder Gruppenberatung zusätzliche Anwendung finden. Das Internet bietet schließlich zusätzliche Möglichkeiten der Psychoedukation. So vermitteln beispielsweise die Webseiten des zentralen ADHS-Netzes wichtige Informationen zum Störungsbild und zum Umgang mit Patienten (www.zentrales-adhs-netz.de; www.adhs.info). Weitere Optionen bieten internet-basierte Elternschulungen und Elterntrainer, wie beispielsweise der ADHS-Elterntrainer (Döpfner und Schürmann 2017; www.adhs-elterntrainer.de; Schürmann und Döpfner 2018). In diesen internet-basierten Angeboten werden den Eltern Informationen zum Störungsbild interaktiv vermittelt und verhaltenstherapeutische Methoden zur Bewältigung von Problemen im Alltag mit einem Kind mit ADHS aufgezeigt.
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Abb. 29.1: Das KAP-Konzept der Psychoedukation

29.3 Durchführung der Psychoedukation

Psychoedukation erfolgt immer unmittelbar nach Abschluss der Diagnostik und sollte daher vor der möglichen weiteren Behandlung (z. B. mit Verhaltenstherapie oder Pharmakotherapie) stattfinden. Am Ende der Psychoedukation steht die gemeinsame Entscheidung mit Eltern und Kind bzw. Jugendlichen, welche weiteren Schritte erfolgen sollen. Dabei ist der Übergang von Psychoedukation zur spezifischen Verhaltenstherapie fließend.
Obwohl der Name es impliziert, ist Psychoedukation nicht ein einseitiger Vorgang der Informationsübertragung vom Therapeuten auf den Patienten oder seine Bezugspersonen, sondern ein interaktiver Prozess zwischen dem Therapeuten und dem Patienten bzw. seinen Bezugspersonen. Psychoedukation beinhaltet Konzepte der Patientenschulung und des Coachings, d. h. der Anleitung des Patienten und der Bezugspersonen zum Umgang mit der Problematik. Dabei rekurriert Psychoedukation im Wesentlichen auf verhaltenstherapeutische Konzepte. Das in Abbildung 29.1 dargestellte Vorgehen in drei Stufen hat sich als günstig und praktikabel erwiesen und lässt sich als KAP-Konzept einprägen.

Stufe 1: K – Konzeption der Problematik

Die erste Stufe des KAP-Konzeptes läuft in zwei Schritten ab:
1. Problemeinschätzung:Fragen Sie die Beteiligten nach deren Einschätzung der Problematik und ihrer Lösung.
Eine optimale Psychoedukation der Beteiligten muss an den Vorinformationen,...

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