ERSTE SITZUNG
Über die Lehre der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, ursprünglich gehalten vor einer Klasse der Ältesten in Kirtland, Ohio.
1. Da Glauben der erste Grundsatz2 der offenbarten Religion und die Grundlage aller Rechtschaffenheit ist, hat er selbstverständlich Anspruch auf den ersten Platz in einer Reihe von Vorlesungen, die den Zweck haben, die Lehre Jesu Christi zu entfalten.
2. Bei der Behandlung des Themas „Glauben“ wollen wir die folgende Reihenfolge einhalten:
3. Erstens: Der Glaube selbst – was ist er?
4. Zweitens: Worauf beruht der Glaube?
5. Drittens: Was bewirkt der Glaube?
6. In Übereinstimmung mit dieser Reihenfolge müssen wir zunächst aufzeigen, was Glaube ist.
7. Der Autor des Hebräerbriefes gibt uns im ersten Vers des elften Kapitels dieses Briefes folgende Definition des Wortes „Glaube“:
8. „Glaube aber ist: Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugt sein von Dingen, die man nicht sieht.“
9. Daraus lernen wir, dass Glaube die Überzeugung ist, die Menschen von Dingen haben, die sie nicht gesehen haben. Die Überzeugung ist der Beweggrund des Handelns bei allen intelligenten Wesen.
10. Wenn die Menschen sich gründlich selbst betrachteten und ihre Gedanken und Überlegungen auf die Vorgänge in ihrem Gemüt richteten, so würden sie leicht entdecken, dass Glaube, und nur Glaube, der Beweggrund für alle Aktivität in ihnen ist; ohne ihn würden sowohl Geist wie Körper in einem Zustand der Untätigkeit verharren und alle ihre Anstrengungen, sowohl physischer wie geistiger Art würden aufhören.
11. Wenn alle Teilnehmer ihren Blick in die Vergangenheit richteten und über die Geschichte ihres Lebens, vom Zeitpunkt ihrer frühesten Erinnerungen an, nachdächten und sich fragten, was sie letztlich zu Taten angespornt hat oder was ihnen die Energie und Wirksamkeit in all ihren Unternehmungen, Aufgaben und ihrem Streben gab, wie würde die Antwort lauten? Wäre es nicht die Zuversicht, die sie von der Existenz von Dingen hatten, die sie noch nicht gesehen hatten? War es nicht die Hoffnung, die sie als Folge Ihres Glaubens an die Existenz ungesehener Dinge besaßen, die sie zu Taten und Anstrengungen herausforderte, um diese Dinge zu erlangen? Sind Sie nicht bei dem Erwerb von aller Kenntnis, Weisheit und Intelligenz von Ihrem Glauben oder Ihrer Zuversicht abhängig? Würden Sie sich anstrengen, Weisheit und Intelligenz zu erlangen, wenn Sie nicht daran glaubten, dass diese möglich ist? Hätten sie jemals etwas gesät, wenn Sie nicht zuvor geglaubt hätten, dass Sie auch ernten würden? Hätten Sie jemals etwas gepflanzt, wenn Sie nicht geglaubt hätten, dass es Ihnen Furcht bringen würde? Hätten Sie jemals gesucht, ohne den Glauben, dass Sie finden könnten? Oder hätten Sie jemals angeklopft ohne den Glauben, das Ihnen aufgetan würde? Mit einem Wort: Gibt es irgendetwas, sei es physischer oder geistiger Art, das Sie getan haben, ohne vorher etwas zu glauben? Hängen nicht alle Ihre Bemühungen, in welchem Bereich auch immer, von Ihrem Glauben ab? Können wir nicht die Frage stellen, was Sie denn haben oder besitzen, das Sie nicht kraft ihres Glaubens erlangt hätten? Ihre Nahrung, Ihre Kleidung, Ihre Wohnung, stehen sie Ihnen nicht aufgrund Ihres Glaubens zur Verfügung? Denken Sie darüber nach und fragen Sie sich, ob es nicht so ist! Richten Sie Ihre Gedanken auf Ihr Inneres und sehen Sie selbst, ob Glaube nicht der Beweggrund3 für all Ihr Handeln ist; und wenn dieser der Beweggrund bei Ihnen ist, ist er es dann nicht auch bei allen intelligenten Wesen?
12. Und so wie Glaube der Beweggrund allen Handelns in zeitlichen Belangen ist, so ist er es auch in geistigen Dingen; denn unser Retter hat sehr richtig gesagt: „Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet!“ (Markus 16:16)
13. Genauso, wie wir durch Glauben alle unseren zeitlichen Segnungen bekommen, empfangen wir durch Glauben alle geistigen Segnungen, deren wir teilhaftig werden. Aber Glaube ist nicht nur die Grundlage4 allen Handelns, sondern auch der Macht bei allen intelligenten Wesen, sei es im Himmel oder auf Erden. So sagt auch der Verfasser des Hebräerbriefes (Kap 11:3):
14. „Durch Glauben – verstehen wir – wurden die Welten durch Gottes Wort geformt, so dass die sichtbaren Dinge nicht aus dem gemacht sind, was in Erscheinung tritt.“5
15. Hieraus entnehmen wir, das die Grundlage der Macht, die in Gott vorhanden war und wodurch die Welten geformt wurden, Glaube war. Aufgrund dieses Prinzips der Macht, wie es in der Gottheit vorhanden war, haben alle geschaffenen Dinge ihr Dasein, so dass alle erschaffenden Dinge im Himmel, auf der Erde oder unter der Erde ihr Dasein aufgrund des Glaubens haben, wie er in IHM bestand.
16. Ohne den Grundsatz des Glaubens wären die Welten nie geformt, noch wäre der Mensch aus dem Staube gebildet worden. Es ist der Grundsatz, durch den Jehovah wirkt und durch den ER über zeitliche wie auch ewige Dinge Macht ausübt. Nehmet diesen Grundsatz oder diesen Wesenszug – denn es ist eine Wesenszug – aus der Gottheit fort, und sie würde aufhören zu bestehen.
17. Er kann nicht sehen, dass, wenn Gott die Welten durch Glauben formte, Er auch durch Glauben Macht über sie ausübt und dass ‚Glaube somit die Grundlage der Macht ist. Und wenn er die Grundlage der Macht ist, muss er es beim Menschen ebenso wie bei der Gottheit sein. Dies ist das Zeugnis aller Verfasser heiliger Schriften und die Lehre, die sie bestrebt waren, den Menschen zu vermitteln.
18. Unser Retter sagt (Mt. 17:19,20), als er erklärt, warum die Jünger den Teufel nicht austreiben konnten, dass dies an ihrem Unglauben lag: „Amen, das sage ich euch: Wenn euer Glaube auch nur so groß ist wie ein Senfkorn, dann werdet ihr zu diesem Berg sagen: Rück von hier nach dort, und er wird wegrücken. Nichts wird euch unmöglich sein.“
19. Als Moroni die Platten seiner Vorfahren zusammenstellte und abkürzte, gab er uns folgende Berichte über Glauben als Grundlage der Macht. Er sagt, dass es der Glaube Almas und Amuleks war, der die Wände des Gefängnisses zum Einsturz brachte (Alma 14: 16-28); es war der Glaube Nephis und Lehis, der einen Wandel in den Herzen der Lamaniten bewirkte, als sie mit heiligem Geist und Feuer getauft wurden (Hel. Kap. 5); und es geschah durch Glauben, dass der Berg Zerin fortgerückt wurden, als der Bruder Jareds im Namen des Herrn sprach (Ether 12:30).
20. Zusätzlich wird uns im Hebräer 11:32-35 gesagt, dass Gideon, Barak, Samson, Jephtah, David, Samuel und die Propheten durch Glauben Königreiche besiegt, Gerechtigkeit geübt, Verheißungen erlangt, Löwen den Rachen gestopft und Feuersglut gelöscht haben, dass sie scharfen Schwertern entgangen sind, dass sie stark geworden sind, als sie schwach waren, dass sie im Krieg zu Helden geworden sind und feindliche Heere in die Flucht geschlagen haben und dass Frauen ihre Toten durch Auferstehung zurückerhielten usw.
21. Auch Josua befahl in Gegenwart ganz Israels der Sonne und dem Mond, still zu stehen, und des geschah so (Jos. 10:12,13).
22. Die Verfasser der heiligen Schriften teilen uns also mit, dass alle diese Dinge durch Glauben getan wurden. Durch Glauben wurden die Welten geformt. Gott sprach, das Chaos hörte darauf und Welten ordneten sich kraft des Glaubens, der in Ihm wohnte. So ist es auch beim Menschen; er sprach voller Glauben im Namen Gottes, und die Sonne stand still, der Mond gehorchte, Berge wurden versetzt, Gefängnisse fielen zusammen, Löwenrachen wurden geschlossen, das menschliche Herz verlor seine Feinseligkeit, Feuer sein Ungestüm, Armeen ihre Macht, das Schwert seinen Schrecken und der Tod seine Herrschaft; und all dies wegen des Glaubens, der in ihm war.
23. Ohne den Glauben, der in diesen Menschen war, hätten sie vergeblich zur Sonne, dem Mond, dem Berg, dem Gefängnis, dem menschlichen Herzen, dem Feuer, den Armeen, dem Schwert oder dem Tod gesprochen.!
24. Glaube ist also der erste regierende Grundsatz, der Macht, Herrschaft und Gewalt über alle Dinge hat; durch ihn haben sie ihr Dasein, durch ihn werden sie erhalten, durch ihn verändern sie sich oder durch ihn bleiben sei, dem Willen Gottes gemäß. Ohne Glauben gibt es keine Macht, und ohne Macht könnte es keine Schöpfung und kein Dasein geben.
Fragen und Antworten
Was ist Theologie?
Sie ist die offenbarte Wissenschaft, die vom Sein und vom Wesen Gottes handelt, von Seinem Verhältnis zu uns, Seinen vorausschauenden Fügungen, Seinem Willen im Hinblick auf unser Verhalten und den letzten Zielen, die er mit uns verfolgt. (Buck’s Theologisches Wörterbuch, S. 582)
Was ist der erste Grundsatz in dieser offenbarten Wissenschaft?
Der Glaube (vgl. 1:1).
Warum ist der Glaube der erste Grundsatz in dieser offenbarten Wissenschaft?
Weil er die Grundlage aller Rechtschaffenheit ist.
Hebr. 11:6: „Ohne Glauben aber ist es unmöglich, Gott zu gefallen;…“
1. Joh. 3:7: „Meine Kinder, lasst euch von niemand in die Irre führen! Wer die Gerechtigkeit tut, ist gerecht, wie Er (Gott) gerecht ist.“
Welche Reihenfolge bietet sich für die Darlegung des Themas „Glaube“ an?
Erstens sollte aufgezeigt werden, was Glaube ist (vgl. 1:3), zweitens worauf er beruht (vgl. 1:4) und drittens, was er bewirkt (vgl. 1.5).
Was ist Glaube?
Es ist die Gewissheit von dem, was man erhofft, die Überzeugung von Dingen, die man nicht gesehen hat (Hebr. 11:1); das heißt, es ist die Gewissheit, die wir von der Existenz ungesehener Dinge haben. Und da er die Überzeugung von Dingen ist, die wir nicht gesehen haben, muss er die Grundlage des Handelns bei allen intelligenten Wesen sein. Hebr. 11:3: „Durch Glauben – verstehen wir – werden die Welten durch Gottes Wort geformt. …“6
(Vgl. 1:8,9)
Wie kann man beweisen, dass Glaube die Grundlage des Handelns bei allen intelligenten Wesen ist?
Erstens durch richtige Beobachtung der Vorgänge im eigenen Innern und zweitens durch Aussagen der Schrift.
Hebr. 11:8: „Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruh, wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte; und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde“.
Hebr. 11:9: „Aufgrund des Glaubens hielt er sich als Fremder im verheißenen Land wie in einem fremden Land auf und wohnte mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung, in Zelten …“
Hebr. 11:27: „Aufgrund des Glaubens verließ er (Moses) Ägypten ohne Furcht vor dem Zorn des Königs; er hielt standhaft aus, als sähe er den Unsichtbaren.“
(Vgl. 1:10,11)
Ist Glaube nicht bei geistigen Dingen genauso die Grundlage des Handelns wie bei zeitlichen Dingen?
Ja.
Wie kann man dies beweisen?
Hebr. 11:6: „Ohne Glauben aber ist es unmöglich, (Gott) zu gefallen; …“
Mk. 16:16: „Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; …“
Röm 4:16: „Deshalb gilt ‚aus Glauben’, damit auch gilt: ‚aus Gnade’. Nur so bleibt die Verheißung für alle Nachkommen gültig, nicht nur für die, welche das Gesetz haben, sondern auch für die, welche wie Abraham den Glauben haben.“7
(Vgl. 1:12,13)
Ist Glaube noch etwas anderes als die Gru...