DAS SPOTIFY FRAMEWORK
Wenn ich hier unter dem Titel “Spotify Framework” schreibe, so darf das nicht so verstanden werden, dass die nachfolgende Darstellung die Ist-Situation in der Firma mit dem Namen “Spotify” darstellen würde, sondern es handelt sich primär um die Situation, welche im Jahr 2012 von Henrik Kniberg dargestellt und in späteren Publikationen ergänzt und erweitert wurde. Es handelt sich also bestenfalls um eine Darstellung eines möglichen, frühen Schrittes einer Firma, welche zu besagtem Zeitpunkt etwa 600 Mitarbeiter zählte und im wesentlichen als erfolgreiches StartUp-Unternehmen wahrgenommen werden kann, während wir heute von einer arrivierten Firma mit mehr als dem siebenfachen Personalbestand und entsprechend veränderten Strukturen handelt. Die Prozesse, Strukturen und Vorgehensweisen haben sich verändert und müssen dies zweifellos auch. Einerseits, weil die Rahmenbedingungen (Firmengröße, Markt, Technologie etc.) sich verändert hat, andererseits weil es sich eben um ein agiles Framework handelt wofür kontinuierliche Anpassung und Optimierung sozusagen die Existenzgrundlage darstellt.
Der Spotify-Ansatz basiert hauptsächlich auf der Erfahrung, dass der zentrale Erfolgsfaktor für jede Form von Projekt- oder Produktentwicklung stets im Team, seiner Zusammenarbeit und seiner Bereitschaft und Fähigkeit liegt, sich einzubringen und sich das Vorhaben zu eigen zu machen. So erstaunt es nicht, dass das, was wir oft als Spotify Modell oder Framework ansprechen im Wesentlichen eine Organisations- und Zusammenarbeitsform für das Team ist. Dabei ist es von untergeordneter Bedeutung ob ein Team - in Spotify würden wir von einer Squad sprechen - seine Arbeit nach Scrum, Kanban oder einer anderen agilen Vorgehensweise organisiert. Ja, es ist sogar so, dass Squads welche gemeinsam an einem Produkt arbeiten und Teil eines Tribes sind, durchaus - basierend auf ihren Fähigkeiten, Kenntnissen und der Art der Aufgabe mit unterschiedlichen Frameworks oder auch Mischungen davon zusammenarbeiten können.
Squad
Die Squad ist die Basis-Einheit für die Entwicklung von Produkten. Mit 5-9 Mitarbeitern, wobei Grössen bis maximal sieben Personen vorzuziehen sind, weil über dieser Schwelle die Effizienz durch den wachsenden Kommunikationsbedarf im Durchschnitt mehr Aufwand erfordert, als die zusätzlichen Personen die Produktivität erhöhen, entspricht eine Squad in der Größe in etwa der eines Scrum-Teams. Squads haben eine Vision, ein längerfristiges Ziel, auf welches sie sich mit ihrer Arbeit zu bewegen. Dabei sind sie in der Wahl welche Aspekte sie angehen, wie sie Dinge umsetzen und zusammenarbeiten autonom. Dazu ist gute, zielführende Kommunikation ausschlaggebend.
Kommunikationsbedarf und Personenzahl
Anders als in einer streng hierarchisch geführten Struktur, wo die Abstimmung und Kommunikation im Wesentlichen auf eine Person oder Rolle ausgerichtet ist, welche Arbeitsanweisungen gibt und Arbeitsresultate und Statusberichte entgegennimmt, besteht in einem selbstverantwortlichen, selbstorganisierten Team ein erheblich höherer Kommunikationsbedarf zwischen den einzelnen Mitgliedern des Teams. Sie müssen sich regelmäßig abstimmen, um Arbeiten zu koordinieren oder bei Problemen eingreifen zu können.
Wenn wir von einem Team mit 3 Personen ausgehen, so ist die Zahl der Kommunikationswege noch sehr übersichtlich: A kommuniziert mit B, A kommuniziert mit C und B kommuniziert mit C. Es gibt also drei Kommunikationswege. Kommt nun eine einzige Person “D” hinzu, so verdoppelt sich die Anzahl bereits, denn A, B und C kommunizieren jeweils zusätzlich mit “D”. Wir haben also sechs Kommunikationswege. Bei einem Team von 8 Personen sind wir dann bereits bei 28 Kommunikationswegen und bei 9 Personen sind es 45. Die Allgemeine Formel lautet:
Anzahl Kommunikationswege = n * (n-1) / 2 [Wobei “n” die Anzahl der Personen darstellt]
Neben der Herausforderung an die Kommunikation bei zu großen Squads spielt zweifellos auch die Tatsache eine Rolle, dass die Übersichtliche Teamgröße es erlaubt, wie ein Startup zu agieren. Die Zusammenarbeit kann sehr informell geschehen und das Team kann einfach selbst über die Art der Umsetzung entscheiden und schnell auf neue Erkenntnisse und Ereignisse reagieren. Es soll sich ein Team-Spirit entwickeln. Dies vereinfacht die Kommunikation zusätzlich und unterstützt die gemeinsame Ausrichtung auf ein Ziel. Entsprechend sollte auf Wechsel in der Squad und auch temporäre Zuordnungen weitgehend verzichtet werden, da diese stets eine Störung und Performance-Einbusse mit sich bringt. Bruce Tuckman, ein US-amerikanischer Psychologe, entwickelte 1965 ein Phasenmodell für die Teamentwicklung.
Tuckmans Phasenmodell für die Teamentwicklung
“Das Modell von Tuckman beschreibt vier aufeinander folgende Entwicklungsschritte für Gruppen (Forming, Storming, Norming und Performing). Im Jahr 1977 wurde das Modell um eine fünfte Phase (Adjourning) ergänzt.
Forming – die Einstiegs- und Findungsphase (Kontakt)
Die erste Phase ist durch Unsicherheit und Verwirrung gekennzeichnet. Es geht zunächst darum, dass die Teammitglieder sich miteinander bekannt machen und ihre Zugehörigkeit zur Gruppe absichern. Erste Ziele und Regeln werden definiert und die Gruppe wendet sich langsam der Aufgabe zu, doch die Beziehungen der Teammitglieder untereinander sind noch unklar.
Storming – die Auseinandersetzungs- und Streitphase (Konflikt)
In der zweiten Phase, dem Storming, kommt es häufig zu Unstimmigkeiten über Prioritätensetzungen wenn die Teammitglieder verschiedene Ziele verfolgen. Es kommt zu Machtkämpfen um die Führungsrolle und den Status in der Gruppe, dadurch entstehen Spannungen zwischen den Teammitgliedern. Die Beziehungen sind eher konfliktbeladen im schlimmsten Fall sogar feindselig, doch es erfolgen erste Abstimmungen über die Arbeitsorganisation. In dieser Phase ist die Leistung der Gruppe eher gering.
Norming – die Regelungs- und Übereinkommensphase (Kontrakt)
In der Phase des Norming werden Normen und Regeln diskutiert oder durch stillschweigende Übereinkunft gefunden und eingehalten. Die Teammitglieder haben ihre Rollen gefunden und es wird verstärkt kooperiert. Die Beziehungen sind harmonischer, die gegenseitige Akzeptanz steigt und das Team wendet sich verstärkt seiner Aufgabe zu.
Performing – die Arbeits- und Leistungsphase (Kooperation)
In der Phase Performing pendelt sich die Leistung der Teammitglieder auf einer gleichbleibenden Ebene ein. Das Team handelt geschlossen und orientiert sich an dem gemeinsamen Ziel. Es herrscht eine Atmosphäre von Anerkennung, Akzeptanz und Wertschätzung. Die Teammitglieder arbeiten erfolgreich zusammen. Rollen können durchaus flexibel zwischen Personen wechseln. Das Team geht offen miteinander um, kooperiert und hilft sich gegenseitig. Aus diesem Grund läuft die Aufgabenbearbeitung erfolgreich.
Adjourning – die Auflösungsphase
Die fünfte Phase, Adjourning, wurde durch Tuckman im Jahr 1977 in das Phasenmodell ergänzt. Nicht für alle Teams ist die fünfte Phase relevant.”2
Die in manchen Teams praktizierte Vorgehensweise, dass bei Sprintende häufig Teammitglieder ausgewechselt werden, weil im nächsten Sprint womöglich andere Fähigkeiten benötigt werden, oder dass zusätzliche Team-Mitglie...