
- 484 Seiten
- German
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eBook - ePub
Über dieses Buch
Kampf um Jerusalem ist die Geschichte der Zerstörung Jerusalems und des Tempels durch den babyloni-schen König Nebukadnezzar II. 586 v.Chr., der den Juden nicht nur das Land nahm, sondern – weit schlimmer – ihren Gott! Über den unbändig sich widerstreitenden Kräften schwebt der tiefe, religiöse Glaube des jüdischen Volkes, doch auch dessen Verworfenheit und Abtrünnigkeit vom Gott Israels. Die unermüdlich warnende Stimme des Propheten Jeremias ist unüberhörbar und wirkt weit über die prophezeite Katastrophe hinaus, die ins 2. jüdische Exil in Babylon (586-536 v.Chr.) führt.
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Information
1
Niemand, der das Gebiet des einstigen Babylonien heute auf der Landkarte betrachtet, könnte vermuten, dass jene heissen und öden Wüsteneien, durch die der Euphrat und der Tigris fliesst, einmal die Wiege einer reichen und mächtigen Kultur gewesen waren. Sie legte den Grundstein zur Astronomie, trug wesentliches zum Fortschritt der Medizin bei, begründete die Philologie, schuf die ersten Gesetzestafeln der Menschheitsgeschichte, lehrte die Griechen des Altertums die Anfänge der Mathematik, Physik und Philosophie (ex oriente lux!) und machte das jüdische Volk mit den mythologischen Vorstellungen vertraut.
Es fällt nicht schwer, wenn man vor dem still dahin fliessenden Euphrat und dem trägen Tigris ein wenig meditiert, in ihnen die grandiosen lebenspendenden Flüsse zu erkennen, die am Anfang der Geschichte Sumer und Akkad bewässerten und zweieinhalb Jahrtausende später die ›Hängenden Gärten‹ von Babylon nährten. Wie der here Nil im benachbarten Ägypten der Sonnensöhne von Ra, schaffen die unerschöpflichen Wasser aus den syrischen Bergen für Hunderte von Kilometern den wichtigsten Binnenhandelsweg in Mesopotamien; sie überfluten im Frühling das Tiefland und erwecken den fruchtbaren Ackergrund alljährlich zu neuem Leben.
Der Regen ist auf die Wintermonate beschränkt. Von Mai bis November herrscht Trockenheit und gleissende Hitze, die alles Leben zu ersticken droht. Der Norden wäre wohl ebenso trocken wie der Süden, würden die Ströme nicht zeitweilig über die Ufer treten. Die segenspendenden Gewässer und die mühselige Arbeit vieler Generationen machen aus Sumer und Akkad ein ertragreiches Assyrien und Babylonien.
König Sumu-Abum (1830-1817 v.Chr.) wählt das vorher unbedeutende Bab-ili (akkadisch: Tor Gottes) zu seiner Residenz am Euphrat und begründet die 1. Dynastie von Babylon (1830-1530 v.Chr.). Sie dehnt sich rasch und machtvoll aus, vor allem unter dem 6. König Hammurabi (1728-1686 v.Chr.). Dieser steigt zur glänzendsten Herrschergestalt des Altertums auf und macht Babylon zur führenden Weltmacht des Vorderen Orients. Die glorreichen Siege über den Elamiten Rimsin von Larsa (1698 v.Chr.) und König Zimrilim von Mari, dessen Stadt Hammurabi mitsamt dem riesigen Palast gnadenlos zerstört und für immer einebnet, geben ihm Sumer sowie das mittlere und nördliche Mesopotamien einschliesslich Assurs in die Hand. Hammurabi gestaltet das ausgedehnte Gebiet zu einem zentralistisch regierten Machtsstaat, über den sich eine durch Verschmelzung sumerisch-akkadisch-semitischen Erbguts entstandene einheitliche babylonische Kultur ausbreitet.1
Erst König Nebukadnezzar II. (605-562 v.Chr.), den Jeremias 4.7. als ›Völkerwürger‹ bezeichnet, soll nach den grausamen assyrischen Herrschaften von Tiglatpileser III., Sargon II., Sanherib, Asharhaddon und Assurbanipal, Hammurabis Macht und Glanz wieder erreichen. Unter Nebukadnezzars Regierung erblüht Babylon als die erste und grösste Stadt in Handel und Verkehr in der gesamten damaligen Welt. Rund 1 Million Menschen leben innerhalb der 90 Kilometer langen Umfassungsmauer! Sie ist so breit, dass ein Viergespann bequem darauf fahren kann. Weder das ägyptische Theben noch das syrische Damaskus, das judäische Jerusalem oder die phönizischen Handelsstädte Sidon, Tyros, Byblos, Beruta am Mittelmeer erreichen während ihrer Jahrhunderte alten Geschichte einen solchen Glanz.
Ja, Babylon handelt hinter seinen Mauern, lebt, geniesst und baut – baut riesige Dämme und verzwickte Bewässerungsanlagen. Babylon pulst vor Energie, ist erfüllt von lärmendem Leben und bis zum Rand gesättigt von Rausch und Lastern, grausamer Gewalt und geheimnisvollen Mysterien heidnischer Erotik.
Ja, Babylon ist mit seiner Überbevölkerung, den symetrisch angelegten Strassen, von denen tausend Gassen wie ein Netz die Häuser umspannen und der grossen vom Ischtar-Tor zum herrlichen Marduk-Tempel führenden Prozessionsstrasse, eine laute und gefährliche Metropole. Nachts kann man kaum schlafen, so lärmend und hell von Fackelschein erleuchtet ist die Stadt. Schwere Tontöpfe und mächtige Stoffballen schauckeln Tag und Nacht auf hochrädrigen Fuhrwerken. Wagen und Esel sind mit Salz, Fischen, Getreide, Öl und kühlem Wein beladen. Sklaven schleppen Fässer, Kisten, Säcke, Amphoren und balancieren alle möglichen Lasten auf dem Kopf. Karrenräder rumpeln auf dem Asphalt. Lasttierhufe suchen Halt auf dem von tausend Füssen glitschig abgescheuerten Steinboden. Melancholisch dreinblickende Esel und traurig brüllende Auerochsen ziehen gebrannte Lehmziegel, ja ganze Säulentrommeln, auf überladenen Karren daher und bringen alle Leute in Gefahr. Eine Achse bricht. Eine Ladung fällt. Sie überschüttet die Passanten. Wüste Flüche von Fuhrwerkern, Treibern, Verletzten ertönen. Wer findet die Glieder, wer die Gebeine, wer des Steuereintreibers Leiche?, fragt der Besonnene. Eine Stange trifft den Kopf. Der Strassenkot setzt sich an den Sandalen fest. Ein kupferner Nagel bohrt sich schmerzhaft in die Zehe. Ton und Glas zersplittern im Fall des Unachtsamen. Ein leckes Gefäss fliegt durch eine Türe auf die Strasse. Frauen zanken sich um Waren. Männer trinken Bier und werden sich über den Preis nicht einig. Kinder schreien. Markthändler brüllen. Ja, das ist Babylon! Aufgeladen mit vibrierender Energie und pulsierendem Leben!
Babylon bringt die Gesunden um die Gesundheit, die Kranken um ihr Leben. Die Mietwohnungspreise sind reiner Wucher, die Zimmer klein und dunkel. Überall herrscht übler Geruch von Kot und Abfall in den Gassen. Die Kanalisation ist chronisch überlastet und verstopft. Die Märkte quellen von feinduftenden Gewürzen über. In den Schenken bieten Dirnen ihre Reize gegen ein Spottgeld feil. Und ewig rollen draussen die Wagen. Karawanen aus der ganzen Welt versammeln sich vor den Stadttoren. Eine lärmende Viehherde steht manchmal mitten auf der Strasse. Der Verkehr schliesst sie ein, und sie behindert den ohnehin zähen Fluss des Gedränges. Nervenaufreibende Staus sind die Folge. Oft geht es über Stunden weder vor- noch rückwärts.
Die Reichen aber schweben hoch über dem Durcheinander in komfortablen Sänften, von stämmigen Sklaven getragen. Wächter ruten den Weg frei. Die vornehmen Herrschaften liegen auf prunkenden Ruhebetten oder sitzen in Tragstühlen unter bunt verzierten Baldachinen. Sie lassen es sich wohl sein, dösen, essen oder trinken, lesen, oder sie schreiben mit spitzen Holzgriffeln auf weiche Lehmtafeln. Die adligen Damen und hochgeborenen Herren lassen sich unbekümmert auf vier, sechs oder gar acht menschlichen Schultern durch Babylon an die Orte ihres Befehls transportieren. Kaufleute, die protzen wollen, lassen lässig einen Arm aus der Sänfte heraushängen, um mit ihren goldenen und silbernen Armreifen zu imponieren.
Besonders gefährlich wird das fürchterliche Treiben, wenn Feuer ausbricht. In Babylon müssen von Brandstiftern und wegen Unachtsamkeiten immer Brände befürchtet werden, vor allem nachts! Schnell raucht es im dritten Stock einer Mietskaserne. Eifrig schleppen die Bewohner den Hausrat weg. Bis die Flammen gelöscht sind, ist meistens schon die ganze Etage ausgebrannt. Die Betroffenen preisen Marduk, wenn die Feuer nicht auf die Nachbarhäuser übergreifen, die einstürzenden Ziegelmauern keinen verschütten und in der ausbrechenden Panik niemand zu Tode kommt.
Oh Babylon, du bist so unberechenbar, wüst und unmoralisch! Die Armenviertel sind stets überbevölkert, laut und ausnahmslos übelriechend. Hier wird gehandelt, betrogen und Diebesgut verschachert. Die lästigen Fliegen werden mit den Nahrungsmitteln gleich mitgeliefert. Hier sitzen Tag und Nacht junge Mädchen vor Fackeln und Lampen auf hohen Stühlen vor rege besuchten Freudenhäusern. Manche sind noch Kinder, nicht älter als zehn, zwölf Jahre. Sie verführen das männliche Auge in aufreizender Pose und zeigen die Schönheit unter durchsichtigen, luftigen Gewändern. Viele sind gar nackt und tragen nur üppigen Schmuck um die Schultern und breite Lendengürtel. Bronzene Arm- und Fussspangen leiten den lüsternen Blick des Freiers zu den intimsten Stellen. Unmerklich gleitet der schlanke Fuss von der umschlungenen Fessel. Plötzlich öffnen sich wohlgeformte Schenkel, spreizen sich Knie, um zu verführen. Da streicht ein erotischer Finger erregend über die füllige Brust, oder eine liebeshungrige Zunge befeuchtet den roten Mund.
Es gibt wüste Bierstuben und Weinschenken. Berauschendes Getränk findet krugweise den Weg in durstige Kehlen. Es wird mit leichten Mädchen getanzt und freizügig der Liebe gefrönt. Hier herrscht die Geschlechtskrankheit. Es ist der Ort, wo Diebe, Betrüger, Mörder und Vaganten wohnen. Bösartige Intrigen und grausige Mordtaten werden da geschmiedet. Es ist der Stadtteil Babylons, wo die Sklaven die Einkäufe für ihre Herren und Gebieterinnen besorgen. Hunderte Läden reihen sich in den Gassen aneinander: Trödler, Leinenweber, Schmiede, Perückenmacher, Barbiere, Töpfer, Lebensmittelgeschäfte. Und immer griffbereit ist die Peitsche. Sie ist blutgefärbt.
Die vornehmen und reichen Babylonier tätigen die Geschäfte im nördlichen Stadtteil, unweit des prunkenden Lustpalastes und der Hängenden Gärten des grossen Königs Nebukadnezzar II., des Löwen von Babylon und Völkerwürgers. Hier bietet das goldreiche Babylon seine Schätze an: Edelsklaven, die im Freien auf drehbaren Scheiben und in Schaubuden ausgestellt werden, Elfenbeinschmuck und Schildpatt, Kristallpokale, kunstvoll gearbeitete Gold-, Silber- und Bronzegefässe, goldgefasste Topase, wertvolles Ohrgehänge, kostbares Geschmeide, ziselierte Arm- und Fussspangen und glitzernde Edelsteine. Hier flanieren die feinen Damen und Herren der Weltstadt. Und unter Palmen benachbarter Gebäude flüstern Verliebte zu leiser Musik von Leier und Flöte.
Weitherzig bist du, oh Babylon, gastlich und freigiebig, alle Fremden und alles Fremde mit offenen Armen empfangend: ägyptischen Geist, assyrische Kunst, phönizische Handelstüchtigkeit und arabischen Stolz. Auf der breiten Prozessionsstrasse, auf weitläufigen Terrassen, Mauerzinnen und schattenspendenden Dachgärten gehen sie spazieren: Ägypter aus Theben, Meder aus Susa, schöne Frauen aus Syrien, tüchtige Männer aus Kilikien, Kaufleute aus Karthago und Athen und viele Handelsherren aus fernen Ländern wie Indien, Arabien und Schwarzafrika. Das Auge sieht an keinem anderen Ort der Welt so unterschiedliche Menschen. Das Ohr hört nirgends so fremdartige Sprachen wie hier. Die Einwohner sagen, wie die Römer fünf Jahrhunderte später, dass alle Wege in ihre Hauptstadt führen. Sie sei schlichtweg der Nabel der Welt! Die Leute Babylons versichern hoch und heilig beim obersten Stadtgott Marduk, dass ihr Land nicht wie Ägypten am Rand der Erde liege. Es gäbe im Osten und im Westen, im Norden und im Süden jenseits der Berge und der Meere andere mächtige, unbekannte Reiche. Von dort kämen zuweilen bewaffnete Karawanen mit seltsamen Waren und Stoffen und zerbrechlichen Gefässen nach Babylon. Ja, es gibt sogar Händler mit Schlitzaugen und gelben Gesichtern, und die Gesichter wären keineswegs gefärbt! Diese fremden Kaufleute verkaufen Stoffe, die so dünn, fein und luftig und so glatt wie königliches Leinen sind. Sie schillern im Sonnenlicht gleich reinstem Perlmutter in den schönsten Regenbogenfarben: Es ist die göttliche Seide.
Genusssüchtig bist du, Babylon, triebhaft und zügellos, immer ungestillt in deinen uferlosen Leidenschaften! Wer zählt die zehntausend Leckerbissen, die durch den Magen wandern? Schwarze Diener tragen in den reichen Häusern Spargel, Lamm, Vögel, Salate und saftige Früchte auf üppig dekorierten Silberplatten auf. Edler Fisch schmort wohlriechend im besten Öl. Fein gewürztes Fleisch erfreut die Nase und den Gaumen. Köstliches Bier und süffiger Wein perlen erquicklich in den Bechern. Süsse Leckereien zergehen genüsslich auf der Zunge. Hübsche Musikerinnen rasseln, trommeln, flöten, schlagen behänd die Saiten. Das Auge schwelgt an spärlich gekleideten Tanzmädchen. Unermüdlich und flink huschen Sklavinnen und Sklaven durch schattige Lauben und um kühle Wasserbecken. Sie sorgen wortlos für volle Becher und Trinkschalen und verteilen den Gästen freigiebig ein höfliches Lächeln.
Prunksüchtig, strahlend, liederlich und leichtsinnig bist du, Babylon, oft fratzenhaft, hochmütig und unbarmherzig! Du zwingst die Sklaven überhart zu arbeiten, in Gruben und in Pechhütten zu schuften, bei Getreide- und Dattelernten, in Lehmfabriken den Ziegelstein zu formen, zu brennen und in riesige Baustellen zu schleppen und aufzuschichten. Kommt endlich die erlösende Nacht von der pausenlosen Plackerei unter Peitsche und Rute der strengen Aufseher und von der Bruthitze, so lässt du sie in Zwingern gleich den Tieren schmachten. So wie Auerochsen an den Schöpfstellen unermüdlich im Kreise gehen, müssen junge Sklavenmädchen ständig die Kornmühlen drehen. Wird eines weggerufen, dann geschieht das nicht, um es von der monotonen Arbeit etwas verschnaufen zu lassen, sondern um der Liebe Lust zu frönen. Sind sie im Haushalt widerspenstig, so tanzt die Gerte der Herrin unbarmherzig auf dem Rücken.
Psekesch, die Ärmste! Sie ist eine der bedauernswerten Sklavinnen im zarten Alter von dreizehn Jahren. Sie wird von einem schwerreichen babylonischen Kaufherrn für die Kosmetik und den Haarputz seiner fürchterlich launischen Gattin gehalten. Das Mädchen muss mit nacktem Oberkörper gleich den Lustknaben der Herrin arbeiten. Gerät eine Locke zu hoch, wird Psekesch mit herben Stockschlägen bestraft. Kleine, unschuldige Psekesch! Eine Nadel gleitet aus dem Lockengebäude der Stolzen und fällt zu Boden. Sie bemerkt es im Spiegel, fährt zornig auf und peitscht das Sklavenmädchen, bis es verstummt. Noch bevor die Leiche weggebracht wird, ergibt sich die Herrin der Liebe mit einem Lustknaben. Sklaven sind Eigentum. Sie können wie eine Ware gekauft, verkauft, verschenkt, gehalten werden. Kein Gesetz verbietet, einen Ungehorsamen, Faulen, Nachlässigen zu schlagen oder sogar zu töten.
Oh Babylon, Babylon, du blutdurstiges Babylon! Du sparst an keinem Tropfen Blut und schonst kein Menschenleben. Assyrisch vererbte Grausamkeit? Die Ehebrecherin wird mitsamt dem Geliebten im Euphrat ertränkt, wenn es der Gatte nicht vorzieht, sie nackt, mit einer Lehmtafel um den Hals, auf dem Marktplatz an den Prangerpfahl zu stellen. Ein Mörder, der seine Unschuld nicht beweisen kann, hängt sehr schnell kopfüber an der Palastmauer gegen das Armenviertel gerichtet. Er muss dort elend verdursten. Seine Leiche wird bis zur Austrocknung und Verwesung ausgestellt – zur Abschreckung vor aller Augen! Oder er wird ›gebootet‹, das heisst, er wird in eine Kiste oder mannshohe Vase gesteckt. Nur der Kopf schaut oben heraus. Die Leute müssen ihn füttern und tränken, bis er von den Würmern des eigenen Kots zersetzt und angefressen wird. Es ist die drakonischste Strafe, die einen Schwerverbrecher treffen kann. Der Vollzug ersteckt sich manchmal über zwei, drei Monate. Erst dann erlöst der Tod den Gequälten von den grausamen Schmerzen. Deine Gesetze sind unerbittlich hart, du glänzender Hort Babylon!
Die babylonischen Frauen sind viel freier als die Mederinnen, Phönizierinnen, Jüdinnen oder Araberinnen. Sie werden nicht so orientalisch abgeschlossen gehalten. Sie trinken Wein und Bier wie die Männer. Sie dürfen beim Gastmahl oder an Feierlichkeiten teilnehmen und beim Essen wie die Männer auf Ruhebetten liegen. Sie müssen nicht sitzen und werden niemals ausgeschlossen. Sie dürfen ausgehen, Läden, Freunde, Verwand...
Inhaltsverzeichnis
- Historisch-biblische Persönlichkeiten
- Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1
- Kapitel 2
- Kapitel 3
- Kapitel 4
- Kapitel 5
- Kapitel 6
- Kapitel 7
- Kapitel 8
- Kapitel 9
- Kapitel 10
- Kapitel 11
- Kapitel 12
- Anhang
- Impressum