Student und Demokratie
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Das politische Potenzial deutscher Studierender in Geschichte und Gegenwart

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Student und Demokratie

Das politische Potenzial deutscher Studierender in Geschichte und Gegenwart

Über dieses Buch

Studierende gelten als eine soziale Gruppe, die zu kritischen und rebellischen Haltungen neigt – dies legt zumindest ein Blick in die jüngere deutsche Geschichte nahe. Doch trifft dieser Eindruck von potenziell aktivistischen Studierenden auch tatsächlich zu oder handelt es sich dabei eher um einen lieb gewonnenen Mythos? Julian Schenke geht dieser Frage nach und sucht nach Anhaltspunkten für besondere Potenziale politischer Aktivität unter deutschen Studierenden. Dabei bewegt er sich in der interdisziplinären Schnittmenge von Geschichts- und Politikwissenschaft und liefert eindrucksvolle Ergebnisse für die Demokratieforschung aus Geschichte und Gegenwart.

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II.Jungakademischer Mentalitätswandel
Aspektzentrierter historischer Längsschnitt und empirische Studien


Der historische Rückblick schafft zunächst Differenzierungen, Komplikationen, Irritationen. Immer wieder – und bis heute – haben Studierende Proteste organisiert; meist waren diese lokal begrenzt und verfolgten hochschul- oder sozialpolitische Absichten. Bisweilen gingen aus ihren Reihen Trägernetzwerke größerer, überregional und bis in nichtstudentische Milieus hineinreichende Bewegungen hervor. Jahrhundertelang waren Studierende in festen subkulturellen Strukturen organisiert und sind als artikulationsstarkes wie organisationskräftiges Kollektivsubjekt aufgetreten, haben insbesondere zu Zeiten von Vormärz1 und Kaiserreich gesamtgesellschaftlich politischen Einfluss geltend gemacht, ja waren die politisch radikaleren und tatorientierteren Avantgardisten ihres Elternmilieus, des Bildungsbürgertums. Sie sind Antizipatoren und Katalysatoren emanzipativer, (revolutionär-)demokratischer und sozialistischer Impulse, aber auch nicht minder engagierten nationalchauvinistisch-antidemokratischen, militaristischen, schließlich völkischen Furors – salopp: links- wie rechtspolitisiert – gewesen. Nicht nur, aber vor allem in den zurückliegenden Jahrzehnten folgten auf die starken Politisierungsphasen häufig mehrheitliche politische Apathie und studentische Individualisierung. Zu fast keinem Zeitpunkt zwar bildeten Studierende eine politisch homogene Gruppe, auch wenn sie lange protestantisch-bildungsbürgerlich und männlich dominiert gewesen sind. Stets aber haben die Klassen- bzw. Schichtensituation und die damit verbundenen Bildungs- und Berufschancen hierbei eine elementare Rolle gespielt.
Die jüngere und jüngste Geschichte der deutschen Studierendenschaft bietet also ein Kaleidoskop unterschiedlichster Facetten zur Frage nach politischem Potenzial und – womöglich zunächst als Realisierung dieses Potenzials aufzufassender – politischer Bewegung. Folgende Aspekte sollen die Beschäftigung mit den historischen Zusammenhängen strukturieren: Erstens sind konfliktbehaftete „harte“, d. h. soziale und institutionelle Faktoren wie der Wandel der sozialen Rekrutierung von Studierenden, das erstaunliche Wachstum der Studierendenzahlen und der Gestaltwandel der Universität,2 die das Selbstverständnis studierender Menschen und ihrer Lebenschancen radikal verändert haben, zu untersuchen. Zweitens fällt das Phänomen von oppositionellen Studentenbewegungen auf, die in außergewöhnlichen Perioden breiter Politisierung der Studierendenschaft (z. T. auch der Bevölkerung), auftreten, die eine zumindest temporäre exzeptionelle politische Aktionsfähigkeit bezeugen, und die wahrscheinlich konstitutiv für das kulturell überlieferte Stereotyp des politischen Studenten sind. Drittens schließlich ist die für empirische politische Kulturforschung ganz wesentliche Entwicklung der politischen Einstellungsmuster und der politischen Praxispotenziale, kurz: der politischen Mentalität oder auch politischen Kultur3 der Studierendenschaft zu entwirren, wie sie seit Mitte des 20. Jahrhunderts dokumentiert worden ist. Das Ziel dieses Abschnitts ist es, den einleitend aufgestellten Vorbegriff des politischen Potenzials von Studierenden mit gesellschaftshistorischem Kontextwissen zu füllen und ggf. zu modifizieren, die Notwendigkeit einer qualitativen Deutungsmusteranalyse nachträglich historisch-empirisch zu begründen, deduktive Kategorien für den Fokusgruppenleitfaden zu gewinnen, und die Interpretationsarbeit am Interviewmaterial zu stützen. Das Verhältnis Studierender zur Demokratie als teils ersehnter, teils bekämpfter, jedenfalls moderner politischer Herrschaftsform ist daher von durchgängigem Interesse.
Die Herausforderung liegt also darin, die genannten Aspekte im Parforce-Ritt durch zweihundert Jahre deutscher Gesellschaftsgeschichte in ihren wesentlichen Grundzügen zu rekonstruieren, ohne die Darstellung zu überfrachten. Selektionen, Fortlassungen, Verdichtungen und Simplifizierungen sind daher unvermeidlich, auch muss die gewissermaßen interdisziplinäre Darstellung – sie berührt Themen der Politikwissenschaft, der politischen Soziologie und der Geschichtswissenschaft – sich weitestgehend auf die Fülle der verfügbaren wissenschaftlichen Sekundärliteratur verlassen.4 Die Aufdeckung der historischen Längsschnittfaktoren von Aspekten politischen Potenzials der deutschen Studierenden verlangt nicht nach einer lückenlosen Nacherzählung sämtlicher Entwicklungslinien, sondern nach einer Rekonstruktion des bestimmten Unterschieds, einer „Anamnesis der Genese“.5 Der Vorzug des raffenden Längsschnitts liegt dabei darin, über die erdrückende Komplexität historischer Ereignisse und Kausalketten hinweg spezifische Teilaspekte aus der Vogelperspektive6 zu untersuchen, entscheidende Entwicklungslinien und Wandlungsprozesse zu identifizieren, und diese schließlich sozialgeschichtlich wie begriffsgeschichtlich diachron7 in Bezug zueinander zu setzen.8 Ein auch unter manchen Historiographen beliebter,9 zum Prosaischen neigender und glättender Stil zwischen dem Gestus des „Buchhalters“ und dem des „Schriftstellers“10 ist dabei beabsichtigt, wenn auch zum Preis von Einbußen in der Präzision der historischen Faktenlage.
Einige für die folgende Darstellung besonders tragende Referenzen seien vorab herausgegriffen: Als chronologisches Gerüst der Einzeldarstellungen unverzichtbar sind die komprimierten Überblicksdarstellungen Deutsche Studenten 1800-197011 von Konrad H. Jarausch, Vom Burschenschafter bis zum Sponti12 von Uwe Schlicht und Freiheit schreibt auf eure Fahnen13 von Werner Klose. Aber auch jenseits dieser Werke wären dem hier verfolgten Vorhaben wesentliche Grundzüge der Sozialgeschichte der Gebildeten in Deutschland verborgen geblieben, hätte es nicht auf die umfänglichen, instruktiven und kundigen Darstellungen zum Thema „Bildungsbürgertum“ zurückgreifen können, die sich in verschiedenen Bänden aus dem Umfeld des „Bielefelder Sonderforschungsbereichs zur Geschichte des Bürgertums“ bzw. zur modernisierungstheoretisch inspirierten14 „Sozialgeschichte des neuzeitlichen Bürgertums“15 finden. Selbstverständlich entbindet die hohe Qualität dieser angeführten Kernreferenzen nicht von der Heranziehung weiterer Überblicksdarstellungen zum Bürgertum im 19. Jahrhundert16, aber auch konkurrierender und neuerer Darstellungen zu historischen Erscheinungsformen studentischer Subkultur.17 Für die Kapitel II.1 und II.3 (also für die Aspekte der sozialen Rekrutierung und der Evolution der politischen Einstellungsmuster von Studierenden) spielen dann quantitative Daten eine tragende Rolle, die seit den frühen 1950er Jahren und insbesondere seit den 1980er Jahren im Rahmen unterschiedlicher Studien und Surveys engmaschig erhoben wurden. Sie gestatten eine nahezu nahtlose Rekonstruktion der Zusammenhänge bis zur Gegenwart. Gemeint sind die beiden führenden Langzeitstudien, die vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), zuvor Hochschul-Informations-System HIS eG, seit 1951 durchgeführte Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW) und der seit 1982/83 unter der Leitung der AG Hochschulforschung18 der Universität Konstanz veranstaltete Studierendensurvey „Studiensituation und studentische Orientie...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Dank
  6. I. Einleitung
  7. II. Jungakademischer Mentalitätswandel Aspektzentrierter historischer Längsschnitt und empirische Studien
  8. III. Auswertung der Fokusgruppenstudie
  9. IV. Formbares Bildungspathos? Ein Fazit
  10. V. Literaturverzeichnis
  11. V. Abbildungsverzeichnis