
- 648 Seiten
- German
- ePUB (handyfreundlich)
- Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub
Australien
Über dieses Buch
In Friedrich Gerstäckers Buch 'Australien' taucht der Leser tief in die exotische Welt des australischen Kontinents ein. Mit detailreichen Beschreibungen der Landschaft, Fauna und Flora entführt der Autor den Leser auf eine faszinierende Reise durch dieses ferne Land. Der literarische Stil von Gerstäcker ist geprägt von einer Mischung aus Abenteuer, ethnographischen Beobachtungen und persönlichen Erfahrungen, die das Buch zu einer einzigartigen Lektüre machen. Das Werk spiegelt sowohl die Neugier und Entdeckerlust des 19. Jahrhunderts als auch die kulturelle Vielfalt Australiens wider, was es zu einem wichtigen Beitrag zur Reiseliteratur macht.
Häufig gestellte Fragen
Ja, du kannst dein Abo jederzeit über den Tab Abo in deinen Kontoeinstellungen auf der Perlego-Website kündigen. Dein Abo bleibt bis zum Ende deines aktuellen Abrechnungszeitraums aktiv. Erfahre, wie du dein Abo kündigen kannst.
Derzeit stehen all unsere auf mobile Endgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Perlego bietet zwei Pläne an: Elementar and Erweitert
- Elementar ist ideal für Lernende und Interessierte, die gerne eine Vielzahl von Themen erkunden. Greife auf die Elementar-Bibliothek mit über 800.000 professionellen Titeln und Bestsellern aus den Bereichen Wirtschaft, Persönlichkeitsentwicklung und Geisteswissenschaften zu. Mit unbegrenzter Lesezeit und Standard-Vorlesefunktion.
- Erweitert: Perfekt für Fortgeschrittene Studenten und Akademiker, die uneingeschränkten Zugriff benötigen. Schalte über 1,4 Mio. Bücher in Hunderten von Fachgebieten frei. Der Erweitert-Plan enthält außerdem fortgeschrittene Funktionen wie Premium Read Aloud und Research Assistant.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja! Du kannst die Perlego-App sowohl auf iOS- als auch auf Android-Geräten verwenden, um jederzeit und überall zu lesen – sogar offline. Perfekt für den Weg zur Arbeit oder wenn du unterwegs bist.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Bitte beachte, dass wir keine Geräte unterstützen können, die mit iOS 13 oder Android 7 oder früheren Versionen laufen. Lerne mehr über die Nutzung der App.
Ja, du hast Zugang zu Australien von Friedrich Gerstäcker im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Geschichte & Australische & ozeanische Geschichte. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.
Information
1. Sidney.
Inhaltsverzeichnis
Wieder einmal habe ich festen Grund und Boden betreten, und wie mit einem Zauberschlag hat sich Land, Klima, Boden, Scenerie, Bewohner – kurz alles was die eigentliche Welt bildet, um mich her verändert. Nicht mehr die rauschenden Palmen sind es die über mir wehen, nicht mehr das Brausen und Donnern der Riffe, und das Rascheln und Flüstern der im Winde schwankenden breiten Bananenblätter, nicht das fröhliche Lachen und Singen der immer frohen, sorglosen Tahitier dringt an mein Ohr; – wie eine beschnittene Taxushecke umgibt mich das flache, mit den wunderlich regelmäßigen Bäumen besetzte Land, mit ihren egalen trefflich aufgeführten Häusermassen die Stadt, und die breite irische Brogue und der englische Dialekt ist das einzige, was dem Ohr, für den romantischen Zauber den es verloren, Ersatz bieten soll.
Es war überhaupt ein wunderliches Gefühl, mit dem ich in Australien an Land sprang. – Australien – Alles was verkehrt und sonderbar ist, gewöhnt man sich den vielen Beschreibungen nach die uns darüber von Kindheit an vorgekommen, gerade unter dem Namen Australien zu denken, und man möchte gleich beim ersten Ansprung schon über die Häuser, die ja ebenso aussehen wie in jeder andern civilisirten Stadt, hinweg schauen können, nur um die jedenfalls dahinter liegenden Sonderbarkeiten zu entdecken.
Känguruh – schon der Name hat einen gewissen Zauber, besonders für einen Jäger – Schnabelthier – Kirschen mit den Kernen auswärts, Bäume die die Rinde abwerfen, für den gerade von Europa kommenden auch noch die verkehrten Jahreszeiten, das Alles sind Sachen, an die man gerade nicht bestimmt denkt in dem Augenblick, deren Bild uns aber doch in einer verworrenen Masse – Köpfe nach unten natürlich – vorschwebt, und die Farben, wie in einem Kaleidescop rasch wechseln und in einander fließen läßt. Es hat dabei einen ganz eigenen Reiz nur allein einen fremden Welttheil betreten zu haben – so sehr der Mensch mit seines Herzens innigsten Fasern an dem eigenen Vaterland hängt, so sehr wünscht er doch auch ein anderes zu sehen, um sich eben wieder zurücksehnen zu können – wie viel mehr denn wenn dieser Welttheil auch noch gewissermassen zu unseren Antipoden gehört, und die Leute dort eigentlich dem Rechte nach auf dem Kopf stehen müssen, so wir überhaupt schon heraus bekommen hätten wo eigentlich oben ist.
Australien wurde außerdem eine Art Land der Verheißung – ich betrat es hungrig, und ich wurde gespeist (für 1 Schill. 6 D.) ich betrat es– wenn auch nicht gerade nackt, doch in sehr dünnem Anzug und wurde gekleidet (für 3 Pfd. Sterl. 10 Schill.) und das ganze an Bord Steigen machte gleich von allem Anfang einen solch eigenthümlichen Eindruck auf mich, daß ich denselben wirklich nicht besser zu charakterisiren weiß, als wenn ich dem Leser aufrichtig gestehe es hätte gar nicht viel gefehlt, so brach ich mir gleich in der ersten Stunde ein Stückchen Stein irgendwo los, um ein Andenken an diesen Platz zu haben – es war als ob er mir wieder unter den Füßen fort verschwinden müsse.
Mein wirklich rasender Hunger – denn an Bord gab es ja Nichts, wenn ich auch wirklich das »Frühstück« hätte abwarten wollen, machte mich aber zuerst wieder darauf aufmerksam, daß die Sache hier reine Wirklichkeit, und ein Gasthaus gerade der Punkt sey, nach dem ich vor allen Dingen einmal umschauen müsse; damit war der Romantik allerdings schon ein bedeutender Stoß gegeben. Mit der Romantik hat übrigens Sidney auch nur ungemein wenig zu thun, denn wenn an irgend einem Ort der Welt (selbst die Yankee-Staaten nicht ausgenommen, was gewiß viel sagen will) ein reines unverfälschtes Geschäftsleben herrscht, so ist es hier. Pfunde und Schillinge sind die einzigen Worte die, wie eine magische Formel, die Züge der den Fremden überall umgebenden gleichgültigen Gesichter beleben können, und während bei den geschäftigen, speculirenden Kaufleuten die Schillinge zu Pfunden werden, zeigt sich bei dem fremden, unter ihnen herumwandernden Reisenden ein gerade entgegengesetztes Phänomen, was ihn, außerdem daß er sich bei den ewigen Gesprächen von Wolle und Verschiffungen langweilt, auch noch ganz unnöthigerweise praktisch belehrt, wie er ganz und gar kein Kaufmann sey.
Der Charakter der Stadt ist rein englisch, und es dabei eigenthümlich, wie scharf sich dieses Englisch von dem Amerikanischen, während sie doch eine Sprache sprechen, abscheidet. Das treffendste Beispiel hiervon findet man in den Vereinigten Staaten, wo bloß der schmale Wasserstreifen der nördlichen Seen Amerika und eine englische Kolonie von einander trennen, denn nie habe ich zwei benachbarte, und doch sich auch in jeder Kleinigkeit so ungleiche Städte gefunden als z. B. Buffalo und Toronto.
Doch wieder nach Sidney zurückzukommen, so hat der hier eintreffende Fremde gewöhnlich eine Art Vorurtheil zu überwinden, das mit ihm aufgewachsen ist, und wahrlich nicht auf Reisen, besonders in Californien, vermindert wird – das Vorurtheil eine Verbrecher-Colonie zu betreten, und sich nun plötzlich zwischen einer unbestimmten Anzahl von besonders hierher verpflanzten Mördern, Dieben, Hausbrechern und andern entsetzlichen und schauderhaften Charakteren zu befinden.
Hier sieht der eintreffende Fremde zu seinem Erstaunen daß davon – wenigstens äußerlich – nicht die mindeste Spur erkennbar ist, und wenn er auch hie und da, und weil er fortwährend darauf achtet, vielleicht öfter als an irgend einem andern Ort verdächtigen Physiognomien begegnen sollte, so rechtfertigen diese doch keineswegs die entsetzlichen Erwartungen, die er eigentlich den Beschreibungen nach von der ganzen Bevölkerung hätte haben sollen. Die »Gouvernements-Leute,« wie sie hier genannt werden, sind aber auch wirklich so mit der eingewanderten Bevölkerung verschmolzen, daß schon ein Kenner dazu gehört sie herauszufinden. Der leichte Nahrungserwerb hier hat dabei hoffentlich die meisten von ihnen, was auch früher ihre Vergehen gewesen seyn mögen, zu ehrlichen Leuten gemacht, und es wird dann nicht einmal mehr nöthig, einen Unterschied zwischen ihnen zu verlangen. Wer weiß übrigens ob nicht eben diese Deportation in späteren Jahrhunderten gar zu einer Auszeichnung, zu einer Art Adel dieser Colonie werden kann. Die Kinder der früher hierher gesandten Uebelthäter bilden jetzt theilweise mit einen achtbaren und angesehenen Theil der Bevölkerung (ja wenn nicht sogar hie und da früher Deportirte selber); nach Jahrhunderten können dann ihre Kinder und Kindeskinder so und so viel Ahnen davon zählen – unser europäischer Adel schreibt ja seinen Ursprung oft aus noch weit wunderlicheren Quellen her.
In Sidney hatte ich im Anfang einige Schwierigkeiten ein gutes Haus zu finden wo ich wohnen konnte, denn die meisten ging ich vorbei, da die unten befindlichen »Schenkstuben« eben nichts einladendes hatten. Dem Grundsatz zuletzt folgend daß man in einer fremden Stadt am besten thut in das beste Hotel zu gehen – wenigstens so lange bis man einmal näher bekannt ist – wandte ich mich dem »Royal Hotel,« einem großen gewaltigen, aber etwas weitläufigen Gebäude zu, und zog dort ein. Ein warmes Bad war mir das nächste, hierauf ein gutes Frühstück, und nun mußte ich mich fast von oben bis unten neu kleiden, denn unterwegs war ich ziemlich abgerissen. Doch dazu ist hier in Sidney Gelegenheit genug, Kleiderläden gibt’s in Masse, und Kleider sind auch verhältnißmäßig nicht theuer.
Sonnabend den 29. schrieb ich meine Briefe, die damals noch mit Segelschiffen nach England gehen mußten, als ich aber Abends in meinem Zimmer saß, tönte plötzlich aus einem der unteren Räume ein dumpfer Lärm zu mir herauf, Bravorufen, Stampfen, Trommeln und die erhobene donnernde Stimme eines Redners dazwischen. Jedenfalls war hier ein Meeting, und auf meine Erkundigung danach erfuhr ich, daß es ein Antitransportations-Meeting sey.
Es wurde im untern ziemlich geräumigen Saale des Royal Hotel gehalten, und es ging unter den zahlreich Versammelten auch ziemlich lebhaft her. Der Zweck des Meeting war übrigens, wie ich bald fand, gegen die Transportation von Verbrechern in diesem Augenblick nur indirect, direct aber gegen eine vorgelegte Bill der Regierung gerichtet, durch die, den Sprechern nach, die Wahldistricte von Neu-Süd-Wales so ungerecht eingetheilt waren, daß die Squatter oder Ansiedler im innern Lande ein entschiedenes Uebergewicht über Sidney bekommen mußten: »The most infamous, unjust, treacherous and diabolical measure»(infam, ungerecht, verrätherisch und teuflisch), wie einer der Redner in der »Hitze des Gesprächs« bemerkte. Die Squatter, besonders die im Norden, sind nämlich, wie es scheint, der Transportation von Verbrechern nach diesen Kolonien gar nicht so entgegen, denn sie bekommen dadurch billige Arbeiter, während jetzt manchmal gar keine zu bekommen sind; die Bewohner von Sidney sind dagegen Feuer und Flammen eine neue Hiehersendung solcher Subjekte zu verhindern. Sidney hat auch allerdings fortwährend den schlechtesten Namen davon bekommen, und besonders zeigte sich das erst kürzlich in Californien, wo schon der Name »von Sidney« als vollkommen abstoßende Kraft wirkte.
Um mit den Bewohnern von Sidney gemeinschaftlich in dieser Sache zu handeln, waren auch Delegaten von Melbourne, Adelaide und Vandiemensland hier eingetroffen, denen einige Tage darauf ein festliches Mahl gegeben wurde; und um der Regierung zu beweisen daß es dem Volk Ernst mit seiner Meinung sey, berief man auf den nächsten Montag als Demonstration eine Volksversammlung, ihre Meinung über die vorgelegte Bill, und durch diese über Transportation oder Nichttransportation auszusprechen.
Die Versammlung ging vollkommen ruhig vorüber, obgleich für eine königliche Colonie sehr harte Sachen darin gesagt wurden. Unsere deutsche Polizei hätte gewiß ihre Nase so weit als möglich dahineingesteckt und den Brei nach besten Kräften breitgetreten, die hiesige wußte besser was sie zu thun hatte – das unter einer Monarchin stehende Volk hätte ihr freilich auch nicht erlaubt sich hineinzumischen.
Die spätere Volksversammlung besuchte ich nicht, hörte aber daß sie ganz im Geist dieser ersten vorläufigen gehalten sey und beschlossen habe.
Ich war von Deutschland aus hier an Herrn A. Dreutler, ein ziemlich bedeutendes deutsches Handlungshaus in Sidney, empfohlen, und von Herrn Dreutler auch auf das Herzlichste aufgenommen worden. Am nächsten Sonntag, den 30. März, fuhren wir zusammen nach dem Leuchtthurm, einem der bedeutendsten Vergnügungsörter Sidney’s, hinaus, und fanden dort einen großen Theil der schönen Welt versammelt. Der Leuchtthurm liegt allerdings für Sidney romantisch genug. Auf der südlichen Seite der Einfahrt des Hafens, dessen Ufer nach der See zu durch schroffe, etwa zwei bis dreihundert Fuß hohe Felsufer gebildet wird, steht der Thurm, eine Viertelmeile davon etwa ein Hotel, und ein Theil der zu einer Spazierfahrt aufgelegten Sidneyer kommt regelmäßig Sonntags hier heraus, während der andere das jedenfalls interessantere Botany-Bai und Cooks River besucht.
Der Leuchtthurm selber ist vortrefflich, und besteht aus einem revolving light oder Drehlicht das durch neun, mit Blechspiegeln versehenen Lampen gebildet wird. Der Felsen selber auf dem er steht mag etwa 120 Fuß über der Oberfläche der See liegen und selber einige sechzig bis achtzig Fuß hoch, wird sein Licht bei klarem Wetter dreißig, ja manchmal vierzig englische Meilen weit in See gesehen.
Die Aussicht von hier aus, über das stille Meer ist wahrhaft reizend, und die tiefblaue See zeigt von dieser Höhe herankommende Schiffe mit ihren weißschimmernden Segeln in großer Ferne. – Eigenthümlicher Weise beschränkt sich aber die ganze Schönheit der Scenerie eben auf die See, und auf das unmittelbare Ufer von Port Jackson – gleich dahinter beginnt dürre sandige, mit holzigen Büschen und »Grasbäumen,« eine Art schilfigen Gewächses, besetzte Ebene – jeder kleine Strauch trägt dabei oft reizende Blumen und eine kleine allerliebste Schlingpflanze (Kenedya) füllt mit ihren duftenden lilla Blüthen oft ganze Büsche – einzelne kleine Gruppen sehen dabei ungemein freundlich aus, das Ganze nach dem Innern zu machte aber doch nur einen traurig öden Anblick und die Bai mit ihren reizenden Ufern lag da, wie eine Oase in der Wildniß.
In angenehmer Gesellschaft, und mit dem Neuen und Pikanten das mich überall umgab, verging mir übrigens der Tag ungemein rasch, und bildete einen freundlichen Abstand gegen mein bisheriges, manchmal wirklich trostloses allein in der Welt Umherstreifen.
Erst spät wieder von dort zurückgekehrt, bemühte ich mich am nächsten Tag etwas über das innere Land und die Möglichkeit einer Landreise nach Adelaide zu erfahren – den Adelaidedistrikt wollte ich jedenfalls, schon der Auswanderung wegen besuchen, zur See mochte ich aber auch nicht dorthin gehen. – Eines Theils hatte ich mich gerade genug in der letzten Zeit auf Salzwasser herumgetrieben, und bekam, wieder zu Schiffe, auch eben nichts weiter von dem inneren Lande zu sehen, als die Hafenstädte, die sich über die ganze Welt gleich sind. Auf einer Reise durch das ganze, bis jetzt bekannte Innere lernte ich dagegen Alles oder doch wenigstens einen großen Theil von dem kennen, was mir einst über diesen Welttheil nützlich seyn konnte, und ich beschloß wenigstens die genauesten Nachforschungen deßhalb anzustellen.
Darüber hörte ich denn nun freilich im Anfang wieder gar wenig Tröstliches – die schrecklichsten Indianergeschichten kamen vornweg, und tausend andere Schwierigkeiten nicht allein, sondern gleich Unmöglichkeiten für den Einzelnen, folgten nach. – Das war ich aber nun nachgerade gewohnt, und wußte was ich davon zu glauben hatte; so hielt ich es denn für das Nothwendigste erst vor allen Dingen einmal einen Mann zu sprechen der jene Gegenden, oder wenigstens einen Theil derselben aus eigener Anschauung kannte, und ich wurde zu dem Zweck zu einem Mr. Shepherd gewiesen, der schon einmal früher, mit einer Heerde Vieh und einer kleinen Caravane, die Tour gemacht haben sollte.
Dieser theilte mir auf das freundlichste Alles mit, was er darüber wußte, aber selbst die Nachrichten die ich von ihm darüber erhielt, waren keineswegs ermuthigend. – Die Jahreszeit sollte gerade die ungünstigste im allgemeinen, vorzüglich aber in diesem Jahr zu einer Landreise seyn, da es in dem letzten Jahr, und wohl noch einige Monate länger am Murray gar nicht geregnet habe; Gras gab es deßhalb gar nicht – die Reise konnte nicht gut anders gemacht werden wie zu Pferde, und die Thiere fanden unter diesen Umständen wenig oder gar keine Nahrung im Freien. Nachts mußte man sie natürlich, da Futter in jenen Gegenden gar nicht überall, ja wohl sehr selten zu bekommen ist, mit zusammengebundenen Vorderfüßen (hobbled) frei laufen lassen, und Morgens konnte man sich dann ziemlich fest darauf verlassen Stunden ja halbe Tage oft nach ihnen umher suchen zu müssen. Außerdem ermüdet einen Reiter nichts mehr, und auf angreifendere Weise, als das Bewußtseyn ein hungriges, abgemattetes Thier unter sich zu haben, die ewige Sorge deßhalb verleidet ihm den ganzen Ritt, und er geht am Ende lieber ganz, ehe er sich von einem ewig müden Thiere langsam fortschleppen läßt.
Unter diesen Umständen meinte denn Herr Shepherd, dürfte ich kaum darauf rechnen Adelaide in weniger als drei Monaten zu erreichen, – es wäre möglich, daß ich die Tour in etwas kürzerer Zeit zurücklegen könne, Alles gerechnet, kämen aber doch am Ende drei Monate heraus, wobei ich noch das Vergnügen hätte fast alle jene Stämme oft sehr feindseliger und verräterischer Wilder am Murray selber, zu dem ich mich des Wassers wegen halten mußte, anzutreffen.
Drei Monat im Sattel und noch dazu auf solche Art, war eine entsetzlich lange Zeit, und die Sache ging mir den ganzen Tag im Kopf herum.
An demselben Morgen wanderte ich langsam durch die Straßen der Stadt, und wurde plötzlich, unter einem andern Namen, auf das Herzlichste von einem ältlichen Herrn angeredet, der, allerdings in einem etwas abgetragenen, aber sonst saubern und anständigen Rock, mit schwerer goldener (vielleicht vergoldeter) Uhrkette und eben solchem Siegelring, unter einem aufgespannten Regenschirm, an der sonnigen Seite der Straße spazieren ging. Ich schrieb die Anrede natürlich einem Mißverkennen zu, das ich mit wenigen Worten aufklärte, und dann meiner Straße gehen wollte; so leichten Kaufes sollte ich aber nicht davonkommen. Der Fremde entschuldigte sich natürlich erst auf das angelegentlichste, meinte aber dann auch, da er nun doch einmal den Mißgriff gemacht, und mich aus Versehen angesprochen habe, wünsche er dieß, so viel das nämlich in seinen Kräften stehe, wieder gut zu machen; glücklicherweise habe er aber, durch einen sehr günstigen Zufall, gerade erst vor wenigen Tagen eine leider nur sehr kleine Partie »galvanischer –« (der Leser muß mich entschuldigen ich habe den wild chaldäischen Namen total vergessen) erhalten, und es gereiche ihm in der That zur großen Freude, mir noch eins davon ablassen zu können. Der Preis sey zu unbedeutend darüber zu reden, die Sache selber möge aber für sich sprechen, und ich ihm nur erlauben mir ein Exemplar davon zu zeigen und einzuhändigen. Damit hatte er mich bei einem Knopf gefaßt und zog mich, der nicht den geringsten Widerstand zeigte, in die nächste Hausflur.
Der gute Mann glaubte er hätte mich und ich ließ ihn ruhig gewähren, es war jedenfalls ein Charakter, der sich noch erst näher entwickeln mußte, bis wir Beide wieder auseinander gingen. Ich ließ mir vor Dingen allen das galvanische Namensungethüm zeigen, das in nichts geringerem als einem, in einem Saffianfutteral befindlichen Fläschchen bestand, an das ich jetzt, seiner dringenden Aufforderung nach, riechen sollte.
Ich hatte dem Fläschchen bei dem ersten Anblick keineswegs unrecht gethan, als ich es für Salmiak gehalten, roch deshalb auch nur sehr vorsichtig, seitwärts daran, und wollte es dann dem zuvorkommenden Fremden, völlig befriedigt, zurückgeben, dieser drang aber in mich, recht herzhaft darauf zu riechen, und ich betrachtete mir jetzt zum ersten Mal den Mann mißtrauisch. – Hätte ich wirklich recht herzhaft darauf gerochen, so mußte mir für wenige Secunden Athem und Besinnung vergehen, und er wäre indessen leicht im Stande gewesen – aber nein, ich that dem Mann unrecht, das war sein Gewerbe nicht; er sah auch zu schwächlich aus, und ich reichte ihm also nur einfach das Fläschchen zurück und erkundigte mich nun auf das angelegentlichste nach dem Gebrauch und Nutzen desselben. Es existirte in diesem Augenblick wirklich keine bekannte Krankheit ...
Inhaltsverzeichnis
- Australien
- Inhaltsverzeichnis
- 1. Sidney.
- 2. Postfahrt von Sidney nach Albury.
- 3. Canoefahrt auf dem Hume.
- 4. Marsch durch das Murraythal.
- 5. Marsch durch das Murraythal. (Fortsetzung.)
- 6. Der Adelaide-Distrikt.
- 7. Tanunda.
- 8. Die Indianer Australiens.
- 9. Sitten und Gebräuche der südlichen australischen Stämme.
- 10. Sidney im August 1851.
- 11. Fahrt durch die Torres-Strait.