Achtung Steinschlag!
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Asteroiden und Meteoriten: Tödliche Gefahr und Wiege des Lebens

  1. 208 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Achtung Steinschlag!

Asteroiden und Meteoriten: Tödliche Gefahr und Wiege des Lebens

Über dieses Buch

Hunderttausende Asteroiden schwirren durchs Sonnensystem – und manche kommen unserem Planeten ziemlich nahe: 17.000 Gesteinsbrocken sind bekannt, deren Bahnen an die Erde heranführen, und ständig werden neue entdeckt. Die kosmischen Besucher sind faszinierende Forschungsobjekte, die vom Beginn des Sonnensystems berichten. Fallweise aber donnert ein Meteorit zerstörerischer als eine Atombombe auf die Erde. Und es wird wieder passieren – vielleicht sogar ein Massensterben auslösen wie zur Zeit der Dinosaurier. Asteroiden haben die Erde schon oft getroffen, wovon fast 200 Meteoritenkrater auf dem Planeten zeugen. Dieses Buch beantwortet anhand neuester Forschung die wichtigsten Fragen über Meteoriten und Krater: Was sind Meteoriten, und woraus bestehen sie? Kann man Einschläge vorhersehen und abwehren? Wie entsteht ein Krater? Wo kann man eine Kirche aus Impaktgestein besichtigen? Und warum gibt es in Kratern Erdöl und Diamanten?

Häufig gestellte Fragen

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DAS VERSTECKSPIEL DER KRATER

Können wirklich gigantische Felsbrocken aus dem All die Erde treffen und kilometergroße Löcher reißen? Lange zweifelten die Experten vehement daran. Doch dann opferte ein Mann sein Leben der Erforschung eines Meteoriteneinschlages.

Daniel Moreau Barringer war ein echter Pechvogel. Der amerikanische Jurist, Mineningenieur und Unternehmer, geboren 1860, war buchstäblich besessen von der Idee, dass mächtige Körper aus dem All bisweilen die Erde treffen und dabei unauslöschliche Spuren hinterlassen: gewaltige Krater, in denen die Überreste eines mit unserem Planeten kollidierten Meteoriten begraben liegen. Drei Jahrzehnte seines Lebens widmete Barringer der Untersuchung eines solchen Kraters – in der unerschütterlichen Zuversicht, darin Belege für einen Meteoriteneinschlag aufzuspüren. Barringer sollte die triumphale Bestätigung seiner Überzeugung nicht mehr erleben, die zum ersten Beweis führte, dass die Erde voller Relikte extraterrestrischer Bombardements ist.
Die Geschichte begann Jahrzehnte, bevor Barringer die Bühne des Geschehens betrat. Im Jahr 1871 stießen Kartographen der amerikanischen Armee auf eine unerklärliche Bodenformation im Coconino County in Arizona, 60 Kilometer östlich von Flagstaff. Vor den Augen der Kundschafter erstreckte sich inmitten einer rotbraunen Steinwüste ein beinahe kreisrundes Loch, rund 1.200 Meter im Durchmesser, 180 Meter tief. Umgeben war die riesige Senke von einem bis zu 60 Meter hohen Wall aus Gestein. Worum mochte es sich hier wohl handeln? Die Männer hatten nicht die geringste Ahnung.
Eineinhalb Jahrzehnte später fand ein Schäfer in der Gegend nahe des Canyon Diablo einen Haufen Metallstücke und dachte, er habe Silber entdeckt. Ein Experte bekam das rätselhafte Metall ebenfalls zu Gesicht: der versierte Mineralienhändler Albert E. Foote aus Philadelphia, der 137 dieser Objekte einsammelte und genauer unter die Lupe nahm. Foote stellte fest, dass er offensichtlich Eisenmeteoriten in Händen hielt. Die Schlussfolgerung war keineswegs abwegig: Denn zu dieser Zeit war die Tatsache, dass immer wieder Steine aus dem Weltraum auf die Erde fallen, längst akzeptiert. Allerdings zählte es nicht zum etablierten Stand des Wissens, dass Meteoriten ausgedehnte und noch heute sichtbare Krater hinterlassen. Im Gegenteil: Das schien damals noch hochgradig unwahrscheinlich.
Im Jahr 1902 erfuhr Barringer von den Meteoritenfunden. Er war augenblicklich elektrisiert und sicherte sich die Schürfrechte in der Region, ohne überhaupt je vor Ort gewesen zu sein. Sein Interesse war vorwiegend ökonomischer Natur: Er hoffte auf abertausende Tonnen Eisen und Nickel, die er dort abbauen könnte. Und er träumte von einem Millionen-Dollar-Gewinn.
Zunächst galt es, den vermutlich unter dem Kraterboden vergrabenen Meteoriten freizulegen. Barringer war überzeugt, dass sich ein herabgestürzter Himmelskörper tief in den Grund gebohrt hatte und dort gigantische Massen an Metall verschüttet sein müssten. Er konnte nicht ahnen, welche physikalischen und chemischen Prozesse bei einem Einschlag tatsächlich ablaufen. So ließ er sich voller Energie auf ein tragisches Abenteuer ein, das ihn letztlich das Leben kostete – und zugleich den Auftakt zur modernen Kraterforschung bildete.

Die Gelehrten und die Wunder des Kosmos

Zu dieser Zeit hatte die Wissenschaft schon einiges über Meteoriten und deren Herkunft gelernt. Es gab Augenzeugenberichte über herabfallende Steine aus früheren Jahrhunderten, und es gab die zunehmend präziseren Erklärungen für diese Phänomene von Forschern wie Ernst Florens Chladni. Außerdem hatten Gelehrte die Kenntnisse über den Kosmos nach und nach beträchtlich erweitert. Die Erfindung des Fernrohrs machte es zum Beispiel möglich, die Beschaffenheit fremder Himmelskörper zu studieren. So richtete Galileo Galilei sein Teleskop in die Nacht und bemerkte schon 1609, dass die Mondoberfläche über und über von Kratern bedeckt ist. Bloß verfügte man über keine plausible Erklärung, wie diese Krater zustande gekommen sein mochten. Bald setzte sich die Annahme durch, dass Vulkane die Narben im Gestein verursacht hatten.
Noch viel früher hatten aufmerksame Beobachter herausgefunden, dass nicht nur Planeten ihre Bahnen übers Firmament ziehen, sondern auch seltsame Objekte, die einen leuchtenden Schweif besitzen. Bereits der römische Philosoph Seneca verfasste um 60 nach Christus eine Abhandlung mit dem Titel „De Cometis“. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gelangen dem dänischen Astronomen Tycho Brahe wichtige Kometenstudien, und gut 100 Jahre später erkannte Edmond Halley, dass sich Kometen auf Ellipsenbahnen bewegen und in bestimmten berechenbaren Intervallen wiederkehren. Die Wiege der Kometen konnte allerdings erst im 20. Jahrhundert eingegrenzt werden: Weit draußen im All, an den Grenzen unseres Sonnensystems, umgibt uns eine dichte Hülle aus solchen Körpern, ein riesiger Kometenspeicher. Man schätzt, dass in dieser „Oort’schen Wolke“ mehrere hundert Millionen Kometen umherschwirren. Und manchmal wird einer davon, beeinflusst durch Schwerkrafteffekte anderer Himmelskörper, in Richtung des inneren Sonnensystems bugsiert.
Mitunter könnte durchaus ein Komet unserem Planeten in die Quere kommen. Doch von Bedeutung für die Geburtsstätte von Meteoriten, die auf die Erde fallen, sind hauptsächlich andere Körper im All, wenngleich sie einiges mit Kometen gemeinsam haben (siehe Kasten rechts) die Asteroiden. Deren Entdeckung beruhte – wie oft in der Geschichte der Wissenschaft – darauf, dass man nach etwas völlig anderem suchte: nach weiteren Planeten. In früheren Jahrhunderten kannten die Astronomen nur acht Himmelskörper in unserem Sonnensystem: die Planeten Merkur, Venus, Mars, Erde, Jupiter und Saturn sowie die Sonne und unseren Mond. Doch schließlich setzte sich die Meinung durch, dass das Bild nicht vollständig sein konnte.
Den Anstoß dafür bildeten Formeln, die Gelehrte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aufstellten, um die Abstände der Planeten zur Sonne möglichst anschaulich zu definieren und miteinander vergleichen zu können. Der deutsche Mathematiker Johann Daniel Titius veröffentlichte damals die Übersetzung eines französischen Werks, das eine Art Skala für die kosmischen Distanzen enthielt. Zwischen Sonne und Saturn lagen demnach 100 Einheiten dieser Skala, Merkur fand sich auf Markierung 4, die Erde auf 10, der Mars auf Einheit 16. Heute verwendet die Wissenschaft ein vergleichbares System: „Astronomische Einheiten“ (AE). Eine Astronomische Einheit basiert auf dem Abstand zwischen Erde und Sonne, der rund 150 Millionen Kilometer beträgt. Mithilfe dieser Werte lassen sich extrem große Strecken in vergleichsweise kleinen Ziffern ausdrücken.
Das Asteroiden-Lexikon
Was die vielen Namen der Felsbrocken aus dem Weltall bedeuten.
Manchmal lesen wir von Kometen, dann von Asteroiden, Meteoroiden oder Meteoriten. Was ist aber der Unterschied zwischen all diesen Objekten? Der Name hängt von der Zusammensetzung ab, von der Größe und auch davon, wo sich einer dieser Steine gerade befindet. Gemeinsam ist ihnen, dass es sich um Material aus der Frühzeit des Sonnensystems handelt – um Reste des Baustoffs, aus dem die Planeten entstanden.
Kometen halten sich meist weit draußen in den Außenregionen des Sonnensystems auf und verirren sich eher selten in Erdnähe. Sie sind Asteroiden ähnlich, unterscheiden sich aber in ihrer Chemie, Kometen besitzen einen höheren Anteil an leicht flüchtigen Substanzen wie Wasser und Kohlenmonoxid. Diese Stoffe sind auch für den berühmten Schweif verantwortlich: Sie befinden sich zunächst in gefrorener Form nahe der Oberfläche des Kometen. Nähert sich dieser der Sonne, taut diese Schicht auf und umhüllt ihn mit der sogenannten „Koma“. Werden die Teilchen dieser Koma vom Sonnenwind weggeblasen, bildet sich der oft Millionen Kilometer lange Schweif.
Asteroiden sind eng verwandt mit Kometen und ebenfalls Bauschutt aus der Frühphase des Sonnensystems. Es hängt im Wesentlichen von der Größe ab, ob man einen Felsbrocken Asteroid oder aber Meteoroid nennt. Asteroiden sind dabei die großen Trümmer, und alle gewaltigen Einschläge auf der Erde wurden von solchen Objekten verursacht. Ob nun zum Beispiel 70 Meter, ein paar 100 Meter oder mehrere Kilometer groß – all diese Geschosse fallen in die Asteroidenklasse. Die Mehrzahl ist allerdings kleiner als 100 Meter.
Meteoroiden sind die kleinen Geschwister der Asteroiden. Diese zusätzliche Kategorie wurde eingeführt, um die sehr unterschiedlichen Dimensionen der kosmischen Steinbrocken zu berücksichtigen. Eine allgemein akzeptierte Definition, bei welcher Größe die Trennlinie zwischen Asteroid und Meteoroid zu ziehen ist, fehlt zwar. Doch man kann davon ausgehen, dass die Kategoriegrenze bei etwa 50 Metern liegt – was größer ist, darf als Asteroid bezeichnet werden.
Einen Meteor kennt man besser unter der volkstümlichen Bezeichnung „Sternschnuppe“. Wenn ein kleiner Meteoroid auf die Erdatmosphäre trifft, werden durch die Reibungshitze Luftmoleküle zum Leuchten angeregt. Dieses Aufleuchten am Himmel können wir manchmal beobachten. Der Name Meteor bezieht sich also auf die Leuchterscheinung.
Zu einem Meteoriten wird ein Asteroid oder Meteoroid schließlich, wenn es ihm gelingt, die Atmosphäre zu durchdringen und auf dem Erdboden aufzuschlagen. Ausschlaggebend für die Bezeichnung Meteorit ist somit der Bodenkontakt.
Auf Basis ihrer Skala stach Wissenschaftlern der damaligen Zeit ein Umstand besonders ins Auge: Zwischen Mars und Jupiter klaffte eine gewaltige Lücke im All. Sollte dort nur leerer Raum sein? Titius konnte sich nicht vorstellen, dass der „Schöpfer“ auf diesen Bereich einfach vergessen hatte. Im Jahr 1772 schlug der Berliner Astronom Johann Elert Bode vor, dass man sich auf die Suche nach einem Planeten machen müsse, welcher der Aufmerksamkeit der Forscher bisher wohl entgangen war. So wurde in der Folge eifrig der Himmel beobachtet. Nach wenigen Jahren hatten die Planetenjäger Glück: 1781 verlautbarte der Astronom und Musiker Friedrich Wilhelm Herschel, ein unbekanntes Objekt gefunden zu haben. Zunächst hielt er es für einen Kometen, doch bald war klar, worum es sich tatsächlich handelte: um einen Planeten, den wir heute als Uranus kennen. Zwar befindet sich Uranus weit jenseits des Jupiters und damit viel weiter draußen im Sonnensystem, doch nun stand fest, dass das bisherige Verständnis des Kosmos nicht komplett war.
Das stachelte die Forscherneugier erst recht an. Vielleicht drehten da draußen ja noch mehr Planeten ihre Runden? Der Italiener Giuseppe Piazzi meldete Anfang 1801 einen spektakulären Erfolg: Während andere ausgelassen das neue Jahr feierten, hatte sich Piazzi die Nacht zum ersten Jänner in der Sternwarte von Palermo um die Ohren geschlagen. Er wollte dabei einen Planeten entdeckt haben, der später Ceres getauft wurde – und dieser lag wirklich in der Zone zwischen Mars und Jupiter. Gut ein Jahr danach stieß der deutsche Astronom Heinrich Wilhelm Olbers auf einen Himmelskörper, der heute Pallas heißt. In recht dichter zeitlicher Abfolge folgten Juno, Vesta und Astraea. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatte man bereits rund 300 kosmische Trabanten aufgespürt. Es schien, dass sich zwischen Mars und Jupiter keineswegs bloß ein einzelner Planet befand, sondern überraschend viele vormals unbekannte Objekte. Allerdings: Sie alle waren ziemlich klein, zu klein für Planeten. Bei Ceres etwa war rasch ein Durchmesser von lediglich rund 1.000 Kilometern bestimmt. Deshalb regte Herschel an, einen neuen Begriff für diese neue Klasse einzuführen: Asteroiden, sternähnliche Körper. Heute nennt man sie alternativ auch Kleinplaneten.
Freilich hätten Herschel und seine Zeitgenossen wohl ungläubig gestaunt, wenn man ihnen erklärt hätte, was für ein Gedränge dort draußen tatsächlich herrscht. Der vermeintlich leere Raum zwischen Mars und Jupiter, der heute „Asteroidengürtel“ heißt, besteht in Wahrheit aus einer dichten Ansammlung kleiner Himmelskörper, die sich um die Sonne bewegen (Siehe doppelseitige Karte auf S. 210). Von mehr als 700.000 Asteroiden sind mittlerweile die Bahnen bekannt, jedes Jahr werden tausende weitere katalogisiert. Und viele dieser Objekte rempeln einander ständig an, es herrscht eine permanente Massenkarambolage.
Der Grund dafür liegt in der Entstehungsgeschichte der Asteroiden: Sie sind Überreste aus der Frühzeit des Sonnensystems und stellen damit die älteste bekannte Materie dar. Während anderes Gestein im Lauf der Jahrmillionen bei sanften Zusammenstößen aneinander haften blieb und sich allmählich zu formschönen Planeten fügte, klappte dies bei den Kleinplaneten nicht. Denn die Anziehungskraft des Jupiter, der mehr Masse besitzt als alle anderen Planeten im Sonnensystem zusammen, verhinderte solche Verschmelzungsprozesse. Weil die Gravitation, die Jupiter aufgrund seiner Masse ausübt, stärker ist als jene der Asteroiden untereinander, blieben letztere dazu verdammt, für immer als lose Trümmer durchs All zu driften. Ständig brechen infolge von Kollisionen einzelne Teile ab, schlingern durch den Weltraum und nehmen mitunter Kurs auf andere Himmelskörper – fallweise auch auf die Erde. Meist dauert es viele Millionen Jahre, bis die Bahn eines solchen Fragments dann jene unseres Planeten kreuzt, was manchmal zu einem Volltreffer führt.
Von all diesen Zusammenhängen ahnten die Forscher lange Zeit wenig. Nicht die des 19. Jahrhunderts und schon gar nicht jene in den Jahrhunderten zuvor. Die klugen Köpfe früherer Epochen konnten lediglich Spekulationen über solche Abläufe anstellen, was sie auch ausgiebig betrieben. Neuerlich stachen dabei einige Pioniere hervor.

Löcher im Schlamm und auf dem Mond

Robert Hooke konnte sich nicht recht entscheiden. Der britische Physiker, Jahrgang 1635, hatte Illustrationen für ein Buch angefertigt, und eine der Platten hatte er mit seinen Zeichnungen nicht ganz ausgefüllt. Anklagend starrte ihm die kahle Fläche entgegen. Hooke überlegte, was er dort abbilden könnte. Der Wissenschaftler wählte einen Mondkrater namens Hipparchus. Er sprach allerdings nicht von einem Krater, sondern von einem Loch, und wagte auch Gedankenspiele darüber, wie dieses entstanden sein könnte. Vielleicht hatten unterirdische Explosionen stattgefunden, notierte er in dem 1665 erschienenen Buch, die riesige Blasen an die Oberfläche getrieben hatten, welche wiederum die Löcher hinterließen.
Hooke führte auch Experimente durch: Er warf Steine in den Schlamm und bemerkte, dass die so erzeugten Beulen darin dem Loch auf dem Mond ähnlich sahen. Deshalb hielt er es genauso gut für möglich, dass Einschläge diese Struktur verursacht haben könnten. Damit war Hooke der erste Forscher, der sich bezüglich Kraterbildung auf der richtigen Fährte befand und dessen Überlegungen dazu schriftlich dokumentiert sind. Hookes Hypothese war durchaus revolutionär, durchsetzen konnte sie sich trotzdem nicht. Es sollte sogar mehr als 200 Jahre dauern, bis die Theorie, dass auf Himmelskörper prallende Steine Krater hinterlassen, wieder ernsthaft diskutiert wurde.
Ähnlich wie Hooke hielt es 1891 der amerikanische Geologe Grove Karl Gilbert für denkbar, dass die Mondkrater von Einschlägen herrühren. Auch Gilbert probierte aus, welche Muster entstehen, wenn harte Gegenstände auf verschiedene Oberflächen treffen. Er experimentierte mit allerlei Pulvern und mit Schlamm. Weiters verglich Gilbert zu Boden fallende Regentropfen mit Asteroiden. Die Tropfen würden eine Art Minikrater produzieren, kaum anders als Kieselsteine im Matsch. Analog dazu könne man sich in großem Maßstab jene Veränderungen vorstellen, die ein Asteroid auf der Erde hervorrufe.
Aufgrund seiner Forschungen hellhörig für das Thema, nahm Gilbert auch rasch Notiz von dem sonderbaren Krater in Arizona. Könnte es sich hier womöglich um das erste irdische Pendant zu den Löchern am Mond handeln?
Gilbert reiste nach Arizona, um die unerklärliche Senke in der Landschaft in Augenschein zu nehmen. Er hoffte, vor Ort auf Indizien für einen Meteoriten zu stoßen. Er ging von folgender, damals absolut logischer Annahme aus: Da man erstens ermittelt hatte, dass in der Gegend extraterrestrisches Eisen lagerte, und es zweitens plausibel erschien, dass der Meteorit unter dem Kraterboden vergraben war, müssten magnetische Messungen zum Ziel führen und die Position der Eisenmasse verraten. Gilbert suchte alles ab, hatte aber keinerlei Erfolg: Die Magnetnadel schlug nirgendwo aus. Schließlich gab sich der Forscher geschlagen und akzeptierte ohne Begeisterung, dass wohl andere Fachkollegen recht hatten, die behaupteten: Der Krater war wahrscheinlich durch unterirdische Dampfexplosionen entstanden. Die Einsicht missfiel Gilbert auch deshalb, weil Meteoriteneisen nachgewiesen worden war: vom Mineralienhändler Albert Foote, einer Kapazität seines Fachs. Sollte also rein zufällig außerirdisches Material just auf einen Flecken gefallen sein, an dem sich eine Explosion ereignet und ein riesiges Loch im Boden hinterlassen hatte? Keine sonderlich überzeugende Version, aber was blieb Gilbert übrig, als sich mit ihr abzufinden. Er hatte einfach keinen Beweis für einen Meteoriten. Seine Erörterungen über Coon Butte, wie die Vertiefung in Arizona auch heißt, publizierte Gilbert im Jahr 1896.
Davon wiederum...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. INHALT
  4. EINLEITUNG
  5. WENN GOTT MIT STEINEN WIRFT
  6. DAS VERSTECKSPIEL DER KRATER
  7. TAGEBUCH EINER KATASTROPHE
  8. BOMBENSTIMMUNG
  9. DER SCHATZ IM KRATERSEE
  10. DER WELTENBRAND
  11. SCHOCKTHERAPIE
  12. DER NOTFALLPLAN
  13. ANMERKUNGEN
  14. LITERATUR
  15. Impressum