Zweiter Teil.
I.
ANNE blieb nur noch zwei Tage in Uppercross, die sie ganz im Kreise der Familie Musgrove zubrachte, und sie hatte das erfreuende Bewußtsein, hier nicht nur als Gesellschafterin, sondern auch als Gehilfin bei allen jenen Einrichtungen für die Zukunft, welche den gebeugten Eltern schwer geworden sein müßten, nützlich zu werden.
Am nächsten Morgen kam Nachricht von Lyme. Louisas Zustand war noch unverändert, und es hatten sich keine bedenklicheren Erscheinungen gezeigt. Charles Musgrove kam einige Stunden nachher mit einer ausführlicheren Nachricht. Er war ziemlich aufgeräumt. Eine schnelle Heilung ließ sich freilich nicht hoffen, aber alles ging so gut, als es die Umstände erlaubten. Er sprach mit inniger Dankbarkeit von der Güte der Familie Harville, und besonders von der sorgfältigen Pflege, welche die Kranke von der Hausfrau erhielt. Mrs. Harville hatte Mary nichts mehr zu tun übrig gelassen, und Charles war mit seiner Frau früh ins Wirtshaus zurückgekehrt. Mary hatte wieder nervöse Anfälle gehabt, und Charles wünschte, sie hätte sich bewegen lassen, schon am vorigen Tage heimzukehren.
Der junge Musgrove wollte am selbigen Tage nach Lyme zurückreisen, und sein Vater würde ihn begleitet haben, wenn es die Frauen hätten zugeben wollen. Sie meinten, es würde dadurch für die andern nur mehr Unruhe und für ihn mehr Kummer entstehen. Man kam aber auf einen weit besseren Gedanken. Charles nahm die alte Amme mit, die alle Kinder aufgezogen, und auch den letzten, den kränkelnden, verzärtelten Henry, gepflegt hatte, bis er nach seinen Brüdern in die Schule kam, und die nun in der einsamen Kinderstube saß, wo sie Strümpfe flickte, und alle Beulen und Schrammen heilte, die sie in ihre Nähe bringen konnte. Sara fühlte sich glücklich, daß sie ihre liebe Louisa pflegen sollte. Mrs. Musgrove und Henrietta hatten zwar schon daran gedacht, die Alte nach Lyme zu schicken, aber ohne Anne würde es schwerlich so bald zum Entschluß und zur Ausführung gekommen sein.
Am nächsten Tage erhielt man durch Charles Hayter eine so ausführliche Nachricht von Louisa, als man alle vierundzwanzig Stunden erhalten wollte. Er hatte es sich angelegen sein lassen, nach Lyme zu gehen, und brachte gute Hoffnung mit. Die Kranke schien hellere Augenblicke der Besinnung zu haben. Alle Nachrichten stimmten darin überein, daß Wentworth in Lyme bleiben zu wollen schien.
Anne wollte am nächsten Tage abreisen. Alle fürchteten den Abschied. Wie sollte es werden ohne sie! Wie hätten sie sich selber einander trösten können! Man sprach so viel darüber, daß Anne nicht Besseres tun zu können glaubte, als daß sie bei allen die ihr bekannte geheime Neigung aufregte, und sie überredete, miteinander nach Lyme zu reisen. Es ward ihr nicht schwer. Der Entschluß wurde gefaßt, am folgenden Tage abzureisen, und in Lyme zu bleiben, bis Louisa imstande wäre, wieder aufzubrechen. Man mußte ja den guten Leuten, bei welchen die Kranke war, die Mühe erleichtern, man wollte der lieben Mrs. Harville wenigstens die Sorge für ihre eigenen Kinder abnehmen, und man war, mit einem Worte, so froh über den gefaßten Entschluß, daß Anne sich freute, denselben hervorgerufen zu haben. Sie glaubte ihren letzten Morgen in Uppercross nicht besser zubringen zu können, als wenn sie bei den Vorbereitungen zur Reise Beistand leistete, und alle zum frühen Aufbruche antrieb, obgleich sie dann einsam zurückbleiben mußte.
Sie war, die beiden Kinder ihrer Schwester ausgenommen, die Letze, sie war die Einzige, die von allen übrig blieb, welche kurz zuvor die beiden eng verbundenen Häuser in Uppercross belebt und erheitert hatten. In wenigen Tagen war alles so ganz anders geworden.
Genas Louisa, so ward alles wieder gut, und mehr Glück als vorher mußte folgen. Anne glaubte bestimmt vorauszusehen, was auf Louisas Genesung folgen werde. Noch wenige Monate, und das jetzt so einsame Zimmer, wo sie still und gedankenvoll saß, war wieder mit Glücklichen und Fröhlichen angefüllt, mit Menschen, die das Gefühl beglückter Liebe erwärmte und erheiterte, mit Menschen, welchen Anne Elliot so wenig glich.
Bei solchen Betrachtungen an einem trüben Novembertage, wo ein dichter Regen fast alle Gegenstände verdunkelte, die man aus dem Fenster sehen konnte, mußte es für Anne sehr willkommen sein, als sie den Wagen ihrer Freundin herbei rollen hörte. So gern sie aber auch abreiste, es ward ihr doch traurig ums Herz, als sie das Herrnhaus verließ, als sie einen Abschiedsblick auf die Wohnung ihrer Schwester warf, oder durch die trüben Wagenfenster die letzten Hütten des Dorfes erblickte. Sie hatte Ereignisse in Uppercross erlebt, die ihr den Ort teuer machten. Sie erinnerte sich vieler schmerzlichen Empfindungen, die sie einst tief bewegt hatten, nun aber besänftigt waren; sie erinnerte sich einiger Aufwallungen milderer Gefühle, einiger Regungen von Freundschaft und Versöhnung, die nie wieder erwartet werden, und nie aufhören konnten, teuer zu sein. Sie ließ alles zurück, nur nicht die Erinnerung.
Anne war nie in Kellynch gewesen, seit sie im September das Haus ihrer Freundin verlassen hatte. Es war nicht notwendig gewesen; und den wenigen Gelegenheiten, die zu einem Besuch im Hause ihres Vaters hätten führen können, wußte sie auszuweichen. Bei ihrer Rückkehr nahm sie sogleich wieder Besitz von ihrem alten Platz in dem schön eingerichteten Zimmer ihrer Freundin, und suchte sie zu erheitern.
Lady Russell verriet bei der freudigen Bewillkommung auch einige Bekümmernis. Sie wußte, wer häufig in Uppercross gewesen war. Anne aber hatte zum Glück entweder wirklich in ihrem Äußeren eine günstige Veränderung erfahren, oder Lady Russell bildete es sich ein, und als das Fräulein den Glückwunsch ihrer Freundin empfing, hatte sie in ihrem Innern die stille Freude, die schweigende Bewunderung ihres Vetters damit in Verbindung zu bringen, und die Hoffnung zu nähren, daß ein zweiter Frühling der Jugend und Schönheit sie beglücken sollte.
Als man eine Unterredung anknüpfte, zeigte sich bald, daß auch in Annes Gemüt eine Veränderung vorgegangen war. Die Angelegenheiten, wovon ihr Herz bei dem Abschied von Kellynch so voll gewesen war, und die im Kreise der Familie Musgrove in den Hintergrund ihrer Seele zurückgetreten waren, ja die sie selbst hatte zurückdrängen müssen, konnten jetzt nur eine schwächere Teilnahme in ihr erwecken. Sie hatte in der letzten Zeit selbst an ihren Vater, an ihre Schwester und an Bath nur wenig gedacht. Alles, was ihre Freunde in Uppercross anging, lag ihr nun näher, und als Lady Russell auf ihre gemeinschaftlichen früheren Hoffnungen und Besorgnisse zurückkam, als sie von der neuen häuslichen Einrichtung des Baronets in Bath sprach, und ihr Bedauern äußerte, daß Mrs. Clay noch immer Elizabeths Gesellschafterin war, würde Anne sich geschämt haben, wenn es sich verraten hätte, wie viel mehr sie an Lyme, an Louisa Musgrove und alle ihre dortigen Bekannten dachte, und wie viel anziehender die Heimat und Freundschaft der Familie Harville und Benwick’s für sie war, als ihres Vaters Haus in Bath, oder die freundschaftliche Verbindung ihrer Schwester mit Mrs. Clay. Sie mußte sich wirklich anstrengen, um vor ihrer Freundin eben so viel Teilnahme, als diese verriet, an Gegenständen zu zeigen, die den ersten Anspruch darauf hatten.
Es zeigte sich Anfangs ein etwas verlegenes Benehmen, als das Gespräch auf einen anderen Gegenstand kam. Man mußte von dem unglücklichen Vorfall in Lyme sprechen. Lady Russell hatte schon am vorigen Tage, gleich nach ihrer Ankunft, alles erfahren; aber die Sache mußte wieder besprochen werden; sie mußte manche Fragen tun, Louisas Unbesonnenheit bedauern, den Erfolg beklagen, und beide mußten Wentworths Namen erwähnen. Anne fühlte, daß sie es nicht so gut konnte wie Lady Russell. Sie konnte den Namen nicht nennen, und ihrer Freundin dabei gerade in die Augen sehen, bis sie das Mittel gebraucht hatte, ihr mit wenigen Worten zu sagen, was sie von dem zärtlichen Einverständnis zwischen ihm und Louisa dachte. Als dies geschehen war, machte ihr der Name keine Verlegenheit mehr.
Lady Russell hörte mit ruhiger Fassung zu, und wünschte dem Paare Glück; in ihrem Innersten aber war Unmut, und das vergnügte Gefühl, daß sie den Mann nicht mit Unrecht verachtet hatte, der in einem Alter von dreiundzwanzig Jahren den Wert einer Anne Elliot begriffen zu haben schien, aber acht Jahre später an einer Louisa Musgrove Gefallen finden konnte.
Die ersten drei bis vier Tage vergingen sehr ruhig, ohne ein merkwürdiges Ereignis, außer daß einige schriftliche Nachrichten von Lyme eintrafen, die ihren Weg zu Anne, sie wußte nicht wie, fanden, und ziemlich beruhigend von Louisas Zustand sprachen. Nach Verlauf jener Zeit aber fühlte Lady Russell lebhafter, welche Pflicht die Höflichkeit ihr auflegte, und sie sprach entscheidend aus, womit sie sich früher nur leise bedroht hatte. „Ich muß Mrs. Croft besuchen“, sprach sie, „ich darf es nicht länger aufschieben. Anne, haben Sie den Mut, mich zu begleiten und einen Besuch in jenem Hause zu machen? Es wird für uns beide eine Prüfung sein.“
Anne bebte vor dem Gedanken keineswegs zurück, und sie sprach ihr wahres Gefühl aus, als sie erwiderte: „Ich glaube, Sie werden mehr dabei leiden als ich. Ihre Gefühle haben sich weniger mit der Veränderung versöhnt, als die meinigen. Ich bin bei dem fortgesetzten Aufenthalt in dieser Gegend mehr an diesen Wechsel gewöhnt worden.“
Sie hätte mehr über den Gegenstand sagen können; denn sie hegte eine so hohe Meinung von der Familie Croft, sie schätzte ihren Vater so glücklich, einen solchen Mieter erhalten zu haben, sie fühlte, welches gute Beispiel die Kirchspielgemeine, und wie viel Teilnahme und Beistand die Armen gefunden hatten, daß sie, obgleich bekümmert und beschämt über die Notwendigkeit der Entfernung ihrer Angehörigen, doch in ihrem Innern sich gestehen mußte, es wären diejenigen fortgegangen, die nicht verdient hätten zu bleiben, und Kellynch wäre in besseren Händen. Diese Überzeugungen mußten allerdings etwas Peinliches und Herbes haben; aber sie wurde dadurch gegen den Schmerz bewahrt, den Lady Russell bei dem Eintritt in das befreundete Haus, in die wohlbekannten Zimmer, fühlen mußte.
In solchen Augenblicken konnte Anne nicht zu sich selber sagen: „Diese Zimmer sollten nur uns gehören! O wie ist alles so verändert! Unwürdige Veränderung! Ein altes Geschlecht vertrieben! Fremdlinge an seiner Stelle!“ Nein, dachte sie nicht an ihre Mutter, erinnerte sie sich nicht, wo diese gesessen, diese gewaltet hatte, so hob nie ein Seufzer jener Art ihre Brust.
Mrs. Croft behandelte sie immer mit einer Freundlichkeit, die in Annes Herzen die angenehme Hoffnung erweckte, die Gunst der wackeren Frau zu besitzen, und bei dem Besuch im Haus ihres Vaters wurde sie mit besonderer Aufmerksamkeit empfangen.
Der unglückliche Vorfall in Lyme war bald der vorherrschende Gesprächsstoff, und bei der Vergleichung der erhaltenen Nachrichten über die Kranke fand man, daß die Mitteilungen, welche Mrs. Croft und Anne empfangen hatten, sich von derselben Stunde des gestrigen Morgens herschrieben, daß Wentworth am vorigen Tage, zum erstenmal seit dem Unfall, nach Kellynch gekommen war, und die letzte Nachricht für Anne mitgebracht hatte, deren Spur sie nicht genau verfolgen konnte. Wentworth war nur wenige Stunden in Kellynch gewesen, und dann nach Lyme zurückgekehrt, wo er fürs Erste bleiben zu wollen schien. Sie erfuhr, daß er sich besonders nach ihr erkundigt, und die Hoffnung geäußert hatte, Miss Elliot würde sich durch die Anstrengungen, die nach seiner Schilderung sehr groß gewesen waren, nicht geschadet haben. Das war freundlich, und machte ihr mehr Freude, als irgend etwas hätte tun können.
Der Unfall selbst konnte von gesetzten, verständigen Frauen, deren Urteil sich auf ausgemachte Tatumstände stützte, nur aus einem Gesichtspunkte betrachtet werden, und alle waren darin einig, daß das Unglück die Folge einer großen Unbedachtsamkeit und Unvorsichtigkeit gewesen war, daß die Wirkungen sehr viel Besorgnis erregten, und daß Louisas Herstellung noch lange zweifelhaft sein, und die erlittene Verletzung leicht Nachwehen haben könnte.
Der Admiral faßte seine Gedanken zusammen, als er ausrief: „Ja, ein böser Handel, in der Tat! Das ist eine neue Art zu freien, wenn man seinem Liebchen den Kopf zerschmeißt. Nicht wahr, Miss Elliot? Das heißt, den Kopf zerschmeißen und ein Pflaster dazu geben.“
Des Admirals Benehmen war nicht ganz von der Art, woran Lady Russell hätte Gefallen finden können; Anne aber war entzückt darüber. Seine Gutmütigkeit und sein schlichter Sinn waren unwiderstehlich.
„Ja“, hob er wieder an, plötzlich aus kurzem Nachdenken erwachend: „es muß Ihnen recht unangenehm zumute dabei sein, daß Sie herkommen und uns hier finden. Ich habe mich vorher nicht darauf besonnen, aber sehr unangenehm muß es für Sie sein. Aber, machen Sie keine Umstände bei uns. Sehen Sie sich in allen Zimmern um, wenn es Ihnen gefällt.“
„Ein andermal, Admiral, jetzt nicht, wenn ich bitten darf.“
„Nun, wann Sie wollen. Sie können durchs Gebüsch ja zu jeder Zeit hereinkommen. Sie werden sehen, da hängen unsre Regenschirme neben der Türe. Ein guter Platz, nicht wahr? Aber –“ fiel er sich ins Wort – „Sie werden den Platz wohl nicht für gut halten; sonst waren ja die Regenschirme immer in des Kellermeisters Stube. Nun, so gehtʼs ja immer! Der eine machtʼs so, der andere so, aber jedermann hat seine Art am liebsten. Und so müssen Sie auch selber wissen, ob es besser für Sie sein wird, sich im Hause umzusehen, oder nicht.“
Anne lehnte den Vorschlag noch einmal freundlich ab.
„Wir haben hier wenige Veränderungen gemacht“, fuhr der Admiral nach einer Pause fort. „Sehr wenige! Von der Waschhaustüre haben wir Ihnen schon in Uppercross gesagt. Das ist eine große Verbesserung. Es ist zu verwundern, wie eine Familie in der Welt so lange die Unbequemlichkeit dulden konnte. Sagen Sie Ihrem Herrn Vater, was wir getan haben. Mr. Shepherd meint, das wäre wirklich die größte Verbesserung im Hause. Es ist wahr, die wenigen Veränderungen, die wir angebracht haben, sind alle Verbesserungen gewesen. Aber meiner Frau allein gehört das Verdienst. Ich habe nicht viel anders getan, als daß ich einige von den großen Spiegeln aus meinem Ankleidezimmer geschafft habe, das sonst ihr Herr Vater hatte. Ein recht guter Mann, und gewiß auch ein sehr gebildeter Mann; aber ich sollte meinen, Miss Elliot“, fuhr er mit der Miene eines ernsten Nachdenkens fort, „er müßte für sein Alter fast zu viel auf Putz halten. So viele Spiegel! Du lieber Himmel, man konnte seinen eigenen Anblick gar nicht loswerden. Sophie mußte mir hilfreiche Hand leisten, und so schafften wir alles auf die Seite. Nun bin ich recht niedlich eingerichtet; mein kleiner Barbierspiegel in einer Ecke, und noch ein großes Ding, dem ich nie zu nahe komme.“
Anne, die sich nicht erwehren konnte, diese Äußerungen belustigend zu finden, war um eine Antwort verlegen, und der Admiral, besorgt, er wäre nicht höflich genug gewesen, hob wieder an: „Wenn Sie wieder an ihren guten Vater schreiben, Miss Elliot, so bitte ich, mich und meine Frau zu empfehlen, und ihm zu sagen, daß es uns hier sehr wohl gefällt, und wir nichts auszusetzen haben. Im Frühstückzimmer raucht zwar der Kamin ein wenig, aber nur wenn der Wind gerade aus Norden kommt und stark geht, und das mag nicht dreimal im Winter der Fall sein. Ich habe die meisten Landhäuser hier in der Gegend gesehen, und kann darüber urteilen; aber keines gefällt mir besser. Schreiben Sie das doch, und meine besten Grüße dazu! Er wirdʼs gern hören.“
Lady Russell und die Gemahlin des Admirals fanden viel Gefallen aneinander; aber die Bekanntschaft, die sich mit diesem Besuche anknüpfte, sollte für jetzt nicht weiter gehen. Als der Admiral und seine Frau den Besuch erwiderten, kündigten sie an, daß sie auf einige Wochen verreisen wollten, um ihre Verwandten im nördlichen Teil der Grafschaft zu besuchen, und wahrscheinlich nicht zurückkommen würden, ehe Lady Russell nach Bath abgereist wäre.
So verschwand für Anne alle Gefahr, Wentworth im Schloß zu treffen, oder ihn in Gesellschaft ihrer Freundin zu sehen, und sie lächelte über die vielen ängstlichen Sorgen, die sie deshalb gehabt hatte.
II.
CHARLES MUSGROVE und Mary blieben zwar nach der Abreise der Eltern weit länger in Lyme, als es nach Annes Meinung nötig war, aber sie kamen auch zuerst wieder heim, und gleich nach ihrer Rückkehr machten sie einen Besuch bei Lady Russell. Louisa war bei der Abreise des jungen Paares imstande gewesen, aus dem Bette zu sein; sie hatte zwar volles Bewußtsein, aber ihr Kopf war sehr schwach, ihre Nerven waren äußerst empfindlich, und obgleich es im Ganzen gut mit ihr ging, so ließ sich doch unmöglich bestimmen, wann es möglich sein werde, sie nach Hause zu schaffen, und ihre Eltern, die bald heimkehren mußten, um ihre jüngeren Kinder zu den Weihnachtfeiertagen zu empfangen, durften kaum hoffen, daß es ihnen vergönnt sein werde, die Kranke mitzunehmen.
Alle hatten eine Wohnung gemietet. Mrs. Musgrove behielt die Kinder der Mrs. Harville fast immer bei sich; man ließ aus Uppercross alles herbeischaffen, wodurch der Familie Harville die Last erleichtert werden konnte, und von beiden Seiten zeigte sich ein Wetteifer von Uneigennützigkeit und Gastfreundschaft.
Mary hatte an ihrem alten Übel gelitten; im Ganzen aber verriet ihre lange Abwesenheit, daß sie mehr Freude als Leid gehabt hatte. Charles Hayter war häufiger in Lyme gewesen, als es ihr angenehm war. Wenn sie bei der...