Bitte warten Sie kurz hier
eBook - ePub

Bitte warten Sie kurz hier

  1. 204 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Bitte warten Sie kurz hier

Über dieses Buch

Ein etwas anderes Knast - Tagebuch.Ernsthaft. Humorvoll. Kritisch.Der Autor lässt uns auf dem Grat zwischen Humor und Betroffenheit wandern. Gelungen und einzig in der Art. Der latente Sarkasmus lässt den hintergründig-humor-affinen Leser schmunzeln und schon mal laut lachen, was auch dringend erforderlich ist um die Ernsthaftigkeit durchzustehen. Ein Blick hinter die Mauern, sarkastisch und schonungslos mit der richtigen Prise Humor.Daniel TullArtikel 1 Absatz 1 GG"Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt"So lautet der Schlüssel zum Umgang miteinander, verankert in unserem Grundgesetz.Resozialisierung nach Verhalten, welches Recht und Gesetz, ungeachtet des Tatbestandes, verletzt, unterliegt auch diesem Grundgedanken.Gelebt in jedem Falle? Nein.Ein Buch, welches nachdenklich stimmt und berührt.Mit Ironie, Sarkasmus und konsequenter Offenheit aller Gefühlslagen bietet dieses Buch einen Einblick in die Welt einer JVA und in die Welt eines Menschen, die sich unter Be- und Missachtung von Recht und Gesetz verändert hat.Ob Resozialisierung mit den erfahrenen Begegnungen und Umständen den gewünschten Erfolg erzielt, bleibt nach der Lektüre nicht mehr fraglich.Carola Bussemas

Häufig gestellte Fragen

Ja, du kannst dein Abo jederzeit über den Tab Abo in deinen Kontoeinstellungen auf der Perlego-Website kündigen. Dein Abo bleibt bis zum Ende deines aktuellen Abrechnungszeitraums aktiv. Erfahre, wie du dein Abo kündigen kannst.
Derzeit stehen all unsere auf mobile Endgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Perlego bietet zwei Pläne an: Elementar and Erweitert
  • Elementar ist ideal für Lernende und Interessierte, die gerne eine Vielzahl von Themen erkunden. Greife auf die Elementar-Bibliothek mit über 800.000 professionellen Titeln und Bestsellern aus den Bereichen Wirtschaft, Persönlichkeitsentwicklung und Geisteswissenschaften zu. Mit unbegrenzter Lesezeit und Standard-Vorlesefunktion.
  • Erweitert: Perfekt für Fortgeschrittene Studenten und Akademiker, die uneingeschränkten Zugriff benötigen. Schalte über 1,4 Mio. Bücher in Hunderten von Fachgebieten frei. Der Erweitert-Plan enthält außerdem fortgeschrittene Funktionen wie Premium Read Aloud und Research Assistant.
Beide Pläne können monatlich, alle 4 Monate oder jährlich abgerechnet werden.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja! Du kannst die Perlego-App sowohl auf iOS- als auch auf Android-Geräten verwenden, um jederzeit und überall zu lesen – sogar offline. Perfekt für den Weg zur Arbeit oder wenn du unterwegs bist.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Ja, du hast Zugang zu Bitte warten Sie kurz hier von Bernd Engler im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Kunst & Kunst Allgemein. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2015
ISBN drucken
9783734768712
eBook-ISBN:
9783739255422
Auflage
1
Thema
Kunst
Jeder kennt dieses lächelnde Gesicht eines Beamten, dieses allwissende Lächeln und diesen neutralisierenden Blick, der einen nur kurz streift, um dann mit interessenloser Wichtigkeit auf einer Akte zur Ruhe zu kommen …
Diesem Lächeln sitze ich, Antworten gebend, seit einiger Zeit gegenüber. Eigenartigerweise bin ich ganz ruhig, meines Erachtens viel zu ruhig für jemanden, der lächelnde Beamte für gefährlich hält und der weiß, dass er die nächsten Monate nur viele Beamte und unzählige Männer zu sehen bekommt. Teilnahmslos grimmig dreinschauende Beamte sind okay, da weiß man, was man hat, Normalzustand. Aber ein lächelnder Beamter bedeutet Ausnahmezustand! Achtung Gefahr! Ich weiß, jeder weiß das, aber ich weiß nicht, warum ich trotzdem so ruhig bin.
Eigentlich sollte der Sturm jetzt Orkanstärke erreichen aber es stürmt schon zu lange. Die Kraft hat sich in endlosen Wochen und Monaten verloren und nun herrscht die elegische Ruhe nach dem Sturm. Alles ist jetzt, genau jetzt in diesem Moment völlig egal. Ich darf, kann und muss nichts mehr tun. Keine Verhandlungen mehr, keine Stellung-nahmen, keine Existenzkämpfe, keine Übelkeit, keine schlaflosen Nächte. Kein Widerstand mehr.
Wie bei einem Geständnis nach der Folter, egal ob Wahrheit oder Lüge, Recht oder Unrecht, danach herrscht Stille. Mit dem Vollzug ist die Qual endlich beendet und alles ist gut.
In der neuen Welt. Scheinwelt. Scheinbar gut.
Die Frage: „Sind Sie selbstmordgefährdet? Wollen Sie sich umbringen?“, reißt mich ungewollt sarkastisch aus meiner scheinbaren Ruhe. Erst später wird mir bewusst werden, wie nahe man einer bejahenden Antwort auf diese Frage kommen kann. Jetzt denke ich bloß, wer würde diese Frage, selbst wenn er vor hat sich selbst zu gefährden, mit „Ja“ beantworten? Der Gedanke an Sanktionen in Form von Gummizelle, Zwangsjacke und Eisenkette, lässt meine ironische Antwort: „Na ja, ich warte erst mal ab wie das Frühstück sein wird“ nicht bis zu den Stimmbändern durch. Stattdessen sage ich „Nein“.
“Lächelmann“ trägt für ein paar Sekunden, ohne mich dabei anzusehen, seinen Namen zu Unrecht, anscheinend um der Ernsthaftigkeit seiner Frage Nachdruck zu verleihen. Und während ich noch überlege, wie man psychologisch korrekt auf solch eine Frage antworten muss, um nicht als „gefährdet“ dazustehen, sagt der inzwischen wieder Lächelnde einfach: „Okay.“ Er unterbricht meinen verdutzten Blick, den eines jetzt amtlich bestätigten “Nichtselbstmörders“, mit der Erklärung, dass diese Frage aus psychologischen, protokollarischen, statistischen Gründen in den nächsten Tagen noch häufiger an mich gestellt werden würde - was im Übrigen nie geschehen wird.
Als er mich noch fragt, ob ich denn vor hätte anderen weh zu tun oder auch mir selbst, denke ich bloß: „Wer öfter fragt fühlt sich weniger schuldig.“ Ich überlege, ob ich jemals einem anderen körperlich weh getan habe und erinnere mich nur an den einzigen mehr oder weniger erfolgreichen Versuch, jemandem absichtlich Schmerzen zuzufügen, nachdem ein Freund und ich von einer Horde betrunkener Russen malträtiert wurden. Die Verteidigung musste halbwegs erfolgreich verlaufen sein, denn wir hatten überlebt. Meine Jacke und seine Brille nicht.
Wir können niemandem sonderlich wehgetan haben, denn plötzlich war die Supermacht abgezogen.
Ich verleugne die von mir ausgehende Gefahr vorsichtshalber mal. Nachdem “Lächelmann“ mich inspiziert, instruiert und motiviert hat sagt er: „So!“, was sich in Verbindung mit dem erstmaligen Klingeln seines comichaft großen Schlüsselbundes für mich jetzt recht bedrohlich anhört.
Als er mit den Worten: „Bitte warten Sie kurz hier!“ hinter mir eine Stahltür schließt, die sehr ernsthaft auf mich wirkt, weiß ich, dass es erst einmal mit dem Lächeln vorbei ist.
Der Raum in dem ich stehe misst etwa 2 auf 3 Meter, schwarz gestrichene Decke, grauer, dreckiger Fliesenfußboden, weiß geflieste Wände, hier und da und dort so etwas wie Nasenpopel an den Kacheln und in der Ecke ein kleiner Tisch, auf dem 2 Stühle stehen.
Nach ca. 15 Minuten wirkt das Brummen der grellen Neonröhre an der Decke immer bedrohlicher und nach weiteren 10 Minuten hat sich die leise Lüftung in ein unangenehmes Rauschen verwandelt.
Irgendwann später, als ich an einen Psychotest denke und die Decke nach versteckten Kameras absuche, höre ich dieses Geräusch donnernder Stahltüren und drehender, großer Schlüssel, an das ich mich wohl erst nach sehr langer Zeit gewöhnen werde.
Kurze danach wird die Tür meiner Wartezelle geöffnet und während ich überlege, wie man den besten Eindruck bei einem Psychotest machen kann, schiebt sich ein Gefängnis-Tattoo-Arm durch die Tür, welcher zu einem Mann gehört, der mich in Aussehen und Kleidung an Averell erinnert, den Größten der Daltons, wenn er wieder einmal gemeinsam mit seinen Brüdern von Lucky Luke im Knast abgeliefert wurde. Bloß statt gestreifter trägt er uni-graublau-farbene Sträflingstracht.
Ich stehe zum ersten Mal in meinem Leben einem echten Gefangenen gegenüber. Nicht lange, denn nachdem der Beamte hinter ihm mich mit den Worten: „Oh, da ist ja schon jemand drin!“, entdeckt, ist Averell auch schon wieder draußen und die Tür wieder verschlossen. Wie gut, dass niemand meinen völlig belämmerten Gesichtsausdruck bemerkt.
Verstehen Sie Spaß? Versteckte Kamera?
Nach weiteren 5 Minuten weicht der Gedanke an einen Psychotest dem des einfach Vergessenwordenseins und ich denke über denjenigen nach, der hier mal rein muss, obwohl er etwas klaustrophobisch veranlagt ist, denn danach hat “Lächelmann“ nicht gefragt.
Während ich angestrengt nach dem Text des Liedes suche das Luke summt, wenn er auf Jolly Jumper in den Sonnenuntergang reitet, nachdem er die Daltons mal wieder eingelocht hat um mich von meiner stetig wachsenden Beklemmung abzulenken, wird mir geöffnet und das Gegenteil eines Lächelmannes sagt: „Kommen Sie mit!“
“I`m a poor lonesome cowboy, and a long way from home“.
Ich komme mit und erliege kurz darauf dem Charme dreier Männer, von denen einer meine Privatsachen ausräumt und prüft, während der andere mich auffordert: „Bitte ausziehen!“
Der Dritte sitzt hinter einer Art Empfangstheke und notiert. Gegenüber dieser Theke befinden sich gekachelte Einbuchtungen zum Umkleiden, Duschen und Geschäfte machen. Letzteres wäre wahrscheinlich nicht ganz so einfach, da ich, selbst wenn ich das dringende Bedürfnis nach einem Geschäft verspüren würde, nicht in der Lage wäre jetzt eines zu erledigen. Mein Organismus steht irgendwie still.
Während ich nackt zwischen der Theke und den gekachelten Einbuchtungen stehe, muss ich an ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte denken, als die Aufforderung zum Duschen kommt.
Ich darf mich an einer 1,5 Liter Duschgel-Flasche mit der Aufschrift “Classic“ bedienen, was ich aber nur aus Verlegenheit tue, denn ich habe vor 2 Stunden geduscht. Ich versuche das heiße Wasser so zu genießen wie man etwas genießt das es selten gibt. Es ist Montag und duschen darf ich, wie mir bereits gesagt wurde, nur zweimal in der Woche.
„Bitte diese Sachen anziehen!“ Vor mir liegt ein Trainingsanzug der Marke Jako. Trainingsanzüge sind nicht so mein Ding. Beim Sport trage ich Sporthose und T-Shirt oder Sweatshirt und wenn ich keinen Sport mache trage ich auch keinen Trainingsanzug. Außerdem bin ich keine einsneunzig groß und nicht gerade schmalschultrig, was mir in der Jugend schon unendliche Anproben bescherte.
Als ich erfuhr, dass in der JVA nur Freizeitkleidung erlaubt sei, ging ich zum Trainingsanzüge Anprobieren. Entweder passte die Hose und ich steckte in der Jacke fest oder die Jacke passte und ich sah aus wie in zwei Windsäcke gefallen. Ganz klar, die Teuersten passten perfekt. Aber 200 Euro für einen Anzug aus Plastik?? Ich brauche auch keine Kleidung die selbständig atmen kann und mich vor allen Umweltkatastrophen schützt, wie es mir die 9 angetackerten Zettel erklärten.
Der Kompromiss passt nur halb so gut, kostete nur halb so viel, braucht ebenfalls ständig feuchte Luft zum Atmen, schützt aber nicht vor nuklearem Niederschlag und wenn ich in ein Meer falle dringt das Wasser durch die abrasion resistant outer shell über die protection line, durch die diffusion membrane hindurch, über die inner protection shell bis zur soft inner line. Ich werde dann also mit hoher Wahrscheinlichkeit nass.
Reicht eigentlich der Sauerstoffgehalt in einer Waschtrommel aus, um einer selbstatmenden Jacke das Überleben zu sichern?
Ich ziehe also diesen “Jako“ an und …
… er passt wie maßgeschneidert!
Außerdem erhalte ich 5 Paar Socken, die aussehen wie kleine Säcke, 5 Unterhemden, einen verfilzten Acrylpulli, einen Schlafanzug, 1 ! T-Shirt, einen Parka, ehemals blaue Arbeitskleidung (2 Arbeitshosen, 1 Arbeitsjacke, 2 Arbeitshemden) und 5 Unterhosen, von denen ich hier nicht beschreiben möchte bei welcher geringsten Bewegung wo was heraushängt. Es freut mich, dass diese Kleidung die Kriegswirren und den Wiederaufbau so gut überstanden hat.
Dazu gibt es 3 Polyesterdecken, ein weißes Bettlaken, je einen blauweiß karierten Decken- und Kopfkeilbezug, ein Paar Turnschuhe, Marke Bundeswehr 1970, 5 blauweiß karierte Geschirrtücher und 5 weißblau karierte Handtücher, 2 Taschentücher, eine kurze Hose und 1 Paar Arbeitsschuhe. Dazu noch Geschirr, Besteck, eine Blechkaraffe und einen Kunststoffbehälter mit Deckel. Der ganze Kram befindet sich eingeknotet in einer der Polyester-Bettdecken.
Mit diesem nicht gerade kleinen Bündel über der Schulter und einigen wenigen privaten Dingen, die man mitnehmen darf, machen wir uns auf den Weg.
Trotz Trainingsanzug habe ich mich selten so unsportlich gefühlt.
Nach dem Auf- und Abschließen vieler Türen und Tore kommen wir in einem Flur an, der perfekt das Klischee eines Gefängnisflures bedient.
Fast unverändert seit 1937, wie man auf einer in Stein gemeißelten Tafel lesen kann.
Der Beamte schließt „117“ auf und als ich höre, wie sich der Schlüssel hinter mir im Schloss dreht, bin ich nicht mehr ganz so ruhig. Was ich sehe und fühle kann ich nicht in Gedanken fassen, weniger noch in Worte.
Ich bin wie erschlagen von diesem Klischee, von diesem Dreck und von dieser Zelle, die einer Filmkulisse gleicht.
-
Soeben wird meine Zellentür aufgeschlossen, Abendessen. Es ist 15 Uhr ! Vor drei Stunden gab es Kartoffelsuppe, Milchbrötchen und Banane.
Abendessen bedeutet Brot, viel Brot, zu viel Brot für jemanden, der bestenfalls zum Frühstück mal Brot isst. Ich habe jetzt die dritte Nacht hier verbracht und könnte einen Trockenbrotladen eröffnen.
Die “Brotagonisten“ hier im Knast sind die Ratten. Und die fliegenden Ratten, aber selbst die fliegen am Ende eines satten Tages angewidert davon wenn ich Brotkrumen hinauswerfe.
Marmelade gibt’s erst in frühestens 14 Tagen wieder, meint der Ausspeiser und überreicht mir deswegen kumpelhaft zwei statt einem Becher Margarine. Mit 500 g Margarine und Unmengen von Brot kann man gut überleben.
Abendessen bedeutet auch gleichzeitig Frühstücksausgabe, denn morgens gibt es nur Kaffee oder Tee. Welch ein Zufall, “Averell“ ist in meinem Block der Ausspeiser. Er holt das Essen aus der Küche und verteilt es im Block, außerdem ist er für diverse andere Ausgaben und Tätigkeiten zuständig. Da er aus diesem Grund viel herumlaufen muss und viel Herumlaufen immer bedeutet, dass ein Beamter hinter einem her läuft, um viele Türen auf- und abzuschließen, musste „Averell“ auch damals in meine “Bitte-warten-Sie-kurz-hier-Kammer“, weil er warten sollte, bis ein anderer Beamter aus einem anderen Block ihn wieder abholte.
Beim Einzug in meine Zelle war “Averell“ auch anwesend, um mich mit Putzutensilien zu versorgen. Er stellte sich als ganz netter Kerl heraus, der ganz stolz auf seine Aufgabe ist, die, wie er sagt, nicht jeder erhält. Wobei ich davon ausgehe, dass jemand, der seit den Achtzigern wechselnder Stammgast in dieser Anstalt ist, aufgrund seiner Zuverlässigkeit und Ortskenntnis sehr gerne für solch einen Job herangezogen wird.
Ich half ihm bei meinem Einzug mit Zigaretten aus und er versorgt mich seither mit allem, was er besorgen kann, sehr großzügig ist er auch mit Brot ...
-
Eine gute Freundin meinte: „Ich kenne dich, du drehst durch, wenn du nichts zu tun hast. Fang an zu schreiben. Eine Geschichte, deine Geschichte, egal wie und egal was dabei herauskommt!“
Wieder so ein Klischee (dieses Wort wird wohl noch einige Male zu viel auftauchen). - Schreiben - so eine psychomäßige Leidensbewältigung, etwas für Warmduscher, Abba-Hörer und Handbuch-Leser oder für Menschen, die wirklich etwas zu sagen haben.
Andererseits..., in den Bestsellerlisten, ganz oben, finden sich Bücher über feuchte Vaginas und was man alles damit anstellen kann, über peitschende Frauen und Männer, über wollüstige Hauskatzen, Frauen, die plötzlich entdecken, dass sie eine Frau sind und über Männer, die entdecken, dass sie kein Mann sind. Da muss ich mich nicht schämen, ein wirres Tagebuch zu schreiben, ganz alleine für mich, mit der Gewissheit, mich für mein “Nicht-schreiben-können“ nicht schämen zu müssen, allein weil ich mir dessen bewusst bin.
Ich beginne also ein paar erste Sätze zu schreiben, korrigiere, grüble, zerknülle und bemerke, wie kurzweilig, interessant und anstrengend es ist, etwas so zu schreiben, dass es nicht ganz so wirkt wie der Aufsatz eines Drittklässlers.
Ausgenommen natürlich die Drittklässler, die eine der inzwischen üblichen Kinder-Früherziehungen wie den Neugeborenen-Literatur-Zirkel und die Mutter-Kind-Autoren-Gruppe besucht haben.
Und es verhindert die hier drohende Verblödung oder zögert sie zumindest hinaus.
Sollte dies hier doch einmal von Menschen gelesen werden, die nichts von mir oder über mich wissen, möchte ich ihnen kurz mitteilen, dass ich blöd war. Nein, ich habe niemanden geschlagen, bedroht oder verletzt, hatte nie mit Drogen zu tun, bin weder pädophil noch nekrophil und habe niemanden vergewaltigt. Ich habe etwas Falsches getan und dies hier ist die Konsequenz meiner Blödheit. Wenige tun immer das Richtige und wenige geraten dabei in die so oft zitierten Mühlen der Justiz.
In der oft jede Verhältnismäßigkeit verloren geht.
Sprüche wie „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“ oder „Recht haben und Recht bekommen sind zwei paar Schuhe“ hielt ich immer für volksmundig übertrieben. Natürlich mit einer Portion Wahrheit aber doch übertrieben. Meldungen wie „52 jähriger Frührentner wurde wegen entwendeter Waren im Wert von 19,46 Euro zu zwei Jahren und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt“ oder „Schwarzfahrer bekam ein Jahr und fünf Monate ohne Bewährung“ sorgen für Aufruhr. Wer aber nicht nur die Bild-Zeitung liest, erfährt, dass der Rentner ein paar Wochen zuvor wegen Diebst...

Inhaltsverzeichnis

  1. Leserstimmen
  2. Widmung
  3. Textbeginn
  4. Impressum