Nachbarsleute
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Nachbarsleute

Kleinstadtgeschichten

  1. 139 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfĂŒgbar
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Nachbarsleute

Kleinstadtgeschichten

Über dieses Buch

Dieses eBook: "Nachbarsleute" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfĂ€ltig korrekturgelesen.Aus dem Buch: "Mama Saltenberger meinte, ihr Mann sollte seine hervorragende Beamtenstellung in die Waagschale werfen und jĂŒngere Kollegen durch die Macht seines Ansehens an ihre staatsbĂŒrgerlichen Pflichten erinnern. Saltenberger war nicht prinzipiell abgeneigt, aber er betonte, daß dieser Einfluß nur in ganz familiĂ€ren Grenzen ausgeĂŒbt werden dĂŒrfe, und daß man in der Wahl der Objekte sehr vorsichtig sein mĂŒsse."Ludwig Thoma (1867-1921) war ein deutscher Schriftsteller, der durch seine ebenso realistischen wie satirischen Schilderungen des bayerischen Alltags und der politischen Geschehnisse seiner Zeit populĂ€r wurde.

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Information

Verlag
e-artnow
Jahr
2017
eBook-ISBN:
9788027301256
Ludwig Thoma

Nachbarsleute

Kleinstadtgeschichten
e-artnow, 2017
Kontakt: [email protected]
ISBN 978-80-273-0125-6

Inhaltsverzeichnis


Auf dem Bahnsteig
Das BegrÀbnis
Junker Hans
Krawall
Der westfÀlische Glaubensbote
Bismarck
Kaspar Asam
AnfÀnge
Das alte Recht
Peter Spanningers Liebesabenteuer
Papas Fehltritt
Der Christabend

Auf dem Bahnsteig

Inhaltsverzeichnis

»Es wird Herbst!« sagte Major Burkhardt und blickte den Studienlehrer fest an mit seinen furchtlosen Soldatenaugen.
Er sagte es mit Betonung, als suchte er in seinem Begleiter bestimmte Vorstellungen zu erwecken.
»Ja – – ja«, seufzte Professor Hasleitner, »es wird allmĂ€hlich kalt.«
»Und ungemĂŒtlich. Kalt und ungemĂŒtlich.«
Der Major wies auf die Kastanien vor dem Dornsteiner Bahnhofe, deren gelbe BlĂ€tter sich fröstelnd zusammenkrĂŒmmten.
»Um fĂŒnf Uhr wird es Nacht. Ein schlecht geheiztes Zimmer. Eine qualmende Lampe. Die Zugeherin bringt lauwarmes Essen aus dem Gasthof. Stellt es unfreundlich auf den Tisch. Das ist Ihr Leben.«
Hasleitner hatte ins Weite geblickt, zu dem Walde hinĂŒber, an dessen Fichten der Nebel lange Fetzen zurĂŒckließ.
Der soldatisch bestimmte Ton des pensionierten Majors weckte ihn auf.
»Wie?« fragte er.
»Ich sage, Sie mĂŒssen heiraten.«
Der alte Soldat deutete auf die tiefer gelegene Stadt, deren HĂ€user behaglich aneinandergerĂŒckt waren.
»Das ist das GlĂŒck!« sagte er. »Eine Frau am Herde, fleißig, um unser Wohl besorgt und stattlich.«
Er beschrieb mit der Rechten eine nach rĂŒckwĂ€rts ausbauchende runde Linie.
»Und stattlich!« wiederholte er.
Hasleitner sah, wie es weiß und grau und dick und dĂŒnn aus vielen Kaminen rauchte, und er schien die GemĂŒtlichkeit des Anblickes zu verstehen.
In seine Augen trat ein freundlicher Schimmer, und man konnte glauben, daß er an Herdfeuer dachte, oder an die runde, sich nach rĂŒckwĂ€rts ausbauchende Linie.
Überhaupt, er war ein trĂ€umerischer Mensch.
Sorglos im Äußeren, den Hemdkragen nicht immer blendend weiß, die Krawatte verschoben, den Bart naß von der letzten Suppe, aber in den Augen HerzensgĂŒte, im ganzen Wesen eine VertrĂ€umtheit, die immer wieder zum Nasenbohren fĂŒhrte.
Kein Mann, der Backfische begeistern konnte, aber einer, der Ă€lteren Töchtern hundert Dinge zeigte, die man in lieber HĂ€uslichkeit flicken, stopfen und bĂŒrsten mochte.
Und doch – dieser Mann, geschaffen, von den Ärmeln einer bĂŒrgerlichen Schlafjacke umfangen zu werden, war durch eine seltsame Laune des Schicksals mit einer verdorbenen Phantasie belastet, also daß seine Gedanken an das weibliche Geschlecht sich stets mit Vorstellungen von EisbĂ€renfellen verbanden, von EisbĂ€renfellen, auf denen dĂŒnne, lasterhafte Beine in schwarzen SeidenstrĂŒmpfen ruhten. Noch dazu lehrte er die Wissenschaft der Geographie und stieß auf der Landkarte immer wieder auf Orte, wo seine Sinne knisternde Seide und herrlich verstöpselte ParfĂŒms vermuten durften.
Paris – Wien – Budapest –
Ein GefĂŒhl, das mit seiner heimlichen Sehnsucht zusammenhing, trieb ihn tĂ€glich zum Bahnhofe, wo Punkt fĂŒnf Uhr der große Schnellzug hielt, der glĂŒcklichere Menschen von einer Großstadt in die andere fĂŒhrte.
Hier hatte nun der quieszierte Major den TrĂ€umer angesprochen, und ein freundlicher Zufall fĂŒgte es, daß beide, als sie auf dem Bahnsteige kehrtmachten, der Gattin des Offiziers gegenĂŒberstanden, wie auch der Tochter Elise.
In merkwĂŒrdig schnellem Gedankengange brachte der Professor das vorausgegangene GesprĂ€ch von Stattlichkeit in Zusammenhang mit der Erscheinung Elisens, und vielleicht ohne daß er es wollte, drang seine unlautere Phantasie dem Ă€lteren MĂ€dchen durch Mantel und Rock und begann, sich Dinge auszumalen.
Freilich nicht langgestreckte, seidenumhĂŒllte Beine, aber Rundlichkeiten, mit denen sich die Vorstellung von WĂ€rme und Innigkeit verbindet.
Die Tochter des Majors fĂŒhlte den sengenden Blick des Philologen, und als eine reife Blume, die sie war, öffnete sie willig ihre BlĂ€tter den wĂ€rmenden Strahlen. Dieses heimliche, unbewußte Suchen und dieses bewußte Entgegenkommen spann FĂ€den zwischen den beiden, welche das erfahrene MĂ€dchen bald genug aufzuspulen beschloß, und es schickte sich alsbald mit einem lieblichen LĂ€cheln dazu an.
Freilich war dieser Professor kein Gegenstand fĂŒr brennende WĂŒnsche und verzehrende Glut, indessen wohl ein Objekt, das sich mit baumwollenen Ärmeln sanft umfangen ließ, nachdem es vorher sorgfĂ€ltig gereinigt war.
Keine berauschend sĂŒĂŸe Frucht, sondern ein sĂ€uerlicher, deutscher Hausapfel, der aber, im Kachelofen gebraten, einigen Wohlgeschmack bieten konnte.
Und das MĂ€dchen schickte sich alsbald an, den heimlichen Faden zu ergreifen, als mit dumpfem Brausen der Schnellzug in die Station einfuhr.
Die riesige Lokomotive schnaufte, als wĂ€re sie in der langen, stĂŒrmischen Fahrt außer Atem gekommen, und die langen, schönen Wagen standen da, als ruhten sie kurze Augenblicke, um weiterzujagen in die weite Welt.
Mit einem Male hatte Hasleitner alle Gedanken an runde MĂ€dchenreize vergessen; sie versanken vor ihm, er sah sie nicht mehr.
Dort im ersten CoupĂ© schob eine schmale Hand den Vorhang zurĂŒck, und ein Paar mĂŒde Augen blickten entsetzt auf die Philister, hier prallte ein entzĂŒckender Kopf entrĂŒstet zurĂŒck.
Es war die große Welt, die eine Minute lang Dornsteiner Luft einzog und Pariser Odeurs zurĂŒckgab.
Und da stand es auf weißen Tafeln und war darum kein phantastisches MĂ€rchen: Paris – Avricourt – Wien –
Ja
 Ja
 diese nÀmlichen Wagen waren gestern noch in Paris gewesen!
Jene fabelhaften Damen, von denen man sich erzĂ€hlt, daß sie gierig und unerbittlich Jagd machen auf gutgebaute MĂ€nner, waren an ihnen vorbeigewandelt, hatten sĂŒĂŸe Blicke in sie hineingeworfen, und von ihrem Dufte hing etwas an TĂŒren und Fenstern und verwirrte den Sinn eines deutschen Jugendbildners.
Wußte man, ob nicht eine solche Tigerin da drinnen auf schwellenden Polstern saß und einen breitbrĂŒstigen Germanen mit ihren Blicken verschlang?
Odette, Suzette – Germaine – ah!
Hier steht ein Gymnasiallehrer von gĂ€nzlich unverdorbener Jugend, und der fĂŒr schlanke Waden und schwarze StrĂŒmpfe die heftigsten Empfindungen angestaut hat.
Warum seufzt ihr erleichtert auf, da sich nun der Zug in Bewegung setzt?
Ihr saht erstaunt auf die KostĂŒme, die im Dornsteiner Atelier fĂŒr modes und confection kreiert waren, ihr saht SpitzbĂ€uche und gepreßte Busen, faltenreiche Hosen und geschmierte Stiefel, aber ihr saht nicht in das Herz des blonden Professors und wißt nicht, wie er so ganz der Eure ist!
Fort!
Die Lokomotive pfeift jubelnd aus der Station hinaus, als freute auch sie sich, diesem Nest entronnen zu sein

Diesem Himmelherrgott

»Warum so trÀumerisch?« lispelte Elise und blickte schelmisch auf den Professor, der dem Zuge nachstarrte und in der Nase bohrte.
Da traf sie ein Blick, so leer, so fremd und so feindselig
, daß sie unter dem flanellenen Höschen eine GĂ€nsehaut ĂŒberlief.
– – Der Faden war zerrissen – –

Das BegrÀbnis

Inhaltsverzeichnis

Am Dienstag, den 3. Januar, verstarb der RealitÀtenbesitzer Josef Seilinger eines plötzlichen Todes.
Er war wie alltĂ€glich beim SternbrĂ€u zum Abendschoppen eingekehrt, trank mit sichtlichem Behagen seine drei Maß Bier und sprach sich mit gewohnter Lebhaftigkeit ĂŒber die Schlechtigkeit der preußischen ZustĂ€nde aus.
Um sieben Uhr verließ er die Gaststube und begab sich in die KĂŒche, um sich von der Frau Wirtin zu verabschieden. Er wechselte einige Scherzworte mit ihr und sagte noch: »Jetzt pfĂŒat Eahna Gott, Sie Schneckerl, Sie liab’s«, da fiel er plötzlich streckterlĂ€ngs zu Boden und war maustot.
Nun lag er den zweiten Tag aufgebahrt im Prunkzimmer seiner Wohnung.
In dem frostigen, unfreundlichen Raume nahm die tiefverschleierte Witwe die Beileidsbezeugungen entgegen. Es war ein stetes Kommen und Gehen.
Die ehrsamen BĂŒrger traten schweigend mit ihren Frauen an die Bahre.
Sie legten alle gleichmĂ€ĂŸig die Stirne in ernste Falten, verzogen die Mundwinkel und sahen lange und ausdruckslos noch einmal in das breite Gesicht des Verblichenen.
Die Frauen drĂŒckten schluchzend die TaschentĂŒcher an ihre nassen Augen und zĂ€hlten im geheimen die Kranzspenden.
Nach einer anstÀndig bemessenen Pause traten die Besucher zu den Leidtragenden und sprachen Worte des Trostes.
»Wer hĂ€tt’ dös glaubt, Frau Seilinger? So a g’sunder Mann! Vor drei Tag hab i’n no ĂŒber’n Marktplatz geh seh’gen und zu mein Mann g’sagt – gel Schorschel? – schau hi, hab i g’sagt, da geht der Herr Seilinger. Und jetzt – – a so a Mann
!«
»– – Ja, ja, der Seppl! I hĂ€tt’s a net gmoant, daß eahm so schnell derwischt, Frau Seilinger. Am letzten Sunntag san ma no so zĂŒnfti beinand g’wen, und heint liegt er do
 Ja, ja, das menschliche Leben!«
»Trösten S’ Eahna, Frau Seilinger! Gunnen S’ eahm sei Ruah. Eahm is wohl! Wer woaß, was eahm alles derspart blieben is, und wia bald daß uns selber außi tragen mit di FĂŒaß voro.«
Und wenn die trauernde Witwe zustimmend mit dem Kopfe nickte, rĂŒhmte die Frau noch die Schönheit und Zahl der KrĂ€nze.
»De vielen, vielen KrĂ€nz’ und de schönen Blumen, Frau Seilinger! Es ist doch auch a gewisser Trost, wenn ma siecht, wia oan de Leut in Ehren halten! So was muaß noch gar net dag’wesen sein.«
Dann blickten die Besucher der Witwe noch einmal tieftraurig in die Augen und machten anderen Platz.
Draußen bemerkte die Frau flĂŒsternd: »Hast a’s g’sehg’n, Schorschl? Mit dera Trauer is a net weit her. Grad drucka hat s’ mĂŒassen, daß s’ a paar ThrĂ€na außerbracht hat. Und den Aufwand! An glatten Kaschmirrock mit SchĂŒrzendraperie und Krepp de schin-Ausputz, a g’schweifte Schoßtaille mit an Latzteil, und am Rand matte Holzperlen. Statt a Schneppenhauben hat s’an Kapothuat mit an schwarzen Bleamelbukett, und den Schloar!«
»Na! Na! I woaß net, daß de Leut koa rechts G’fĂŒhl nimma ham. Da guat Seilinger wenn s’ sehg’n tat, wia s’ dasteht, nacha drahet er si um.«
Im Treppenhause war die Leichenfrau mit den ZurĂŒstungen fĂŒr die Einsegnung beschĂ€ftigt; sie zĂŒndete die Kerzen an, stellte das Weihwasser zurecht und wies die Ankommenden in das Trauerzimmer.
Ihre Miene war dem Ernste ihres Berufes angemessen, und nur flĂŒsternd fĂŒhrte sie die Unterhaltung mit diesem und jenem Trauergaste.
»Geln’s, der Herr Seilinger? Aba schö liegt er drin, koa bissel entstellt! So sanft! Grad als wenn er schlafen tat. So a g’sunder Mann und so plötzli schterben! I sag Eahna, was der Herr fĂŒr a G’wicht g’habt hat, des is net zum glauben! Der muaß im Leben a...

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