Hegels objektive Vernunft
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Hegels objektive Vernunft

Kritik der Versöhnung

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Hegels objektive Vernunft

Kritik der Versöhnung

Über dieses Buch

Hegel erhebt den Anspruch, in seiner Konzeption der Vernunft subjektives Denken und soziale Wirklichkeit versöhnt zu haben. Kritische Theorie weist diesen Anspruch ab, knüpft jedoch an den Begriff der objektiven Vernunft an, um ihm eine nicht-metaphysische Form zu geben. In dieser Perspektive prüft Schiller zentrale Begriffe von Hegels Logik und seiner Rechtsphilosophie auf ihre Aktualität und verfolgt die kritische Transformation des Begriffs objektiver Vernunft bei Marx und Adorno. Obwohl Hegel die politischen Kompromissgebilde seiner Zeit zum Abbild der ewigen Vernunft verklärte, gelangen ihm tiefe Einblicke in die Widersprüche der modernen Welt, die auch heute noch verstörend und erhellend sind.

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1. Kapitel

Hüllenlose Wahrheit.
Logik und Metaphysik

1. Objektive Gedanken
Vernunft ist zunächst Denken überhaupt. Denken vollzieht sich im Zusammenhang von Begriffen, geistigen Repräsentationen der Gegenstände, die von deren sinnlicher Gegenwart unabhängig sind. Die selbstbewusste Vernunft reflektiert die Form der Begriffe, die in bestimmter Allgemeinheit besteht. Praktische Gestalt der bestimmten Allgemeinheit sind Regeln des Sprechens und Handelns, an die sie sich jedes Mitglied einer Gruppe, von der Horde bis zur Menschheit, in einer bestimmten Situation zu halten hat. Ihre elaborierteste Form gibt sich die selbstbewusste Vernunft in der Philosophie. Sie bedenkt die allgemeinsten und insofern ersten Begriffe, die sich nicht auf andere zurückführen lassen: die ἀρχαί (archai) oder Prinzipien (Anfänge), die als Grundgerüst des Denkens Kategorien (Denkformen) genannt werden können.
Die These, dass Vernunft objektiv (gegenständlich) sei, meint, dass die allgemeinsten Begriffe des menschlichen Denkens, wie die Zahlen, die Kategorien oder die obersten Ideen (das Eine, das Gute, der Zweck) das Wesen der Dinge selbst nicht nur bezeichnen, sondern geradezu sind. Die ersten Philosophen wie Heraklit oder Anaxagoras haben diese Grundgedanken so ausgedrückt, dass der λόγος (logos/der Begriff) alles ordnet oder der νοῦς (nous/die Vernunft) alles beherrscht. Dies ist, avant la lettre, die These der Metaphysik. Sie befindet sich von Anfang an in einer Zweideutigkeit gegenüber dem Alltagsdenken. Philosophie kritisiert das alltägliche Bewußtsein, weil es in seiner Weigerung, auf die Form des Begriffs zu reflektieren, sich in den Subjektivismus versteift, und grenzt sich so gegen das Denken der »Vielen« ab. »Daher hat man sich dem Allgemeinen anzuschließen – d. h. dem Gemeinschaftlichen, denn der gemeinschaftliche Logos ist allgemein; ungeachtet der Tatsache aber, daß der Logos allgemein ist, leben die Leute [οἱ πολλοί/die Vielen] so, als ob sie über eine private Einsicht verfügten.«1 Eine besondere Form des Subjektivismus, die sich in der beginnenden Moderne auch intellektuell artikuliert hat, besteht in der Berufung auf die innere Offenbarung, die Intuition oder das Gefühl. Hegel hat ihr in der Vorrede der Phänomenologie Bescheid gegeben: Wer »sich auf das Gefühl, sein inwendiges Orakel, beruft,« ist »gegen den, der nicht übereinstimmt, fertig; er muß erklären, daß er dem nichts weiter zu sagen habe, der nicht dasselbe in sich finde und fühle; – mit anderen Worten, er tritt die Wurzel der Humanität mit Füßen.«2 Die Form des Philosophierens ist mithin das Argument, in dem der Andere als vernünftiges Wesen anerkannt wird.
Durch die Kritik des Subjektivismus kann die Philosophie ein aristokratisches Ansehen erhalten. Andererseits zwingt die Behauptung der Allgemeinheit dazu, den Logos auch in dem kritisierten Bewusstsein vorauszusetzen und aufzuweisen. »Mit dem sie [die Vielen/HES] am meisten ununterbrochen verkehren – dem Logos, der das All verwaltet – von dem sondern sie sich ab, und was ihnen jeden Tag begegnet, kommt ihnen fremd vor.«3 Weil alle mit dem Logos umgehen, muss das Selbstbewusstsein der Vernunft auch allen zugänglich sein. »Es ist zu bemerken«, sagt Hegel in einer Quelle, die uns nur noch durch seinen ersten Biographen Rosenkranz übermittelt ist, »dass die Philosophie als Wissenschaft der Vernunft durch die allgemeine Weise ihres Seins eben ihrer Natur nach für alle ist.«4 Daraus folgt keine Akkommodation an den Bewusstseinsstand des Publikums, wohl aber die Pflicht, an die unmittelbaren Formen des Bewusstseins anzuknüpfen, um über sie hinauszugelangen. Dies beansprucht Hegel in seiner Phänomenologie getan zu haben.
Der Bogen von den ersten Philosophen zu Hegel ist weit gespannt, aber er entspricht dem Selbstverständnis des absoluten Idealismus. Hegels Wissenschaft der Logik will als Logik zugleich Metaphysik sein. Sie hat es mit Gedanken zu tun, etwas Subjektivem, in welchen ein denkendes Subjekt tätig ist. Aber diese Gedanken sollen – in Übereinstimmung mit der traditionellen Metaphysik – zugleich »objektiv« in dem Sinn sein, dass sie nicht nur allgemein gültig, sondern auch gegenständlich, die Gegenstände selbst in ihrem inneren Wesen sind.
»Die Gedanken können nach diesen Bestimmungen objektive Gedanken genannt werden, worunter auch die Formen, die zunächst in der gewöhnlichen Logik betrachtet und nur für Formen des bewußten Denkens genommen zu werden pflegen, zu rechnen sind. Die Logik fällt daher mit der Metaphysik zusammen, der Wissenschaft der Dinge in Gedanken gefaßt, welche dafür galten, die Wesenheiten der Dinge auszudrücken.«5
2. Vernunft, Verstand, Wirklichkeit
Philosophie ist »Ergründen des Vernünftigen«.6 Dabei unterscheidet Hegel – wie Kant und wie schon Platons Liniengleichnis aus dem 6. Buch der Politeia – zwischen Verstand und Vernunft.7 Der Verstand, bei Kant das Vermögen der Begriffe, trennt die Bestimmungen und fixiert die Begriffe, die einander äußerlich und abstrakt, d. h. »abgezogen« bleiben. Vernunft, bei Kant die Fähigkeit zum Schließen und zur Bildung von Totalitätsbegriffen, den Ideen, ist für Hegel zweifach bestimmt: als das negativ Dialektische, das die festen Gegensätze des Verstandes auflöst, indem sie ihre gegenseitige Angewiesenheit und Identität erweist, und als das positiv Dialektische oder Spekulative, das in der Einheit der Beziehung ein positives Resultat erkennt, eine bestimmte Negation.8
Auch für den hegelschen Vernunftbegriff ist das Schließen und die Idee konstitutiv. Im Schluss bestimmt sich der Begriff selbst, er verwirklicht sich; »die wirksame Vernunft« ist »der sich bestimmende und realisierende Begriff selbst«.9 Die Verwirklichung als Prozessform der Vernunft ist, im Unterschied zum Terminus Idee, ein aristotelisches Erbe. Idee aber heißt das Ganze der Verwirklichung.
Die Idee »kann als die Vernunft (dies ist die eigentliche philosophische Bedeutung für Vernunft), ferner als Subjekt-Objekt, als die Einheit des Ideellen und Reellen, des Endlichen und Unendlichen, der Seele und des Leibs, als die Möglichkeit, die ihre Wirklichkeit an ihr selbst hat, als das, dessen Natur nur als existierend begriffen werden kann usf., gefaßt werden, weil in ihr alle Verhältnisse des Verstandes, aber in ihrer unendlichen Rückkehr und Identität in sich enthalten sind.«10
Die Vernunft verhält sich zum Verstand auf vernünftige, nicht auf verständige Weise: sie schließt ihn nicht aus, bleibt ihm nicht äußerlich, sondern erkennt sein Recht an und enthält seine Trennungen und Abstraktionen: »zum Philosophieren gehört vor allen Dingen, daß ein jeder Gedanke in seiner vollen Präzision aufgefaßt wird und daß man es nicht bei Vagem und Unbestimmtem bewenden läßt.«11 In der Logik sind die Verstandesbegriffe v. a. im mittleren Teil, der Wesenslogik, thematisch. Die hier behandelten Begriffe von Identität und Widerspruch, Grund und Begründetem, Form und Materie, Existenz und Wirklichkeit, Möglichkeit und Notwendigkeit, Substanz und Akzidenz, Ursache und Wirkung gehören...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorrede
  6. 1. Kapitel: Hüllenlose Wahrheit. Logik und Metaphysik
  7. 2. Kapitel: Abbild der ewigen Vernunft. Staat und Gesellschaft
  8. 3. Kapitel: Marx und Adorno: objektive Vernunft in kritischer Theorie
  9. Literaturverzeichnis
  10. Über den Autor
  11. Weitere Bücher