
- 254 Seiten
- German
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eBook - ePub
Über dieses Buch
Der Populismus, wie wir ihn heute in den USA, in Lateinamerika und Europa erleben, hat Vorläufer. Juan Domingo Perón hatte nach 1943 mit dem Justizialismus in Argentinien eine Bewegung ins Leben gerufen und eine Revolution ausgelöst, die bis heute von großem Einfluss auf die Zivilgesellschaft ist. Gestützt auf Arbeiter und Gewerkschaften war Perón in drei Amtsperioden Präsident. Mit dem Brasilianer Getulio Vargas zählt er zu den ersten Populisten in Lateinamerika. Sowohl Fidel Castro wie auch Hugo Chávez orientierten sich an dem charismatischen Argentinier.
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Information
TEIL II
5.Kapitel
Perón Präsident
Wir hatten gesehen, dass Perón angesichts der massiven Unterstützung durch Gewerkschaften und Arbeiter seine Kandidatur für das Präsidentenamt, auch gegenüber der Militärregierung, durchgesetzt hatte. Dies war Mitte Oktober 1945. Fortan war das Land in Unterstützer und Gegner dieser Kandidatur gespalten. Die Spaltung war auch in den Streitkräften spürbar. Bis in die Generalität hinein waren sie verschiedener Auffassung. Während z.B. Pistarini, Farrell und Sosa Molina Perón unterstützten, waren Perlinger, Kelso und Quiroga gegen ihn. Der Chef der Streitkräfte, der deutschstämmige General von der Becke, verhielt sich hingegen neutral. Sogar in den Gewerkschaften war die Spaltung in Freunde und Gegner von Perón sichtbar. Sozialisten und Kommunisten lehnten Perón ab, während ihn eine Reihe anderer Gewerkschaftsführer sogar leidenschaftlich unterstützte. Vor allem diejenigen, die in der bisher von Perón geführten Secretaría de Trabajo y Previsión große Vorteile sahen oder noch erhofften, waren für Perón. Zu groß war für sie der Fortschritt, den die Arbeiter und die von Perón geförderten Gewerkschaftsführer unter Peróns Ägide gemacht hatten. Sie erhofften sich unter einem Präsidenten Perón weitere Fortschritte. Auch dachten sie an die Gründung einer starken Arbeiterpartei unter seiner Führung. Sie begrüßten ein im Oktober 1945 auf den Weg gebrachtes Statut, worin den Gewerkschaften politische Aktivitäten gestattet wurden. Bereits am 6. Oktober, also noch vor dem Amtsverzicht von Perón, hatten Gewerkschaften den Beschluss gefasst, eine der britischen Labour Party nachempfundene Partei in Argentinien zu gründen. Sie nannte sich Partido Laborista (PL). Der Erfolg, den die Gewerkschaften Mitte Oktober mit der Freilassung von Perón und den ihm gegenüber gegebenen Garantien verbucht hatten, bestärkte sie in ihrem Vorhaben.78 Erster Präsident, bzw. Vizepräsident wurden die Gewerkschaftsführer Luis Gay (Telefongewerkschaft) und Cipriano Reyes (Schlachthöfe). PL wartete mit einem Programm auf, das sich vor allem an die Unterprivilegierten richtete: Frauenwahlrecht, Vollbeschäftigung, Agrarreform, gerechte Verteilung des Reichtums. Einer der wichtigsten Leute in der neuen Partei sollte der treue Gefolgsmann Mercante als deren Vizepräsident werden. Als solcher hatte er, nachdem er noch zum Oberst befördert worden war, seinen Abschied aus der Armee eingereicht.79
Es bestand kein Zweifel, dass die neue Partei Oberst Perón zu ihrem Kandidaten für das Präsidentenamt machen würde.
So endete 1945 nicht nur mit der Kandidatur Peróns für das Präsidentenamt, sondern auch mit einer sich abzeichnenden Massenbewegung, die diese Kandidatur unterstützte. Die Wahlen sollten am 24. Februar 1946 stattfinden. Sicherlich war es für Perón positiv, dass Staatspräsident Farrell sein Versprechen wahrmachte und den Kandidaten, seinen alten Freund aus Mendoza, unterstützte. Mit ihm förderten, wie wir gesehen hatten, auch zahlreiche hohe Offiziere und wichtige Kirchenführer die Kandidatur. Aber am wichtigsten war für ihn die Unterstützung durch die Arbeiterschaft. Perón hatte darauf bestanden, dass die Mindestlöhne der Arbeiter durch einen Inflationsausgleich und ein dreizehntes Monatsgehalt angehoben wurden. Farrell unterzeichnete ein entsprechendes Dekret am 20. Dezember, das am Monatsende in Kraft treten würde. Das Dekret, das eigentlich schon vor Monaten hätte umgesetzt werden sollen, war durch die Amtsenthebung seines Urhebers (Perón) auf Eis gelegt worden.
Aber hieran sollten sich die Geister scheiden. Eine heftige Opposition dagegen verlangte seine endgültige Streichung. Die oben erwähnte Unión Democrática mit den Arbeitgebern an der Spitze lief hiergegen Sturm. Sie konnte auf ihrer ersten großen Versammlung etwa 200.000 Anhänger zusammenbringen. Unternehmer versuchten noch Ende Dezember 1945 ihre Interessen durch eine Aussperrung durchzusetzen. Aber letztlich mussten sie klein beigeben. Ihr Interesse an der Produktion und an dem sich daraus ergebenden Gewinn war größer. So konnte Perón einen weiteren wichtigen Sieg für sich verbuchen.80
Essentiell für Perón waren aber auch die Provinzen. Die meisten Gouverneure und vor allem auch die Beamtenschaft in den Behörden standen auf Seiten Peróns. Zwar bemühte sich die Zentralregierung in Buenos Aires um politische Neutralität – sie wollte keineswegs, dass sich ihr ein ähnlich negatives Image wie in der década infame anheftete81 – aber sie konnte stille und offene Parteinahme für Perón nicht überall verhindern. Interessant war, dass Innenminister Oberst a.D. Bartolomé Descalzo, der Trauzeuge bei der ersten Heirat Peróns gewesen war, sich, wie übrigens auch sein Nachfolger, General Felipe Urdapilleta, für einen sauberen, offenen Wahlkampf einsetzten. An dem gleichen Strang zog übrigens auch Kriegsminister General Sosa Molina.
Bemerkenswert ist im Zusammenhang mit der Kandidatur von Perón, dass sich eine Gruppe von früheren Mitgliedern der UCR, der Radikalen Partei, ebenfalls für Perón entschied. Sie trat unter der Bezeichnung Unión Civica Radical Junta Renovadora (UCRJR) oder nur Junta Renovadora (JR) auf. Ihr Führer war der angesehene Anwalt Quijano. Die Partei würde Perón wichtige organisatorische Unterstützung, vor allem auch in den Provinzen, gewähren. Sie würde eigene Listen für Senatoren und Abgeordnete der Nation wie auch der Provinzen aufstellen. Eine weitere radikale Gruppierung, die unter der Bezeichnung FORJA bestanden hatte und vor allem intellektuelle Radikale umfasste, löste sich auf und schloss sich den Peronisten an. Schließlich begab sich eine an sich Perón distanziert betrachtende Gruppe unter den Schirm des PL. Ihr Name war ALN (Alianza Libertadora Nacionalista). Sie war extrem rechts orientiert – viele nannten sie deshalb „faschistisch“ - und sorgte durch Gewaltakte, auch durch ihren ostentativen Antisemitismus, immer wieder für Aufsehen. Perón musste sie mehrfach zur Ordnung rufen, war jedoch auf sie angewiesen.82
Die Opposition präsentierte sich unter maßgeblicher Mitwirkung der Radikalen Partei (UCR) als Einheitsfront unter der Bezeichnung „Unión Democrática“. Ihr Leitspruch war „Für die Freiheit, gegen den Nazismus“. In ihr wirkten auch Sozialisten und Kommunisten mit. Der farblose Arzt José Tamborini und der ehemalige Gouverneur der Provinz Santa Fe, Enrique N. Mosca, wurden ihre Kandidaten für die Präsidentschaft. Der Historiker Felix Luna meinte, Tamborini sei zwanzig Jahre vorher ein passabler Kandidat gewesen, für einen Gegenspieler Peróns jedoch hätte man einen Mann gebraucht, der emotiv und mit Eifer ans Werk gegangen wäre.83
Es schien opinio comunis zu sein, dass Perón die Wahlen nicht gewinnen könne. Die großen Zeitungen in Buenos Aires unterstützten die Opposition. Vor allem aber waren es die USA, die keinen Zweifel daran ließen, wem sie dem Vorzug gaben.
Wie ich bereits angedeutet hatte, gerierte sich der ehemalige US-Botschafter in Buenos Aires, Spruille Braden, wie ein Führer der argentinischen Opposition. In Wirklichkeit aber wurde er, ohne es zu wollen, „Hauptverbündeter“ von Perón. Wie ich bereits erwähnte, hatte er lange, auch als erfolgreicher Unternehmer, in Chile gelebt, sprach fließend Spanisch und verfügte über ein starkes Selbstbewusstsein. Wie man es oft bei Seiteneinsteigern im diplomatischen Dienst der USA erleben kann, ging er wenig zimperlich mit Vertretern des Gastlands um, vor allem, wenn es darum ging, die Interessen seines Landes zu vertreten und durchzusetzen. Braden war vom Mai bis September 1945 US-Botschafter in Argentinien und anschließend ab Ende Oktober 1945Unter-Staatssekretär (Abteilungsleiter) für Lateinamerika im State Department geworden. Diesen Posten hatte er bis 1947 inne. Wie wir gesehen hatten, war Braden nicht müde geworden, Perón als Faschisten zu beschimpfen, der das Land ins Unglück stoßen würde. Als hoher Beamter im State Department zog er die Eskalationsschraube noch weiter an und ließ am 11. Februar 1946 ein „Blaubuch“ veröffentlichen, worin zahlreiche aktive und ehemalige Mitglieder der argentinischen Regierung, angefangen von Castillo über Ramírez und Farrell, der Komplizenschaft mit den Nazis beschuldigt wurden. Insbesondere Oberst Perón, der sich in der Endphase des Wahlkampfs befand, wurde Zielscheibe der Angriffe. Auch wurde die Regierung in Buenos Aires beim Militärputsch von 1943 der Intervention in Bolivien beschuldigt. Es war klar: Braden wollte mit allen Mitteln das Militärregime unter Farrell und die politische Karriere von Perón beenden. Der US-Geschäftsträger in Buenos Aires, Cabot, hatte das State Department noch vor der Veröffentlichung des Blaubuchs gewarnt und dringend hiervon abgeraten. „Eine Atombombe direkt gegen die argentinische Regierung in der überhitzten Atmosphäre zu zünden, könne unvorhersehbare Folgen haben“. Es sei besser mit der Publikation des Blaubuchs zu drohen84. Einige Tage zuvor hatte Cabot seinen Vorgesetzten in Washington berichtet, Perón habe beträchtlich an Terrain verloren, er sei mittlerweile ohne finanzielle Mittel, die Wahlen seien ehrlich und die UD werde sie gewinnen. Aber wie so oft in der Diplomatie: Die Vorgesetzten wissen alles besser. Das State Department schlug die Warnungen Cabots in den Wind.
Das Blaubuch war in der Tat eine Bombe. Sie schlug in Buenos Aires mit aller Wucht ein. Die Presse berichtete ausführlich darüber und druckte teilweise den Text in Folgen ab. Für Perón war es ein unerwartetes, ein riesiges Geschenk. Nun drehte er ohne große Mühe den Spieß um: Er appellierte an das Selbstwertgefühl seiner Landsleute und stellte sie vor die Alternative: „Braden oder Perón“. Damit konnte er auf die Kräfte zählen, die erhebliche Vorbehalte gegen den Hegemon im Norden hatten, der bereits mit der „Monroe-Doktrin“ die Staaten Südamerikas faktisch unter die Oberherrschaft der USA gestellt hatte. Braden schürte mit seinen Tiraden den latenten Anti-Amerikanismus in einer Bevölkerung, die auch aufgrund der enorm angestiegenen Nahrungsmittelausfuhren, vor allem von Fleisch und Getreide, immer wohlhabender und selbstbewusster geworden war. Viele Argentinier dachten nicht daran, sich in ihre eigenen Angelegenheiten von dem starken, aber ungeschickt agierenden Nachbarn im Norden hereinreden zu lassen.

Wahlplakat von 1946
Die Presseveröffentlichungen und die Verteilung von zahlreichen Exemplaren wirkten wie ein pampero, ein Sturm aus dem Süden. Für die Peronisten war er ein Riesengeschenk. Sie verteilten Millionen von Flugblättern, in denen ihren Landsleuten die Alternative „Braden oder Perón“ vor Augen geführt wurde. Eine ebenso große Zahl von Wahlplakaten wurde gedruckt. Wieder hatte Perón einen wichtigen Punkt zu seinen Gunsten eingefahren.
Aber er konnte sich noch längst nicht seines Sieges sicher fühlen. Seine Gegner hatten im Januar 1946, mitten im Wahlkampf ein Komplott geschmiedet, um mit Hilfe der USA an die Macht zu kommen. Ein bewaffneter Volksaufstand, eine Revolution, sollte Perón und seine Anhänger wegfegen. Das Komplott nannte sich „Movimiento Argentino de Resistencia“ (Argentinische Widerstandsbewegung), an dem auch drei Generäle beteiligt waren. In Brasilien hatte es sich einfache Gewehre, Maschinengewehre, Granaten und Revolver ...
Inhaltsverzeichnis
- Widmung
- Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Einleitung
- Teil I
- Teil II
- Teil III
- Teil IV
- Nachwort
- Zeittafel
- Personenregister
- Literatur
- Impressum